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Samstag, 9. Mai 2015
BSG, B 1 KR 110/04 B vom 18.07.2005, Bundessozialgericht
anselmf
BUNDESSOZIALGERICHT
Beschluss in dem Rechtsstreit Az: B 1 KR 110/04 B Klägerin und Beschwerdeführerin, Prozessbevollmächtigte: gegen Deutsche Angestellten-Krankenkasse, Nagelsweg 27-31, 20097 Hamburg, Beklagte und Beschwerdegegnerin. Der 1. Senat des Bundessozialgerichts hat am 18. Juli 2005 durch den Präsidenten von W. sowie die Richter Dr. K. und Dr. H. beschlossen: Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landes- sozialgerichts Hamburg vom 14. Juli 2004 wird als unzulässig verworfen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten. - 2 - Gründe: I [Abs 1] Die am 30. November 1995 geborene Klägerin ist mit ihrem Begehren, wegen idiopathischen Kleinwuchses ab 14. Juli 2004 von der Beklagten eine Therapie mit dem für diese Indikation nach deutschem Arzneimittelrecht nicht zugelassenen Arzneimittel Somatropin zu erhalten, in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat ua ausgeführt, die Voraussetzungen des Anspruchs aus § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und § 31 Abs 1 SGB V seien unter Berücksichtigung der Einschränkungen aus § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V und § 12 Abs 1 SGB V nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundes- sozialgerichts (, Urteil vom 19. März 2002, B 1 KR 37/00 R, BSGE 89, 184 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8) nicht erfüllt. Es bleibe dahingestellt, ob und wann ein (idiopathischer) Klein- wuchs eine Krankheit iS von § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V sei. Von einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkran- kung könne der Senat nach dem Eindruck in der mündlichen Verhandlung nicht ausgehen, zu- mal sich die Klägerin noch in vorpubertärem Alter befinde und ihr Wachstumsprozess nicht abgeschlossen sei. Selbst wenn man dies aber und zugleich unterstelle, dass eine andere The- rapie nicht verfügbar sei, könne jedenfalls von einem Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über einen voraussichtlichen Nutzen des Arzneimittels nicht gesprochen werden (Urteil vom 14. Juli 2004). [Abs 2] Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG- Urteil. Sie macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Divergenz und Verfahrens- fehler geltend. II [Abs 3] Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 2 iVm § 169 Satz 3 Sozial- gerichtsgesetz (SGG) zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Revisions- zulassungsgründe nach § 160 Abs 2 Nr 1, 2 und 3 SGG. [Abs 4] 1. Soll die Revision nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechts- sache zugelassen werden, muss in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung dargelegt werden (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Hierzu ist es nach der ständigen Rechtspre- chung des BSG erforderlich, eine Rechtsfrage klar zu formulieren und aufzuzeigen, dass sie über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt, und dass die Rechtsfrage klärungsbe- dürftig sowie klärungsfähig ist, dh sie im Falle der Zulassung der Revision entscheidungserheb- lich wäre (vgl Senat, Beschluss vom 28. Februar 2005, B 1 KR 6/04 B; BSG SozR 3-1500 - 3 - § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Wird ein Urteil - wie vorliegend - nebeneinander auf mehrere selbstständige Begründun- gen gestützt, so kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nur dann zur Zulassung der Revision führen, wenn im Hinblick auf jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund vorliegt und form- gerecht gerügt wird (vgl Senat, Beschluss vom 24. März 2005, B 1 KR 94/04 B; Senat, Be- schluss vom 16. Juni 1998, B 1 KR 5/98 B; BSG SozR 1500 § 160a Nr 38; Hennig, SGG, § 160a RdNr 207 mwN). Hieran fehlt es. Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen,weildergeltendgemachteAnspruchausmehrerenvoneinander unabhängigen Gründen nicht bestehe: Zum einen sei der idiopathische Kleinwuchs, soweit es sich überhaupt um eine Krankheit handele, jedenfalls keine schwerwiegende Krankheit. Zum anderen bestehe auf Grund der Datenlage nicht die begründete Aussicht, dass mit dem betroffenen Präparat ein Behandlungserfolg erzielt werden könne. Im Hinblick auf diese, die Entscheidung jeweils selbstständig tragenden Begründungen im LSG-Urteil hätte die Beschwerdefürbeide voneinanderunabhängigeBegründungsstränge Revisionszulassungsgründe behaupten und darlegen müssen. Daran fehlt es. [Abs 5] Bereits die Darlegungen der Beschwerde zum ersten Begründungsstrang reichen nicht hin. Die Beschwerde bezieht sich insoweit auf den Seiten 5 f und 9 f der Beschwerdebegründung auf mehrere Rechtsfragen, die unterschiedlich formuliert und (teilweise in den Fragestellungen selbst) mit weiterem tatsächlichen und rechtlichen Vorbringen untermauert werden. Diese Fra- gen werden schlussendlich auf Seite 16 sinngemäß und - den Darlegungserfordernissen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG entsprechend - hinreichend klar wie folgt zusammengefasst: [Abs 6] 1. Wann ist eine schwerwiegende, dh die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung anzunehmen? [Abs 7] 2. KönnenStudienergebnisse ausausländischen abgeschlossenen Zulassungsverfahren als ausreichende Erkenntnisse zum Nachweis dafür herangezogen werden, dass mit einem in Deutschland zulassungsüberschreitend angewandten Arzneimittel ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann bzw dass in Fachkreisen Konsens über den Einsatz des Arzneimittels für die konkrete streitige Indikation besteht? [Abs 8] Bezüglich dieser Fragen ist indessen nicht erkennbar, dass sie in dem angestrebten Revisions- verfahren klärungsfähig bzw entscheidungserheblich sein können. [Abs 9] Insoweit ist von Bedeutung, dass das LSG zu Frage 1. angenommen hat, dass eine die ge- nannten Ausmaße erreichende Krankheit bei der Klägerin nicht bestehe. Es hat sich dazu zum einen auf den Wachstumsprozess der Klägerin gestützt, die sich noch in einem vorpubertären Alter befinde, und zum anderen darauf, dass nach dem Eindruck, den der Senat in der münd- lichen Verhandlung von der Klägerin gewonnen habe, nicht festgestellt werden könne, dass sie - 4 - durch ihre Körpergröße in ihrer Lebensqualität nachhaltig beeinträchtigt sei. Hinzuweisen ist weiter darauf, dass der Senat im Sandoglobulin®-Urteil (BSGE 89, 184 191 f = SozR 3-2500 § 31 Nr 8) den Ausgangspunkt des Vorliegens einer "schwerwiegenden" Erkrankung bereits dahin näher definiert hat, dass es um eine "lebensbedrohende oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende" Krankheit gehen muss. Die Beschwerde wirft in Ergänzung dieser Rechtsprechung letztlich nur die Frage auf, in welcher Weise die beschriebenen Merkmale weiter konkret auszufüllen sind. Dies wird daran deutlich, dass sie sich hierzu auf den Seiten 6 bis 9 ihrer Begründung ausführlich mit der besonderen Situation der Klägerin befasst und sich dazu auf das bei ihr bestehende Leiden (= Kleinwuchs im Kindesalter) bezieht. Es bestand vor dem aufgezeigten Hintergrund indessen sowohl Anlass, im Einzelnen darzulegen, dass es bei der aufgeworfenen Frage um eine Rechtsfrage von allgemeiner, über den Einzelfall der Klägerin und ihre spezifische Erkrankung hinausgehende Bedeutung geht, als auch die Notwendigkeit darauf einzugehen, dass hier nicht lediglich eine (mit Blick auf § 163 SGG) nur mit Verfahrensrügen angreifbare Tatfrage im Raum steht. Die Frage, ob das LSG den Sachverhalt zutreffend unter einen in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits mit Auslegungshinweisen versehenen Rechtsbegriff subsumiert hat, ist regelmäßig kein im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren beachtlicher Gesichtspunkt (vgl § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG). Zum anderen kann angesichts der Vielzahl der in der Medizin diskutierten Krankheitsbilder die Frage nach den Behandlungsmöglichkeiten und dem Behandlungsanspruch für ein einzelnes Leiden nicht in den Rang einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gehoben werden (vgl zB Beschlüsse des Senats vom 20. Juni 2004 - B 1 KR 1/03 B, vom 19. Oktober 2004 - B 1 KR 92/03 B und vom 21. Dezember 2004 - B 1 KR 11/03 B). Unter dem Blickwinkel, ob die Frage in einem Revisionsverfahren überhaupt klärungsfähig ist, hätte die Beschwerde vor allem darauf eingehen müssen, dass ein allgemeiner Bedarf bestehen soll und es überhaupt möglich ist, die im Sandoglobulin-Urteil aufgestellten Voraussetzungen für einen Off-Label-Use in Bezug auf das streitige Merkmal revisionsrechtlich weiter zu präzisieren. Hierzu hätte dargelegt werden müssen, dass eine genauere Konkretisierung der Merkmale unter Zuhilfenahme allgemein gültiger Kriterien unabhängig von den Verhältnissen im Zusammenhang mit einer einzelnen Krankheit in Betracht kommt. Daran fehlt es. [Abs 10] Soweit die Beschwerde mit ihrer zweiten Frage eine weitere Voraussetzung des Off-Label-Use im Falle der Klägerin für grundsätzlich bedeutsam hält, fehlt es an der Entscheidungserheblich- keit. Der Senat dürfte - wie dargelegt - in einem Revisionsverfahren schon nicht zu Grunde le- gen, dass hier das vorgreifliche Merkmal einer bestehenden schwerwiegenden Erkrankung er- füllt ist. [Abs 11] 2. Auch soweit sich die Beschwerde auf den Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG be- ruft und geltend macht, das LSG-Urteil sei vom Urteil des Senats vom 19. Oktober 2004, B 1 KR 27/02 R (vorgesehen für BSGE und SozR) abgewichen, fehlt es an § 160a Abs 2 Satz 3 - 5 - SGG genügenden Darlegungen. Wer sich auf diesen Zulassungsgrund beruft, muss entschei- dungstragende abstrakte Rechtssätze im Urteil des Berufungsgerichts einerseits und in einer höchstrichterlichen Entscheidung andererseits gegenüberstellen und begründen, weshalb diese miteinander unvereinbar seien (vgl Senat, Beschluss vom 27. Juni 2005, B 1 KR 43/04 B; Senat, Beschluss vom 28. Februar 2005, B 1 KR 10/04 B; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl 2005, § 160a RdNr 15, § 160 RdNr 10 ff mwN). Daran fehlt es. Die Beschwerde zitiert zwar Passagen aus dem Urteil des BSG, benennt aber keinen dazu konträren Rechtssatz des LSG-Urteils, aus dem sich die Notwendigkeit zur Herstellung von Rechtseinheit durch eine höchstrichterliche Entscheidung ergeben könnte. Während das BSG in der zitierten Entschei- dung sich mit Maßnahmen zur Behandlung einer Krankheit auseinander setzt, die so selten auftritt, dass ihre systematische Erforschung praktisch ausscheidet, geht das LSG-Urteil nicht von einem solchen Sachverhalt aus. Dies stellt indessen keine Divergenz iS eines bewussten Aufstellens abweichender Rechtssätze dar (vgl dazu BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26). [Abs 12] 3. Soweit die Beschwerde vorbringt, das LSG hätte bezüglich des Vorliegens einer schwerwie- genden Erkrankung sowie zum Bestehen ausreichender Kenntnisse aus Studien der Phase III über den Einsatz von Somatropin bei idiopathischem Kleinwuchs Beweis erheben müssen, legt sie einen Verfahrensfehler nicht in der gebotenen Weise dar. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird, auf dem die ange- fochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nach Halbsatz 2 der Regelung auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Insoweit fehlt es an der Bezugnahme auf einen berücksichtigungsfähigen Beweisantrag. Hierzu geht das BSG in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass es jedenfalls rechtskundig vertre- tenen Beteiligten wie hier der rechtsanwaltlich vertretenen Klägerin obliegt, in der mündlichen Verhandlung alle diejenigen Anträge zur Niederschrift des Gerichts zu stellen, über die das Ge- richt entscheiden soll (vgl Senat, Beschluss vom 27. Juni 2005, B 1 KR 40/04 B mwN). Sinn der erneuten Antragstellung ist es, zum Schluss der mündlichen Verhandlung auch darzustellen, welche Anträge nach dem Ergebnis der für die Entscheidung maßgebenden mündlichen Ver- handlung noch abschließend gestellt werden, mit denen sich das LSG dann im Urteil befassen muss, wenn es ihnen nicht folgt. Dem genügt die Beschwerde mit ihrem Hinweis nicht, die Klä- gerin habe ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 14. Juli 2004 hilfsweise beantragt, Dr. A zur Kausalität zwischen Somatropin-Therapie und Wachstum zu vernehmen. Ungeachtet der Frage, ob damit eine bloße Beweisanregung oder tatsächlich ein Beweisantrag bezeichnet wird (vgl hierzu §§ 373, 404 Zivilprozessordnung iVm § 118 SGG und Senat, Beschluss vom 16. März 2005, B 1 KR 19/04 B; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9), bezeichnet die Beschwerde damit keinen Beweisantrag zum Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung oder zum Bestehen ausreichender Erkenntnisse. Der Hinweis auf frühere Äußerungen der Klägerin in Schriftsätzen für das Gericht genügt unter Berücksichtigung der Warnfunktion, die - wie dargelegt - der Antragswiederholung zukommen soll, gerade nicht. - 6 - [Abs 13] Soweit die Beschwerde mit dem Vortrag, die Klägerin habe nicht davon ausgehen müssen, dass das Gericht den mit Schriftsatz vom 11. Juli 2004 vorgelegten Urkunden keine Beachtung schenke, beabsichtigt haben sollte, die Gehörsrüge zu erheben, so ist diese ebenfalls nicht hin- reichend dargelegt. Die Beschwerde setzt sich insoweit nicht damit auseinander, dass das LSG-Urteil ausdrücklich auf Seite 7 im ersten Absatz der Entscheidungsgründe auf die überreichten Urkunden, das Schreiben der Fa. Lvom 9. Juli 2004, eingeht und den kanadischen Pädiater Prof. G zitiert hat, der nicht davon ausgehe, "dass gesunde Kleinwüchsige unterm Strich von der Therapie profitieren" würden. Im Kern geht es der Beschwerde auch an dieser Stelle um die Beweiswürdigung des LSG-Urteils. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 2. Halbsatz SGG kann die Beschwerde aber nicht auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG gestützt werden. [Absatz 14] 4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. ... link (0 Kommentare) ... comment BSG, B 14 EG 6/98 B vom 28.01.1999, Bundessozialgericht
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Beschluß in dem Rechtsstreit Az: B 14 EG 6/98 B Klägerin und Beschwerdeführerin, Prozeßbevollmächtigter: gegen Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch das Landesversorgungsamt Nordrhein-Westfalen, Von-Vincke-Straße 23-25, 48143 Münster, Beklagter und Beschwerdegegner. Der 14. Senat des Bundessozialgerichts hat am 28. Januar 1999 durch den Vorsitzenden Richter Dr. L. , die Richter Dr. U. und Dr. N. sowie den ehrenamtlichen Richter Dr. D. und die ehrenamtliche Richterin P. beschlossen: Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 3. April 1998 wird zurück- gewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. -2- Gründe: Die Klägerin begehrt rückwirkende Gewährung von Erziehungsgeld (Erzg) für ihre 1987 geborene Tochter. Sie lebte während der möglichen Bezugszeit des Erzg mit ihrer Familie in Belgien. Ein seinerzeit gestellter Antrag ist von dem Beklagten unter Hinweis auf ihren Wohnsitz durch bindenden Bescheid abgelehnt worden. Im Hinblick auf das Urteil des Eu- ropäischen Gerichtshofs in den Rechtssachen H und Z (C 245/94 und 312/94) machte die Klägerin im November 1996 erneut den Anspruch auf Erzg geltend; ihr stehe ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zu, da sie einen Antrag auf Überprü- fung des bindenden Bescheides und auf Gewährung von Erzg innerhalb der Ausschluß- frist des § 44 Abs 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) nur deshalb versäumt habe, weil der Beklagte bei der Bescheidung der von ihr anläßlich der Geburt weiterer Kinder in den Jahren 1990 und 1992 gestellten Anträge auf Erzg weiterhin seine unzutreffende Rechtsauffassung zugrunde gelegt und sie nicht darauf hingewiesen habe, daß die Frage der Erzg-Berechtigung von deutschen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union und einem Beschäftigungsverhältnis in Deutschland bereits Gegenstand eines Rechtsstreits vor dem Landessozialgericht (LSG) gewesen und von diesem anders beurteilt worden sei als von dem Beklagten. Aus diesem Fehlverhalten sei ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch erwachsen, der die Versäumung der Ausschlußfrist des § 44 Abs 4 SGB X heile. In den Vorinstanzen hatte die Klägerin keinen Erfolg. Das LSG hat die Revision nicht zugelassen. Mit der dagegen erhobenen Beschwerde macht die Klägerin die grundsätzliche Bedeu- tung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ) und einen Verfah- rensfehler (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) geltend. Die Frage, ob die Begrenzung einer rückwir- kenden Leistungsgewährung auf einen Zeitraum von vier Jahren in § 44 Abs 4 SGB X auch auf den der Klägerin hier zustehenden sozialrechtlichen Herstellungsanspruch an- zuwenden sei, sei in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht einheit- lich entschieden worden, was sich insbesondere aus den Urteilen des BSG in SozR 1300 § 44 Nr 18 einerseits sowie in SozR 1300 § 44 Nr 17 und BSGE 60, 158 andererseits er- gebe. Diese Rechtsfrage bedürfe weiterer Klärung. Außerdem habe das LSG das Recht der Klägerin auf Gehör verletzt, weil es das Vorbringen der Klägerin unberücksichtigt ge- lassen habe, daß dem Beklagten die europarechtliche Fragestellung rechtzeitig bekannt gewesen sei. Die Beschwerde der Klägerin ist unbegründet. Sie kann eine Zulassung der Revision we- der wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) noch wegen des Vorliegens eines Verfahrensfehlers (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) begründen. Die Revision kann wegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur zugelassen werden, wenn die zu entscheidende Rechtsfrage klärungsbedürftig und klärungsfähig ist. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die sich nicht unmittelbar und ohne weiteres aus -3- dem Gesetz beantworten läßt und von der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht entschieden worden ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8). Klärungsfähig ist die Rechts- frage nur, wenn sie im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Das BSG geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß die Anwendung des sozial- rechtlichen Herstellungsanspruchs dann nicht in Betracht kommt, wenn das fehlerhafte Handeln der Verwaltung (nur) in einer falschen Sachentscheidung liegt und sich die Fol- gen darin erschöpfen. Denn für das in richterlicher Rechtsfortbildung entwickelte Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ist nur dort Raum, wo es an gesetzlichen Regelungen fehlt (vgl zuletzt Bundesverwaltungsgericht, NJW 1997, 2966). Dies ist hinsichtlich der Behandlung rechtswidriger Verwaltungsakte nicht der Fall. Hier hat der Gesetzgeber dem Betroffenen zunächst das Recht eingeräumt, die im SGG vor- gesehenen Rechtsbehelfe einzulegen (Widerspruch, Klage, Berufung usw). Ist ein derar- tiger Bescheid bestandskräftig geworden (vgl § 77 SGG), besteht die Möglichkeit eines Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X. Damit ist die Korrektur von Verwaltungsentschei- dungen, welche die Rechte eines Betroffenen verletzen, grundsätzlich abschließend ge- regelt (so die neueste Rechtsprechung des BSG im Anschluß an: BSGE 60, 158, 164 ff = SozR 1300 § 44 Nr 23, vgl Urteil des 13. Senats vom 30. Oktober 1997 - 13 RJ 71/96 = SGb 1998, 110 sowie Urteil des 5. Senats vom 18. Juni 1997 - 5 RJ 36/96 = NZS 1998, 247, beide zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Allerdings hat die Rechtsprechung des BSG einen Herstellungsanspruch dann für möglich gehalten, wenn sich der Nachteil des Betroffenen nicht in der Versagung der Leistung durch einen bindend gewordenen Bescheid erschöpft, sondern darauf beruht, daß der Betroffene im Vertrauen auf die Richtigkeit der dem Bescheid zugrundeliegenden Rechts- auffassung andere, ihm günstige Maßnahmen unterlassen hat (BSG SozR 1300 § 44 Nr 18), insbesondere eine anderweitige rechtzeitige Antragstellung. Insoweit ist der Vor- trag der Klägerin nachvollziehbar, daß die ebenfalls unrichtigen späteren Bescheide über das Erzg für die weiteren Kinder von 1990 und 1992 als solche zwar nach § 44 SGB X korrigierbar waren und insoweit, als es um die Leistungsversagung in diesen beiden Fäl- len ging, die Anwendung des Herstellungsanspruchs ausschlossen, nicht aber insoweit, als der erste, hier streitige Fall betroffen ist, für den als Fehlverhalten der Verwaltung nicht nur die falsche Bescheiderteilung an sich, sondern eine Bestätigung der falschen Rechts- auffassung in den nachfolgenden Bescheiden sowie eine unterbliebene Aufklärung über die anderweitig anhängigen Verfahren geltend gemacht wird, was zur Versäumung der Frist des § 44 Abs 4 SGB X geführt habe. Auch wenn die Klägerin im Wege des Herstellungsanspruchs so gestellt werden müßte, daß ihr erst 1996 gestellter "Zugunstenantrag" bereits als 1992 gestellt gilt, führt dies je- doch nicht dazu, daß ihr Leistungen rückwirkend ab 1988 zu gewähren wären. Denn es ist -4- - wie das BSG bereits geklärt hat (vgl BSGE 60, 245) - auf den Herstellungsanspruch die eine rückwirkende Leistungsverpflichtung begrenzende Vorschrift des § 44 Abs 4 SGB X entsprechend anwendbar, so daß hier eine nachträgliche Leistung für die Zeit vor 1992 nicht mehr in Betracht kommt. Auch wenn der Fall einer Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Frist des § 44 Abs 4 SGB X im Wege des Herstellungsanspruchs (vgl dazu Ladage, Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch, 1990, 87, 92) in der Rechtspre- chung des BSG noch nicht entschieden worden ist, bedarf es nicht der Durchführung ei- nes Revisionsverfahrens in dieser Sache. Die Entscheidung läßt sich ohne weiteres an- hand der bisherigen Rechtsprechung treffen, die § 44 Abs 4 SGB X als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens bezeichnet hat, der eine mehr als vier Jahre zurückrei- chende Leistungserbringung ausschließt (BSGE 60, 245). Der von der Klägerin geltend gemachte Verfahrensfehler der Verletzung des rechtlichen Gehörs kann nicht zur Zulassung der Revision führen, weil er - als gegeben unterstellt - in der Sache nicht zum Erfolg führen könnte. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. ... link (0 Kommentare) ... comment BSG, B 11a AL 11/07 B vom 23.01.2007, Bundessozialgericht
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BUNDESSOZIALGERICHT
Beschluss in dem Rechtsstreit Az: B 11a AL 11/07 B L 3 AL 2271/04 (LSG Baden-Württemberg) S 5 AL 2169/98 (SG Konstanz) ....................................................., Klägerin und Beschwerdeführerin, Prozessbevollmächtigter: ............................................................, g e g e n Bundesagentur für Arbeit, Regensburger Straße 104, 90478 Nürnberg, Beklagte und Beschwerdegegnerin. Der 11a. Senat des Bundessozialgerichts hat am 21. August 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. W.-S. sowie den Richter Dr. V. und die Richterin Dr. R. beschlossen: Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landes- sozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Dezember 2006 wird als unzulässig verworfen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten. - 2 - G r ü n d e : [1] Die ausschließlich auf Verfahrensfehler des Landessozialgerichts (LSG) gestützte Beschwerde ist unzulässig, da ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialge- richtsgesetz (SGG) entspricht. [2] Nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG muss in der Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde ein geltend gemachter Verfahrensmangel bezeichnet werden. Eine ordnungsgemäße Bezeichnung setzt voraus, dass die verletzte Verfahrensnorm und die eine Verletzung vermeintlich begrün- denden Tatsachen substantiiert und schlüssig dargelegt werden (stRspr, ua BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 und SozR 3-1500 § 73 Nr 10). Eine solche Darlegung ist der von der Beschwer- deführerin vorgelegten Begründung nicht zu entnehmen. [3] Die Beschwerdeführerin rügt in ihrer Beschwerdebegründung vom 23. Januar 2007, das LSG habe das rechtliche Gehör (§ 62 SGG) dadurch verletzt, dass es am 13. Dezember 2006 ent- schieden habe, obwohl sie mit Schreiben vom 12. Dezember 2006 die Aufhebung des Termins und eine Verschiebung um sechs Wochen beantragt habe. Es kann dahinstehen, ob in der Be- schwerdebegründung überhaupt hinreichende Gründe für eine Terminverlegung wegen Ver- hinderung dargelegt werden. Ein erheblicher Grund für eine Terminverlegung liegt grundsätzlich nur bei einer plötzlichen Verhinderung vor (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 8. Aufl 2005, § 62 Rz 6d mwN). Zweifel an der Plötzlichkeit der Verhinderung, die durch die Beschwer- debegründung nicht beseitigt werden, ergeben sich insbesondere aus der Art der behaupteten Umstände. [4] Abgesehen davon, dass die Beschwerdebegründung den Verfahrensgang in der Vorinstanz nicht lückenlos nachgezeichnet hat (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 62), fehlt es jedenfalls an einem schlüssigen Vortrag zu der Frage, in welcher Weise der Vertagungsgrund durch die Klägerin glaubhaft gemacht worden ist. Nach dem gemäß § 202 SGG auch im Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit anwendbaren § 227 Abs 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Termin aus erheblichen Gründen aufgehoben oder vertagt werden. Die Entscheidung liegt im Ermessen des Vorsitzenden bzw des Gerichts, doch hat das Gesetz Maßnahmen dieser Art zur Straffung des Verfahrens an erhebliche Gründe geknüpft, die nach § 227 Abs 2 ZPO auf Verlangen des Vorsitzenden bzw des Gerichts glaubhaft zu machen sind. Die Klägerin macht zwar geltend, dass sowohl sie als auch ihre Bevollmächtigten erkrankt bzw aus pflegerischen Gründen an einer Terminwahrnehmung verhindert gewesen seien. In der Beschwerde- begründung wird jedoch nicht dargelegt, dass sie der Anforderung des Gerichts (vom 8. Dezember 2006), ihre Verhinderung und die Verhinderung ihrer Bevollmächtigten durch Vor- lage entsprechender Belege (Arztbescheinigung etc) glaubhaft zu machen, nachgekommen sei. Es ist lediglich vorgetragen worden, es sei eine ärztliche Bescheinigung hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeit des Ehemanns der Klägerin sowie dessen Schwerbehindertenausweis vor- - 3 - gelegt worden. In der Beschwerdebegründung wird jedoch nicht aufgezeigt, dass ein derartiger Nachweis hinsichtlich der Klägerin und der weiteren Prozessbevollmächtigten C Z ge- führt worden ist. Soweit sich in der Beschwerdebegründung die Behauptung findet, es seien für C Z diesbezüglich "Auskünfte" vorgelegt worden, ergibt sich jedenfalls nicht nachvoll- ziehbar, welchen genauen Inhalt die angeblichen Auskünfte gehabt haben sollen. Dies wäre aber erforderlich gewesen, um darzulegen, dass ein erheblicher Grund tatsächlich glaubhaft gemacht worden ist. Denn die Erkrankung bzw sonstige Verhinderung muss sich schlüssig aus der vorgelegten Bescheinigung ergeben; die Bescheinigung muss so substantiiert sein, dass das Gericht auf ihrer Grundlage in der Lage ist, die Frage der behaupteten Verhinderung selbst zu beurteilen (vgl BFH, Beschluss vom 17. Mai 2000 - IV B 86/99 - BFH/NV 2000, 1353; BVerwG, Beschluss vom 22. Mai 2001 - 8 B 69/01 - NJW 2001, 2735 mwN). Die erforderlichen Darlegungen wären im Übrigen ausweislich des Inhalts der vorgelegten Berufungsakte auch nicht möglich gewesen, denn nach dem Inhalt der Berufungsakte sind entsprechende Auskünfte für die Klägerin und die Bevollmächtigte C Z nicht beigebracht, sondern nur deren Einholung als Beweismittel angeregt worden. [5] Die unzulässige Beschwerde ist zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 2, § 169 SGG). [6] Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. ... link (0 Kommentare) ... comment BSG, 9 RV 24/94 vom 11.10.1994, Bundessozialgericht
anselmf
Das Folgende ist zunächst ein Auszug aus der Entscheidung vom 12.03.1996 über den Prozesskostenhifeantrag im Hauptverfahren. Zur Entscheidung vom 18.06.1996 im Hauptverfahren siehe unten.
Prozesskostenhilfe ist nicht zu bewilligen, weil der Kl. nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen in der Lage ist, die Kosten der Prozeßführung aus seinem Vermögen aufzubringen (§ 73 a I 1 SGG iVm §§ 114, 115 II ZPO). Zum Vermögen eines Antragstellers gehören Ansprüche gegen eine Rechtsschutzversicherung (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 5. Aufl 1993, § 73 a Rz 6 a) und ebenso ein satzungsgemäßer Anspruch auf kostenlosen Rechtsschutz durch eine Gewerkschaft oder einen Verband (Henning/Danckwerts/König, SGG, Stand 1993, § 73 a Anm 5.3). Da Prozeßkostenhilfe eine besondere Art der Sozialhilfe auf dem Gebiet gerichtlichen Rechtsschutzes ist (BverfGE 9, 256, 258; 35, 348, 355), ist ein Antragsteller wegen des für Sozialhilfe und Prozeßkostenhilfe gleichermaßen geltenden Subsidiaritätsprinzips verpflichtet, die dem Justizfiskus durch Prozesskostenhilfe entstehenden Ausgaben gering zu halten. Ein Gewerkschafts- oder Verbandsmitglied muss deshalb zunächst seine satzungsgemäßen Rechte auf kostenlose Prozeßvertretung ausschöpfen und erwirbt einen Anspruch auf Prozeßkostenhilfe erst, wenn die Gewerkschaft oder der Verband keinen Rechtsschutz gewährt. Die Lage eines solchen Mitglieds ist nicht anders als die eines rechtsschutzversicherten Antragstellers, dem Prozesskostenhilfe erst gewährt wird, wenn er seinen Anspruch gegen die Rechtsschutzversicherung evtl bis zu einem Stichentscheid nach § 17 II der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB) vergeblich verfolgt hat. (BGH, Betriebsberater 1987, 1845; Baumbach/Lauterbach, ZPO. 53. Aufl 1995 § 114 Rz 67; Rohwer/Kahlmann, SGG, Stand 1995, § 73 a Rz 3). Die Lage eines Verbands- oder Gewerkschaftsmitglieds unterscheidet sich allerdings von der eines rechtsschutzversicherten Antragstellers, wenn die jeweilige Organisation Rechtsschutz im Einzelfall gewährt: Der Versicherungsnehmer kann dann einen Rechtsanwalt seines Vertrauens wählen, dessen Kosten die Versicherung übernimmt. Der Verband oder die Gewerkschaft dagegen gewährt Rechtsschutz durch einen ihrer Angestellten als „Sachleistung“. Hat der Antragsteller zu dem ihm vom Verband oder der Gewerkschaft gestellten Vertreter kein Vertrauen, so kann es ihm unzumutbar sein, sich bei der Prozessführung durch diesen Angestellten vertreten zu lassen. Dafür reicht allerdings die bloße Behauptung fehlender oder – im Laufe der Vertretung – gestörten Vertrauens nicht aus. Ebenso wie beim Wechsel eines frei gewählten und im Rahmen der Prozeßkostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts sind berechtigte sachliche oder persönliche Gründe erforderlich (vgl dazu Kalthoener/Büttner, Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe, 1988, Rz 569; LSG NRW, ZAP EN-Nr 154/92; zu § 167 SGG aF: Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 252 r, Dapperich, Das sozialgerichtliche Verfahren, 1959, 209; BSG, Ausschuß für Verfahrensfragen, Niederschrift vom 6.2.1957, Punkt 1 – unveröffentlicht - ). Solche triftigen Gründe hat der Kl. nicht vorgebracht. Die von ihm geschilderten Eindrücke und Erfahrungen aus einem anderen Rechtsstreit, in dem er von einem Rechtsschutzsekretär seiner Gewerkschaft vertreten war, lassen zwar seine Unzufriedenheit mit dessen Tätigkeit erkennen, reichen nach Art und Gewicht aber nicht aus, um das Vertrauensverhältnis als allgemein und damit auch für diesen Fall gestört anzusehen. Das gilt um so mehr, als der Kl. im Revisionsverfahren voraussichtlich von einem Mitglied der bisher nicht eingeschalteten Bundesrechtsstelle seiner Gewerkschaft vertreten werden würde. Ein Anspruch des Kl. auf Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der von ihm ausgewählten und bevollmächtigten Rechtsanwältin läßt sich (entgegen Meyer-Ladewig, aao, Rz 4) auch nicht daraus herleiten, daß § 73 a II SGG nach seinem Wortlaut die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe verbietet, wenn der Bet. durch einen Angestellten seines Verbands oder seiner Gewerkschaft tatsächlich vertreten ist, nicht nur, wenn er sich vertreten lassen kann, wie § 11 a Arbeitsgerichtsgesetz bestimmt. Aus der unterschiedlichen Formulierung der Gesetze läßt sich nicht herleiten, daß das Recht auf Prozeßkostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren weiter geht als im arbeitsgerichtlichen Verfahren (so aber Meyer-Ladewig, aaO, Rz 4). Für eine unterschiedliche Regelung gibt es keinen sachlichen Grund (so zutreffend Zeihe, SGG, Stand 1994, § 73 a Rz 11 a). § 73 a II SGG ist deshalb nur als klarstellendes Verbot zu verstehen, dem mittellosen Bet. zusätzlich zu einem bereits bevollmächtigten Verbands- oder Gewerkschaftsvertreter im Wege der Prozeßkostenhilfe noch einen Anwalt beizuordnen. Die Vorschrift besagt jedoch nichts darüber, was gilt, wenn ein Verbandsvertreter noch nicht bevollmächtigt ist, aber in Anspruch genommen werden kann. Hätte das mittellose Gewerkschaftsmitglied die Wahl zwischen kostenlosem gewerkschaftlichen Rechtsschutz und der Beiordnung eines frei gewählten Rechtsanwalts (so Meyer-Ladewig, aaO, Rz 4; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 1991, 203), so stände es besser als ein Bet., der über genügend Mittel zur Prozeßführung durch einen Rechtsanwalt verfügt. Dieser Bet. würde in aller Regel verständigerweise aus wirtschaftlichen Gründen das Kostenrisiko meiden und sich regelmäßig für kostenlosen Rechtsschutz durch einen Verbandsvertreter entscheiden. Es besteht deshalb kein Grund, dem finanziell minderbemittelten Bet. aus staatlichen Mitteln die Wahlfreiheit zu finanzieren, die der bemittelte Bet. verständigerweise nicht in Anspruch nimmt. Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, daß ein mittelloses Gewerkschaftsmitglied mit Anspruch auf kostenlosen Rechtsschutz durch seine Organisation anders behandelt wird, als ein mittelloser Antragsteller, der nicht organisiert ist. Ein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot des Art 3 I Grundgesetz (GG) liegt darin nicht. Art 3 I GG verlangt iVm dem Rechtsstaatsprinzip lediglich die Situation bemittelter und Unbemittelter bei der Realisierung gerichtlichen Rechtsschutzes weitgehend anzugleichen (vgl BverfGE 81, 347, 356, NJW 1995, 1415). Darum geht es hier nicht. wer Anspruch auf kostenlosen Rechtsschutz durch seine Organisation hat, ist nicht mittellos. Er ist bereits in jener Lage, in die Prozeßkostenhilfe den Unbemittelten erst versetzen soll: Er kann sein Recht vor Gericht suchen, ohne daran aus wirtschaftlichen Gründen gehindert zu sein. Dafür macht es keinen Unterschied, ob ihn ein Angestellter seiner Organisation oder ein Rechtsanwalt vertritt. Gerichtlicher Rechtsschutz ist auf dem Gebiet des Sozialrechts bereits bei Vertretung durch eine Behörde gewährleistet (BverfGE 22, 349, 358) und erst recht bei Vertretung durch Verbands- oder Gewerkschaftsangestellte, denen der Gesetzgeber in § 166 II SGG Rechtsanwälte gleichgestellt hat. Das Recht, unter letzteren zu wählen (§ 121 I ZPO), hat nur, wer überhaupt Anspruch auf Prozeßkostenhilfe hat. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die prozeßkostenhilferechtliche Sonderstellung mittelloser Gewerkschafts- und Verbandsmitglieder mit Anspruch auf kostenlosen Rechtsschutz gegen ihre Organisation lassen sich auch nicht aus Art 9 I und III GG herleiten. Durch den regelmäßigen Ausschluß vom Anspruch auf Prozesskostenhilfe wird weder die kollektive Vertragsfreiheit noch die Tätigkeit der Gewerkschaft (vgl BverfGE 88, 5, 15) noch die Entscheidungsfreiheit des einzelnen, einem Verband oder einer Gewerkschaft beizutreten, ernsthaft beeinträchtigt. Es kann zwar unterstellt werden, daß der einem Organisierten regelmäßig drohende Verlust einer aus öffentlichen Mitteln finanzierten Prozeßkostenhilfe die Entscheidungsfreiheit Mittelloser darüber beeinflußt, einer Gewerkschaft oder einem Verband wegen des dort gebotenen Rechtsschutzes beizutreten. Diese allenfalls geringfügigen Auswirkungen sind aber in Abwägung mit dem Ziel hinzunehmen, Prozeßkostenhilfe nur demjenigen zu gewähren, der sonst aus wirtschaftlichen Gründen gehindert wäre, gerichtliche Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil in dem Rechtsstreit Az: 9 RV 24/94 Kläger und Revisionsbeklagter, Prozeßbevollmächtigte: gegen Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch den Präsidenten des Landesamtes für Versorgung und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt, Halle, Neustädter Passage 9, Beklagter und Revisionskläger. Der 9. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juni 1996 durch Vorsitzenden Richter Dr. S., Richter Dr. K. und Richter D a u sowie ehrenamtliche Richterin K. und ehrenamtlichen Richter B. für Recht erkannt: Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 11. Oktober 1994 wird zurückgewiesen. - 2 - Der Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten. - 3 - Gründe: I Der damals neun Jahre alte Kläger fand am 1. Juni 1950 beim Spielen auf dem Gelände einer ehemaligen Munitions- und Sprengstoffabrik in R. (S -A.) einen Sprengkörper. Bei dessen Explosion verlor der Kläger Daumen, Zeige- und Mittelfinger der linken Hand sowie einen Teil der Handfläche. Der Beklagte lehnte es ab, dem Kläger auf dessen Antrag vom 4. Juni 1992 Versorgung zu gewähren, weil der Unfall weder auf nachträgliche Auswirkungen kriegerischer Vorgänge noch auf Handeln der Besatzungsmacht zurückzuführen sei. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 1. November 1993). Das Landessozialgericht (LSG) hat den Beklagten verurteilt, ab 1. Januar 1991 Versorgung nach einer rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) zu gewähren (Urteil vom 11. Oktober 1994). Bei der Explosion des Sprengkörpers habe es sich um einen schädigenden Vorgang infolge einer besonderen Gefahr aus der militärischen Besetzung deutschen Gebietes gehandelt. Die sowjetische Besatzungsmacht habe das Fabrikgelände beschlagnahmt, um die Anlagen zu demontieren und anschließend die Gebäude zu sprengen, ohne das 320 ha große Grundstück, dessen Umzäunung von der Bevölkerung für eigene Zwecke abgebaut war, bis zur Übergabe an das Land Sachsen-Anhalt im März 1949 gegen Betreten durch spielende Kinder zu sichern oder die dort lagernden Sprengstoffe zu räumen. Einer weiteren Vernachlässigung dieser Pflichten durch das Land Sachsen-Anhalt bis zum Unfall im Jahre 1950 komme gegenüber dem unmittelbaren Besatzungseinfluß geringeres Gewicht zu. Der Beklagte macht mit seiner - vom LSG zugelassenen - Revision geltend, das LSG habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt und §1 Abs 1 Buchst d Bundesversorgungsgesetz (BVG) verletzt. Die unterlassene Sicherung des Fabrik- geländes sei allein dem Land Sachsen-Anhalt zuzurechnen. Nach der Rechtsprechung (BSGE 20, 114, 115) seien Gefahrenzustände nicht mehr der Besatzungsmacht, sondern ab Aufgabenübertragung auf eine in Mindestform und -umfang funktionsfähige Zivilverwaltung dieser zuzurechnen. Das LSG habe im übrigen verkannt, daß nach der Rechtsprechung (BSGE 2, 99, 101, 102) nicht jede mit der Besatzung ursächlich zusammenhängende Gefahr unter § 5 Abs 1 Buchst d BVG falle. Nur "besatzungseigentümliche" Gefahren seien gemeint. Die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht sei hier aber nicht besatzungseigentümlich. - 4 - Der Beklagte beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 11. Oktober 1994 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dessau vom 1. November 1993 zurückzuweisen. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen. II Die Revision ist unbegründet. Der Kläger ist durch unmittelbare Kriegseinwirkung geschädigt worden; er hat wegen der Folgen dieser Schädigung Anspruch auf Versorgung. Leistungen sind nach Anl I Kap VIII Sachgebiet K Abschn III Maßgabe 1 i zum Einigungsvertrag ab 1. Januar 1991 zu gewähren, weil die Voraussetzungen zu diesem Zeitpunkt vorgelegen haben und der Antrag vor dem 1. Januar 1994 gestellt worden ist. Das LSG hat zwischen dem Verhalten der sowjetischen Besatzungsmacht und der Schädigung des Klägers zu Recht einen versorgungsrechtlich erheblichen Zusam- menhang hergestellt. Die dagegen gerichteten Angriffe des Klägers bleiben ohne Erfolg. Zwar trifft der Einwand des Beklagten zu, daß das Verhalten der Besatzungsmacht, entgegen den Ausführungen des LSG, nicht deshalb als unmittelbare Kriegseinwirkung gilt, weil es eine mit der militärischen Besetzung deutschen Gebietes zusammenhängende besondere Gefahr iS des § 5 Abs 1 Buchst d BVG hervorgerufen hätte. Denn dazu zählen nicht alle mit der militärischen Besetzung verbundenen Gefahren, sondern aus diesem Kreis nur solche, die für die besonderen Verhältnisse der militärischen Besetzung typisch sind (BSGE 12, 13, 15). Nicht besetzungseigentümlich und deshalb vom Versorgungsschutz ausgenommen sind schädigende Vorgänge, die ihrer Art nach ebenso hätten eintreten können, wenn sie durch Maßnahmen oder Unterlassungen der deutschen Verwaltung statt durch die Besatzungsmacht verursacht worden wären (BSGE 17, 225, 229 = SozR BVG § 1 Nr 62). Ein solcher Fall liegt hier vor. Das Gebot, das munitionsverseuchte Fabrikgrundstück gegen Betreten durch spielende Kinder zu sichern, wurde sowohl von der sowjetischen Besatzungsmacht während der Zeit der Beschlagnahme, als auch anschließend nach Übertragung des Eigentums im März 1949 von der Verwaltung des Landes Sachsen-Anhalt verletzt. Diese Verletzung der Verkehrssicherungspflicht war mithin nicht besetzungseigentümlich. - 5 - Gleichwohl hat der Kläger Anspruch auf Versorgung wegen der Verletzungsfolgen. Denn versorgungsrechtlich geschützt ist auch, wer einen nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu ersetzenden Besatzungspersonenschaden zu einem Zeitpunkt erleidet, zu dem eine Regelung für die Entschädigung von Besatzungsschäden noch nicht vorhanden war. Das Versorgungsrecht schließt diese zivilrechtliche Anspruchslücke, indem es Schäden, die durch Angehörige der Besatzungsmacht verursacht worden sind, zu nachträglichen Auswirkungen kriegerischer Vorgänge erklärt (§ 5 Abs 2 Buchst a BVG), die ihrerseits als unmittelbare Kriegseinwirkung iS des § 1 Abs 2 Buchst a BVG gelten (§ 5 Abs 1 Buchst e BVG). In den westlichen Besatzungszonen bestand diese Lücke nur bis zum 31. Juli 1945. Denn für Besatzungsschäden, die vom 1. August 1945 an verursacht worden sind, galt das Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden vom 1. Dezember 1955 (BGBl I, 734; vgl dessen § 2). In der DDR wurde eine Entschädigungsregelung für Besatzungspersonenschäden erst eingeführt durch das Abkommen vom 11. April 1957 zwischen der Regierung der DDR und der Regierung der UdSSR über Fragen, die mit der zeitweiligen Stationierung sowjetischer Streitkräfte auf dem Territorium der DDR zusammenhängen (GBl I 237). Dieses Abkommen ist nach seinem Art 21 Satz 2 am 27. April 1957 in Kraft getreten (GBl I 285). Bis dahin eingetretene Schädigungen durch Angehörige der sowjetischen Streitkräfte stehen in engem Zusammenhang mit Krieg und Besatzung und fallen deshalb unter §5 Abs 2 Buchst a BVG. Das entspricht auch der Auffassung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung (vgl dessen Rundschreiben vom 10. Juni 1991, BArbBl 1991, 9/108). Die sowjetischen Truppen waren bis dahin als Streit- kräfte einer Besatzungsmacht iS des § 5 Abs 2 Buchst a BVG in der DDR stationiert. Der Senat hat die sowjetische Besatzungsherrschaft in einer früheren Entscheidung zwar bereits durch den Vertrag vom 20. September 1955 über die Beziehungen zwischen der DDR und der UdSSR, in Kraft getreten am 6. Oktober 1955 (GBl I 917), für beendet gehalten und deshalb Versorgungsansprüche nach § 5 Abs 2 Buchst a BVG wegen eines erst 1965 durch sowjetische Soldaten in der DDR verursachten Verkehrsunfalls ausgeschlossen (BSGE 59, 94, 97 = SozR 3100 § 5 Nr 9). Maßgeblich hat der Senat aber schon damals darauf abgestellt, daß die sowjetischen Truppen in der DDR ihre Stellung und ihre Befugnisse als Besatzungsmacht durch die Bestimmungen des Vertrages vom 11. April 1957 endgültig verloren haben. Die Verletzung des Klägers am 1. Juni 1950 ist nach den Feststellungen des LSG eine Schädigung iS des § 5 Abs 2 Buchst a iVm Abs 1 Buchst e BVG. Daß das LSG diese Feststellungen im Zusammenhang mit der Erörterung des § 5 Abs 1 Buchst d BVG getroffen hat, steht nicht entgegen. Der Schaden ist durch Angehörige der sowjetischen Besatzungsmacht in der DDR verursacht worden. Deren Verhalten war für den Unfall - 6 - wesentliche Bedingung iS der auch hier geltenden versorgungsrechtlichen Kausalitätsnorm (BSG SozR BVG § 5 Nr 35). Das LSG hat unangegriffen festgestellt, daß der Unfall des Klägers im vorgenannten Sinne nicht auf dessen eigenes Verhalten oder das Verhalten seiner Eltern zurückzuführen war, sondern auf eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Dabei hat es der Pflichtverletzung durch das Land Sachsen-Anhalt nur untergeordnete Bedeutung beigemessen und den Unfall des Klägers wesentlich auf die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die sowjetische Besatzungsmacht in den Jahren 1945 bis 1949 zurückgeführt. Bei dieser Bewertung sind Rechtsfehler nicht zu erkennen. Seit März 1949 war zwar das Land Sachsen-Anhalt als Eigentümer und Eigenbesitzer für den verkehrssicheren Zustand des Grundstücks verantwortlich. Damit endete aber nicht die Verantwortlichkeit der sowjetischen Besatzungsmacht als früherer Eigenbesitzer. Grundsätzlich trifft die Zustandsveranwortlichkeit für Grundstücke den gegenwärtigen Eigenbesitzer. Davon ist in sinnentsprechender Anwendung der für den Einsturz von Gebäuden getroffenen Regelung des § 836 Abs 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aber eine Ausnahme zu machen (vgl Mertens in Münchner Komm, 2. Aufl 1986, § 823 Rz 192). Der frühere Eigenbesitzer bleibt jedenfalls übergangsweise verantwortlich, wenn er die von dem Grundstück ausgehende Gefahr durch vorangegangenes Handeln oder Unterlassen begründet hat. Die Übergangszeit kann auch angesichts der Nachkriegsverhältnisse nicht auf ein Jahr beschränkt werden, wie das § 836 Abs 2 BGB vorsieht. Die sowjetische Besatzungsmacht hatte es hingenommen, daß in den Jahren ab 1945 die Umzäunung des von ihr beschlagnahmten Fabrikgeländes von der Bevölkerung abgebaut und damit das vorher gesicherte Grundstück zu einer Gefahrenquelle für spielende Kinder geworden war. Die Umzäunung wurde bis zum März 1949 weder erneuert oder repariert noch wurde die massenhaft herumliegende Munition geräumt. Im März 1949 hat sich die Besatzungsmacht dann des heruntergekommenen, munitionsverseuchten Grundstücks zu Lasten einer Gebietskörperschaft entledigt, die unter den Mangelverhältnissen der Nachkriegszeit mit Aufgaben überlastet war und schwerlich in kurzer Zeit das nachholen konnte, was jahrelang versäumt worden war und den gefährlichen Zustand des Grundstücks begründet hatte. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz. ... link (0 Kommentare) ... comment BSG, 9b RAr 7/90 vom 06.03.1991, Bundessozialgericht
anselmf
BUNDESSOZIALGERICHT
Im Namen des Volkes Urteil in dem Rechtsstreit Az: 9b RAr 7/90 Klägerin und Revisionsbeklagte, Prozeßbevollmächtigte: gegen Bundesanstalt für Arbeit, Nürnberg, Regensburger Straße 104, Beklagte und Revisionsklägerin. Der 9b Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. März 1991 durch Vorsitzenden Richter Dr. S., Richter Dr. W. und Richter Dr. L. sowie ehrenamtliche Richterin Dr. N. und ehrenamtlichen Richter R. für Recht erkannt: - 2 - Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. Februar 1990 und des Sozialgerichts Koblenz vom 28. April 1989 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. - 3 - Gründe: I Die Klägerin, geprüfte Krankenschwester, erhielt von der Beklagten für die Teilnahme an einer Weiterbildung zur Unterrichtsschwester (Lehrkraft an Krankenpflegeschulen) von Oktober 1982 bis September 1983 ua Unterhaltsgeld (Uhg) als Darlehen (Bescheid vom 21. oder 25. Oktober 1982). Mit Schreiben vom 19. September 1983 beantragte die Klägerin die Gewährung des Uhg als Zuschuß statt als Darlehen, weil der Beruf der Unterrichtsschwester nach einem Runderlaß der Beklagten als Mangelberuf anerkannt sei. Die Beklagte lehnte eine Überprüfung ihrer rechtsverbindlichen Entscheidung ab (Bescheid vom 23. Januar 1985, Widerspruchsbescheid vom 11. März 1985) und forderte die Klägerin zur Rückzahlung des Darlehens in Raten auf (Bescheid vom 25. Januar 1985). Auf einen im April 1988 erneut gestellten, auf Rechtsprechung gestützten Antrag, das Darlehen in einen Zuschuß umzuwandeln, verweigerte das Arbeitsamt wiederum eine neue Sachprüfung nach § 44 Sozialgesetzbuch Verwaltungsverfahren -SGB X- (Bescheid vom 1. Juli 1988); im Widerspruchsbescheid vom 28. September 1988 wurde die Gewährung eines Darlehens als rechtmäßig bestätigt. Das Sozialgericht (SG) hat die an- gefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, über den Antrag der Klägerin auf Änderung des Bescheides vom 25. Oktober 1982 über das gewährte Uhg unter Rücknahme der Bescheide vom 23. Januar 1985 und 11. März 1985 gemäß der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (Urteil vom 21. April 1989). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 16. Februar 1990). Nach seiner mit dem SG übereinstimmenden Rechtsauffassung hat die Beklagte eine Überprüfung der Verwaltungsakte und die Gewährung des Uhg als Darlehen zu Unrecht abgelehnt. Sie müsse den 1982 erlassenen Bescheid insoweit, als er die Leistung als Zuschuß versagt hat, und die Ablehnung eines neuen Verfahrens (1985) als unrichtig zurücknehmen (§ 44 SGB X iVm § 152 Arbeitsförde- rungsgesetz -AFG-); denn die Fortbildung der Klägerin sei deshalb notwendig gewesen, weil der angestrebte Beruf einer Lehrschwester nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und nach der Rechtsprechung bundesweit ein Mangelberuf sei (§ 44 Abs 2 Satz 2 Nr 4 AFG). § 44 Abs 1 SGB X sei nicht anzuwenden; denn die Klägerin habe die Sozialleistung Uhg bereits erhalten. Deshalb scheide auch der allein auf Abs 1 bezogene Abs 4 aus, wonach nach der Rücknahme neue Leistungen nicht für länger als vier Jahre rückwirkend gewährt werden dürfen. Soweit die Klägerin das Darlehen noch nicht zurückgezahlt habe, sei sie nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X davon für die Zukunft befreit. Soweit sie Teilleistungen von insgesamt 7.410,-- DM erstattet habe, müsse die Beklagte nach § 44 Abs 2 Satz 2 SGB X für die Vergangenheit ihr Rücknahmeermessen ausüben. In Höhe des nach dem Antrag vom April 1988 zurückgezahlten Gesamtbetrages von 3.040,-- DM - 4 - bleibe keine andere Entscheidung offen, als den Anspruch über den Darlehenscharakter des Uhg aufzuheben. Falls die Beklagte über den Antrag sofort entschieden hätte, wäre sie insoweit nach § 44 Abs 2 Satz 1 SGB X verpflichtet gewesen, den Zuschuß zuzuerkennen; das bestätige § 44 Abs 2 Satz 3 SGB X. Anderenfalls könnte sich die Verwaltung durch eine Verzögerung den Ermessensspielraum für die Entscheidung nach § 44 Abs 2 Satz 2 SGB X verschaffen. Die Beklagte rügt mit ihrer - vom LSG zugelassenen -Revision eine Verletzung des § 44 Abs 1, 2 und 4 SGB X. Sie begründet ihre Revision allein damit, daß das Uhg wegen Fristablaufs nach § 44 Abs 4 SGB X nicht mehr als Zuschuß für die Zeit der Fortbildung (1982/1983) gewährt werden könne. Die Frage, ob die Voraussetzung, dh die Notwendigkeit der Fortbildung wegen eines Mangelberufs nach § 44 Abs 2 Nr 4 AFG aF, gegeben ist, sei unerheblich. Die darüber ergangene Entscheidung des Berufungsgerichts werde allerdings nicht beanstandet. Entgegen der Auffassung des LSG habe die Verwaltung die beantragte Leistung nicht bereits iS des § 44 Abs 4 SGB X "erbracht". Der Klägerin sei allein ein Uhg als Darlehen gewährt worden, und ein solches, das zurückgezahlt werden müsse, unterscheide sich elementar von einem Zuschuß. Selbst wenn die Beklagte im Rahmen ihres Ermessens nach § 44 Abs 1 SGB X iVm § 152 Abs 1 AFG die Ablehnung eines Zuschusses für die Vergangenheit zurücknehme, dürfe sie die angestrebte Zugunstenentscheidung nach § 44 Abs 4 SGB X nicht treffen. Dabei sei der Vierjahreszeitraum von dem im April 1988 gestellten Antrag ab zu berechnen. Entgegen der Auffassung des SG lebe durch eine Rücknahme der rechtsverbindlichen Ablehnung einer Überprüfung der darauf gerichtet gewesene Antrag von 1983 nicht wieder auf in der Weise, daß er für die Fristberechnung nach § 44 Abs 4 SGB X maßgebend sei. Im üb- rigen sei auf die nach Auffassung des LSG anwendbare Rücknahmevorschrift des § 44 Abs 2 SGB X die Ausschlußregelung des § 44 Abs 4 SGB X entsprechend anzuwenden, soweit der Empfänger nachträglich von einer Rückzahlungsverpflichtung befreit werden wolle. Eine solche Entlastung belaste den Leistungsträger für einen länger als vier Jahre zurückliegenden Zeitraum ebenso wie eine nachträgliche Zahlung. Der Anspruch auf Rückzahlung, der wegfallen solle, sei 1982/83 entstanden. Die Beklagte beantragt, die Urteile der Vorinstanzen zu ändern und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen. Sie betont, daß § 44 Abs 4 SGB X nicht die Möglichkeit, einen nicht begünstigenden Verwaltungsakt zu überprüfen, regele; die Rücknahme sei - anders als nach § 45 Abs 3 SGB X - zeitlich unbegrenzt möglich. § 44 Abs 4 SGB X verbiete allein, eine Leistung für die Zeit vor vier Jahren - 5 - rückwirkend zu erbringen, dh zu zahlen, nicht aber eine weiter zurückliegende Gewährung (Bewilligung, Zuerkennung) durch die Rücknahme. Eine Umwandlung des bereits 1982/83 gezahlten Uhg, der Sozialleistung, in einen Zuschuß würde nur vom Antrag ab der Tilgung die Rechtsgrundlage entziehen. Die rückwirkende Beseitigung der Tilgungspflicht werde nicht durch § 44 Abs 4 SGB X ausgeschlossen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. II Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Klage hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen hätten die Beklagte nicht verpflichten dürfen, über den Rücknahmeantrag der Klägerin unter Beachtung der gerichtlichen Rechtsauffassung neu zu entscheiden. Die Beklagte, die der Klägerin 1982/83 Uhg als zurückzuzahlendes Darlehen gewährte (§ 44 Abs 2a AFG hier idF des AFKG vom 22. Dezember 1981 - BGBl I 1497 -, § 607 Abs 1 Bürgerliches Gesetzbuch), hat damit zugleich Uhg als übliche, in erster Linie begehrte Sozialleistung, dh als Zuschuß zum Verbleib (§ 11 Satz 1 Sozialgesetzbuch Allgemeiner Teil -SGB I- vom 11. Dezember 1975 - BGBl I 3015 -, § 44 Abs 1 bis 2 Satz 2 Nr 4 AFG), abgelehnt. Der versagende Verfügungssatz, der die Klägerin nicht begünstigte, sondern belastete (vgl die Definition des begünstigenden Verwaltungsaktes in § 45 SGB X vom 18. August 1980 - BGBl I 1469 -), wäre, falls er unrichtig wäre, nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X zurückzunehmen und durch eine neue - richtige - Entscheidung zu ersetzen (BSG Breithaupt 1982, 800). Diese Regelung wird für das Arbeitsförderungsrecht durch § 152 Abs 1 AFG (idF des Art II § 2 Nr 18 Buchstabe a SGB X) dahin abgewandelt, daß ein Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft zu- rückgenommen wird; nach dem 1987 klarstellend angefügten Halbsatz 2 (8. Änderungsgesetz vom 14. Dezember 1987 - BGBl I 2602 - dazu Gesetzesbegründung in BT-Drucks 11/800 zu Nr 35 - § 152 -) darf aber die Verwaltung nach ihrem Ermessen die Rücknahme auf die Vergangenheit erstrecken. Ob die Versagung des Uhg als Zuschuß rechtswidrig war, weil die Lehrschwestertätigkeit 1982/83 ein Mangelberuf war und deshalb die Weiterbildung für sie notwendig gewesen wäre (§ 44 Abs 2 Satz 2 Nr 4 AFG), war in diesem Verfahren nicht mehr als Voraussetzung für eine Rücknahme zu entscheiden. Eine Rücknahme des ablehnenden Verwaltungsaktes wegen einer entsprechenden Rechtswidrigkeit und eine Ersetzung - 6 - durch einen Bewilligungsakt ist wegen der Einwirkung der Verfallklausel des § 44 Abs 4 SGB X auf die Rücknahmeregelung schlechthin ausgeschlossen. Die Verwaltung hat jene beiden Entscheidungen zugunsten eines Antragstellers dann nicht mehr vorzunehmen, wenn die rechtsverbindliche, grundsätzlich zurückzunehmende Entscheidung ausschließlich Leistungen für eine Zeit, die länger als vier Jahre vor dem Rücknahmeantrag liegt, regelte und wenn der ersetzende Bewilligungsbescheid sich ebenfalls nur auf den genannten Zeitraum auswirken würde. So war es hier. Der 1988 gestellte Rücknahmeantrag der Klägerin bezieht sich auf Uhg für die 1982/83 durch- geführte Maßnahme. Nach § 44 Abs 4 Satz 1 und 2 SGB X werden Sozialleistungen, falls ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen und durch einen Zugunstenbescheid ersetzt wird, längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Für die Berechnung des Zeitraumes tritt nach Satz 3 an die Stelle des Rücknahmeaktes ein Antrag, falls er zur Rücknahme führte. Diese Vollzugsregelung (BSGE 61, 154, 156 f = SozR 1300 § 48 Nr 32), die zwingend anzuwenden ist (BSGE 60, 158, 160 f = SozR 1300 § 44 Nr 23), steht für die länger als vier Jahre zurückliegende Zeit, für die keine Leistungen mehr erbracht werden dürfen, einem Rücknahme- und einem Ersetzungsakt entgegen. Sie ist auf die Rücknahmeregelung bezogen, die voraussetzt, daß infolge der unrichtigen Entscheidung Sozialleistungen nicht erbracht wurden (BSGE 62, 10, 13 = SozR 2200 § 1254 Nr 7). "Erbringen" bedeutet tatsächliches Leisten (§ 43 SGB I, §§ 102 bis 105 SGB X; zu § 18c Abs 1 bis 3 Bundesversorgungsgesetz: RdSchr des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 18. Juni 1982 - BABl 1982 Heft 9 S 109 -; vgl auch BSG 12. Oktober 1990 - 2 RU 63/89 - RdSchr Nr 9/91 des Bundesverbandes der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand). Ein derart zu vollziehender Verwaltungsakt ist nicht mehr zu erlassen, wenn er nicht ausgeführt werden darf. Er wäre wirkungslos. Von der Verwaltung darf keine unnötige, überflüssige Tätigkeit verlangt werden, die hier auch die - mitunter recht schwierige und aufwendige - Prüfung auf eine Unrichtigkeit einbezöge. Ein Antragsteller, der über § 44 SGB X keine Leistungen mehr für die Vergangenheit erhalten darf, hat kein rechtliches Interesse an der Rücknahme und der zusprechenden Entscheidung, die nach Abs 4 nicht vollzogen werden dürfen. § 44 Abs 4 SGB X ist hier nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin schon 1983, also innerhalb des Vier-Jahres-Zeitraumes, der die Maßnahmezeit von 1982/83 umfaßte, die Rücknahme und damit die Gewährung des Uhg als Zuschuß beantragt hat. Selbst wenn ein Antrag wie dieser, der rechtsverbindlich abgelehnt wurde, durch eine Rücknahme wiederauflebte (vgl dazu BSG Breithaupt 1982, 800), tritt diese Wirkung hier nicht ein; denn der 1988 von der Klägerin gestellte Antrag, über den in diesem Verfahren zu entscheiden ist, könnte aus den dargelegten Gründen nicht zu einer Rücknahme und Ersetzung führen. Dann ist auch nicht der Verwaltungsakt, durch den 1985 der Antrag von - 7 - 1983 abgelehnt wurde, mitsamt dem Widerspruchsbescheid zurückzunehmen. Diese Verwaltungsentscheidungen, mit denen die Beklagte eine erneute Sachprüfung abgelehnt hat, sind auch aus einem anderen verfahrensrechtlichen Grund nicht zurückzunehmen. In dem abgelehnten Antrag wies die Klägerin nicht auf neue Erkenntnisse hin, die die Lehrschwestertätigkeit als Mangelberuf beurteilen ließen. Im ersten Abschnitt zur Eröffnung des dreistufigen Entscheidungsprozesses über eine Rücknahme und eine Ersetzung eines unrichtigen Verwaltungsaktes ist allein darüber zu befinden, ob überhaupt ein rechtsverbindlicher Bescheid erneut zu überprüfen ist (BSGE 63, 33, 35 f = SozR 1300 § 44 Nr 33). Die Verwaltung darf dies ablehnen, falls - wie hier - keine neuen Erkenntnisse für eine Unrichtigkeit vorgetragen werden oder sonst erkennbar sind (BSG aaO). Sie soll nicht durch aussichtslose Anträge, die beliebig oft wiederholt werden könnten, immer wieder zu neuen Sachprüfungen gezwungen werden können. Die Einschränkung der Rücknahmeregelung (§ 44 Abs 1 SGB X iVm § 152 Abs 1 AFG) durch die Ausschlußklausel (§ 44 Abs 4 SGB X) entfällt im Fall der Klägerin weder deshalb, weil die Klägerin das abgelehnte, jetzt erneut beantragte Uhg bereits 1982/83 während der Weiterbildungsmaßnahme erhalten hätte, noch deshalb, weil sie das ausbezahlte Darlehen in der Zeit seit dem Rücknahmeantrag und vorher nicht länger als vier Jahre zurückliegend (seit 1985) zurückzahlen muß. Die Auszahlung der Uhg-Beträge während der Bildungsmaßnahme beruhte nicht auf der jetzt umstrittenen Gewährung eines Zuschusses, sondern auf der Darlehensgewährung, deren Vollzug allerdings im Fall einer Rücknahme und Bewilligung eines Zuschusses deshalb rückgängig gemacht werden müßte, weil die Leistung nicht doppelt gezahlt werden darf. Das Uhg als Zuschuß hat eine andere Rechtsnatur als das Darlehen, dh als der nur zur zeitweiligen Nutzung gewährte Uhg-Betrag, wenn auch beide Leistungen der Sicherung des Lebensunterhaltes während einer beruflichen Bildungsmaßnahme und zugleich der Motivierung zur Teilnahme dienen (BSGE 58, 160, bes 164 = SozR 4100 § 138 Nr 11). Ein Verzicht der Verwaltung auf die Rückzahlung würde nicht wie ein "Erbringen" iS des § 44 Abs 1 und 4 SGB X wirken. Die Pflicht zur Rückzahlung des Darlehens ist keine Folge der - möglicherweise - unrichtigen Entscheidung, durch die ein Zuschuß abgelehnt wurde. Sie wurde auch nicht durch einen teilweise belastenden Verwaltungsakt iS des § 44 Abs 1 SGB X, der mit der begünstigenden Gewährung dieser Leistung verbunden gewesen wäre, der Klägerin auferlegt. Die Bewilligung des Darlehens stellt einen nicht teilbaren begünstigenden Verfügungssatz dar, allerdings inhaltlich durch die ein- geschlossene Rückzahlungspflicht, die der Rechtsnatur des Darlehens eigen ist, eingeschränkt. Im Gesamtergebnis ist die Klägerin durch die Gewährung des Darlehens besser gestellt, als wenn die Beklagte ausschließlich ein Uhg als Zuschuß abgelehnt hätte. Die Rechtslage in diesem Fall ist nach § 44 SGB X, ergänzt durch § 152 Abs 1 - 8 - AFG, allein nach dem erlassenen und nach dem angestrebten Verwaltungsakt über ein Uhg als Zuschuß zu beurteilen. Dies wäre noch deutlicher, wenn die Verwaltung die darüber ergangene Ablehnungsentscheidung zeitlich gesondert von der Darlehensgewährung erlassen hätte. Die Klägerin kann sich nicht zu ihren Gunsten auf die Rechtsfolgen der Rücknahme eines Bescheides berufen, durch den ein begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 SGB X zu- rückgenommen wurde. Die zwingende Rechtsfolge des ersten Aufhebungsaktes, die Erstattungspflicht nach § 50 SGB X, kann dadurch rückgängig zu machen sein, daß der Leistungsträger diese Pflicht beseitigt (vgl dazu BSG SozR 1300 § 44 Nr 22; kritisch dazu Kopp, SGb 1987, 121; vgl auch BVerwG Urteil vom 15. November 1990 - 5 C 78.88). Die Klägerin hatte aber, wie schon dargelegt, den erhaltenen Darlehensbetrag nicht als unmittelbare Folge der Ablehnung eines Zuschusses, deren Rechtmäßigkeit umstritten ist und die nach dem Willen der Klägerin aufgehoben werden soll, in Raten zurückzuzahlen. Vielmehr war diese Versagung des Uhg nur das Motiv für den Entschluß der Klägerin, an Stelle eines Zuschusses ein - zinsloses - Darlehen zu nehmen. Die Mittel des Verwaltungsverfahrensrechts können nicht die wirtschaftlichen Folgen eines Entschlusses beseitigen, der wegen eines Verwaltungsaktes gefaßt wurde, wenn später behauptet wird, dieser belastende Verwaltungsakt sei rechtswidrig gewesen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. ... link (0 Kommentare) ... comment BSG, 9 BV 39/88 vom 24.11.1988, Bundessozialgericht
anselmf
Bundessozialgericht
9 BV 39/88 Beschluß in dem Rechtsstreit Kläger und Beschwerdeführer, Prozeßbevollmächtigter: gegen Beklagte und Beschwerdegegnerin. Der 9. Senat des Bundessozialgerichts hat am 24. November 1988 beschlossen: Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht Hamburg im Urteil vom 19. Januar 1988 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. - 3 - Gründe: Die Revision ist nicht gemäß den §§ 160a, 160 Abs 2 Nr 3 Sozial- gerichtsgesetz (SGG) zuzulassen, weil die Voraussetzungen, unter denen ein - hier allein geltend gemachter - Verfahrensmangel zur Zulassung der Revision führen kann, nicht erfüllt sind. Nach § 160 Abs 2 Nr 3, 2. Halbs SGG kann die Rüge eines Verfahrens- mangels nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozi- algericht (LSG) ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Der Kläger räumt ein, daß er eine Verletzung des § 109 SGG im Beschwerdeverfahren nicht rügen kann, soweit das LSG dem Antrag, die Neurologin und Psychiaterin Dr. H. zu hören, nicht gefolgt ist. Er meint aber, in dem zu Protokoll erklärten und auf 3 109 SGG gestützten Antrag läge ein Beweisantrag, dem das LSG bereits in Erfüllung seiner Pflicht zur Sachaufklärung nach § 103 SGG von Amts wegen habe folgen müssen; mit der Ablehnung dieses Antrags sei also nicht nur § 109 SGG, sondern auch § 103 SGG verletzt. In einem auf § 109 SGG gestützten Antrag auf Anhörung eines be- stimmten Arztes sei notwendig ein Beweisantrag nach § 103 SGG enthalten. Dem ist nicht zu folgen. Für seine Rechtsauffassung kann sich der Kläger zwar auf Meyer- Ladewig, Kommentar zum SGG, 3. Aufl, 5 160 RdNr 18 stützen; eine Begründung fehlt hier jedoch. Auch der 1. Senat des Bundessozial- gerichts (BSG) hat in dem nicht veröffentlichten Beschluß vom 5. April 1988 - 1 BA 255/87 - unter Hinweis auf diese Kommentar- stelle ohne Begründung unterstellt, daß ein Antrag nach § 109 SGG ein Beweisantrag iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG sei; er hat aber die Beschwerde aus einem anderen Grund als unzulässig verworfen. Stellt der Kläger einen Antrag nach § 109 SGG, so mag zwar aus seiner Sicht der Sachverhalt häufig noch nicht hinreichend aufge- klärt sein; das kann aber nicht dazu führen, in jedem Antrag nach § 109 SGG zugleich die Aufforderung an das Gericht zu erkennen, in erster Linie von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufzu- - 3 - klären. Der Antrag nach § 109 SGG wäre damit immer als soge- nannter Hilfsantrag aufzufassen. So ist der Antrag nach § 109 SGG aber in der Rechtsprechung nie verstanden worden. Es ist zwar anerkannt worden, daß der Antrag als Hilfsantrag gestellt werden kann (BSG SozR SGG § 109 Nr 17). Wird der Antrag aber nicht aus- drücklich als Hilfsantrag bezeichnet, so ist er als Inanspruch- nahme der Berechtigung aufzufassen, unbeschadet der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht einen Arzt des Vertrauens zu hören. Er hat eine andere Zielrichtung als die in § 103 SGG erwähnten Beweisan- träge. Der Beweisantrag, der mit der Rüge der Verletzung des § 103 SGG zur Zulassung der Revision führen kann, muß ein Beweisantrag iS dieser Vorschrift sein (ebenso Zeihe, SGG, 5. Aufl, § 160 Anm 25e). Wenn ein solcher Antrag gestellt wird, muß zwar nicht diese Vorschrift ausdrücklich erwähnt werden; es muß jedoch un- zweifelhaft erkennbar sein, daß eine weitere Sachverhaltsaufklä- rung von Amts wegen für erforderlich gehalten wird. Das ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der nur beschränkten Eröffnung der Revisionsinstanz bei Verfahrensfehlern. § 160 SGG in der gegen- wärtigen Fassung ist durch das Gesetz vom 30. Juli 1974 (BGBl I 1625) mit der Absicht eingefügt worden, die Revisionsinstanz von den zuvor in großer Zahl anfallenden sogenannten Verfahrensrevi- sionen zu entlasten (vgl Begründung des Regierungsentwurfs BT-Drucks 7/861). Gerade die häufigsten, auf die Verletzung der §§ 103, 109 und 128 SGG gestützten Verfahrensrevisionen sollten eingeschränkt werden. Während die Verletzung der §§ 109 und 128 SGG überhaupt nicht mehr zur Zulassung der Revision führen kann, ist für eine Rüge der Verletzung des § 103 SGG ein Beweisantrag als erforderlich angesehen worden, der diese Rüge bereits in der Berufungsinstanz vorbereitet. Diese Regelung mag in einem nicht einem Vertretungszwang unterworfenen Verfahren systemfremd er- scheinen (vgl dazu Krasney, Die Ersatzkasse 1973, 312; 197A, 330; derselbe, Der Kompaß, 197A, 303). Die Regelung läßt aber er- kennen, daß auch die wegen einer Verletzung des § 103 SGG zuzu- lassende Revision die Ausnahme bleiben soll; sie soll sich auf Aufklärungsmängel beschränken, auf die das Gericht bereits vor - 4 - der Entscheidung hingewiesen worden ist. Für diesen Hinweis ver- langt das Gesetz überdies eine besondere Form, nämlich einen Be- weisantrag, der grundsätzlich auch das Beweisthema und das Be- weismittel enthalten muß (vgl Meyer-Ladewig aaO und BSG SozR 1500 § 160a Nr 2N). Erst wenn der Tatsacheninstanz durch einen Beweis- antrag vor der Entscheidung noch einmal deutlich vor Augen ge- führt worden ist, daß der Kläger die gerichtliche Sachaufklä- rungspflicht in einem bestimmten Punkt noch nicht als erfüllt ansieht, soll das Übergehen eines solchen Antrages oder eine nicht hinreichend begründete Ablehnung die Revisionsinstanz und damit die weitere Sachaufklärung nach Zurückverweisung des Rechtsstreits in die Tatsacheninstanz ermöglichen. Der Beweisan- trag hat somit auch warnfunktion. Der Senat hat deshalb schon für eine schlüssige Darlegung des Verfahrensverstoßes stets verlangt, daß der Antrag in das Protokoll über die mündliche Verhandlung aufgenommen worden ist oder sich aus dem Urteilsinhalt ergibt oder schriftsätzlich vorgebracht und bis zum Ende der Sitzung aufrechterhalten worden ist (vgl Beschluß vom 15. Februar 1988 - 9/9a BV 196/87 - zur Veröffentlichung bestimmt; ferner BSG SozR 1500 § 160 Nr 12). Der Kläger hat hier seinen Antrag zwar aus- drücklich zu Protokoll erklärt; indem er sich aber auf § 109 SGG bezog und einen bestimmten ärztlichen Sachverständigen nannte, hat er zumindest nicht hinreichend erkennbar gemacht, daß er noch eine weitere Sachaufklärung von Amts wegen für erforderlich hielt, obwohl ihm das LSG zuvor mitgeteilt hatte, daß von Amts wegen keine weiteren Gutachten mehr eingeholt würden. Das LSG hat den gestellten Antrag auch nur als Ausübung des Rechts nach § 109 SGG aufgefaßt und als verspätet zurückgewiesen. - 5 - Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. ... link (0 Kommentare) ... comment BSG, 9 BV 26/93 vom 24.05.1993, Bundessozialgericht
anselmf
BUNDESSOZIALGERICHT
Beschluß in dem Rechtsstreit Az: 9 BV 26/93 ..........................................................., Kläger und Beschwerdeführer, Prozeßbevollmächtigter: ..........................., g e g e n Land Niedersachsen, vertreten durch das Landesversorgungsamt Niedersachsen, Hannover 1, Gustav-Bratke-Allee 2, Beklagter und Beschwerdegegner. Der 9. Senat des Bundessozialgerichts hat am 24. Mai 1993 durch Vorsitzenden Richter Dr. S c h m i t t, Richterin J a e g e r und Richter D a u beschlossen: Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht Niedersachsen im Urteil vom 18. Dezember 1992 wird als unzulässig verworfen. Kosten sind nicht zu erstatten. - 2 - G r ü n d e : Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) festgelegten gesetzlichen Form. Sie war deshalb entsprechend den §§ 169, 193 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (vgl BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 30). Der Beschwerdeführer weist zwar auf Zulassungsgründe hin, die in § 160 Abs 2 SGG aufgeführt sind. Er behauptet, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG und das angegriffene Urteil beruhe auf einem Verfahrensfehler iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG. Die behaupteten Zulassungsgründe sind aber nicht so dargelegt und bezeichnet, wie dies § 160 Abs 2 Satz 3 SGG verlangt. Zulassungsgründe müssen schlüssig dargetan werden. Zur Begründung der Grundsätzlichkeit der Rechtssache muß erläutert werden, daß und warum in dem angestrebten Revisionsverfahren eine Rechtsfrage erheblich sein wird, die über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung hat (vgl BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 44; BSG SozR 1500 § 160a Nr 39). Es muß überdies die Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage darlegt werden (BSG SozR 1500 § 160a Nr 65). Rechtsfragen, die vom Bundessozialgericht (BSG) entschieden sind, sind im allgemeinen nicht mehr klärungsbedürftig und haben keine grundsätzliche Bedeutung mehr, es sei denn, die Beantwortung der Frage ist klärungsbedürftig geblieben oder es erneut geworden. Das muß substantiiert vorgetragen werden. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, weil die behauptete grundsätzliche Frage vom Landessozialgericht (LSG) nicht zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht worden ist. Das LSG hat entgegen der Beschwerdebegründung seine Entscheidung nicht darauf gestützt, daß grundsätzlich Berufsschadensausgleich(BSchA) erst ab Vollendung des 60. (ausnahmsweise 59.) Lebensjahres bei schwerbeschädigten Selbständigen möglich ist. Diese Auffassung konnte daher in der Beschwerdebegründung auch nicht belegt werden. Das LSG hat viel- mehr im Wege der Beweiswürdigung konkret für den Kläger ein schädigungsbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben verneint und sich im übrigen hinsichtlich der grundlegenden Rechtsfragen an der Rechtsprechung des BSG orientiert (vgl BSG SozR 3-3642 § 8 Nrn 1 und 6). Da sich die Beschwerdebegründung mit beiden Entscheidungen nicht auseinandersetzt, fehlt es an einer schlüssigen Darlegung einer verbleibenden grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, zumal die Berechnung des BSchA für Selbständige vom BSG weitgehend vom tatsächlichen Einkommen abgelöst worden ist (BSG aaO Nr 1). Zu der in der Beschwerde ebenfalls als grundsätzlich angesprochenen Rechtsfrage, ob die Schädigungsfolgen mit zunehmendem Alter mit einer erhöhten Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) zu bewerten seien, hat der Beschwerdeführer weder § 31 Abs 1 Satz 2 Bundesversorgungsgesetz (BVG) noch die hierzu ergangene - 3 - Rechtsprechung (vgl BSG SozR 3100 § 30 Nr 79) erörtert, so daß insoweit noch klärungsbedürftige Fragen nicht aufgezeigt sind. Auch die erhobene Verfahrensrüge bezeichnet einen Verfahrensmangel nicht schlüssig. Es müssen die sie begründenden Tatsachen im einzelnen genau angegeben sein und in sich verständlich den behaupteten Verfahrensfehler ergeben (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14). Teilweise begründet der Kläger diese Rüge damit, daß dem Berufungsgericht eine fehlerhafte Würdigung des Beweismaterials vorgeworfen wird. Damit wird eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Beweiswürdigung) geltend gemacht. Hierauf kann die Rüge nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG) nicht gestützt werden. Zur Rüge, das LSG habe seine Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) verletzt, hätte der Beschwerdeführer entsprechende Beweisanträge bezeichnen müssen (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 iVm § 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Hieran fehlt es, obwohl sich der Kläger auf seinen Berufungsschriftsatz, dessen Inhalt im Zeitpunkt des Einverständnisses mit der Entscheidung ohne mündliche Verhandlung wiederholt worden ist, bezieht. Denn der Berufungsschriftsatz enthielt lediglich Beweisantritte iS von §§ 371, 373, 402 f Zivilprozeßordnung (ZPO). Sie enthalten Hinweise der Beteiligten auf ihnen geeignet erscheinende Beweismittel und führen sie in den Prozeß ein (vgl Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 50. Aufl Einf. § 284 Anm 5). Der Beweis muß rechtzeitig angetreten werden, damit Nachteile infolge Verspätung vermieden werden (vgl § 296 Abs 1 und § 296 Abs 2 iVm § 282 ZPO). Da die Sozialgerichte den Sachverhalt von Amts wegen aufklären (§ 103 SGG), haben derartige Beweisantritte im sozialgerichtlichen Verfahren nur eine geringe prozessuale Bedeutung. Sie enthalten üblicherweise Hinweise und Anregungen zu Maßnahmen, die von Amts wegen einzuleiten sind, wie das auch im Zivilprozeß denkbar iVm § 144 ZPO vorkommt, und sollen dem Gericht seine Aufgaben erleichtern (vgl RGZ 170, 264). Selbst der Zivilprozeß kennt daher die Unterscheidung von Beweisantrag und Beweisanregung (vgl BGHZ 66, 62, 68). Der Beweisantrag iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG hat indessen einen völlig anderen prozessualen Stellenwert. Er dient der Vorbereitung einer Revision bei gleichzeitigem Hinweis an die letzte Tatsacheninstanz darauf, daß nach Ansicht des Antragstellers die Sachaufklärung lückenhaft geblieben ist. Deshalb hat die Rechtsprechung insoweit hohe Anforderungen gestellt. Grundsätzlich muß eine Nichtzulassungsbeschwerde, die damit begründet wird, das Berufungsgericht sei einem gestellten Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt, aufzeigen, daß der Beweisantrag protokolliert oder im Urteilstatbestand aufgeführt ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 64). Fehlt es an einer mündlichen Verhandlung, muß ein im Urteilstatbestand enthaltener Beweisantrag bezeichnet werden. Selbst wenn man für derartige Fälle eine Erweiterung auf die ausdrücklich schriftsätzlich gestellten Anträge zuläßt, die zugleich mit der Erklärung des Einverständnisses zur Entscheidung durch - 4 - Urteil ohne mündliche Verhandlung gestellt werden, fehlt es hier an der Bezeichnung eines derartigen Antrags. Denn ein Beweisantrag, der mit der Rüge der Verletzung des § 103 SGG zur Zulassung der Revision führen kann, muß ein Beweisantrag im Sinne dieser Vorschrift sein, also unzweifelhaft erkennen lassen, daß eine weitere Sachver- haltsaufklärung von Amts wegen für erforderlich gehalten wird. Der Tatsacheninstanz soll durch einen solchen Antrag vor der Entscheidung vor Augen geführt werden, daß der Kläger die gerichtliche Sachaufklärungspflicht in einem bestimmten Punkt noch nicht als erfüllt ansieht. Der Beweisantrag hat Warnfunktion (vgl hierzu BSG SozR 1500 § 160 Nr 67). Eine solche Warnfunktion fehlt bei Beweisantritten, die in der Berufungsschrift oder sonstigen Schriftsätzen enthalten sind, und ihrem Inhalt nach lediglich als Anregungen zu verstehen sind, wenn sie nach Abschluß der von Amts wegen durchgeführten Ermittlungen nicht mehr zu einem bestimmten Beweisthema als Beweisantrag aufgegriffen werden; eine unsubstantiierte Bezugnahme auf frühere Beweisantritte genügt nicht. Die mangelnde Darlegung des Beweisthemas und der Bedeutung weiterer Sach- aufklärung im Berufungsverfahren wird in der Beschwerdeschrift dadurch bestätigt, daß auch hier nicht ausgeführt wird, inwiefern sich das Berufungsgericht - ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt - zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt sehen müssen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nrn 34 und 56). Insoweit fehlt es an einer Auseinandersetzung mit der Rechtsauffassung des LSG, so daß nicht deutlich ist, inwiefern die dem Beschwerdeführer wesentlich erscheinenden Sachverhaltselemente auch für das Berufungsgericht von Bedeutung gewesen sind. Derzeit kein Faksimile verfügbar. Volltext auch bei jurion.de 9 BV 26/93 vom 24.05.1993 ... link (0 Kommentare) ... comment BSG, 9a RV 44/85 vom 13.08.1986, Bundessozialgericht
anselmf
Bundessozialgericht
9a RV 44/85 Im Namen des Volkes Urteil in dem Rechtsstreit Kläger und Revisionskläger, Prozeßbevollmächtigter: gegen Beklagter und Revisionsbeklagter. Das Bundessozialgericht, 9a Senat, hat ohne mündliche Ver- handlung am 13. August 1986 für Recht erkannt: Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumens der Revisionsfrist gewährt. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 29. August 1985 aufgehoben, soweit es Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz wegen Gesund- heitsstörungen auf psychiatrisch—neurologischem und auf -2- urologischem Gebiet betrifft. Insoweit wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozial- gericht zurückverwiesen. Im übrigen wird die Revision als unzulässig verworfen. Gründe: Der Kläger, der in Österreich lebt, war vom 2. Mai bis zum 26. September 1945 wegen seiner deutschen Volkszugehörigkeit in jugoslawischer Haft. Auf schädigende Einwirkungen dieses Lager- aufenthalts führt er mehrere Gesundheitsstörungen zurück. Sein Versorgungsantrag nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) ist er- folglos geblieben (Bescheid vom 25. Januar 1979, Widerspruchs- bescheid vom 3. Juli 1980, Urteile des Sozialgerichts -SG- vom 3. Februar 1981 und des Landessozialgerichts -LSG- vom 29. Au- gust 1985). Das LSG hat einen ursächlichen Zusammenhang zwischen zahlreichen Gesundheitsstörungen, die der Kläger geltend macht, und Hafteinwirkungen als nicht wahrscheinlich beurteilt. Insbe- sondere hätte dies nicht für ein Nervenleiden und für Störungen im urologischen Bereich zugunsten des Klägers geklärt werden können. Die vom Urologen für notwendig erachteten Untersuchungen als Grundlage für eine fachliche Begutachtung seien nicht möglich gewesen, weil der Kläger die Mitwirkung daran abgelehnt habe. Das Gericht hat sich mit Gutachten begnügt, die nach Aktenlage er- - 3 - stellt worden sind. Der Kläger rügt mit seiner — vom LSG zugelassenen — Revision eine Verletzung der §§ 103 und 128 Sozialgerichtsgesetz (SGG), des § 1 Abs 3 BVG und des § 66 Abs 3 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB 1). Das Berufungsgericht hätte ein psychiatrisch- neurologisches und ein urologisches Gutachten auf Grund von Un- tersuchungen des Klägers einholen müssen. Zwei Sachverständige für diese Fachgebiete hätten in ihren nach Aktenlage erstatteten Gutachten diese Sachaufklärung für erforderlich erklärt. Der Kläger hätte über die Folgen einer Weigerung, bei diesen Beweis- erhebungen mitzuwirken, vom Gericht hinreichend belehrt werden müssen. Dies sei nicht geschehen. Deshalb hätte seine Äußerung, er könne sich jetzt aus gesundheitlichen Gründen nicht nochmals untersuchen lassen, nicht als endgültige Weigerung gewertet wer- den dürfen. Auf Anfrage des Revisionsgerichts hat der Kläger persönlich aus- drücklich erklärt, er wolle an den notwendigen Untersuchungen mitwirken. Der Kläger beantragt, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist zu gewähren. In der Sache beantragt er, das Urteil des LSG aufzuheben und den - 4 - Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Beklagte beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen. Nach seiner Auffassung hat die Revision einen Beweisantrag nicht dargetan. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. II Dem Kläger war Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen un- verschuldeten Versäumens der Revisionsfrist zu gewähren (§ 67 SGG); er war wegen der wirtschaftlichen Voraussetzung für eine Prozeßkostenhilfe gehindert, rechtzeitig einen Prozeßbevollmäch- tigten zu beauftragen. Die Revision des Klägers hat teilweise Erfolg. Der Kläger begehrt Versorgung nach dem BVG wegen verschiedener Gesundheitsstörungen als wahrscheinlichen Folgen seiner jugosla- wischen Haft (§ 1 Abs 1 und 2 Buchstaben a und c, Abs 3 Satz 1, § 5 Abs 1 Buchstabe d, § 9 BVG). Soweit es um die tatsächlichen - 5 - Voraussetzungen für die Anerkennung von psychiatrisch-neurologi- schen und von urologischen Störungen als Schädigungsfolgen (BSG SozR Nr 81 zu § 1 BVG) und um einen darauf beruhenden Versor- gungsanspruch geht, hat der Kläger formgerecht und zutreffend gerügt, daß das LSG seine Sachaufklärungspflicht (§ 153 Abs 1, §§ 155, 103 Satz 1 Halbs 1 und Satz 2, § 106 Abs 3 Nr 4 SGG) verletzt hat. Damit fehlt es insoweit an verbindlichen tatsäch- lichen Feststellungen für eine Sachentscheidung (§§ 163, 104 Abs 2 Satz 3 SGG). Bezüglich dieser selbständigen Ansprüche und teilbaren Streitgegenstände (§§ 123, 141 Abs 1 SGG) ist das an- gefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG; stRspr, zB BSGE 41, 80, 81 = SozR 3100 § 35 Nr 2; Zeine, Das Sozialgerichtsgesetz und seine Anwendung, § 170 Abs 2 und 3, Rz 15b; Meyer-Ladewig, SGG, 2. Aufl, 1981, § 170, Rz 6). Dem Berufungsgericht hätte es sich auf Grund von Äußerungen des Urologen Dr. S. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 13. August 1984 und des Nervenarztes Prof. Dr. F. im Aktengutachten vom 21. Januar 1985 aufdrängen müssen, den Kläger von Sachverständigen dieser beiden Fachgebiete untersuchen und begutachten zu lassen. Die beigezogenen Befundunterlagen und die nach Aktenlage erstatteten Gutachten ergaben kein zureichen- des Bild über die beim Kläger im psychiatrisch-neurologischen und im urologischen Bereich bestehenden Gesundheitsstörungen. Erst wenn die Krankheitsbilder auf diesen medizinischen Gebieten durch - 6 - erforderliche ambulante oder notfalls stationäre Untersuchungen geklärt sind, ließe sich fachärztlich beurteilen, ob die fest- gestellten Gesundheitsstörungen mit Wahrscheinlichkeit durch schädigende Einwirkungen der jugoslawischen Haft als wesentliche Allein- oder Mitbedingung anhaltend verursacht worden sind. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die noch erforderlichen Beweiser- hebungen zu einem für den Kläger günstigen Ergebnis führen. Me- dizinische Sachverständige könnten den Kläger bei ihren Untersu- chungen auch fachlich gezielt nach Haftumständen befragen, die als Krankheitsursachen in Betracht kommen, sowie nach dem Krank- heitsbeginn und -verlauf. Diese Aufklärung wäre notwendig als Grundlage für die richterliche Entscheidung, welche Einwirkungen als erwiesen anzusehen sind. Vorab müßte medizinisch geklärt werden, ob nach allgemeiner Erfahrung schwere Belastungen und Schädigungen in einer so kurzen Haft, wie sie der Kläger erlitten hat, schädigende Auswirkungen auf psychiatrisch-neurologischem Gebiet schlechthin nicht erwarten lassen. Die gebotene Beweiserhebung erübrigte sich nicht deshalb, weil der Kläger nicht in der gebotenen Weise bei den ärztlichen Un- tersuchungen hätte mitwirken wollen (§ 103 Satz 1 Halbs 2 SGG; Meyer-Ladewig, aaO, § 103, Rz 13 ff; Peters/Sautter/Wolff, Komm zur Sozialgerichtsbarkeit, § 103, Anm 3; aA Heinze, SGb 198A, 390, 395 f). Bevor das Gericht aus der Erklärung des Klägers, aus gesundheitlichen Gründen könne er zur Zeit nicht zur ärztlicnen Untersuchung erscheinen, folgern durfte, er mache endgültig die gebotene Sachaufklarung unmöglich, hätte es ihn hinreichend über die Folgen eines solchen Verhaltens schriftlich belehren müssen. Das folgt entgegen der Rechtsansicht der Revision nicht aus der -7 - Vorschrift des § 66 Abs 3 SGB 1 vom 11. Dezember 1975 (BGBl I 3015), die eine entsprechende Regelung enthält (BSG SozR 1500 § 160 Nr 3A; Peters/Sautter/Wolff, aaO, S 103, Anm 3 S II/74-öf; aA anscheinend Meyer-Ladewig, § 103, Rz 17). Diese Bestimmung regelt eine Voraussetzung für die Versagung oder Entziehung einer Sozialleistung wegen fehlender Mitwirkung, ua bei einer ärztli- chen Untersuchung (§ b2 SGB 1) im Verwaltungsverfahren (§ 66 Abs 1 und 2 SGB 1). Im Gerichtsverfahren ist hingegen eine Ver- letzung der Mitwirkungspflicht bei der Sachaufklärung allein be- deutsam für die Beweiswürdigung; sie kann zur Folge haben, daß die anspruchsbegründenden Tatsachen nicht als erwiesen anzusehen sind (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG). Dann ist der Klageanspruch nicht begründet. Indes wird auch im Prozeß, ungeachtet des § 66 Abs 3 SGB 1, regelmäßig als Voraussetzung einer solchen Folgerung ver- langt, daß das Gericht zuvor den Beteiligten hinreichend über seine Mitwirkungspflicht und über jene Auswirkung einer unbe- gründeten Weigerung belehrt hat (BSG SozR Nr 55 zu § 103 SGG; Meyer-Ladewig, aaO). Daran fehlte es im Schreiben des LSG vom 27. Juli 1983, in dem der Kläger bloß gefragt wurde, ob er zur Untersucnung in G. oder in der näheren Umgebung bereit und in der Lage sei. Das Berufungsgericht hat ohne weitere Nachfrage auf Grund der oben zitierten Erklärung des Klägers Begutachtungen nach Aktenlage angeordnet. Der Kläger hat aber im Revisionsver- fahren auf genaueres Befragen verbindlich erklärt, er wolle sich den erforderlichen Untersuchungen unterziehen. Im übrigen ist die Revision nicht zulässig, was für jeden ein- zelnen selbständigen Anspruch gesondert zu prüfen und zu ent- - 8 - scheiden ist (BSGE 7, 35, 38 f). Die Frage, die die Grundlage des gesamten Berufungsurteils betrifft, ob nämlich die mitwirkenden ehrenamtlichen Richter ordnungsmäßig berufen worden waren, ist nicht Gegenstand der Revision. Der Kläger hat ausdrücklich er- klärt, eine darauf bezogene Revisionsrüge erhebe er nicht. Diese Frage ist im übrigen inzwischen höchstrichterlich geklärt (Bun- desverfassungsgericht SozR 1500 § 13 Nr 1; zur Veröffentlichung bestimmtes Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23. Januar 1986 - 11a RA 46/85 -. Gegen die Entscheidung über die einzelnen anderen selbständigen Ansprüche, dh bezüglich der Nichtbewertung einzelner anderer Ge- sundheitsstörungen als Schädigungsfolgen sowie des Ausschlusses einer BVG-Entschädigung für die jugoslawische Haft als solche und für eine anschließende Arbeitslosigkeit, hat der Kläger keine Revisionsrügen geltend gemacht. Damit ist insoweit die Revision unzulässig (BSG SozR 1500 § 104 Nr 22) und zu verwerfen (§ 169 Satz 1 und 2 SGG). - 9 - Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil des LSG vorbehalten. ... link (0 Kommentare) ... comment BSG, 9a BVi 7/83 vom 21.11.1983, Bundessozialgericht
anselmf
SozR 1500 § 160 Nr 51
Bundessozialgericht 9a BVi 7/83 Beschluß in dem Rechtsstreit Kläger und Beschwerdeführer, Prozeßbevollmächtigter: gegen Beklagter und Beschwerdegegner. Das Bundessozialgericht, 9a Senat, hat am 21. November 1983 beschlossen: Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht Niedersachsen im Urteil vom 19. Mai 1983 wird als unzulässig verworfen. Kosten sind nicht zu erstatten. - 2 - Gründe Die Beschwerde ist nicht zulässig; mit ihr wird keine der Vor— aussetzungen, die nach § 160 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) für die Zulassung der Revision aufgeführt sind, in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Form bezeichnet. Der Kläger sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) darin, daß die "Beweislastumkehr" im Impfschadensrecht jedenfalls dann geboten sei, wenn der streitige ursächliche Zusammenhang trotz erschöpfender Sachaufklärung nicht wahrscheinlich, aber auch nicht unwahrscheinlich sei. Diese Rechtsfrage ist nicht mehr klärungsbedürftig, da sie vom Revi— sionsgericht — wie übrigens vom Kläger selbst vorgetragen — be— reits entschieden ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 13). Nach den Ur— teilen des erkennenden Senats vom 28. Oktober 1980 (Breithaupt 1981, 803f) und vom 19. August 1981 (BSG SozR 3850 § 52 Nr 1) kehrt sich die Beweislast bei der Feststellung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Impfung und Gesundheitsstörung (= haf— tungsausfüllende Kausalität) nicht um. Vielmehr ist die Wahr- scheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs genügend, aber auch erforderlich. Läßt sich unter diesen erleichterten Bedingungen der Wahrscheinlichkeit ein anspruchsbegründender Umstand nicht ermitteln, geht dies zu Lasten desjenigen, der daraus eine ihm günstige Rechtsfolge geltend macht (ständige Rechtsprechung des BSG ua BSGE 30, 121, 123 = SozR Nr 83 zu § 128 SGG; SGb 1976, 490). Demgegenüber beziehen sich die vom Reichsgericht und - 3 - Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze über die Beweislastum— kehr bei Arzthaftpflichtprozessen auf die haftungsbegründende Kausalität. Da der Kläger gleichwohl eine grundsätzliche Bedeu- tung der Rechtsfrage geltend macht, obliegt es ihm darzulegen, in welchem Umfang, von welcher Seite und mit welcher Begründung der Rechtsprechung widersprochen bzw die Beantwortung der Rechtsfrage umstritten ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 13; 1500 § 160 Nr 17). Dies ist nicht geschehen. Der Kläger bezieht sich lediglich auf die Ausführungen von Walter Bogs, mit denen sich der Senat bereits in seinem Urteil vom 19. August 1981 (aaO) auseinander— gesetzt hat. Ebensowenig ist der Rechtsbegriff der Wahrscheinlichkeit im Impfschadensrecht klärungsbedürftig. Wie der erkennende Senat in den oben zitierten Entscheidungen entschieden hat, ist das Impf- schadensrecht allen Rechtsgrundsätzen des Bundesversorgungsge- setzes (BVG) unterstellt worden, soweit nicht Besonderheiten ausdrücklich angeordnet worden sind. Das Impfschadensrecht ist dem sozialen Entschädigungsrecht im Sinne der §§ 5 und 24 So- zialgesetzbuch (Allgemeiner Teil) - SGB 1 - eingegliedert. Dieses soziale Entschädigungsrecht richtet sich nach versorgungsrecht- lichen Grundsätzen (Art II § 1 Nr 11 Buchst d SGB 1). Infolge- dessen ist die gleichlautende Rechtsnorm über die Anforderung, die an den Gewißheitsgrad für den ursächlichen Zusammenhang ge- stellt wird, hier nicht anders als im Recht der Kriegsopferver- sorgung auszulegen. Der erkennende Senat hat auch in den genann— ten Entscheidungen ausgeführt, daß die besondere Ausgestaltung des Sozialstaatspostulats im Sozialgesetzbuch die Beweisanfor— - 4 - derungen auch im Impfschadensrecht unangetastet läßt. Die dem einzelnen zustehenden sozialen Rechte begründen Ansprüche nur insoweit, als sie im besonderen Teil des Sozialgesetzbuches normiert sind (§ 2 Abs 1 Satz 2 SGB 1). Als ein solcher im genannten Sinne besonderer Teil rechnet das BVG, auch soweit § 51 des Bundesseuchengesetzes die entsprechende Anwendung der Leistungsvorschriften des BVG vorsieht (Art II S 1 Nr 11 Buchst d SGB 1). Bei der ebenfalls als Grund für die Zulassung der Revision gel- tend gemachte Abweichung des angefochtenen Urteils von den Ur- teilen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 21. Februar 1980 - 5 RKnU 4/79 —‚ vom 19. August 1981 - 9 RVi 5/80 -‚ vom 22. September 1977 - 10 RV 15/77 — sowie BSGE 19, 52 und 24, 25, fehlt es an der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen "Bezeich- nung". Zur Zulässigkeit der Divergenzrüge (5 160 Abs 2 Nr 2 SGG) gehört die Darlegung, zu welcher konkreten Rechtsfrage eine Ab— weichung vorliegt; der Beschwerdeführer muß dartun, mit welcher konkreten rechtlichen Aussage das Landessozialgericht (LSG) von einer bestimmten Aussage der höchstrichterlichen Rechtsprechung abgewichen ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 21 und Nr 29). Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf die drei erstgenannten Urteile des BSG darauf verweist, daß die einzige konkrete Möglichkeit aber auch wahrscheinlich sei, ist dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen, welche konkrete Rechtsfrage das LSG anders entschieden haben soll. Daß andererseits bei der gegebenen Fallgestaltung der Kläger sich in einem Beweisnotstand befunden habe, erörtert er nicht im einzelnen. Auch ist ein Abweichen von einer konkreten - 5 - Rechtsfrage nicht dargelegt. Abgesehen davon befaßt sich die Entscheidung BSGE 19, 52, 56 mit der Beweiswürdigung bei unge— klärter Todesursache und gerade nicht mit dem ursächlichen Zu- sammenhang, um den es hier ausschließlich geht. Die Entscheidung BSG 24‚ 25 nimmt zu der Frage der Feststellungslast und Beweis— würdigung bei schuldhaft vereitelter Sachverhaltsaufklärung Stellung, hat also ebensowenig den ursächlichen Zusammenhang zum Inhalt. Inwieweit dennoch eine Abweichung gegeben sein soll, ist dem Beschwerdevorbringen des Klägers nicht zu entnehmen. Mit der Rüge, das Berufungsgericht hätte den Beweisanträgen stattgeben müssen, macht der Kläger eine Verletzung der Sach— aufklärungspflicht (§ 103 SGG) geltend. Indes fehlen Angaben darüber, um welche Anträge es sich im einzelnen handelt und wann diese gestellt worden sind. Sie sind mithin für das Revisions— gericht nicht ohne weiteres auffindbar. Infolgedessen fehlt es an einer hinreichenden Kennzeichnung derselben (BSG SozR 1500 § 160 Nr 5). Die Beschwerde des Klägers enthält in seinem wesentlichen Teil den Vorwurf, das LSG habe das Recht der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) verletzt. Diese Rüge ist als Zulas— sungsgrund schlechthin ausgenommen (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG). Das gilt auch insoweit, als der Kläger sich gegen die materielle Richtigkeit des Berufungsurteils wendet. Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht die Prüfung, ob das Berufungsgericht richtig entschieden hat. Vielmehr kann auf die Beschwerde lediglich geprüft werden, ob eine der in § 160 Abs 2 - 5 - SGG abschließend aufgezählten Zulassungsgründe geltend gemacht ist und auch vorliegt (BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 9). Nach alldem ist das Rechtsmittel zu verwerfen (S 169 SGG). Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. ... link (0 Kommentare) ... comment BSG, 9/9a RVs 19/86 vom 03.02.1988, Bundessozialgericht
anselmf
BUNDESSOZIALGERICHT
Im Namen des Volkes Urteil in dem Rechtsstreit Az: 9/9a RVs 19/86 Kläger und Revisionskläger, Prozeßbevollmächtigte: gegen Beklagter und Revisionsbeklagter. Der 9. Senat des Bundessozialgerichts hat ohne mündliche Verhandlung am 3. Februar 1988 für Recht erkannt: Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 23. Oktober 1986 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. - 2 - Gründe: I Bei dem Kläger ist wegen seiner Kriegsverletzung und wegen anderer Gesund- heitsstörungen ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 vH anerkannt. Ihm ist ferner das Merkzeichen "G" (erhebliche Gehbehinderung) und die Berechtigung zur zuschlagsfreien Benutzung der 1. Klasse bei Reisen mit der Bundesbahn zuerkannt. Er erstrebt auch das Merkzeichen "aG" (außergewöhnliche Geh- behinderung), um die besonderen für außergewöhnlich Gehbehinderte einge- richteten Parkplätze benutzen zu dürfen, weil er nur ein- und aussteigen könne, wenn die Wagentür vollständig geöffnet sei; das setze die geräumigeren mit dem Rollstuhlfahrersymbol gekennzeichneten Parkplätze voraus. Das Sozialgericht Gelsenkirchen (SG) hat die Klage mit der Begründung abge- wiesen, der Kläger gehöre nicht dem gesetzlich umschriebenen Personenkreis an, der sich wegen der Schwere des Leidens ständig nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb seines Kraftfahrzeuges bewegen könne. Pro Tag könne der Kläger zwar nur 1 bis 1,5 km an Wegstrecke zurücklegen, er sei jedoch fähig, zusammenhängend 300 m zu gehen. Diese Fähigkeit über- steige erheblich die Gehstrecke, die Querschnittsgelähmten, Doppeloberschen- kelamputierten oder vergleichbaren Behinderten noch zugemutet werden könne. Mit der vom SG zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, er könne im Umkreis von 300 m von seiner Wohnung kein öffentliches Verkehrsmittel errei- chen. Wenn man ihm das Merkzeichen "aG" verweigere, verstoße dies gegen den Zweck des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG), die Eingliederung in Arbeit, Beruf und Gesellschaft zu fördern. Es müsse immer die Behinderung im Einzelfall beachtet werden. Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Beklagten unter Abän- derung des Bescheides vom 23. November 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 1985 und unter Aufhebung des Bescheides vom 3. Juni 1983 zu verurteilen, ihm das Merkzeichen "außergewöhnliche Gehbehinderung (aG)" zuzuerkennen. - 3 - Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen. Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Beide Beteiligten sind mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Ver- handlung (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) einverstanden. II Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das SG hat zu Recht entschieden, daß dem Kläger das Merkzeichen "aG" nicht zusteht. Nach § 3 Abs 4 SchwbG idF der Bekanntmachung vom 8. Oktober 1979 (BGBl I 1649) und ebenso nach § 4 Abs 4 der Neufassung vom 26. August 1986 (BGBl I S 1421, berichtigt 1550) treffen die für die Durchführung des Bun- desversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden die erforderlichen Fest- stellungen über weitere gesundheitliche Merkmale als Voraussetzung für die Inanspruchnahme einer Vergünstigung, bzw eines Nachteilsausgleichs. Nach § 3 Abs 1 Nr 1 der Vierten Verordnung zur Durchführung der SchwbG vom 15. Mai 1981 (BGBl I 431 - Ausweisverordnung -, jetzt gültig idF der Bekannt- machung vom 3. April 1984 - BGBl I S 509) ist im Ausweis des Schwerbehin- derten das Merkzeichen "aG" einzutragen, wenn der Schwerbehinderte außer- gewöhnlich gehbehindert ist iS des § 6 Abs 1 Nr 14 des Straßenverkehrs- gesetzes (StVG) oder entsprechender straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften. Damit weist das Schwerbehindertenrecht, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 6. November 1985 - 9a RVs 7/83 - (SozR 3870 § 3 Nr 18) entschieden hat, die Abgrenzung des begünstigten Personenkreises dem Rechtsgebiet zu, für das die Begünstigung allein Bedeutung hat. Denn ein Ausweis mit dem Merk- zeichen "aG" befreit den Behinderten von Beschränkungen des Haltens und Parkens im Straßenverkehr und eröffnet ihm besonders gekennzeichnete Parkmöglichkeiten, die - wie der Kläger zutreffend anführt - auch eine größere Fläche als Parkraum zur Verfügung stellen (nach DIN 18 024 Teil 1, wie in der nach § 6 Abs 1 Straßenverkehrsgesetz -StVG- idF vom 6. April 1980 (BGBl I S 413) zuletzt erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur StVO vom 21. Juli 1980 (BAnz Nr 137 vom 29. Juli 1980 S 2) unter Art 1 Nr 7a VIII zu § 45 angeordnet ist). - 4 - Umschrieben wird der begünstigte Personenkreis in der vom Bundesminister für Verkehr erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur StVO idF vom 22. Juli 1976 (BAnz Nr 142 vom 31. Juli 1976 S 3), die auf der gesetzlichen Grundlage des § 6 StVG idF vom 6. August 1975 (BGBl I 2121) beruht. Dort wird unter Art 1 II die alte Verwaltungsvorschrift zu § 46 unter Nr 11 dahin er- gänzt, welche Schwerbehinderten als außergewöhnlich gehbehindert anzuse- hen sind, nämlich solche, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraft- fahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen Querschnittsgelähmte, Doppel- oberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, aber auch einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tra- gen oder die nur eine Beckenkorbprothese tragen können. Neben beispielhaft aufgeführten Behinderten zählen dazu auch diejenigen, die nach versorgungs- ärztlicher Feststellung aufgrund von Erkrankungen dem vorstehend angeführten Personenkreis gleichzustellen sind; des weiteren enthält diese Verwaltungsvorschrift besondere Regelungen für Blinde. Das SG hat zu Recht entschieden, daß der Kläger dem begünstigten Perso- nenkreis nicht gleichgestellt werden kann. Er leidet an einer erheblichen Bewe- gungseinschränkung des Hüftgelenks bei federnder Versteifung des Knie- gelenks nach deformverheiltem Schußbruch des linken Oberschenkels. Wie der Senat bereits in dem genannten Urteil unter Bezugnahme auf SozR 3870 § 3 Nr 11 entschieden hat, liegt eine außergewöhnliche Gehbehinderung in diesem Sinne nur vor, wenn die Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße einge- schränkt ist; die Fähigkeit zu gehen muß unter ebenso großer Anstrengung oder ebenso nur noch mit fremder Hilfe möglich sein, wie bei dem beispielhaft aufgeführten Personenkreis. Das Recht, die Gruppe der zu begünstigenden Schwerbehinderten aus den Zwecken des SchwbG darüber hinaus zu erwei- tern, ist weder den für die Ausstellung des Ausweises zuständigen Behörden noch den Sozialgerichten eingeräumt. Vielmehr hat der Gesetzgeber durch die Formulierung in § 3 Abs 1 Nr 1 der Schwerbehinderten-Ausweisverordnung in- soweit straßenverkehrsrechtliche Vorschriften für maßgeblich erklärt. Daran hat die Aufforderung des § 48 Abs 1 SchwbG (in der seit 1. August 1986 geltenden Fassung), die Nachteilsausgleiche so zu gestalten, daß sie der Art oder Schwere der Behinderung Rechnung tragen, nichts geändert. Gleichgestellt werden können daher nicht alle Personen, die durch vergleichbar schwere Lei- den behindert sind, sondern nur solche, bei denen die Auswirkungen der Leiden denen gleichzuerachten sind, die der Bundesminister für Verkehr in seinen straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften genannt hat. Der - 5 - Leidenszustand muß wegen der außergewöhnlichen Behinderung beim Gehen die Fortbewegung auf das Schwerste einschränken. Das SG hat unangegriffen (§ 163 SGG) festgestellt, daß die von verschiedenen Ärzten festgestellte Gehstrecke, die der Kläger noch zusammenhängend zu- rücklegen kann, weit über den Wegstrecken liegt, die Doppeloberschenkel- amputierten und vergleichbaren Personen zugemutet werden können. Der Klä- ger erstrebt auch die Vergünstigung nicht so sehr deshalb, weil er von gewöhn- lichen Parkplätzen aus angestrebte Ziele nicht erreichen könnte. Er sieht sich auf einen mit dem Rollstuhlfahrersymbol gekennzeichneten Parkplatz deshalb angewiesen, weil normale Parkplätze ihm das Ein- und Aussteigen nicht oder nicht ungefährdet ermöglichen. Zum Ausgleich derartiger Nachteile hat aber der Bundesminister für Verkehr die Ausnahmegenehmigung nicht geschaffen. Sie ist vielmehr dazu gedacht, den Schwerbehinderten mit dem Pkw möglichst nahe an sein jeweiliges Ziel fahren zu lassen: Er darf in Fußgängerzonen par- ken, Parkzeiten überschreiten oder ohne Gebühr parken. Damit derartige Park- plätze auch ortsnah zur Verfügung stehen, sind Sonderparkplätze in der Nähe von Behörden, Krankenhäusern, Orthopädischen Kliniken anzulegen; den außergewöhnlich Gehbehinderten sind auch Parksonderrechte vor der Woh- nung oder in der Nähe der Arbeitsstätte einzurichten, wenn in zumutbarer Ent- fernung eine Garage oder ein Abstellplatz außerhalb des öffentlichen Verkehrs- raumes nicht vorhanden ist (vgl die Allgemeine Verwaltungsvorschrift in der Fassung vom 21. Juli 1980 aaO). Der Umfang dieser Vergünstigungen verdeut- licht nochmals, daß nicht die Schwierigkeiten bei der Benutzung des gewöhnli- chen Parkraums, sondern die jeweilige Lage bestimmter Parkplätze zu be- stimmten Zielen straßenverkehrsrechtlich maßgeblich ist. Der Nachteilsaus- gleich soll allein die neben der Personenkraftwagenbenutzung unausweichlich anfallende tatsächliche Wegstrecke soweit wie möglich verkürzen. Dies be- deutet zugleich, daß der Personenkreis eng zu fassen ist. Denn mit der Aus- weitung des Personenkreises steigt nicht nur die Anzahl der Benutzer, dem an sich mit einer Vermehrung entsprechender Parkplätze begegnet werden könnte. Mit jeder Vermehrung der Parkflächen wird aber dem gesamten Perso- nenkreis eine durchschnittlich längere Wegstrecke zugemutet, weil ortsnaher Parkraum nicht beliebig geschaffen werden kann. Auch hier ist bei einer an sich vielleicht wünschenswerten Ausweitung des begünstigten Personenkreises zu bedenken, daß dadurch der in erster Linie zu begünstigende Personenkreis wieder benachteiligt würde. Auch aus der Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung für Blinde können weitere Folgerungen zugunsten des Klägers nicht gezogen werden. Wie der - 6 - Senat in der Entscheidung SozR 3870 § 3 Nr 18 bereits ausgeführt hat, fehlt es insoweit an der Möglichkeit, sonstige Beschädigte mit Blinden gleichzustellen. Die maßgebliche Verwaltungsvorschrift zu § 46 Nr 11 II Nr 2 besagt vielmehr im Einklang mit § 6 Abs 1 Nr 14 StVG lediglich, daß für Blinde ebenso wie für außergewöhnlich Gehbehinderte eine Ausnahmegenehmigung zugunsten des jeweiligen Kraftfahrzeugführers ausgestellt werden kann. Die Blinden werden damit nicht zu außergewöhnlich Gehbehinderten erklärt. Ihnen wird nur stra- ßenverkehrsrechtlich derselbe Nachteilsausgleich eingeräumt, ohne daß ihr Schwerbehindertenausweis mit "aG" zu kennzeichnen ist. Auf die tatsächliche Handhabung kommt es insoweit nicht an. Schon deshalb entbehrt der Gleich- stellungsanspruch des Klägers gegenüber der Versorgungsverwaltung der Grundlage. Der Kläger ist auch nicht generell an der Benutzung gewöhnlicher Parkplätze gehindert. Es hängt von ihrer Lage und Ausgestaltung im Einzelfall ab, ob der Kläger auf der Fahrerseite die Tür ausreichend weit öffnen und mit welchen Vorkehrungen er eine Gefährdung durch den fließenden Verkehr ver- meiden kann. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. ... link (0 Kommentare) ... comment ... nächste Seite
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