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Donnerstag, 29. September 2016
3 RK 3/82 vom 23.03.1983, Bundessozialgericht
anselmf
BSGE 55, 37, 38 ff [BSG 23.03.1983 - 3 RK 3/82] = SozR 2200 § 194 Nr 10
Bundessozialgericht 3 RK 3/82 Verkündet am 23. März 1983 Im Namen des Volkes Urteil in dem Rechtsstreit Klägerin und Revisionsklägerin, Prozeßbevollmächtigte: gegen Beklagte und Revisionsbeklagte, Prozeßbevollmächtigter: Der 3. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. März 1983 für Recht erkannt: Auf die Sprungrevision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28. September 1981 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückverwiesen. - 2 - Gründe: I Die Klägerin begehrt die Erstattung von Krankentransportkosten. Die Klägerin wohnt in D. und ist Mitglied der Beklagten. Am 27. April 1980 erlitt sie während ihres Urlaubs im Sauerland einen Unterschenkelbruch rechts. Sie wurde zum nächstgelegenen Krankenhaus, dem M. -H. -Krankenhaus in W. gefahren. Dort wurde vom Chefarzt Dr. K. (K.) die Reposition durchgeführt und ein Transportgips angelegt. Die Klägerin wurde am selben Tag noch liegend ins Knappschaftskrankenhaus D. transportiert. Für diese Fahrt stellte der Kreis S. 468,-- DM in Rechnung, die die Klägerin beglich. Die Übernahme der Kosten für die Fahrt von W. nach D. lehnte die Beklagte am 7. Oktober 1980 ab. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie sei Mutter eines vierjährigen Kindes. Ihm wäre es wegen der Dauer einer Reise von D. nach W. (über BO km) praktisch nicht möglich gewesen, die Klä- gerin regelmäßig zu sehen. Eine Trennung von Mutter und Kind wirke sich unter Berücksichtigung der psychosomatischen Zusam- menhänge auch für den Genesungsprozeß der Mutter äußerst nach- teilig aus. Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Sozialgericht - 3 - (SG) hat ausgeführt, der Transport der Klägerin von W. nach D. sei nicht durch die Art und Weise der erforderlichen Krankheitsbehandlung bedingt gewesen. Die erforderliche, medizi- nisch ausreichende und zweckmäßige Krankenhauspflege wäre im M. -H. -Krankenhaus gesichert gewesen. Medizinisch erforder- lich sei die Verlegung nach D. auch nicht deshalb gewesen, weil das Verbleiben der Klägerin in W. zu psychischen Störungen mit Krankheitswert bei dem Kind hätte führen können. Die Möglichkeit des Eintritts einer Krankheit bei einem anderen könne die medizinische Notwendigkeit im Hinblick auf die zu behandelnde Krankheit des Versicherten nicht beeinflussen. Am 27. April 1980 hätten auch konkrete Hinweise darauf gefehlt, daß die sofortige Verlegung nach D. die medizinisch einzig geeignete Maßnahme zur Sicherstellung des Genesungsprozesses der Klägerin gewesen wäre. Vielmehr habe der verantwortliche Chefarzt mitgeteilt, daß eine medizinische Notwendigkeit zur Verlegung nicht bestanden habe. Diese Notwendigkeit werde auch nicht durch das kassenarztrechtlich vorgesehene Formular der Anordnung des Krankentransports bestätigt, denn darin gehe es nicht um die Frage, ob die Verlegung erforderlich sei, sondern um deren Art und Weise. Zwar behaupte die Klägerin, das Krankenhaus habe die Verlegung veranlaßt. Es sei aber jedenfalls nicht Aufgabe der Krankenkasse, Kosten einer nicht medizinisch bedingten Verlegung zu tragen. Medizinische Gründe für die Verlegung habe Dr. K. ausdrücklich verneint. Die Klägerin hat Sprungrevision eingelegt und macht geltend, das kassenarztrechtlich vorgesehene Formular bestätige die Notwen- - 4 - digkeit der Verlegung. Auch sei der Transport der Klägerin not- wendig gewesen wegen der gesundheitlichen Gefährdung von Mutter und und und der Beeinträchtigung des Genesungsprozesses durch die Trennung zwischen beiden. Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Dortmund vom 28. September 1981 und der Bescheide vom 7. Oktober 1980 und 3. Februar 1981 zu verurteilen, an sie 468,-- DM nebst 4 % Zinsen ab 1. März 1981 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen. II Die Revision ist im Sinn der Zurückverweisung der Sache an das SG zu neuer Verhandlung und Entscheidung begründet. Anhand der im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen des SG kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind, und cb der Anspruch der Klägerin be- steht. Nach § 194 Abs 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) übernimmt die Beklagte die im Zusammenhang mit der Gewährung einer Leistung der Krankenkasse erforderlichen Fahrkosten für den Versicherten. - 5 - Der Anspruch aus § 19A Abs 1 RV0 setzt voraus, daß die Kassen- leistung dem Versicherten an einem bestimmten Ort zu gewähren ist und der Transport lediglich dazu dient, ihn zu diesem Ort zu befördern (Urteil des Senats vom 28. März 1979 in BSGE NB, 139 = SozR 2200 § 194 RVO Nr U). Aus den Feststellungen des SG ergibt sich nicht, ob die Beklagte der Klägerin die Krankenhausbehand- lung in diesem Sinn gerade im Knappschaftskrankenhaus in D. zu gewähren hatte. Die Gewährung der stationären Behandlung im Knappschaftskranken- haus und die dafür erforderliche Fahrt nach D. sind nicht von Dr. K. in einer für die Beklagten verbindlichen Weise angeordnet worden. Mit Recht hat das SG die Frage offengelassen, ob die Fahrt von W. nach D. Q von der Klägerin oder von Dr. K. veranlaßt worden ist. Das SG hat bindend festgestellt, Dr. K. habe die Verlegung jedenfalls nicht aus medizinischen Gründen veranlaßt. Wenn der Arzt die Verlegung des Versicherten von einem Krankenhaus in ein anderes aus medizinischen Gründen veranlaßt, mag dies die Pflicht der Krankenkasse zur Übernahme der Transportkosten auch dann nach sich ziehen, wenn die Gründe objektiv nicht gegeben waren. Eine derartige Verpflichtung der Krankenkasse ist zwar nicht ausdrücklich geregelt. Es liegt aber nahe, sie dem Grundgedanken von Vorschriften wie § 20 Abs 5 des Bundesmantelvertrages Ärzte (BMVÄ) vom 28. August 1978 zu ent- nehmen. Nach § 20 Abs 5 BMVÄ bleibt bei der Verordnung von Kran- kenhauspflege die Kostenverpflichtungserklärung gegenüber dem Krankenhaus der Krankenkasse vorbehalten. Veranlaßt der Arzt in Notfällen ausnahmsweise von sich aus die Aufnahme in ein - 6 - Krankenhaus, so hat er dieses in der Verordnung besonders zu be- gründen. Aus der Vorschrift ergibt sich aber keinerlei Anhalts- punkt dafür, daß ein Arzt durch seine Verordnung die Kasse zu Leistungen verpflichten könnte, die er nicht im einzelnen für medizinisch begründet hält. Die Kosten des Transports von W. nach D. sind von der Beklagten auch nicht schon deshalb zu tragen, weil Dr. K. die ärztliche Notwendigkeit der Krankenfahrt festgestellt hat. Das SG hat festgestellt, der Arzt treffe mit dem Formular keine Anordnung hinsichtlich des "Ob" des Transports. Damit hat das SG eine tatsächliche Feststellung getroffen, die mit der Sprungrevision nicht angegriffen werden kann (§ 161 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Die Klägerin bezieht sich in ihrer Revisionsbegründung insoweit auf das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Rheinland-Pfalz vom 24. Januar 1980 - L 5 K 46/79 -. Darin wird ausgeführt, Chefarzt Dr. M. habe den Transport auf einem dafür vorgesehenen Formblatt angeordnet, und die Anordnung beziehe sich nicht lediglich auf die Art des Transports, sondern auch auf die Durchführung selbst; das Formblatt sei nämlich als Nachweis der ärztlichen Anordnung für die Krankenkasse bestimmt. Das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz enthält insoweit tatsächliche Feststellungen, wobei es noch nicht einmal vom gleichen Formblatt ausgeht wie im Fall der Klägerin. Für den Rechtsstreit der Klägerin gegen die Beklagte sind die Feststellungen des LSG Rheinland-Pfalz nicht verbindlich. Die Auslegung der formularmäßigen Erklärung durch das SG läßt auch keinen rechtlichen Fehler erkennen. Allerdings dient das - 7 - Formblatt dem Nachweis für die Krankenkasse. Das SG war aber nicht an der Auslegung gehindert, daß es nur um den Nachweis der angeordneten Art des Transports geht. Insoweit wird die Auslegung durch die neuen Richtlinien über die Verordnung von Krankenfahrten, Krankentransport- und Rettungsdienstleistungen vom 26. Februar 1982 (BAnz Beilage 32 Seite 9) bestätigt. Darin ist die Auswahl des Beförderungsmittels eingehend geregelt. Es wird zwar auch bestimmt, daß Ausgangs- und Zielort der Fahrt anzugeben sind. Die Richtlinien sehen aber keine Aussage des Arztes über den Zweck und die Notwendigkeit der Fahrt vor. Ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Fahrkosten kann sich aber aus einem anderen Rechtsgrund ergeben. Unter den Krankenhäusern, mit denen Verträge über die Erbringung von Krankenhauspflege bestehen, kann der Versicherte nach § 184 Abs 2 RVO wählen. Der Versicherte bestimmt mit dieser Wahl des Kran- kenhauses allerdings nicht den Ort der Leistung in der Weise, daß die Bestimmung die Pflicht der Krankenkasse zur Übernahme der Kosten für die Fahrt dorthin nach sich zieht. Vielmehr hat er selbst die Mehrkosten zu tragen, wenn er ohne zwingenden Grund ein anderes ale eines der nächsterreichbaren Vertragskranken- häuser in Anspruch nimmt (§ 184 Abs 2 Satz 2 RVO). Die Vorschrift des § 184 Abs 2 Satz 2 RVO ist im vorliegenden Fall anwendbar. Zu dem dieser Vorschrift im ambulanten Bereich entsprechenden § 368d Abs 2 RVO hat der Senat bereits entschieden, daß auch die Kosten der Fahrt zum gewählten Arzt Mehrkosten in diesem Sinn sind, soweit sie die Kosten der Fahrt zum nächsterreichbaren Arzt überschreiten (BSG SozR 2200 § 368d RVO Nr N). Anderes - 8 - Krankenhaus iS des § 184 Abs 2 Satz 2 RVO ist allerdings in der Regel das im Krankheitsfall zuerst aufgesuchte Krankenhaus. Indessen ist kein durchschlagender Grund erkennbar, warum die Vorschrift nicht auch im Fall des Krankenhauswechsels, der Verlegung von einem Krankenhaus in ein anderes angewendet werden soll. Die Klägerin hätte je nach Art des Unfalls genausogut unmittelbar vom Unfallort nach D. gebracht werden können. Nach der Interessenlage kann die - offenbar nur ambulante - Erstversorgung in W. die Erstattung der Fahrkosten nach D. nicht ausschließen. Die Klägerin hat das Knappschaftskrankenhaus in D. "in Anspruch genommen", selbst wenn die Verlegung dorthin allein von Dr. K. oder durch andere Angestellte des W. Krankenhauses veranlaßt werden sein sollte. Inanspruchnahme bedeutet keine bewußt ausgeübte Wahl. Der Versicherte nimmt grundsätzlich das Krankenhaus in Anspruch, in dem er sich behandeln läßt. Die Feststellungen des SG reichen nicht aus für eine Entscheidung darüber, ob für die Verlegung der Klägerin von W. nach D. ein zwingender Grund gegeben war. Zur Übernahme der Kosten für einen solchen Weitertransport ist die Kasse nur verpflichtet, wenn Gründe dafür in der Art und Weise der Krankheitsbehandlung liegen (BSG SozR 2200 § 194 RVO Nr 4). Die erforderliche, medizinisch ausreichende und zweck- mäßige Krankenhauspflege wäre nach den bindenden Feststellungen des SG im M. -H. -Krankenhaus in W. gesichert gewesen. - 9 - Mit Recht hat das SG auch dargelegt, die Gefahr von psychischen Störungen bei dem Kind der Klägerin sei kein in der Art und weise der Krankheitsbehandlung liegender Grund. Krankheitsbe- handlung in diesem Sinn ist nur die Behandlung der Klägerin selbst. Zu den gesetzlichen Aufgaben der gesetzlichen Kranken- versicherung gehört es nicht, gesundheitliche Gefahren für Familienangehörige des Kranken abzuwehren, auch wenn die Angehö- rigen selbst Krankenversicherungsschutz genießen. Zu Unrecht hat das SG keine Feststellungen darüber getroffen, ob und in welcher Weise die Trennung von Mutter und Kind den Gene- sungsprozeß der Mutter beeinträchtigt hätte. Das SG hat die Sachaufklärung dazu unterlassen, weil am 27. April 1980 offen- kundig alle konkreten Hinweise für die Notwendigkeit der Verle- gung aus diesem Grund gefehlt haben. Darauf kommt es indessen nicht an. Entscheidend ist vielmehr, ob die Notwendigkeit objek- tiv vorgelegen hat. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 28. März 1979 angedeutet, daß die Gefahr einer psychischen Erkrankung des Versicherten beim Verbleib in dem Krankenhaus außerhalb seines Wohnorts für die Entscheidung erheblich sein könnte. Im Verhältnis einer Mutter zu ihrem vierjährigen Kind liegt die Beeinträchtigung des Genesungsprozesses der Mutter durch eine Trennung nicht so fern, daß das SG von einer weiteren Sachaufklärung ohne weiteres entbunden wäre. wenn die Gefahr ernsthaft bestanden hat, wird das SG eine etwa zu befürchtende Verzögerung der Genesung gegen die Transportkosten abzuwägen und auch etwaige andere Möglichkeiten der Kontaktsicherung zu berücksichtigen haben. - 10 - Die Kostenentscheidung bleibt dem Urteil des SG vorbehalten. Faksimile 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 ... link (0 Kommentare) ... comment Dienstag, 31. Mai 2016
11 RA 9/79 vom 15.11.1979, Bundessozialgericht
anselmf
Bundessozialgericht
- 11 RA 9/79 - Verkündet am 15. November 1979 als Urk. Beamter der Gesch. Stelle Im Namen des Volke Urteil in dem Rechtsstreit Kläger, Prozeßbevollmächtigter gegen Beklagte und Revisionsbeklagte, beigeladen Revisionsklägerin Der 11. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. November 1979 für Recht erkannt: Auf die Revision der Beigeladenen werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11. Oktober 1978 und des Sozialgerichts Konstanz vom 25. Februar 1977 aufgehoben. Die Klage auf Verurteilung der Beigeladenen zur Ge- währung vorläufiger Leistungen wird abgewiesen. - 2 - Auf die Klage gegen die Beklagte werden deren Bescheide vom 25. März und 8. August 1974 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger unter Beachtung der Rechts- auffassung des Gerichts einen neuen Bescheid zu er— teilen. Im übrigen wird die Klage gegen die Beklagte abgewiesen. 1 . Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu zwei Dritteln, die Beige— ladene hat sie ihm zu einem Drittel zu erstatten. Gründe: Der Kläger begehrt berufsfördernde Maßnahmen. Er beantragte sie im September 1972 bei der beigeladenen Bundesanstalt für Arbeit (BA); dabei strebte er die Um- schulung zum Bautechniker an; als Dachdeckermeister könne er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr tätig sein. Da der Kläger Versicherter im Sinne des § 15 des Angestellten— versicherungsgesetzes (AVG) damaliger Fassung - überdie auch im Sinne des § 15a idF des Rehabilitations-Angleichungs- gesetzes (RehaAnglG) - ist, erklärte sich die Beklagte für zuständig. Sie lehnte den Antrag ab, weil ein Berufswechsel aus medizinischer Sicht nicht angezeigt sei (Bescheid vom 25. März 1974, Widerspruchsbescheid vom 8. August 1974). Der Kläger hat hierauf Klage erhoben zunächst mit dem An— trag, die Beklagte zur Gewährung von berufsfördernden Maß- nahmen zu verurteilen. Nachdem die Beklagte die Beiladung der BA beantragt hatte, begehrte er hilfsweise noch deren Verurteilung. Im Hinblick hierauf lud das Sozialgericht (SG) - 3 - die BA nach § 75 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zum Rechtsstreit bei. Es holte ärztliche Gutachten ein, die sich für eine Umschulung des Klägers aussprechen. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 25. Februar 1977 beantragte der Kläger daraufhin, die Beigeladene zur Ge- währung von Beihilfen zur beruflichen Umschulung in gesetz- licher Höhe, hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide zur Gewährung berufsfördernder Maßnahmen zu ver- urteilen. Durch Urteil vom 25. Februar 1977 hat das SG dem Hauptantrag in der Weise entsprochen, daß es die Beige- ladene verurteilt hat, dem Kläger berufsfördernde Maßnahmen zu gewähren. Es hielt den Hauptantrag nach § 6 Abs 2 Nr 2 RehaAnglG für begründet; aufgrund dieser Bestimmung müsse die Beklagte hier vorläufige Leistungen erbringen, da seit dem Beiladungsbeschluß streitig und ungeklärt sei, welcher Rehabilitationsträger die zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Klägers erforderlichen berufs- fördernden Maßnahmen zu gewähren habe. Auf die Berufung der Beigeladenen hat das Landessozial— gericht (LSG) deren Verurteilung in die Feststellung ihrer Verpflichtung zu vorläufigen Leistungen umgewandelt; außer— dem hat es die Bescheide der Beklagten aufgehoben, da die Beklagte die gerichtlich voll nachprüfbaren materiell— rechtlichen Voraussetzungen des § 13 AVG zu Unrecht verneint habe (Urteil vom 11. Oktober 1978). Zur Begründung der vor— läufigen Leistungspflicht der BA hat das LSG noch geltend gemacht, daß die Zuständigkeit der Beklagten gemäß § 13 Abs 5 AVG die Zuständigkeit der Beigeladenen nach § 56 Abs 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG, idF des RehaAnglG) unberührt lasse. Deren Leistungspflicht entfalle nach § 57 AVG nicht bereits bei Zuständigkeit eines anderen Rehabilitationsträgers, sondern erst, wenn dieser vorrangig verpflichtet sei. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme be— stehe kein Streit mehr darüber, daß der Kläger Behinderter und berufsfördernde Maßnahmen bei ihm zur Rehabilitation erforderlich seien. Im Rahmen des § 6 Abs 2 RehaAnglG sei - 4 - über die von der Beigeladenen behauptete Verpflibhtung der Beklagten zur Leistung nach §§ 15 ff AVG nicht zu be- finden. Lediglich die Verurteilung der Beigeladenen zur Leistung sei in eine entsprechende Feststellung abzuändern gewesen, weil ein Leistungsurteil die genaue Bezeichnung der Maßnahme voraussetzen.' Die Beigeladene beantragt mit der vom LSG zugelassenen Revision, das Urteil des LSG aufzuheben, soweit ihre Leistungspflicht festgestellt sowie ihre (weitergehende) Berufung zurück— gewiesen wurde, und die Beklagte zu verur— teileng über den Antrag des Klägers auf Gewährung berufsfördernder Leistungen zur Rehabilitation erneut zu entscheiden. Sie rügt Verletzung der §§ 6 Abs 2 RehaAnglG, 57 AFG. Der Streit, ob sie oder die Beklagte vorrangig verpflichtet sei, betreffe eine reine Rechtsfrageg die im gericht- lichen Verfahren keinen Fall der ungeklärten Zuständigkeit ' im Sinne des § 6 Abs 2 RehaAnglG zu begründen vermöge. Die Vorleistungspflicht gelte nur im Verwaltungsverfahren, sie sei nicht dazu da, den Gerichten die Entscheidung über die endgültige Zuständigkeit zu ersparen. Im übrigen stehe § 57 AFG ihrer Verurteilung entgegen, da die Beklagte ihre Zuständigkeit nicht durch eine Ermessensausübung beseitigen könne. Der Kläger und die Beklagte beantragen, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise schließt sich der Kläger dem Revisionsantrag der Beigeladenen an. II. Die Revision der Beigeladenen ist begründet. 1. Auf das Rechtsmittel ist.zunächst zu prüfen, ob das LSG zu Recht eine Verpflichtung der Beigeladenen zu vor- läufigen Leistungen aufgrund von § 6 Abs 2 RehaAnglG fest- gestellt hat. Diese vorrangige Prüfungspflicht ergibt sich aus der vom Kläger vor dem SG vollzogenen Klage- änderung. Seine dort in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Anträge bedeuteten aus mehreren Gründen eine Klageänderung. Zum einen richtete der Kläger damit die Klage von da an in erster Linie gegen die Beigeladene. Da- für konnte er sich nicht auf § 75 SGG stützen. In dessen Absatz 5 ist zwar bestimmt, daß ein Versicherungsträger nach Beiladung verurteilt werden kann. Diese Vorschrift erlaubt einem Kläger jedoch nicht Jede gewünschte Rechts— verfolgung gegen einen solchen Beigeladenen ohne Vor- schalten der sonst erforderlichen Rechtsbehelfe. § 75 Abs 5 SGG gibt den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit aus prozeßökonomischen Gründen die Befugnis, in Fällen, in denen der Kläger einen nicht leistungspflichtigen Versicherungsträger verklagt, den in Wirklichkeit leistungspflichtigen Versicherungsträger nach Beiladung zu verurteilen, um einen neuen Rechtsstreit und die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen zu vermeiden (BSGE 9, 67, 69). Demnach kommt eine Verurteilung der Beige— ladenen nur subsidiär in Betracht; sie darf erst statt—. finden, wenn (soweit) die Klage gegen den Beklagten keinen Erfolg haben kann. Das schließt zwar nicht aus, daß ein Kläger nach einer inzwischen feststehenden Zuständigkeit des Beigeladenen sich auf Anträge gegen den Beigeladenen beschränkt und sogar die Klage gegen den Beklagten zurück— nimmt (BSG, Breithaupt 1966, 800), weil dabei die Sub- sidiarität der Verurteilung des Beigeladenen erhalten bleibt. Im vorliegenden Fall hat der Kläger jedoch nicht - 5 - seine Anträge aus solchen Gründen gegen die Beigeladene beschränkt. Er hat vielmehr mit seiner nun in erster Linie gegen die Beigeladene gerichteten Klage-diese zur Be- klagten gemacht. Hierin lag ein Parteiwechsel, der als ein Fall der Klageänderung gilt (BSGE 8, 115; 20, 218). Ab- gesehen davon hat der Kläger mit der Klage gegen die Bei— geladene einen Anspruch erhoben, zu dessen Erfüllung die Beigeladene nach § 75 Abs 5 SGG nicht verurteilt werden durfte. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, ob der Kläger dabei ursprünglich mehr einen Anspruch auf Förderung der beruflichen Umschulung nach § 47 AFG im Auge hatte oder ob er entsprechend der Deutung des SG (und auch des LSG) schon bei der Änderung seiner Anträge einen Anspruch auf vorläufige Leistungen nach § 6 Abs 2 RehaAnglG geltend machen wollte. In beiden Fällen handelte es sich gegen— über dem gegen die Beklagte erhobenen Rehabilitations- begehren um im Anspruchsgrund und in den Rechtsfolgen verschiedene Ansprüche. Einer Verurteilung nach § 75 Abs 5 SGG muß allerdings nicht stets inhaltlich derselbe Anspruch wie der gegen den Beklagten erhobene zugrunde liegen; so kann zB auch nach einer Abweisung der Klage auf Zahlung von Übergangsgeld der Beigeladene zur Zahlung de Krankengeldes verurteilt werden, das zum Ruhen des Über— gangsgeldes führt (vgl Urteil vom 9. September 1971 — 3 RK 110/69 -, Die Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung 1972, 152). In solchen Fällen müssen sich aber die - inhaltlich verschiedenen — Ansprüche gegen den Beklagten und den Beigeladenen gegenseitig ausschließen; es muß sich um zwei Ansprüche handeln, die nicht nebenein— ander bestehen. Hier hat der Kläger gegen die Beigeladene aber einseitig einen Anspruch geltend gemacht, der in keiner Wechselwirkung zu dem gegen die Beklagte erhobenen Rehabilitationsanspruch stehen konnte. Dem steht nicht ent- gegen, daß der Rehabilitationsanspruch gegen den zu- ständigen Träger nach § 6 Abs 2, Satz 1, letzter Halb— satz RehaAnglG als erfüllt gilt, wenn (soweit) vorläufige Leistungen erbracht werden, weil diese Wirkung nicht dem - 7 - Anspruch auf vorläufige Leistungen anhaftet, vielmehr erst mit seiner Erfüllung eintritt. Die somit vollzogene Klageänderung war allerdings nach § 99 Abs 2 SGG zulässig, weil sich die übrigen Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem SG auf sie eingelassen haben. Zu Recht haben sich daher die Vorinstanzen in erster Linie mit dem neuen Hauptantrag des Klägers befaßt. Sie haben jedoch verkannt, daß die in ihm verkörperte Klage gegen die Beigeladene unzulässig ist. Denn die Beigeladene hat über den nunmehr in erster Linie gegen sie erhobenen Anspruch nicht durch Verwaltungsakt entschieden. Eine reine Leistungsklage gegen sie nach § 54 Abs 5 SGG kam nicht in Betracht, da über den Antrag ein Verwaltungsakt zu ergehen hatte. Richtige Klageform war damit die kombinierte An— fechtungs— und Leistungsklage. Deren Erhebung setzt jedoch die Durchführung des Verwaltungsverfahrens voraus. Die Zulässigkeit der Klageänderung konnte den Kläger von dieser Voraussetzung nicht freistellen (vgl BSG 10, 218). Der vor- liegende Mangel ist auch nicht durch die schriftsätzlichen Äußerungen der BA während des Berufungsverfahrens geheilt worden. Die Beklagte hat darin zwar eine Verpflichtung zu vorläufigen Leistungen bestritten; damit hat sie aber er- sichtlich keine Verwaltungsentscheidung über den Anspruch treffen wollen (vgl BSG aaO). Die Vorinstanzen hätten somit die gegen die Beigeladene gerichtete Klage als unzulässig ansehen müssen. Auf die Revision der Beigeladenen mu ßder Senat die gegen sie gerichtete Klage aus diesem Grunde abweisen. Damit hat der Senat aufgrund der weiteren Revisionsanträge über den vor dem SG zuletzt gestellten Hilfsantrag de Klägers auf Verurteilung der Beklagten zu befinden, mit dem der Kläger seinen ursprünglichen Klageantrag weiterverfolgt. Durch die Klageänderung des Klägers ist diese Klage wegen der seitdem vorliegenden eventuellen subjektiven Klagen— häufung zu einer bedingten Klage geworden. Eine bedingte - 8 - Klageerhebung wird nach überwiegender Meinung zwar als un— zulässig erachtet (vgl vor allem LG Berlin NJW 1958, 833). Trotzdem hält der Senat die "Hilfsklage" unter den bem sonderen Umständen des vorliegenden Rechtsstreits für zu- lässig. Denn die sonst allgemein gegen die Zulässigkeit einer bedingten Klageerhebung angeführten Gründe greifen hier nicht durch. Kostenrechtliche Schwierigkeiten können im sozialgerichtlichen Verfahren kaum befürchtet werden. Auch dürften Komplikationen vor Rechtsmittelinstanzen nach Abweisung einer in Vorinstanzen erfolgreichen Hilfsklage hier nicht entstehen; denn wenn auf eine solche Hilfsklage ein Rehabilitationsanspruch gegen die Beklagte und bei der nach § 75 SGG gebotenen Prüfung ferner gegen die Beige- ladene nicht anerkannt würde, dann bedarf es keines Rück- griffs auf die Hauptklage, weil dann auch kein Anspruch auf vorläufige Leistungen gegeben sein könnte. Dem Kläger läßt sich ferner ein Bedürfnis am hilfsweisen Festhalten an der Klage gegen die Beklagte nicht absprechen. Im übrigen ist in diesem Zusammenhang noch darauf hinzuweisen, daß da sozialgerichtliche Verfahren in der nach § 75 Abs 5 SGG hilfsweise eröffneten Möglichkeit zur Verurteilung eine Beigeladenen für den Anwendungsbereich dieser Vorschrift im Ergebnis eine bedingte Klageerhebung bereits anerkennt, so daß diese Klageform im sozialgerichtlichen Verfahren nicht als schlechthin ausgeschlossen angesehen werden kann. Der Hilfsantrag, dh die in ihr verkörperte Klage gegen die Beklagte ist auch im wesentlichen begründet, weil die Be- klagte zu Unrecht die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von berufsfördernden Maßnahmen durch sie ver- neint hat. Aus den vom LSG getroffenen tatsächlichen Fest- stellungen, die nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden v sind, ergibt sich, daß die Erwerbsfähigkeit des Klägers in- folge von Krankheit gefährdet ist und voraussichtlich durch berufsfördernde Maßnahmen erhalten werden kann. Damit sind die Voraussetzungen des § 13 Abs 1 AVG (idF vor und nach dem RehaAnglG) erfüllt. Festgestellt ist auch, daß der - 9 - Kläger zu dem von der Beklagten zu betreuenden Personen- kreis von Versicherten gehört; die die Leistungspflicht der Beklagten einschränkenden Vorschriften des 20. Renten— anpassungsgesetzes vom 27. Juni 1977 (20. RAG) sind auf den vorliegenden Fall, in dem die Notwendigkeit zu berufs- fördernden Maßnahmen schon vor deren Inkrafttreten gegeben war, nicht anzuwenden (vgl Urteil des Senats vom 14. Sep- tember 1978 — 11 RA 70/77 —). Die Ansicht der Beklagten, da ßnach § 15 Abs 3 AVG vorrangig die Beigeladene zur beruf- lichen Rehabilitation des Klägers verpflichtet sei, ist un— zutreffend; diese Vorschrift läßt lediglich eine Zuständig- keit und Verpflichtung der Beigeladenen "unberührt"; sie wird demnach nur bedeutsam, wenn eine Zuständigkeit und eine Verpflichtung der BA aufgrund einer anderen Vorschrift über— haupt bestehen (vgl §§ 2 Abs 2; 4 Abs 1 Satz 3, 5 Abs 1 Satz 2 RehaAnglG, die ebenfalls andere Gegebenheiten "unbe- rührt" lassen). Wie der Senat in seinem Urteil vom 15. März 1979 — 11 RA 56/78 — aber bereits ausgeführt und in seinem heutigen Urteil in der Sache 11 RA 22/79 erneut entschieden hat, sind nach § 57 AFG berufsfördernde Maßnahmen der BA ausgeschlossen, wenn der zu Betreuende zu den Per- sonen gehört, für die der Rentenversicherungsträger nach §§ 15 ff AVG "zuständig" ist. Eine solche "Zuständigkeit" der Beklagten ist aber hier gegeben. Die Bescheide der Beklagten sind daher aufzuheben, wie e das LSG im Ergebnis zu Recht bereits getan hat; zugleich ist die Beklagte zur Erteilung eines neuen Bescheides auf den Antrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauf— fassung des Gerichts zu verpflichten. Dabei wird die Be- klagte nunmehr ihr Ermessen auszuüben und zu berücksich- tigen haben, daß der Kläger, wenn nicht die Beklagte für ihn "zuständig" wäre, einen Rechtsanspruch gegen die Beigeladene haben würde (vgl hierzu Urteil des Senats vom 15. März 1979 - 11 RA 36/78 —). Das bedeutet allerdings nicht, daß da Ermessen der Beklagten schon jetzt in dem Sinne einge- schränkt wäre, daß jede andere Entscheidung als die - 10 - Leistungsgewährung an den Kläger als rechtswidrig im Sinne des § 54 Abs 2 Satz 2 SGG angesehen werden müßte; deshalb war die Klage gegen die Beklagte, soweit sie deren Verurteilung zur Leistung verlangte‚ abzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Dabei hat der Senat mitberücksichtigt, daß die Beige- ladene nach § 6 Abs 2 RehaAnglG gegebenenfalls auch von Amts wegen tätig werden muß; für die Beigeladene hätte im Verlauf des Rechtsstreits vor den Vorinstanzen wegen des Zuständigkeits— und Verpflichtungsstreites mit der Beklagten Anlaß zur Gewährung von vorläufigen Leistungen an den Kläger gemäß § 6 Abs 2 RehaAnglG bestanden, zumal damals eine Entscheidung des Bundessozialgerichts zur Abgrenzung der Zuständigkeiten noch ausstand. Faksimile ... link (0 Kommentare) ... comment B 1 KR 41/08 B vom 09.07.2008, Bundessozialgericht
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BUNDESSOZIALGERICHT
Beschluss in dem Rechtsstreit Az: B 1 KR 41/08 B L 5 KR 362/07 (Bayerisches LSG) S 4 KR 186/05 (SG Landshut) Kläger und Beschwerdeführer, Prozessbevollmächtigte: g e g e n A, Beklagte und Beschwerdegegnerin. Der 1. Senat des Bundessozialgerichts hat am 9. Juli 2008 durch den Präsidenten M und die Richter Prof. Dr. S und Dr. H beschlossen: Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen die Nicht- zulassung der Revision im Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10. Dezember 2007 gewährt. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im genannten Beschluss wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten. - 2 - G r ü n d e : I 1 Der 1926 geborene Kläger bat seine Krankenkasse (Beklagte) im Dezember 2004 um eine "verbindliche" Mitteilung, in welcher Höhe seine Hinterbliebenen Sterbegeld aus seiner Krankenversicherung erhalten werden. Die Beklagte teilte ihm unter Übersendung einer formularmäßigen "Information zum Wegfall des Sterbegeldes" mit, der Anspruch auf Sterbegeld sei seit dem 1.1.2004 ausgeschlossen (Schreiben vom 17.12.2004 und 9.2.2005). Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Die Beklagte wies ihn im Folgenden erneut auf den Wegfall des Sterbegeldes sowie darauf hin, dass gegen ihre Auskunft ein Widerspruch nicht zulässig sei. Der Kläger bat um Erteilung eines rechtsmittelfähigen Verwaltungsaktes, worauf die Beklagte seinen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.7.2005 zurückwies. Sie führte aus, der Widerspruch sei unzulässig, weil sie dem Kläger eine bloße Auskunft erteilt, aber keinen Verwaltungsakt erlassen habe. 2 Das Sozialgericht (SG) hat die auf Mitteilung der Höhe des Krankengeldes, hilfsweise auf Ver- pflichtung der Beklagten zur Erteilung eines entsprechenden Bescheides gerichtete Klage ab- gewiesen. Dem Kläger fehle das Rechtsschutzinteresse sowohl für die begehrte Mitteilung über die Höhe des Sterbegeldes als auch hinsichtlich des Antrags auf Neubescheidung, weil er selbst nicht Inhaber eines möglichen Anspruchs auf Sterbegeld sein könne (Urteil vom 29.3.2007). Das Landesozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen. Die Schreiben der Beklagten vom 17.12.2004 und 9.2.2005 seien als Ablehnungsbescheide zu qualifizieren, denn sie verneinten unter Erläuterung der Rechtsgrundlagen konkret einen Anspruch des Klägers auf Sterbegeld. Die Beklagte sei zwar nicht berechtigt gewesen, den Widerspruch als unzulässig zurückzuweisen. Weil der Widerspruchsbescheid in der Sachverhaltsbeschreibung jedoch auch Ausführungen zur materiellen Regelung enthalte und die Beklagte unmissverständlich zum Ausdruck gebracht habe, dass sie einen Anspruch des Klägers verneine, sei auch insoweit von einer materiellen Entscheidung auszugehen. Ebenso habe das SG durch die "tenorierte Abwei- sung der Klage zum Ausdruck gebracht, dass dem Kläger kein Anspruch auf Sterbegeld zu- steht". Dies sei rechtlich zutreffend, sodass nicht näher darauf einzugehen sei, ob die Klage im Ergebnis mangels Rechtsschutzbedürfnisses oder mangels materiellen Anspruchs ohne Erfolg bleibe. Dem Kläger stehe ebenso wenig wie seinen Rechtsnachfolgern ein Anspruch auf Sterbegeld zu. Der Ausschluss des Sterbegeldes seit 1.1.2004 sei mit dem GG vereinbar (Be- schluss vom 10.12.2007). 3 Mit Beschluss vom 3.4.2008 hat der erkennende Senat den Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG Prozesskostenhilfe (PKH) zu gewähren und einen Rechtsanwalt beizuordnen, mangels Erfolgs- - 3 - aussicht der Beschwerde abgelehnt. Der Kläger hat jetzt durch einen Rechtsanwalt Nichtzulas- sungsbeschwerde eingelegt und beantragt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. II 4 1. Dem Kläger ist, nachdem sein Antrag auf Bewilligung von PKH zwecks Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde abgelehnt worden war, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Wird das in der Rechtsmittelfrist ordnungsgemäß eingereichte Prozeßkostenhilfegesuch eines iS von § 114 Satz 1 ZPO "armen" Beteiligten abgelehnt, ist Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn das Rechtsmittel binnen eines Monats nach Zustellung der Ablehnung formgerecht eingelegt wird (vgl BSG SozR 1500 § 67 Nr 13, 15). So liegt der Fall hier. 5 2. Die Beschwerde ist jedoch unzulässig. Die Revision ist nur zuzulassen, wenn die Rechts- sache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), wenn das Urteil von einer Ent- scheidung des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichts- höfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2) oder ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird, auf dem die an- gefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1). Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dargetan. 6 a) Die Beschwerdebegründung lässt schon nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, wel- cher der drei Zulassungsgründe geltend gemacht werden soll; Normen werden insoweit nicht genannt und Zulassungsgründe nicht ausdrücklich bezeichnet. Soweit in der Beschwerde- begründung ausgeführt wird, die der angefochtenen Entscheidung des LSG zu Grunde liegende Meinung des BSG in SozR 4-2500 § 58 Nr 1 könne nicht aufrechterhalten werden, weil sie gegen Art. 3, 14, 20 und 25 GG sowie Art 6 EMRK verstoße, macht der Kläger allenfalls sinngemäß eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend. Die Darlegungserfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG verlangen insoweit jedoch, dass eine Rechtsfrage klar formuliert und ausgeführt wird, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; siehe auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Zwar kann auch die Verfassungsmäßigkeit einer Vorschrift von grundsätzlicher Bedeutung sein (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 17). Jedoch ist eine Rechtsfrage, die das BSG bereits entschieden hat, nicht mehr klärungsbedürftig. Sie kann somit keine grundsätzliche Bedeutung mehr haben, es sei denn, die Beantwortung der Frage ist aus besonderen Gründen klärungsbedürftig geblieben oder erneut geworden. Auch das muss substantiiert vorgetragen werden (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38 mwN). Hieran fehlt es. Der Kläger setzt sich jedoch weder mit der - 4 - Entscheidung des BSG vom 13.12.2005 (SozR 4-2500 § 58 Nr 1) auseinander, in welcher der Senat die verfassungsrechtlichen Aspekte des Wegfalls des Sterbegeldes eingehend behandelt hat, noch zeigt er in seiner Beschwerdebegründung sonstige, darüber hinausgehende verfassungsrechtliche Gesichtspunkte auf. 7 b) Die Beschwerde ist auch nicht nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG wegen Vorliegens eines Verfah- rensfehlers zuzulassen. Zwar wird in der Beschwerdebegründung ausgeführt, das SG habe die Klage mit der "denkwürdigen Begründung" abgewiesen, das Sterbegeld gehe den Kläger nichts an. Und weiter "es wird - auch in der Fachliteratur - wiederholt festgestellt, dass erstinstanzliche Gerichte (zum Zwecke der Selbstentlastung) Klagen und sonstige Anträge auch mit 'abwegigen' Argumenten abweisen, um die Sache loszuwerden und der Rechtsmittelinstanz die eigentliche Sachaufklärung und Entscheidungsfindung zu überlassen. Diese Vorgehensweise ist rechts- widrig und widerspricht sozialstaatlichen Prinzipien. Denn die Rechtsmittelinstanz hat vornehm- lich die Aufgabe, einen weitestgehend erschöpfend aufbereiteten Sachverhalt und die darauf gegründete Entscheidung zu überprüfen, nicht aber erstinstanzlich tätig zu werden. Denn sonst ginge dem/der Rechtsuchenden eine wichtige Tatsacheninstanz verloren, also auch die Über- prüfungsmöglichkeit des Sachverhalts. In vorliegender Sache könnte ein solcher Fall vorliegen." 8 Mit diesem Vorbringen werden Verfahrensfehler nicht in der gebotenen Weise dargetan. Der Senat hat jedoch bereits in seinem Beschluss vom 3.4.2008 darauf hingewiesen, dass das LSG eine Sachenscheidung über den geltend gemachten Anspruch getroffen hat. Ob das SG einen Verfahrensfehler begangen hat, ist für die Nichtzulassungsbeschwerde nur dann erheblich, wenn es sich um einen auch in der Berufungsinstanz fortwirkenden Verfahrensfehler handelt (BSG, Beschluss vom 13.8.1998 - B 2 U 251/97 B). Hierzu trägt der Kläger nichts vor. 9 Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG abgesehen. 10 Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. M H S Faksimile ... link (0 Kommentare) ... comment Samstag, 24. Oktober 2015
BSG, 7 RAr 37/80 vom 21.07.1981
anselmf
Bundessozialgericht 7 RAr 37/80 vom 21.07.1981
Bundessozialgericht Faksimile 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16
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BSG, B 4 AS 417/13 B vom 25.02.2014, Bundessozialgericht
anselmf
BUNDESSOZIALGERICHT
Beschluss in dem Rechtsstreit Az: B 4 AS 417/13 B L 34 AS 224/13 (LSG Berlin-Brandenburg) S 82 AS 33442/11 (SG Berlin) ................................., Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer, Prozessbevollmächtigte: ............................................, g e g e n Jobcenter Berlin Neukölln, Mainzer Straße 27, 12053 Berlin, Beklagter und Beschwerdegegner. Der 4. Senat des Bundessozialgerichts hat am 25. Februar 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. V o e l z k e S. K n i c k r e h m sowie die Richterinnen und B e h r e n d beschlossen: Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landes- sozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. August 2013 wird als unzulässig verworfen. Der Antrag des Klägers, ihm für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin N. A. in B. beizuordnen, wird abgelehnt. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten. - 2 - G r ü n d e : I [1] Der Beklagte forderte den durchgehend SGB II-Leistungen beziehenden Kläger mit drei Melde- aufforderungen vom 9.9.2011 (Meldetermin am 22.9.2011 um 8:45 Uhr), vom 20.10.2011 (Mel- determin am 31.10.2011 um 8:45 Uhr) und vom 7.11.2011 (Meldetermin am 14.11.2011 um 9:15 Uhr) auf, bei ihm zu erscheinen, um über sein Bewerberangebot bzw seine berufliche Situ- ation zu sprechen. Das Alg II werde um 10 % des maßgebenden Regelbedarfs für die Dauer von drei Monaten gemindert, wenn er der Einladung ohne wichtigen Grund nicht folge. Die Wi- dersprüche gegen die Meldeaufforderungen wies der Beklagte zurück (Widerspruchsbescheide vom 28.11.2011). [2] Der Beklagte minderte die SGB II-Leitungen für den Zeitraum vom 1.1.2012 bis 31.3.2012 um 10 % des maßgebenden Regelbedarfs, weil der Kläger trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen zu dem Meldetermin am 31.10.2012 ohne wichtigen Grund nicht erschienen sei (Bescheid vom 13.12.2011; Widerspruchsbescheid vom 31.1.2012), ebenso für den Zeitraum vom 1.2.2012 bis 30.4.2012 (Bescheid vom 13.1.2012; Widerspruchsbescheid vom 19.3.2012). Das LSG hat die Berufung gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid vom 15.1.2013 zu- rückgewiesen (Urteil vom 28.8.2013). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, ein Rechtsschutzbedürfnis für die Fortsetzungsfeststellungsklage zu der Rechtswidrigkeit der Aufforderung zur persönlichen Meldung am 9.9.2011, 20.10.2011 und 7.11.2011 fehle. Die auf Aufhebung der Bescheide vom 13.12.2011 und 13.1.2012 gerichtete Klage könne keinen Erfolg haben, weil diese rechtmäßig seien. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Absenkung des Alg II für den hier auf vier Monate begrenzten Zeitraum bestünden nicht. Das LSG hat die Revi- sion nicht zugelassen. [3] Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revi- sion und beantragt die Bewilligung von PKH. II [4] Die Beschwerde ist nicht zulässig, weil die als Zulassungsgründe geltend gemachte grundsätz- liche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und ein Verfahrensfehler (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden sind (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 SGG zu verwerfen. - 3 - [5] Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache lässt sich nur darlegen, indem die Beschwer- debegründung ausführt, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revi- sionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; BVerwG NJW 1999, 304; vgl auch: BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Der Beschwerdeführer hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf des Schrifttums nicht ohne Weiteres zu beantworten ist und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im Allgemeininteresse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). [6] Mit seinem Vorbringen wird der Kläger diesen Darlegungserfordernissen nicht gerecht. Er for- muliert als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung: "Stellt die Sanktionierung von Empfän- gern von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch durch Kürzungen der Regelleis- tung ohne die ersatzweise Erbringung von Sachleistungen einen Verstoß gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Ver- bindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG dar?" Nach der Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12) sei das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums dem Grunde nach unverfügbar und müsse eingelöst werden. Die Unterschreitung des in § 20 Abs 2 SGB II fest- gelegten Regelbedarfs durch den Gesetzgeber sei - jedenfalls sofern die Minderung nicht durch die Gewährung von Sachleistungen ausgeglichen werde - zwangsläufig ein Eingriff in das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Die aufgeworfene Frage sei bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden worden. In der rechtswissenschaftli- chen Literatur überwiege die Auffassung, dass Sanktionen grundsätzlich zulässig seien. Auch in der Rechtsprechung sei die Verfassungsmäßigkeit des Sanktionsrechts bisher nicht wesentlich in Frage gestellt worden. [7] Mit diesem Vorbringen hat der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht ausreichend dargetan. Zwar weist er zutreffend darauf hin, dass es der Senat in seinem Urteil vom 9.11.2010 (B 4 AS 27/10 R - SozR 4-4200 § 31 Nr 6) offen gelassen hat, ob verfassungs- rechtliche Bedenken gegen die Absenkung des Alg II für einen auf vier Monate begrenzten Zeit- raum vom 1.11.2007 bis 29.2.2008 bei einer Absenkung um 20 vH bzw 30 vH bestehen, weil im konkreten Fall ergänzende Sachleistungen "in angemessenem Umfang" angeboten worden waren. Der Kläger hat sich jedoch nicht in dem erforderlichen Umfang mit der grundsätzlichen Bedeutung der aufgeworfenen Rechtsfrage im Hinblick auf den hier konkret vorliegenden Ein- zelfall, insbesondere der Minderung wegen eines Meldeversäumnisses um 10 vH der Regel- leistung für einen auf einige Monate befristeten Zeitraum auseinandergesetzt. Insofern hätte sich der Kläger auch mit den Aussagen des BVerfG zu einem Abzug von 10 % des Regelbe- - 4 - darfs über einen gewissen Zeitraum im Rahmen der Darlehensregelung (vgl nunmehr § 42a SGB II) befassen müssen. Dieses hat die Rückführung eines Darlehens zur Deckung eines unvermutet auftretenden und unabweisbaren einmaligen Bedarfs durch Einbehalt der Regel- leistung in Höhe von 10 % als "vorübergehende monatliche Kürzung der Regelleistung" im Grundsatz verfassungsrechtlich nicht beanstandet (vgl BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - juris RdNr 150). [8] Soweit der Kläger "die Einordnung der unterbliebenen Entscheidung des Sozialgerichts über den mit Schriftsatz vom 02. Mai 2012 klageerweiternd gestellten Antrag auf Erstattung von 221,40 € wegen der Sanktionen vom 01. Januar 2012 bis 30. April 2012 als offensichtlich versehentlich" sowie die Übertragung auf den Einzelrichter beanstandet, ist ein Verfahrensfehler nicht ausrei- chend bezeichnet. Insofern fehlt es bereits an einer substantiierten Darlegung der Tatsachen, aus denen sich der Mangel ergeben soll (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 160a RdNr 16 mwN). Auch reicht nicht die hier nur aufgestellte Behauptung, dass das angefochtene Urteil auf diesem Verfahrensmangel beruht. [9] Dem Kläger steht PKH nicht zu, weil seine Rechtsverfolgung aus den genannten Gründen keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a SGG). Aus diesem Grund entfällt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts. [10] Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Faksimile 1 2 3 4 ... link (0 Kommentare) ... comment Mittwoch, 13. Mai 2015
BSG, B 1 KR 79/11 B vom 24.09.2012, Bundessozialgericht
anselmf
8undessozialgericht
Beschluss in dem Rechtsstreit B 1 KR 79/11 B L 5 KR 131/10 (Bayerisches LSG) S 2 KR 284/08 ua (SG Regensburg) ... ... Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer ProzessbevolImächtigte: ... ... gegen DAK-Gesundheit , Nagelsweg 27-31 , 20097 Hamburg, BekIagte und Beschwerdegegnerin. Der 1. Senat des Bundessozialgerichts hat am 24. September 2012 durch den Präsidenten Masuch sowie die Richter Prof. Dr. Hauck und Dr. EsteImann beschlossen: Der Antrag des KIägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28. Juni 2011 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin ... zu gewähren, wird abgelehnt. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28. Juni 2011 wird als unzulässig verworfen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten. -2- Gründe: l Der bei der beklagten Ersatzkasse versicherte Kläger ist mit seinem 8egehren auf Genehmi- gung von Fahrten mit einem privaten PKW zu allen ambulanten ärztlichen Behandlungen rück- wirkend ab 26.4.2007 und für die Zukunft, auf Übernahme der Kosten für die Fahrt zu einem Fachgeschäft für Orthopädie-Schuhtechnik in Regensburg, auf Kostenerstattung von Parkge- bühren und sonstigen Mobilitätskosten für das Aufsuchen von Ärzten zu medizinisch notwen- digen Behandlungen (insbesondere ''Umkreisungskosten, Autowärmekosten und Zubringer- kosten'') sowie auf Übernahme dieser Kosten in der Zukunft bei der Beklagten und in den Vor- instanzen ohne ErfoIg gebIieben. Das LSG hat - unter Bezugnahme auf die hierzu ergangenen Gerichtsbescheide des SG - ua ausgeführt, § 60 SGB V sehe über die ausdrücklich geregelten Leistungen hinaus keine Übernahme von Parkgebühren und sonstigen Mobilitätskosten aIs Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vor. Auch hinsichtIich seines weiteren Begehrens erfüIle der KIäger – abgesehen von den von der Beklagten im Zusammenhang mit der Dialysebehandlung in Regensburg übernommenen Fahrkosten - die Voraussetzungen des § 60 SGB V und des § 8 Krankentransport-Richtlinien nicht. Es habe auch kein FaIl der notwen- digen BeiIadung des zuständigen Sozialhilfeträgers vorgelegen. Die Einholung der vom Kläger beantragten medizinischen Sachverständigengutachten sei nicht erforderlich (Urteil vom 28.6.2011). Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG und begehrt zugleich die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung seiner Rechtsanwältin. II Der Antrag des Klägers ist abzu1ehnen, da er keinen Anspruch auf PKH unter Beiordnung eines Rechtsanwalts hat (dazu 1.). Die Beschwerde des Klägers ist zu verwerfen (dazu 2,). 1. Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 114, 121 ZPO kann einem bedürftigen BeteiIigten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden und ein RechtsanwaIt bei- geordnet werden, wenn - ua - die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es seit Eingang des voIlständigen PKH-Gesuchs. Der KIäger kann seitdem aller Voraussicht nach mit seinem Begehren auf Zulassung der Revi- sion wegen grundsätzlicher Bedeutung, Abweichung von höchstrichterlicher Rechtsprechung oder wegen eines Verfahrensfehlers, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, -3- nicht durchdringen (Zulassungsgründe des 160 Abs Nr 1, 2 und 3 SGG). Die Durchsicht der Akten und die Würdigung des Klägervorbringens geben keinen AnhaItspunkt dafür, dass einer dieser Zulassungsgründe vorliegt. a) Die Sache bietet weder Hinweise für eine über den EinzelfaII des KIägers hinausgehende grundsätzIiche Bedeutung der Rechtssache noch ist ersichtlich, dass das LSG entscheidungs- tragend von der Rechtsprechung des BSG, des GmSOGB Oder des BVerfG abgewichen sein könnte (Zulassungsgründe des 160 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 SGG). Insbesondere führt die Rechtsansicht des KIägers, der Gesetzgeber habe in § 92 SGB V geregeIt, dass Fahrkosten zu übernehmen seien, wenn ansonsten keine ausreichende Versorgung gesichert sei, nicht zu Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung. Denn durch die Rechtsprechung des erkennen- den Senats ist geklärt, dass § 60 SGB V den Anspruch auf Fahrkosten bewusst abschließend regelt (vgl zB BSG Urteil vom 6.11.2008 - B 1 KR 38/07 R - RdNr 14, USK2008-63; vgl auch BSG 8eschluss vom 21.5.2010 - B 1 KR 6/10 BH - RdNr 6), Auch ohne Entscheidung eines Revisionsgerichts ist nach WortIaut, Entstehungsgeschichte, Regelungssystem und Zweck des § 92 SGB V klar, dass § 92 SGB V nicht die durch § 60 SGB V gezogenen Grenzen überwinden darf. Die Leistungsbegrenzung des § 60 SGB V ist nach der Rechtsprechung verfassungskon- form (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 60 Nr 1; 8SG Urteil vom 6.11,2008 - B 1 KR 38/07 R – Juris RdNr23, USK2008-3; siehe allgemein 8SGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 17 Gelomyrtol; BSG Urteil vom 6.3,2012 - B 1 KR 24/10 R - Juris RdNr 33, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). AlIe vom Kläger aus seiner Rechtsauffassung abgeleiteten An- sprüche - auf pauschale Vorabgenehmigung aIIer Fahrten mit einem privaten PKW zu ambu- tanten ärztlichen Behandlungen, auf Übernahme der Kosten für die Fahrt zu einem Fachge- schäft für Orthopädie-Schuhtechnik, auf Kostenerstattung von Parkgebühren und sonstigen MobiIitätskosten für das Aufsuchen von Ärzten zu medizinisch notwendigen BehandIungen (ins- besondere ''Umkreisungskosten, Autowärmekosten und Zubringerkosten'') und zukünftige Uber- nahme dieser Kosten - können nicht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache begrün- den. b) Es bestehen auch keine AnhaItspunkte dafür, dass der Kläger einen die RevisionszuIassung rechtfertigenden Verfahrensfehler des LSG bezeichnen könnte (Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Allerdings ist die Vorinstanz dem in der mündIichen Verhandlung gestellten Antrag auf Beweis- erhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht gefolgt, der aIs HiIfsantrag zum Antrag auf Verurteilung der Beklagten zur Erteilung von Genehmigungen von Fahrkosten für die Zeit ab 26.4.2007 und für die Zukunft gestellt worden ist. Der KIäger hat keine Erfolgs- aussichten dafür, mit einer Beschwerde die Verletzung der AmtsermittIungspflicht (§ 103 SGG) geItend zu machen. Hierauf kann eine NichtzuIassungsbeschwerde nämIich nur gestützt wer- den, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begrün- -4- dung nicht gefoIgt ist (§ 160 Abs Nr 3 SG). Der rechtskundig vertretene Kläger hat indes zu ProtokolI nur eine Beweiserhebung angeregt, nicht aber - wie erforderlich - einen formellen Be- weisantrag iS von §§ 373, 403 ZPO iVm § 118 SGG gesteIlt (zu diesem Erfordernís vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9; BSG 8eschluss vom 14.5,2007 - B 1 KR 21/07 B - RdNr 18). Im Übri- gen kann er nach der vom LSG gegebenen Begründung nicht schlüssig darlegen, dass sich das LSG - ausgehend von seiner Rechtsauffassung - zur Einholung eines Sachverständigengut- achtens hätte gedrängt fühlen müssen. Soweit das LSG nicht den zuständigen SoziaIhilfeträger beigeladen hat, fehlt es ebenfalls an Anhaltspunkten für einen Verfahrensfehler. Es ist - gerade unter Berücksichtigung der mitge- teiIten Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen VerhäItnissen des Klägers – hinsicht- lich des auf die Zukunft gerichteten Begehrens schon nicht ersichtlich, dass sich im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem LSG eine zukünftige Hilfebedürftigkeit und ein zukünftiger Hilfebedarf derart konkretisiert hatten, dass eine Verurteilung des SozialhiIfeträgers nach § 75 Abs 5 SGG in Betracht gekommen und deswegen eine Beiladung nach § 75 Abs 2 Alt 2 SGG erforderIich gewesen ist. Auch soweit es um Ansprüche für die Vergangenheit geht, gibt es keine Hinweise darauf, dass Leistungsansprüche ernsthaft in Betracht kommen. Hinsichtlich der dem Kläger bereits entstandenen Parkgebühren von neun Euro ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger insoweit die Voraussetzungen des § 18 SGB Xll erfüllt. Die Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers setzt erst mit seiner Kenntnisnahme bzw mit der Kenntnisnahme des zunächst angegangenen Leistungsträgers ein (vgl § 18 Abs 1 iVm Abs 2 S 2 SGB XII). Auch bei Abstellen auf die Kenntnis der BekIagten (vgl. § 18 Abs 2 SGB XII) hat diese erst mit dem Kostenerstat- tungsantrag, also nach Inanspruchnahme der gebührenpflichtigen Parkplätze, von den anfallen- den Parkgebühren Kenntnis erIangt hat. Es kann daher dahingestellt bIeiben, ob ein eventueller Anspruch nicht schon durch § 88 Abs 1 S 2 SGB Xll ausgeschIossen ist (vgl zur entsprechen- den Regelung im BSHG BVerwG Urteil vom 17.6.1993 - 5 C 11/91 - BVerwGE 92, 336), Bei den neben den Fahrkosten und den Parkplatzgebühren für die Vergangenheit geltend gemachten sonstigen Mobilitätskosten im Zusammenhang mit dem Aufsuchen von Ärzten zu medizinisch notwendigen Behandlungen fehlt es bereits an jeglicher Konkretisierung der SachverhaIte nach Ort, Zeit, Art, Umfang und Kosten, aus denen sich die Ansprüche gegen den SozialhiIfeträger ergeben sollen. Es begegnet schließlich keinen rechtlichen Bedenken, dass das LSG in Einklang mit dem SG den Antrag des Klägers, die Beklagte zu verurteilen, die Kosten des begehrten orthopädischen Hilfsmittels jetzt und in Zukunft in vollem Umfang der tatsächlich unvermeidlichen Kosten abzüg- lich der Zuzahlung zu übernehmen, als Antrag auf Übernahme der Fahrkosten zum Fachge- schäft für Orthopädie-Schuhtechnik in Regensburg ausgelegt hat. Nach § 123 SGG entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge ge- bunden zu sein. Im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren erstrebt der Kläger auch nur wegen der begehrten Übernahme der Fahrkosten die Zulassung der Revision. -5- 2. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 HaIbs 2 SGG iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Revisionszulas- sungsgründe nach § 160 Abs 2 Nr 1 und Nr 3 SGG. a) Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzIichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG beruft, muss eine Rechtsfrage kIar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f, BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Der Kläger richtet sein Vorbringen hieran nicht aus. aa) Soweit der Kläger Fahrkosten geltend macht, um in einem Fachgeschäft für Orthopädie- Schuhtechnik in Regensburg Schuheinlagen anzupassen, formuliert er folgende Rechtsfrage: "1. Hat ein Versicherter gegenüber seiner Krankenkasse einen Anspruch auf die Über- nahme bzw. Erstattung der Fahrtkosten, die ihm dadurch entstehen, dass er durch seine Krankenkasse auf einen bestimmten Leistungsträger verwiesen wird, unter anderem im Rahmen der Versorgung mit HilfsmitteIn?'' Der Kläger Iegt jedoch einen Klärungsbedarf der Frage nicht hinreichend dar. Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht (vgl nur BSG Be- schluss vom 16.4.2012 - B 1 R 25/11 B - RdNr 7; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 313 mwN). So liegt es hier (vgl oben, II. a). bb) Als zweite Frage formuliert der KIäger: '2. Kommt eine - insbesondere aus § 92 SGB V hergeleitete - Zuständigkeit eines ande- ren Leistungsträgers (Sozialhilfeträgers) in Bezug auf die Zusatzkosten im Zusammen- hang mit der Wahrnehmung von Arzterminen, etwa im Wege der Erhöhung des Ge- samtbedarfs, in Betracht?'' Der Kläger legt einen KIärungsbedarf auch dieser Frage nicht hinreichend dar. Er zeigt nicht auf, wieso sich aus § 92 SGB V die Zuständigkeit eines anderen Leistungsträgers (SoziaIhilfeträ- gers) ergeben soIl und mit Blick auf andere Normen Klärungsbedarf besteht (vgl im Übrigen auch oben, II. 1a). cc) Soweit der Kläger sonstige MobiIitätskosten, insbesondere ''Umkreisungs-, Autowärme- und Zubringerkosten'' geltend macht, formuliert er folgende Rechtsfragen: 1. Kann die Krankenkasse auf eine für sie kostengünstige Versorgungsart (hier: kosten- Ioser Parkraum) verweisen, wenn dies beim Versicherten zur Belastung mit Nebenkosten -6- (hier: Umkreisungs-, Autowärme-, Zubringerkosten) führt, für deren Übernahme eine Zuständigkeits- und LeistungspfIicht der Krankenkasse nicht gegeben ist? 2. Wie weit darf sich die Krankenkasse durch derartige Kostenverschiebung eigener Kosten zu Lasten der Versicherten entledigen, insbesondere wenn diesem dadurch in der Summe so hohe Kosten entstehen können, dass er seinen Lebensbedarf nicht mehr decken kann? 3. Kommt eine Zuständigkeit eines anderen Leistungsträgers (Sozialhilfeträgers) in Bezug auf die Zusatzkosten im Zusammenhang mit der Wahrnehmung von Arztterminen, etwa im Wege der Erhöhung des Gesamtbedarfs, in Betracht? Der Kläger legt die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage nicht dar. Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt, wenn ihre Beantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterIichen Rechtspreċhung keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also ''geklärt ist'' (vgl zb BSG Beschluss vom 21.10.2010 - B 1 KR 96/10 B - RdNr 7 mwN). Eine Rechtsfrage, über die bereits höchstrichterlich entschieden worden ist, kann den- noch klärungsbedürftig sein, wenn der Rechtsprechung in nicht geringfügigem Umfang wider- sprochen wird und gegen sie nicht von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht werden (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 13 S 19 mwN), was im Rahmen der Beschwerdebegründung ebenfalls darzulegen ist (vgl zum Ganzen auch BSG 8eschluss vom 22.12.2010 B 1 KR 100/10 B - RdNr 7). Der Kläger legt zu der ersten und der zweiten Frage nicht dar, dass der sie klärenden Rechtsprechung in nicht geringfügigem Umfang widersprochen wird und gegen sie nicht von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht werden (vgl im Übrigen oben, II. 1a). für die dritte Frage verweist der Senat nach oben (II.2.a bb). b) Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag be- zieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Gemäß § 160a Abs 2 S 3 SGG muss der VerfahrensfehIer bezeichnet werden. Diesen Anforderungen wird die Beschwer- debegründung nicht gerecht. Der Kläger legt Umstände der unter Il.1 .b) bezeichneten, erforder- lichen Art nicht schlüssig dar. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat insoweit ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG). -7- 3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. M. Dr. H. Dr. E. Faksimile 1 2 3 4 5 6 7 1 BvR 2474/12 ... link (0 Kommentare) ... comment Sonntag, 10. Mai 2015
BSG, B 9 SB 90/12 B vom 23.01.2013, Bundessozialgericht
anselmf
BUNDESSOZIALGERICHT
Beschluss in dem Rechtsstreit Az: B 9 SB 90/12 B L 7 SB 29/10 (LSG Sachsen-Anhalt) S 12 SB 137/07 (SG Halle) Kläger und Beschwerdeführer, Prozessbevollmächtigte: gegen Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch das Landesverwaltungsamt - Landesversorgungsamt, Maxim-Gorki-Straße 7, 06114 Halle/Saale, Beklagter und Beschwerdegegner. Der 9. Senat des Bundessozialgerichts hat am 23. Januar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. L. sowie die Richter K. und O. beschlossen: Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landes- sozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 25. September 2012 wird als unzulässig verworfen. Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten. - 2 - Gründe: [Abs 1] Mit Urteil vom 25.9.2012 hat das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (LSG) einen Anspruch des Klägers auf Feststellung der Voraussetzungen des Merkzeichens "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung) verneint. Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger beim Bundessozialgericht (BSG) Beschwerde eingelegt. Er macht eine grundsätzli- che Bedeutung der Rechtssache geltend. [Abs 2] Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG). Keiner der in § 160 Abs 2 SGG ab- schließend aufgeführten Zulassungsgründe ist ordnungsgemäß dargetan worden. [Abs 3] Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG - wie sie der Kläger geltend macht - hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine bestimmte Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm an- gestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17; BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 13, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht. [Abs 4] Der Kläger misst folgenden Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung bei: 1. Ergibt sich aus Art. 9 Abs 1, Art 20 Buchst a), Art 30 Abs 1 Buchst c) Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) ein An- spruch auf das Merkzeichen aG auch außerhalb der Normierungen des § 3 Abs 1 Nr. 1 Schwerbehindertenausweisverordnung (SchwbAwV) i.V.m. § 6 Abs 1 Nr. 14 Straßenver- kehrsgesetz (StVG), § 46 Straßenverkehrsordnung (StVO), § 46 Verwaltungsvorschriften zur StVO (VwV-StVO), soweit und solange es sich bei diesem Merkzeichen um die einzige Möglichkeit handelt, im gesamten Bundesgebiet Parkerleichterungen zu erhalten? 2. Ergibt sich aus der UN-BRK als im Zusammenhang mit der vom Bundesverfassungsge- richt anzuwendenden Auslegungshilfe des Grundgesetzes ein Anspruch auf Parkerleichte- rungen i.S. einer Reduktion der derzeit strengen Maßstäbe für die Feststellung des Merkzei- - 3 - chens aG, solange allein das Merkzeichen aG Parkerleichterungen für das gesamte Bun- desgebiet einschließt? [Abs 5] In Bezug auf diese Fragen fehlt es an hinreichenden Ausführungen des Klägers zum höchst- richterlichen Klärungsbedarf hinsichtlich der rechtlichen Grundsätze, nach denen das Merkzei- chen "aG" festzustellen ist (vgl dazu § 69 Abs 4 SGB IX, § 3 Abs 1 Nr 1 SchwbAwV, § 6 Abs 1 Nr 14 StVG, § 46 Abs 1 Nr 11 VwV-StVO). Eine Klärungsbedürftigkeit ist unter anderem dann nicht gegeben, wenn die Rechtsfrage bereits höchstrichterlich beantwortet ist (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 51; BSG SozR 1500 § 160a Nr 13, 65) oder wenn sich für die Antwort in höchst- richterlichen Entscheidungen bereits ausreichende Anhaltspunkte finden lassen (vgl BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8). Der Kläger hätte daher die rechtliche Klä- rungsbedürftigkeit der von ihm angesprochenen Fragestellungen unter Einbeziehung der vor- handenen Rechtsprechung des BSG, wie vom LSG bereits benannt, näher begründen müssen. Hierzu wäre es zunächst erforderlich gewesen, sich mit den vom Senat festgelegten Grundsät- zen zur Feststellung des Merkzeichens "aG" auseinanderzusetzen (zB Senatsurteil vom 5.7.2007 - B 9/9a SB 5/06 R; Senatsurteil vom 29.3.2007 - B 9a SB 5/05 R; Senatsurteil vom 10.12.2002 - B 9 SB 7/01 R, BSGE 90, 180 = SozR 3-3250 § 69 Nr 1; Senatsurteil vom 11.3.1998 - B 9 SB 1/97 R, BSGE 82, 37 = SozR 3-3870 § 4 Nr 23). Dies hat der Kläger ver- säumt. [Abs 6] Gleiches gilt, soweit der Kläger die rechtliche Bedeutung der UN-BRK für die Feststellung der Voraussetzungen des Merkzeichens "aG" geklärt wissen will. Allein die Bezugnahme auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom "22.3.2012 - 2 BvR 889/09, Rnr 52" (möglicher- weise tatsächlich gemeint: Beschluss vom 23.3.2011 - 2 BvR 882/09) verbunden mit der Be- hauptung, dass es zu den gestellten Rechtsfragen bisher keine höchstrichterliche Recht- sprechung gebe, genügt den Darlegungserfordernissen nicht. Auch insoweit hätte es einer Auseinandersetzung mit der zum Teil bereits vom LSG benannten Rechtsprechung des BSG zur Anwendung der UN-BRK bedurft (vgl zB BSG Beschluss vom 10.5.2012 - B 1 KR 78/11 B - RdNr 6 ff, SozR 4-2500 § 140f Nr 1; BSG Urteil vom 6.3.2012 - B 1 KR 10/11 R - RdNr 19 f, SozR 4-1100 Art 3 Nr 69, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; Senatsurteil vom 24.5.2012 - B 9 V 2/11 R - RdNr 36, SozR 4-3520 § 7 Nr 1, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; Senatsurteil vom 29.4.2010 - B 9 SB 2/09 R - RdNr 43, BSGE 106, 101 = SozR 4-3250 § 2 Nr 2). Mit dieser Rechtsprechung hätte sich der Kläger inhaltlich befassen und auf- zeigen müssen, in welchem Rahmen eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erfor- derlich ist (vgl hierzu allgemein Becker, die Nichtzulassungsbeschwerde zum BSG [Teil I], SGb 2007, 261, 266 zu Fußnote 58). Dabei wäre zB darauf einzugehen gewesen, ob die UN-BRK an der Rechtslage für das Merkzeichen "aG" etwas Grundlegendes geändert hat (vgl dazu Wendt- land, Finale Betrachtungsweise bei Feststellung der Voraussetzungen für das Merkzeichen - 4 - "aG", in Diskussionsforum Rehabilitations- und Teilhaberecht, Forum C, Diskussionsbeitrag Nr 9/2011, vom 29.11.2011). [Abs 7] Soweit der Kläger im Übrigen die Beweiswürdigung des LSG (vgl hierzu § 128 Abs 1 S 1 SGG) kritisiert, kann er damit gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG von vornherein keine Revisions- zulassung erreichen. Entsprechendes gilt, soweit der Kläger eine unzutreffende Rechtsanwen- dung des LSG rügen wollte (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10). [Abs 8] Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG). [Abs 9] Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendungen des § 193 SGG. ... link (0 Kommentare) ... comment Sonntag, 10. Mai 2015
BSG, B 8 SO 54/10 B vom 24.11.2011, Bundessozialgericht
anselmf
BUNDESSOZIALGERICHT
Beschluss in dem Rechtsstreit Az: B 8 SO 54/10 B L 8 SO 132/09 (Bayerisches LSG) S 10 SO 13/08 (SG Landshut) Kläger und Beschwerdeführer, Prozessbevollmächtigte: gegen Bezirk Niederbayern, Gestütstraße 10, 84028 Landshut, Beklagter und Beschwerdegegner, beigeladen: 1. Landkreis Passau, Regensburger Straße 33, 94036 Passau, 2. Deutsche Angestellten-Krankenkasse, Nagelsweg 27-31, 20097 Hamburg. Der 8. Senat des Bundessozialgerichts hat am 24. März 2011 durch die Richter C. , O., und Prof. Dr. S. beschlossen: Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29. Juni 2010 wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten. - 2 - Gründe: I [Abs. 1] Im Streit ist die Übernahme von Betriebskosten für ein dem Kläger gehörendes, selbst be- schafftes Kfz im Wege der Eingliederungshilfe. [Abs. 2] Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers gegen das klageab- weisende Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23.4.2009 (S 10 SO 13/08) zurückgewiesen, weil der Kläger zum Zwecke der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nicht auf die regelmä- ßige Benutzung des Kfz angewiesen sei (Urteil vom 29.6.2010, L 8 SO 132/09). [Abs. 3] Mit seiner gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegten Beschwerde rügt der Kläger die Verletzung des rechtlichen Gehörs nach § 62 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm Art 103 Abs 1 Grundgesetz (GG). Die Mitteilung des Klägers an das LSG vom 27.6.2010, er könne an dem Verhandlungstermin vom 29.6.2010 nicht teilnehmen, weil er nicht über die finanziellen Mittel zur Bestreitung der Fahrtkosten verfüge, sei als Terminverlegungsantrag auszulegen. Weder habe das LSG über diesen entschieden, noch habe es Reisekosten gewährt, sodass der mit- tellose Kläger an der Teilnahme am Termin zur mündlichen Verhandlung gehindert worden sei. Damit könne die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruhen, denn es könne grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass eine Verletzung des rechtlichen Ge- hörs, die einen Verfahrensbeteiligten daran gehindert habe, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, die daraufhin ergangene Entscheidung beeinflusst habe. Einer Angabe, welches Vorbringen durch das beanstandete Verfahren verhindert worden sei, bedürfe es nicht. [Abs. 4] Der Rechtssache komme auch grundsätzliche Bedeutung zu, weil folgende Fragen grundsätz- licher Klärung bedürften: "Sind bei Leistungsberechtigten nach dem vierten Kapitel des SGB XII (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) als Versicherungsnehmer einer Kraftfahrzeug-Haftpflichtver- sicherung mit eigenem Renteneinkommen die Prämien für die Kraftfahrzeug- Haftpflichtversicherung nach § 82 Abs 2 Nr 3 SGB XII vom Renteneinkommen absetzbar, wenn wegen Krankheit oder Behinderung die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht möglich oder zumutbar ist? Stellen die §§ 53 Abs 1 Satz 1 und 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII in Verbindung mit § 10 Abs 6 Ein- gliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) für die Übernahme der Betriebskosten des Kfz die allei- nige Anspruchsgrundlage dar?" - 3 - [Abs. 5] Diese Rechtsfragen seien auch klärungsbedürftig; das Bundessozialgericht (BSG) habe in sei- nem Urteil vom 18.3.2008 (B 8/9b SO 11/06 R, BSGE 100, 139 = SozR 4-3500 § 82 Nr 4) ent- schieden, dass die Absetzbarkeit des Versicherungsbeitrags für ein Kfz voraussetze, dass die- ses zumindest auch für sozialhilferechtlich anerkennte Zwecke genutzt werde, also etwa, weil die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Fall von Krankheit oder Behinderung eines Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder unzumutbar sei. Hierbei habe es jedoch offen gelassen, ob die Kfz-Versicherungsbeiträge überhaupt als angemessene Versicherungsbeiträge zu verstehen seien und auf die abweichende Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 62, 261 ff) verwiesen. II [Abs. 6] Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund des Verfahrensfehlers, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) und der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), nicht in der erforderlichen Weise be- zeichnet bzw dargelegt ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Der Senat konnte deshalb über die Be- schwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 SGG entscheiden. [Abs. 7] Macht der Beschwerdeführer das Vorliegen von Verfahrensmängeln geltend, so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) wie bei einer Verfahrensrüge innerhalb einer zugelassenen Revision zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) be- gründenden Tatsachen substanziiert dargelegt werden (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 34, 36). Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen Rechtsansicht - auf dem jeweiligen Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit der Beeinflussung der Entscheidung besteht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 und 36), es sei denn, es würden absolute Revisionsgründe gerügt, bei denen gemäß § 202 SGG iVm § 547 Zivilprozessordnung (ZPO) der Einfluss auf die Entscheidung unwiderlegbar ver- mutet wird (BSGE 4, 281, 288; BSG SozR 1500 § 136 Nr 8). [Abs. 8] Der Kläger hat mit seinem Vorbringen einen Verfahrensmangel wegen Verletzung des recht- lichen Gehörs nach § 62 SGG und Art 103 Abs 1 GG nicht hinreichend bezeichnet. Das Gebot des rechtlichen Gehörs hat auch zum Inhalt, dass die Beteiligten ausreichend Gelegenheit zur Abgabe sachgemäßer Erklärungen haben müssen (BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 5; BSG SozR 1500 § 128 Nr 24). Wird aufgrund mündlicher Verhandlung, dem "Kernstück" des gerichtlichen Verfahrens (BSGE 44, 292, 293 = SozR 1500 § 124 Nr 2) entschieden, müssen die Beteiligten die Möglichkeit haben, hieran teilzunehmen. Dem Anspruch auf rechtliches Gehör ist dabei in der Regel bereits dadurch genügt, dass das Gericht die mündliche Verhandlung anberaumt (§ 110 Abs 1 Satz 1 SGG), der Beteiligte bzw sein Prozessbevollmächtigter ordnungsgemäß - 4 - geladen und die mündliche Verhandlung zu dem festgesetzten Zeitpunkt eröffnet wird (BSG, Urteil vom 28.4.1999, B 6 KA 40/98 R, USK 99111, RdNr 16). Dass der Kläger an der Teilnahme der mündlichen Verhandlung gehindert wurde, trägt er nicht schlüssig vor. Dem Schreiben des Klägers vom 27.6.2010 lässt sich insbesondere kein Terminverlegungsantrag oder ein Antrag auf Gewährung eines Reisekostenzuschusses entnehmen, sondern allein die Bitte um Verständnis im Falle seiner Nichtteilnahme an der mündlichen Verhandlung. Warum das Schreiben dennoch als Verlegungsantrag auszulegen war, erläutert der Kläger nicht. [Abs. 9] Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit und der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichter- lichen Rechtsprechung - ggf sogar des Schrifttums - angeben, welche Rechtsfragen sich stel- len, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechts- fragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17; BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59 und 65). Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. [Abs. 10] Insbesondere ist die Klärungsfähigkeit nicht ausreichend dargelegt. Das LSG hat die Über- nahme der Betriebskosten für das dem Kläger gehörende Kfz im Zusammenhang mit Leistun- gen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft geprüft, weil der Kläger Eingliederungshilfe beantragt hat. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht er hingegen geltend, dass ihm ange- sichts der Anrechenbarkeit der "angemessenen" Versicherung höhere Leistungen nach §§ 41 ff Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) zustehen. Zur Darlegung der Klä- rungsfähigkeit hätte er sich dann aber mit den unterschiedlichen Streitgegenständen und mit insoweit (ggf) bestandskräftigen Bescheiden des Beigeladenen zu 1., der für Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zuständig wäre, auseinandersetzen müs- sen. Dies hat er jedoch nicht getan. [Abs. 11] Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. ... link (0 Kommentare) ... comment BSG, B 8 SO 6/11 R vom 15.11.2012, Bundessozialgericht
anselmf
BUNDESSOZIALGERICHT
Im Namen des Volkes Verkündet am 15.11.2012 Urteil in dem Rechtsstreit Az: B 8 SO 6/11 R Prozessbevollmächtigte: gegen Stadt Rheinberg, Kirchplatz 10, 47495 Rheinberg, Beklagte und Revisionsbeklagte, Prozessbevollmächtigte: Der 8. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. November 2012 durch den Vorsitzenden Richter E. , den Richter C. und die Richterin K. sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. W. und G. für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. Juli 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen. -2- Gründe: I [Abs. 1] Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung von Kosten in Höhe von 50,48 Euro für ein Depot-Kontrazeptivum (sog "3-Monats-Spritze") auf Grundlage von Verordnungen vom 8.3.2007 und vom 5.6.2007. [Abs. 2] Bei der 1966 geborenen Klägerin besteht eine geistige Behinderung mit Aphasie bei Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma. Sie erhält laufend Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Sozial- gesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) - ua für die Zeit vom 1.7.2006 bis 30.6.2007 (Bescheid vom 21.6.2006) - und ist Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bei der AOK Rheinland/Hamburg. Sie übt eine Tätigkeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen aus und wohnt gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrem Sohn, der von seiner Großmutter erzogen wird, in einem Haushalt. [Abs. 3] Am 21.9.2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten unter Vorlage privatärztlicher Verord- nungen ihres behandelnden Gynäkologen vom 13.6.2006 und 12.9.2006 und einer Bescheini- gung dieses Arztes vom 13.9.2006, wonach die Verordnung erforderlich sei, die Kostenüber- nahme für jeweils eine Ampulle des Depot-Kontrazeptivums Noristerat. Einen anschließend bei der AOK Rheinland/Hamburg gestellten Kostenübernahmeantrag lehnte diese ab, weil eine Kostenübernahme für Kontrazeptiva nach Vollendung des 20. Lebensjahres gemäß § 24a Abs 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) aus- scheide (Bescheid vom 6.10.2006). Auch die Beklagte lehnte den Kostenübernahmeantrag ab (Bescheid vom 20.10.2006; Widerspruchsbescheid unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter vom 29.3.2007). [Abs. 4] Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Duisburg erhoben und die Erstattung von Kosten in Höhe von insgesamt 126,20 Euro für 5 Ampullen Noristerat (jeweils 25,24 Euro) geltend gemacht, die sie sich nach Ablehnung der Kostenübernahme durch die Beklagte auf Grundlage privatärztlicher Verordnungen ihres behandelnden Gynäkologen vom 8.3., 5.6., 6.9., 13.12.2007 und 13.3.2008 beschafft hatte. Das SG hat die Beklagte antragsgemäß zur Kosten- erstattung verurteilt (Urteil vom 9.9.2008). Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesso- zialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 20.7.2010). Einem Anspruch aus § 49 Satz 2 SGB XII auf Kostenübernahme für empfängnisverhütende Mittel stehe - entgegen der Auffassung des SG - § 52 Abs 1 Satz 1 SGB XII entgegen, der wegen der Hilfen nach den §§ 47 bis 51 SGB XII auf den Leistungsumfang der GKV verweise. Nach § 24a SGB V seien Frauen (nur) bis zum vollendeten 20. Lebensjahr anspruchsberechtigt. Wegen der Änderung des § 38 Abs 1 Satz 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) zum 1.1.2004 (mit dem Gesetz zur Modernisierung der -3- gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Modernisierungsgesetz - vom 14.11.2003 - BGBl I 2190) und der damit erfolgten Anbindung des Leistungsrechts des BSHG und in der Folge des SGB XII an dasjenige des SGB V könnten auch auf der Grundlage des § 49 SGB XII empfängnisverhütende Mittel für Personen nach Vollendung des 20. Lebensjahres nicht über- nommen werden. Eine Kostenübernahme gemäß § 48 Satz 1 SGB XII iVm § 27 Abs 1 SGB V scheide aus, weil das verschriebene empfängnisverhütende Mittel nach den Attesten des be- handelnden Gynäkologen vom 13.9.2006 und vom 24.8.2007 nicht der Verhütung einer Schwangerschaft wegen Vorliegens einer Krankheit, sondern der Empfängnisverhütung unmit- telbar diene. Die Teilhabe iS der §§ 53, 54 SGB XII iVm § 55 Abs 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) erfasse es zwar auch, dem Behinderten ein selbstbestimmtes Sexualleben zu ermöglichen bzw zu erleichtern, wovon auch die Übernahme der Kosten der Verhütung einer ungewollten Schwangerschaft mit einem der Behinderung angepassten Verhütungsmittel umfasst sein könne; als allein übernah- mefähiger behinderungsspezifischer Bedarf seien aber nur solche Kosten zu übernehmen, die zusätzlich durch die Behinderung der Betroffenen entstünden. Die Kosten für das Depot- Kontrazeptivum überschritten im Vergleich mit Kosten anderer üblicher Verhütungsmittel (Kondome, orale Kontrazeptiva) das zumutbare Maß nicht und seien deshalb mit dem pauschalen Regelsatz abgegolten. [Abs. 5] Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Sie hat die Klage auf die Kostenerstattung wegen der Verordnungen vom 8.3. und 5.6.2007 beschränkt. In der Sache macht sie eine Ver- letzung von § 49 SGB XII durch das LSG geltend. § 49 SGB XII stelle nach wie vor für den Per- sonenkreis der Hilfebedürftigen nach dem SGB XII eine Sonderregelung dar. Der Gesetzgeber habe nach Änderung des § 38 BSHG durch die unveränderte Beibehaltung des § 36 BSHG (bis 31.12.2004) bzw durch § 49 SGB XII (ab 1.1.2005) zu erkennen gegeben, weiterhin die Kos- tenübernahme für empfängnisregelnde Mittel ohne die in § 24a SGB V enthaltene Altersbegren- zung im Rahmen des SGB XII ermöglichen zu wollen. § 52 SGB XII regele nicht den anspruchsberechtigten Personenkreis, sondern (lediglich) den Umfang der Versorgung. Bei einer anderen Auslegung laufe die Regelung ins Leere; zudem ergebe sich eine Schlechter- stellung gegenüber dem Personenkreis, der entsprechende Leistungen nach §§ 3, 6 Abs 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) erhalten könne. Auch als Eingliederungsleistung müsse das Depot-Kontrazeptivum übernommen werden, weil es für sie die einzige Möglichkeit sei, sicher zu verhüten. [Abs. 6] Die Klägerin beantragt, das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen. [Abs. 7] Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen. -4- [Abs. 8] Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. II [Abs. 9] Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zu- rückverweisung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz ). Auf der Grundlage der Feststellungen des LSG kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob der Klägerin höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) zustehen. Allein aus dem regelmäßig alle drei Monate anfallenden Kostenaufwand für das Depot-Kontrazeptivum ergibt sich ein Anspruch auf höhere Grundsiche- rungsleistungen nicht. Ein Anspruch auf andere Sozialhilfeleistungen besteht nicht. [Abs. 10] Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 20.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.3.2007 (§ 95 SGG), mit dem diese die Übernahme auch künftig anfallender Kosten für Kontrazeptiva abgelehnt hat. Die mit der Anfechtungsklage kombinierte Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4, § 56 SGG) hat die Klägerin auf die Erstattung von bezifferten Kosten in Höhe von 50,48 Euro beschränkt und dabei zulässigerweise auch auf die im Juni 2007 angefallenen Kosten erstreckt. Eine Begrenzung des Streitgegenstandes da- hin, dass lediglich über Leistungen nach dem Fünften Kapitel des SGB XII (Hilfen zur Gesund- heit) zu entscheiden wäre, ergibt sich aus dieser betragsmäßigen Einschränkung aber nicht. Nach dem sog Meistbegünstigungs- bzw Gesamtfallgrundsatz (vgl: BSGE 101, 217 ff RdNr 12 ff = SozR 4-3500 § 133a Nr 1; BSGE 100, 131 ff RdNr 10 = SozR 4-3500 § 90 Nr 3) ist davon auszugehen, dass die Klägerin die von ihr beanspruchten Leistungen unter allen denk- baren rechtlichen Gesichtspunkten geltend macht. Damit wird das LSG nach Zurückverweisung des Rechtsstreits zu überprüfen haben, ob eine Erhöhung des Regelsatzes nach § 42 Satz 1 Nr 1 SGB XII iVm § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII (in der Normfassung des Gesetzes zur Änderung des SGB XII und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670) für die Zeit in Betracht kommt, in der die geltend gemachten Kosten angefallen sind, und den die Leistungen für den Lebens- unterhalt betreffenden Bescheid in seine Prüfung einzubeziehen haben. Dabei fallen die streitigen Kosten in den Bewilligungszeitraum vom 1.7.2006 bis 30.6.2007. Sofern sich die Berufung der Beklagten im Ergebnis als unbegründet darstellen sollte, wird das LSG den Tenor des Urteils des SG zu ändern haben und die Beklagte unter Anwendung des § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) zur Änderung des bereits vor dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 20.10.2006 be- standskräftig gewordenen Bescheids vom 21.6.2006 für März und Juni 2007 zu verurteilen haben. -5- [Abs. 11] Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Revision zulässig. Nachdem der Senat mit Be- schluss vom 21.2.2011 Wiedereinsetzung wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gewährt hat, kommt die Verwerfung der am 14.2.2011 eingelegten und zugleich be- gründeten Revision als unzulässig wegen Fristversäumnis nicht in Betracht. [Abs. 12] Andere von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel liegen nicht vor. Insbeson- dere war der Landkreis W. , der den Widerspruchsbescheid erlassen hat, nicht nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG (echte notwendige Beiladung) zum Verfahren beizuladen, weil er nicht Dritter im Sinne der gesetzlichen Regelung ist (BSG SozR 4-3500 § 90 Nr 5 RdNr 11). Auch ein Fall der unechten notwendigen Beiladung gemäß § 75 Abs 2 Satz 1 2. Alt SGG (mögliche Leis- tungspflicht eines anderen Leistungsträgers) liegt nicht vor (vgl BSG aaO). Die fehlende un- echte notwendige Beiladung hätte im Revisionsverfahren ohnehin gerügt werden müssen (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 13b mwN), was vorliegend nicht geschehen ist. [Abs. 13] Die (echte) notwendige Beiladung der AOK Rheinland/Hamburg als für die Klägerin zuständige Krankenkasse war ebenfalls nicht erforderlich. Es liegt schon deshalb keine § 14 SGB IX unter- fallende Konstellation vor, weil es sich zum einen bei der Kostenübernahme nach § 24a SGB V nicht um eine Leistung der medizinischen Rehabilitation im Sinne des SGB V handelt und zum anderen dessen Voraussetzungen wegen Überschreitens der Altersgrenze ohnehin offensicht- lich nicht erfüllt sind, sodass eine Leistungspflicht der AOK Rheinland/Hamburg aus- geschlossen ist. [Abs. 14] Der Kreis W. ist zwar sachlich und örtlich zuständiger Träger der Sozialhilfe (§§ 97 Abs 1, 98 Abs 1 SGB XII iVm § 3 Abs 2 Satz 1 SGB XII und §§ 1, 2 Landesausführungsgesetz zum SGB XII für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16.12.2004 - Gesetz- und Verordnungsblatt NRW 816 - iVm der Ausführungsverordnung zum SGB XII des Landes NRW vom 16.12.2004 - GVBl NRW 717; vgl zur Auslegung der entsprechenden landesrechtlichen Zuständigkeitsregelungen bei fehlender eigener Auslegung des LSG: BSGE 103, 39 ff RdNr 12 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1) für den vorliegend allein in Betracht kommenden Anspruch auf Erhöhung des Regelsatzes; dies gilt auch für die Hilfen zur Gesundheit und die Eingliederungshilfe. Nach § 3 Abs 1 AG-SGB XII NRW können die Kreise aber als örtliche Träger der Sozialhilfe kreisangehörige Gemeinden zur Durchführung der ihnen als Träger der Sozialhilfe obliegenden Aufgaben durch Satzung heranziehen. Der Kreis W. hat dies getan und den kreisangehörigen Städten und Gemeinden, zu denen die Beklagte gehört, die Durchführung der ihm im Rahmen des SGB XII obliegenden Aufgaben zur Entscheidung im eigenen Namen übertragen (§ 1 der Satzung über die Mitwirkung der Städte und Gemeinden bei der Erfüllung der Aufgaben des Kreises W. als örtlicher Träger der Sozialhilfe vom 10.3.2005). Ausgenommen von der Übertragung sind nur die in § 2 der Satzung aufgeführten Aufgaben, zu denen die hier streitbefangene Leistung nicht gehört. -6- [Abs. 15] Ob die Klägerin einen Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen besitzt, kann nicht ab- schließend beurteilt werden (dazu später). Zutreffend hat das LSG allerdings entschieden, dass sich ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für die ärztlich verordneten empfängnisverhüten- den Mittel aus § 49 Satz 2 SGB XII für die Klägerin nicht ergibt, weil sie das 20. Lebensjahr bereits vollendet hat. Die entsprechende einschränkende Leistungsvoraussetzung folgt aus § 52 Abs 1 Satz 1 SGB XII (idF, die die Norm durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilfe- rechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten hat) iVm § 24a Abs 2 SGB V (idF, die die Norm durch das Gesundheitsstrukturgesetz vom 21.12.1992 - BGBl I 2266 - erhalten hat). Ein Anspruch auf empfängnisverhütende Mittel, den Hilfebezieher nach dem BSHG auf den gegenüber § 24a Abs 2 SGB V weiter gehenden § 37b Satz 2 Nr 2 BSHG (eingeführt mit § 5 Nr 5 des Gesetzes über ergänzende Maßnahmen zum Fünften Strafrechts- reformgesetz vom 28.8.1975 - BGBl I 2289) bzw (ab dem 1.1.2001) auf § 36 BSHG (idF, die die Norm durch Art 15 Nr 6 SGB IX vom 19.6.2001 - BGBl I 1046 - erhalten hat) stützen konnten, besteht seit dem 1.1.2004 nicht mehr. Dies ergibt sich aus der historischen Entwicklung der maßgeblichen Regelungen unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Ziels. [Abs. 16] § 49 Satz 2 SGB XII geht zurück auf § 37b Satz 2 Nr 2 BSHG, der Teilregelung des zum 1.12.1975 (im Zuge der damaligen Reform des § 218 Strafgesetzbuch) in das BSHG unter Abschnitt 3 "Hilfe in besonderen Lebenslagen" eingefügten Unterabschnitts 5a "Hilfe zur Famili- enplanung" war (vgl § 5 Nr 5 des Gesetzes über ergänzende Maßnahmen zum Fünften Straf- rechtsreformgesetz). Während in der GKV lediglich Ansprüche auf ärztliche Beratung über Fra- gen der Empfängnisregelung einschließlich der erforderlichen Untersuchung und Verordnung von empfängnisregelnden Mitteln eingeräumt worden waren (vgl § 200e Reichsversicherungs- ordnung , eingefügt mit § 1 Nr 2 dieses Gesetzes), die Kosten für empfängnisver- hütende Mittel als solche für gesetzlich Krankenversicherte aber ausdrücklich der Eigenvor- sorge unterfallen sollten (vgl BT-Drucks 7/376, S 5), ist § 37b BSHG weiter gefasst worden: Neben den § 200e RVO entsprechenden Maßnahmen für nicht gesetzlich versicherte Sozial- hilfebezieher (vgl § 37b Satz 2 Nr 1 BSHG) sollte als generelles, primäres Angebot eine Über- nahme von Kosten für ärztlich verordnete empfängnisverhütende Mittel im Hinblick auf die fi- nanzielle Lage sozialhilfebedürftiger Frauen geschaffen werden (vgl § 37b Satz 2 Nr 2 BSHG). Maßnahmen der Familienplanung sollten nicht daran scheitern, dass von den Hilfesuchenden die erforderlichen finanziellen Mittel nicht aufgebracht werden könnten (BT-Drucks 7/376, S 7; im Einzelnen zum gesetzgeberischen Anliegen BVerwGE 96, 65, 66). [Abs. 17] In der GKV besteht seit Inkrafttreten des Schwangeren- und Familienhilfegesetzes vom 27.7.1992 (BGBl I 1398) zum 5.8.1992 für Versicherte ein Anspruch auf Versorgung mit emp- fängnisverhütenden Mitteln zur Familienplanung, soweit sie jünger als 20 Jahre sind und das Mittel ärztlich verordnet wird (vgl § 24a Abs 2 SGB V). Nach der Gesetzesbegründung ist von § 24a Abs 2 SGB V der Kreis der Frauen erfasst, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage, ins- besondere weil sie sich noch in der Ausbildung befinden, am wenigsten in der Lage sind, die -7- Kosten für empfängnisverhütende Mittel selbst aufzubringen. Eine Heraufsetzung dieser Alters- grenze sei wünschenswert; eine entsprechende Finanzierung müsse aber noch geklärt werden (vgl BT-Drucks 12/2605, S 20). Danach sind keine Änderungen des § 24a SGB V in der Sache erfolgt. § 37b Satz 2 Nr 2 BSHG ist demgegenüber nach Einführung von § 24a SGB V inhaltlich unverändert geblieben, sodass sich für Hilfeempfänger nach dem BSHG (seit dem 1.1.2001 auf Grundlage der entsprechenden Regelung in § 36 Satz 2 BSHG) ein gegenüber den Leistungen der GKV weitergehender Anspruch ergab. [Abs. 18] Diese Begünstigung Hilfebedürftiger nach dem BSHG ist indes zum 1.1.2004 entfallen. Seither bestimmt § 38 Abs 1 Satz 1 BSHG (idF, die die Norm durch Art 28 Nr 4 Buchst c GMG erhalten hat) und ihm folgend § 52 Abs 1 Satz 1 SGB XII (der entsprechend im Gesetzgebungsverfahren des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch angepasst worden ist), dass die Vorschriften des 4. Unterabschnitts der Hilfe in besonderen Lebenslagen nach dem BSHG bzw des Fünften Kapitels des SGB XII dem Leistungsberechtigten einen Anspruch auf Hilfe bei Krankheit nur entsprechend dem SGB V einräumen. Die zuvor enthaltene Erweite- rung im 2. Halbsatz ("soweit in diesem Gesetz keine andere Regelung getroffen ist") ist zu die- sem Zeitpunkt gestrichen worden. Der Senat hat bereits hinsichtlich der Zuzahlungsregelungen der §§ 61, 62 SGB V entschieden, diese Gesetzesentwicklung lasse nur den Schluss zu, dass die Übernahme finanzieller Eigenleistungen durch den Sozialhilfeträger auf Grundlage des § 37 BSHG (bis 31.12.2004) bzw § 48 SGB XII (ab 1.1.2005) ausscheide (BSGE 107, 169 ff RdNr 12 = SozR 4-3500 § 28 Nr 6). Dies gilt auch hinsichtlich des Leistungsumfangs der übrigen in §§ 47 bis 51 SGB XII geregelten Hilfen zur Gesundheit. § 24a Abs 2 SGB V trifft mit dem Ausschluss für Versicherte nach Vollendung des 20. Lebensjahres und der Beschränkung auf verordnungsfähige und ärztlich verordnete Kontrazeptiva eine solche Regelung zum Leistungsumfang der GKV (dazu im Einzelnen Schütze in juris PraxisKommentar SGB V, 2. Aufl 2012, § 24a RdNr 29). Damit scheidet eine Kostenerstattung von empfäng- nisverhütenden Mitteln nach Vollendung des 20. Lebensjahres auch auf Grundlage des § 49 SGB XII aus (vgl: Söhngen in jurisPK-SGB XII, § 49 SGB XII RdNr 6 und 12; Bieritz-Harder in Lehr- und Praxis Kommentar SGB XII, 9. Aufl 2012, § 49 SGB XII RdNr 1 und 3; Flint in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, § 49 SGB XII RdNr 7; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 49 RdNr 1 und 9, Stand April 2010; Rücker in Linhart/Adolph, SGB II/SGB XII/AsylbLG, § 49 SGB XII RdNr 16, Stand Oktober 2010; U. Meyer in Oestreicher, SGB II/SGB XII, § 49 SGB XII RdNr 9 und 19, Stand Juni 2006). [Abs. 19] Hiergegen lässt sich nicht einwenden, die Änderung des § 38 Abs 1 Satz 1 BSHG zum 1.1.2004 beziehe sich nur auf die Streichung der Zuzahlungsregelungen in § 38 Abs 2 BSHG, nicht aber auf die sonstigen Hilfen zur Gesundheit (so aber Böttiger, Sozialrecht aktuell 2008, 203 ff; ähnlich Lippert in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, § 49 SGB XII, RdNr 20, Stand Januar 2011). Aus der amtlichen Überschrift des § 38 BSHG nach seiner Änderung wie der des § 52 SGB XII ("Leistungserbringung, Vergütung") folgt nicht, dass -8- hier ausschließlich die Leistungserbringung durch Bezugnahme auf das SGB V geregelt würde. Schon aus § 52 Abs 1 Satz 2 SGB XII zu sog Satzungsregelungen der Krankenkassen lässt sich erkennen, dass auch Umfang und Inhalt der Leistungen nach §§ 47 bis 51 SGB XII und damit ebenso § 49 SGB XII erfasst sind. Die eigentliche Normierung der Leistungserbringung findet sich in § 52 Abs 3 SGB XII. [Abs. 20] Zwar ist die Änderung in § 38 Abs 1 Satz 1 BSHG mit dem GMG in den Gesetzesmaterialien lediglich als "Folgeänderung" zur Streichung der Zuzahlungsregelungen in § 38 Abs 2 BSHG bezeichnet. Mit der Änderung des gesamten Unterabschnitts und insbesondere der Einführung des § 264 SGB V ("Quasiversicherung") war aber die Gleichstellung der Sozialhilfeempfänger, die nicht in der GKV versichert sind, mit GKV-Versicherten nicht nur hinsichtlich der Zuzah- lungsregelungen, sondern umfassend beabsichtigt (BT-Drucks 15/1525, S 77, und insbesondere zu § 264 SGB V, aaO, S 140 ff). § 49 SGB XII hat damit allerdings - wie uU weitere Teile der §§ 47 bis 51 SGB XII - schon seit Inkrafttreten des SGB XII für die Versichtern und "Quasiversicherten" keine praktische Bedeutung mehr. Dass dieser Aspekt in den Gesetzesmaterialien bei den Änderungen des BSHG keine Erwähnung findet und auch die Folgeregelungen im SGB XII nicht eingehend erläutert werden (zu § 44 des Entwurfs, der § 49 SGB XII entspricht, vgl BT-Drucks 15/1514, S 62), lässt nicht den Schluss zu, es solle mit § 49 SGB XII weiterhin eine gegenüber dem SGB V günstigere Regelung für sozialhilfebedürftige Frauen bestehen (H. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl 2010, § 49 SGB XII RdNr 8). [Abs. 21] Sinn und Zweck der Hilfen zur Gesundheit - und dabei auch der Hilfen zur Familienplanung - steht dieses Ergebnis nicht entgegen. Entsprach noch bei Einführung des § 24a Abs 2 SGB V eine weitergehende Kostenübernahme für Hilfebedürftige in § 37b BSHG dem gesetzgeberi- schen Willen, lässt sich dies im Ergebnis der folgenden Gesetzesänderungen nicht mehr erse- hen. Mit der Streichung des § 38 Abs 2 BSHG aF hat der Gesetzgeber des GMG zugleich be- stimmt, dass der in der Regelsatzverordnung näher umschriebene Regelsatz auch Leistungen für Kosten bei Krankheit, bei vorbeugender und bei sonstiger Hilfe umfasst, soweit sie nicht nach den §§ 36 bis 38 des Gesetzes übernommen werden (Art 29 GMG; dazu bereits BSGE 107, 169 ff, RdNr 15 = SozR 4-3500 § 28 Nr 6). Dementsprechend sind bei der Sonderauswer- tung der EVS 2003 die Positionen "Pharmazeutische Erzeugnisse", zu denen verschreibungs- pflichtige Kontrazeptiva zählen, in vollem Umfang berücksichtigt (BR-Drucks 206/04, S 8). Auch die Kosten, die nach Auswertung der EVS 2008 auf die Versorgung mit verschreibungspflich- tigen Arzneimitteln entfallen, werden - zusätzlich zu den Kosten für nicht verschreibungspflich- tige Arzneimittel (5,07 Euro) - in vollem Umfang, nämlich in Höhe von 3,57 Euro, als regelsatz- relevant eingestellt (vgl BT-Drucks 17/3404 S 58 und S 140 Zeile 101 bis 105 Code 0611 bis 0612). Insgesamt sind damit seit dem 1.1.2011 rund 15,55 Euro als Kosten für Gesundheit im Regelsatz enthalten. Neben der mit dem GMG zum Ausdruck gekommenen grundsätzlichen Angleichung des Leistungsumfangs hinsichtlich der Hilfen zur Gesundheit nach dem -9- BSHG/SGB XII an den des SGB V zeigt damit auch die Neubemessung der Regelsätze zum 1.1.2005, dass die Beschaffung solcher verschreibungspflichtiger Medikamente, die nicht von der GKV übernommen werden, der Eigenverantwortung der Hilfebedürftigen unterfällt und des- halb die Regelsätze entsprechende Kosten umfassen. Aus den vom Senat dargestellten Grün- den (vgl BSGE 107, 169 ff RdNr 15 = SozR 4-3500 § 28 Nr 6) rechtfertigen solche Kosten, die - wie hier - die Kosten, die üblicherweise von Frauen für Empfängnisverhütung aufgebracht werden, nicht überschreiten, für sich genommen keine Erhöhung des Regelsatzes (dazu im Einzelnen später). [Abs. 22] Mit dieser Auslegung ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin keine gleichheitswidrige Schlechterstellung gegenüber Frauen, die nach dem AsylbLG leistungsberechtigt sind. Soweit sich der Leistungsumfang Leistungsberechtigter nach dem AsylbLG nicht ohnehin nach dem SGB XII richtet (vgl § 2 Abs 2 AsylbLG), ist das System des AsylbLG, das durch ein Sachleis- tungssystem gekennzeichnet ist (vgl § 3 Abs 1 Satz 1 AsylbLG), nicht mit dem des SGB XII vergleichbar. Das Leistungssystem beruht gerade nicht auf der Bemessung nach Regelsätzen, in die die Kosten für empfängnisverhütende Mittel eingeflossen sind. [Abs. 23] Ein Anspruch nach § 73 SGB XII scheidet ebenfalls aus. Hiervon werden nur atypische ("be- sondere" bzw "sonstige") Lebenslagen erfasst, für die nicht bereits andere Vorschriften des SGB XII einschlägig sind (BSGE 107, 169 ff RdNr 13 mwN = SozR 4-3500 § 28 Nr 6). Da So- zialhilfeempfänger - wie dargelegt - ab 1.1.2004 Kosten für empfängnisverhütende Mittel aus den allgemeinen Regelsätzen zu bestreiten haben, sofern sie das 20. Lebensjahr vollendet haben, bleibt für eine Anwendung des § 73 SGB XII kein Raum. [Abs. 24] Auch ein Leistungsanspruch der Klägerin aus §§ 53, 54 Abs 1 SGB XII (in den Normfassungen des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das SGB XII) iVm 55 Abs 1 und 2 SGB IX scheidet aus. Nach § 55 Abs 1 SGB IX, auf den § 54 Abs 1 SGB XII verweist, werden Leistun- gen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erbracht, die dem behinderten Menschen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen oder sichern oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege machen und nach den Kapiteln 4 bis 6 nicht erbracht werden. Als sol- che Leistungen zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben (soziale Rehabilitation) kommt die Kostenübernahme nicht in Betracht; denn nach den Feststellungen des LSG ist bereits nicht erkennbar, dass über den allgemeinen Wunsch nach Empfängnisverhütung vor dem Hinter- grund der klägerischen Lebensumstände hinaus durch eine Empfängnisverhütung spezifische behinderungsbedingte Nachteile auszugleichen wären, um der Klägerin eine Teilhabe am ge- sellschaftlichen Leben zu ermöglichen. [Abs. 25] Das LSG wird nach Zurückverweisung des Rechtsstreits allerdings einen Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherung zu überprüfen haben. Gemäß § 19 Abs 2 SGB XII (idF, die die Norm durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom - 10 - 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten hat) iVm § 41 Abs 1 und 3 SGB XII (in der Normfassung des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007 - BGBl I 554) erhalten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert iS von § 43 Abs 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann, auf Antrag Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Die Anspruchs- voraussetzungen für solche Leistungen dürften dem Grunde nach zwar gegeben sein - genaue Feststellungen (auch zu § 21 SGB XII) fehlen. Ob die Klägerin einen Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen hat, kann mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des LSG ohnedies nicht entschieden werden. Zu überprüfen ist, ob sich ein höherer Anspruch auf der Grundlage einer unabweisbaren, erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abweichenden Bedarfslage ergibt (§ 28 Abs 1 Satz 2 iVm § 42 Satz 1 Nr 1 SGB XII; zur Anwendung des § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII im Rahmen der Grundsicherung vgl nur Blüggel in jurisPK-SGB XII, § 42 SGB XII RdNr 15 mwN zur Rechtsprechung; vgl auch die Klarstellung des § 42 Satz 1 Nr 1 SGB XII idF des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 20.12.2012 - BGBl I 2783 - und BT-Drucks 17/10748, S 14 zu Nr 2). Dazu ist bislang weder er- mittelt noch vorgetragen, weil die Beteiligten einen Anspruch lediglich unter anderen Aspekten diskutiert haben. Zwar sind die Kosten für Kontrazeptiva - wie oben dargestellt - in die Bemes- sung des Regelsatzes eingeflossen; es ist aber denkbar, dass durch individuell höhere Aus- gaben im Bereich der Kosten für Gesundheit im Einzelfall eine erheblich abweichende, unab- weisbare Bedarfslage in den Monaten März und Juni 2007 entstanden ist. Allein die Versorgung mit Kontrazeptiva führte hierzu nicht, schon weil keine Abweichung vom Regelfall vorliegt. [Abs. 26] Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben. Entscheidung bei Sozialgerichtsbarkeit.de ... link (0 Kommentare) ... comment BSG, B 8 SO 21/12 BH vom 14.01.2013, Bundessozialgericht
anselmf
BUNDESSOZIALGERICHT
Beschluss in dem Rechtsstreit Az: B 8 SO 21/12 BH L 20 SO 44/11 (LSG Nordrhein-Westfalen) S 5 SO 464/09 (SG Dortmund) 1. ................................., 2. ................................., Kläger und Antragsteller, g e g e n Hochsauerlandkreis, Am Rothaarsteig 1, 59929 Brilon, Beklagter. Der 8. Senat des Bundessozialgerichts hat am 14. Januar 2013 durch den Vorsitzenden Richter E. sowie die Richterinnen K. und S. beschlossen: Die Anträge der Kläger, ihnen für die Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein- Westfalen vom 20. August 2012 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechts- anwalt beizuordnen, werden abgelehnt. - 2 - G r ü n d e : I [1] Im Streit sind höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) von Oktober 2007 bis September 2010. [2] Die 1936 bzw 1941 geborenen Kläger beziehen ergänzend zu ihrer jeweiligen Altersrente seit Januar 2005 Grundsicherungsleistungen. Im April bzw Mai 2007 wandten sie sich an den Beklagten und machten die Übernahme der Kosten für diverse Einzelpositionen wie auch die Festsetzung eines höheren Regelsatzes in Höhe von 570 Euro monatlich pro Person geltend. Die Klage ist erst- und zweitinstanzlich ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts Dort- mund vom 8.12.2010; Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20.8.2012). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Klagen auf Bewilligung einmaliger Leistungen in Höhe von 1450 Euro, einer Zahlung für zwei Hörgeräte in Höhe von 2600 Euro sowie eines höheren Mietzuschusses seien bereits unzulässig. Teilweise fehle es insoweit bereits an einer gerichtlich überprüfbaren Verwaltungsentscheidung der Beklagten; im Übrigen handle es sich um eine unzulässige Klageerweiterung im Rahmen des Berufungsverfahrens. Soweit die Kläger höhere Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, eine einmalige Beihilfe für zwei Fahrräder sowie die Übernahme der auf dem Girokonto entstandenen Sollzinsen begehren, sei die Berufung unbegründet. Der Beklagte habe die den Klägern zustehenden Leistungen zutreffend berechnet. Höhere Grundsicherungsleistungen stünden unter keinem (verfassungs-)rechtlichen Gesichtspunkt zu; für die geltend gemachten Einzelbedarfe seien die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt. [3] Zur Durchführung des beabsichtigten Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG haben die Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. II [4] Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz iVm § 114 Zivilprozessordnung ); daran fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmäch- tigten (§ 73 Abs 4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Ein solcher Zulassungsgrund ist nicht ersichtlich. - 3 - [5] Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG); denn sie wirft keine Rechtsfrage auf, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17). Insbesondere soweit die Kläger geltend machen, der Regelsatz sei zu gering, um auch im Alter menschenwürdig zu leben, liegt schon infolge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9.2.2010 (BVerfGE 125, 175 ff) keine Klärungsbedürftigkeit vor. Anhaltspunkte dafür, dass eine Divergenzrüge (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) Aussicht auf Erfolg versprechen könnte, bestehen nicht. Die Kläger können sich schließlich auch nicht auf einen Verfahrensmangel berufen, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG). Entgegen der Ansicht der Kläger ist der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit eröffnet. Eine des Weiteren behauptete fehlerhafte Beweiswürdigung durch das LSG (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) kann nach der ausdrücklichen Regelung des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG nicht Gegenstand einer Nichtzulassungsbeschwerde sein. Auch mit der Behauptung, Teile des Vortrags seien nicht, nicht zutreffend oder nur unzureichend gewürdigt worden, wenden sich die Kläger im Ergebnis lediglich gegen die Beweiswürdigung wie auch die rechtliche Würdigung bestimmter Sachverhalte durch das LSG. Zudem ist das Gericht nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Insbesondere ist es nicht verpflichtet, auf sämtliche Tatsachen und Rechtsansichten einzugehen, die im Laufe des Verfahrens zur Sprache gebracht worden sind (BVerfGE 96, 205, 217). Deshalb kann regelmäßig ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 Grundgesetz) nicht angenommen werden, wenn das Gericht Ausführungen eines Beteiligten unerwähnt lässt, die nach seinem Rechtsstandpunkt unerheblich oder offensichtlich haltlos sind (BVerfGE 70, 288, 293 f). Dies ist nur anders, wenn das Gericht Kernvortrag der Kläger außer Acht gelassen hätte, den es auch ausgehend von seiner Rechtsansicht hätte beachten müssen. Dafür liegen jedoch nach Aktenlage keine Anhaltspunkte vor. [6] Mit der Ablehnung der PKH entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO). ... link (0 Kommentare) ... comment ... nächste Seite
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