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Samstag, 9. Mai 2015
BVerwG, 7 B 46.88 vom 31.03.1988, Bundesverwaltungsgericht
anselmf
BVerwGE: nein
Fachpresse: ja Sachgebiet: Prüfungsrecht Erste Juristische Staatsprüfung Verwaltungsprozeßrecht Stichworte: Prüfungsrechtliches Gebot der Sach- lichkeit; Voraussetzungen einer Divergenz Rechtsquelle: VwGO S 132 Abs. 2 Nr. 2 Buchh. 310 § 132 VwGO Nr. 260 (LT1) KMK HScHR 1988, 981-982 (LT1) Beschluß vom 31. März 1988 - BVerwG 7 B 46.88 Leitsatz: Die unrichtige Anwendung eines vom Bundes- verwaltungsgericht entwickelten und vom Berufungsgericht nicht in Frage gestell- ten Rechtsgrundsatzes auf den zu entschei- denden Einzelfall begründet keine Abwei- chung im Sinne des S 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (ständige Rechtsprechung). Beschluß des 7. Senats vom 31. März 1988 - BVerwG 7 B 46.88 I. VS Hannover vom 04 02.1987 - Az.: 6 VG A 17/85 - II. OVG Lüneburg vom 15.12.1987 - Az.: 10 OVG A 5/87 - BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BVerwG 7 B 46.88 10 OVG A 5/87 BESCHLUSS In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 31. März 1988 . durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Prof. Dr. S. und die Richter am Bundes- verwaltungsgericht S. und Dr. G. beschlossen: Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein vom 15. Dezember 1987 wird zurückgewiesen. Die - 2 - Die Klägerin trägt die Kosten des Be- schwerdeverfahrens. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 6 000 DM festgesetzt. Die Klägerin, die die Erste Juristische Staatsprüfung mit der Abschlußnote "vollbefriedigend (11,20 Punkte)" bestanden hat, möchte erreichen, daß die Note auf "gut" verbessert wird. Sie stützt ihr Begehren darauf, daß die Beurteilung ihrer Hausarbeit als "gut (13 Punkte)" Fehler enthalte. Nach ihrer Auffassung wäre die Hausarbeit ohne die Fehler mindestens als "gut (14 Punkte)" beurteilt und damit die erstrebte Gesamtnote erzielt worden. Widerspruch, Klage und Berufung waren ohne Erfolg. Auch die Beschwerde, mit der die Klägerin sich gegen die Nichtzulassung der Revision wendet, kann keinen Erfolg haben. Die allein geltend gemachte Abweichung des Berufungs- urteils von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. September 1984 (BVerwGE 70, 143 = DVBl. 1985, 61 = DÖV 1985, 488 = NVwZ 1985, 187) liegt nicht vor. In dem bezeichneten Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, daß im Prüfungsrecht das Gebot der Sachlich- keit gilt, und dargelegt, welche Anforderungen dieses Gebot an den Prüfer stellt. Eine Abweichung im Sinne des S 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO läge nur dann vor, wenn das Berufungs- urteil dem widersprochen, also das Gebot der Sachlichkeit nicht - 3 - nicht als Voraussetzung eines fehlerfreien Prüfungsverfahrens anerkannt oder hinsichtlich der Anforderungen andere Maßstäbe gesetzt hätte. Das aber ist nicht der Fall. Das Berufungsgericht geht ersichtlich davon aus, daß das Gebot der Sachlichkeit zu den allgemeingültigen Bewertungsgrundsätzen gehört, denn es behandelt ausdrücklich die Frage, ob die Korrek- toren der Hausarbeit gegen dieses Gebot verstoßen haben (UA S. 9). Daß es hierbei andere Maßstäbe angelegt hat als das Bundes- verwaltungsgericht‚ ergibt sich aus dem Urteil nicht. Die Be- schwerde verweist insoweit (unter den Buchstaben a) bis c)) auf Fehler, die nach ihrer Auffassung den Beurteilern unter- laufen sind. Dabei übersieht sie, daß sich aus einer fehler- haften Beurteilung allein noch nicht der Schluß auf einen Verstoß gegen das Gebot der Sachlichkeit ziehen läßt. Davon abgesehen läuft die Argumentation der Beschwerde darauf hinaus, das Be- rufungsgericht habe die Fehler zu Unrecht nicht als prüfungs- rechtlich relevant gewertet und damit das Recht - in seiner Auslegung durch das Bundesverwaltungsgericht - unrichtig ange- wendet. Die unrichtige Anwendung eines vom Bundesverwaltungs- gericht entwickelten und vom Berufungsgericht nicht in Frage gestellten Rechtsgrundsatzes auf den zu entscheidenden Einzel- fall wäre aber noch keine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO. Die Beschwerde verkennt, daß der Tatbestand dieser Bestimmung nur erfüllt ist, wenn das Berufungsgericht in einer Rechtsfrage - losgelöst von der Würdigung des Einzelfalles - eine dem Bundesverwaltungsgericht widersprechende Rechtsauf- fassung vertritt. Das ist hier nicht der Fall. Die Kostenentscheidung beruht auf S 154 Abs. 2 VwGO, die Streit- wertfestsetzung auf S l4 Abs. 1 Satz l in Verbindung mit S l3 Abs. 1 Satz 2 GKG. ' Prof. Dr. S. S. Dr. G. ... link (0 Kommentare) ... comment BVerwG, 5 ER 625.90 vom 18.12.1990, Bundesverwaltungsgericht
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BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BVerwG 5 ER 625.90 OVG 16 A 1486/89 BESCHLUSS In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 18. Dezember 1990 durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. F. und die Richter am Bundesverwaltungsgericht R. und Dr. P. beschlossen: Der Antrag der Klägerin, ihr für eine Be- schwerde gegen die Nichtzulassung der Revi- sion in dem Urteil des Oberverwaltungsge- richts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. März 1990 Prozeßkostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird ab- gelehnt. - 2 - Gründe: Das Prozeßkostenhilfegesuch der Klägerin ist abzulehnen; die be- absichtigte weitere Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO, § 114 Satz 1, § 121 Abs. 1 ZPO). Die angekündigte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts müßte erfolglos bleiben, weil Zulassungsgründe nicht hinreichend dargelegt und auch sonst nicht erkennbar sind. Die Klägerin macht geltend, das Oberverwaltungsgericht weiche von dem Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. April 1987 - BVerwG 5 B 103.86 - (NJW 1988, 154) und von dem Urteil des Bun- desverwaltungsgerichts vorn 12. Juni 1987 - BVerwG 5 C 2.83 - FarnRZ 1987, 1089) ab und beruhe auf dieser Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die gerügte Abweichung könnte aber nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO führen. Wie die Klägerin nicht verkennt, hat das Bundesverwaltungsgericht sich der weiter entwickelten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den Anwendungsbereich des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BAföG an- geschlossen und seine frühere Rechtsprechung ausdrücklich aufge- geben, soweit sie entgegensteht (Beschluß vorn 14. August 1989 - BVerwG 5 B 76.89 - ). Die Abweichung von einer Rechtsprechung, an der das Bundesverwaltungsgericht in späteren Entscheidungen selbst nicht mehr festhält, rechtfertigt die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO jedoch nicht (vgl. u.a. BVerwG, Beschluß vorn 20. November 1981 - BVerwG 3 B 52.81 - ; Weyreuther, Revisionszulassung und Nichtzulassungsbeschwerde in der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte, 1971, Rdnr. 104). Soweit die Klägerin ferner rügt, das Oberverwaltungsgericht habe die jüngste Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus dem Urteil vom 7. Juni 1989 - IV b ZR 51/88 - angewandt, namentlich zu Unrecht (BGHZ 107, 376) unzutreffend angenommen, zwischen ihrer kaufmännischen Ausbildung und ihrem späteren Studium der Wirt- - 3 - schaftswissenschaften bestehe ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang, benennt die Klägerin nicht den Zulassungsgrund, der mit diesem Vortrag geltend gemacht werden soll. Abgesehen davon, ist mit dem Vorbringen der Klägerin auch in der Sache kein Zu- lassungsgrund dargelegt und auch unabhängig davon nicht erkennbar. Das Oberverwaltungsgericht ist von den rechtlichen Grundsätzen ausgegangen, die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelt und vorn Bundesverwaltungsgericht übernommen worden sind. Es hat von diesen Grundsätzen ausgehend in Würdigung des Einzelfalles der Klägerin nur nicht die Schlußfolgerungen gezogen, die die Klägerin aus der Rechtsprechung von Bundesgerichtshof und Bundesverwaltungsgericht für ihren Fall gezogen wissen möchte. Die angeblich unrichtige Anwendung eines in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten und vorn Berufungsgericht nicht in Frage gestellten Rechtsgrundsatzes auf den zu entscheidenden Einzelfall stellt aber keine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO dar (BVerwG, Beschluß vom 31. März 1988 - BVerwG 7 B 46.88 - ). Die Klägerin setzt sich im übrigen mit dem angefochtenen Urteil unter wesentlicher Heranziehung der Umstände ihres Einzelfalles nach Art einer Berufungs- oder Revisionsbegründung auseinander. Damit wird weder eine konkrete Rechtsfrage bezeichnet noch erkennbar gemacht, inwieweit die Beantwortung dieser Rechtsfrage entscheidungserheblich und über den Fall der Beschwerdeführerin hinaus von allgemeiner Bedeutung sein könnte. Deshalb ist auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Die Klägerin macht schließlich geltend, das angefochtene Urteil beruhe auf Verfahrensmängeln (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Klägerin rügt, das Oberverwaltungsgericht habe seine Pflichten verletzt, darauf hinzuwirken, daß ungenügende tat- sächliche Angaben ergänzt und alle für die Feststellung und - 4 - Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden (§ 86 Abs. 3 VwGO), sowie die Streitsache mit dem Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern (§ 104 Abs. 1 VwGO). Die ge- rügten Verfahrensmängel liegen indes nicht vor. Das Oberverwaltungs- gericht hat nicht seine Hinweispflicht (§ 86 Abs. 3 VwGO) verletzt. Der Berichterstatter des Berufungsgerichts hat vielmehr durch prozeß- leitende Verfügungen die Klägerin auf das während des Berufungsver- fahrens bekanntgewordene Urteil des Bundesgerichtshofs vom 7. Juni 1989 hingewiesen, verbunden mit der Anfrage, ob die Klägerin die Klage aufrechterhalte. Die Klägerin wußte damit, daß das Oberver- waltungsgericht dem Urteil des Bundesgerichtshofs auch für ihren Fall Bedeutung beimißt und die dort aufgestellten Voraussetzungen für ein Fortbestehen der Unterhaltspflicht als wohl gegeben ansah. Die Klägerin hatte damit Gelegenheit, alles vorzutragen, was aus ihrer Sicht gegen den engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen praktischer kaufmännischer Ausbildung und wirtschaftswissen- schaftlichem Studium, namentlich aber dagegen sprach, ihren Eltern sei die Finanzierung ihres Studiums wirtschaftlich zumutbar. Die Klägerin hat von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gernacht und ins- besondere dargelegt, aus welchen Gründen sie die Finanzierung des Studiums durch ihre Eltern für diese wirtschaftlich nicht für zurnut- bar hielt. Sie hat dabei allerdings nicht erwähnt, einer ihrer Brüder befinde sich noch in der Ausbildung, ein weiterer Bruder sei arbeits- los und müsse wegen des geringen Arbeitslosengeldes durch die Eltern unterstützt werden. Warum es eines weiteren Hinweises des Oberverwal- tungsgerichts bedurft hätte, um auch diese Umstände noch vorzutragen, legt die Beschwerde nicht dar. Das Unterbleiben eines weiteren Hin- weises verstieß nicht gegen § 86 Abs. 3 VwGO. Die Hinweispflicht in bezug auf den Sachvortrag der Beteiligten kann sich nur auf die Er- gänzung ungenügender tatsächlicher Angaben erstrecken, deren Unvoll- ständigkeit für das Gericht erkennbar ist. Eine Verletzung der Hin- weispflicht kommt nur dann in Betracht, wenn für das Gericht erkennbar der Kläger von falschen Voraussetzungen bei seiner Rechtsverfolgung ausgegangen ist und deshalb unterlassen hat vorzutragen, was zur Wahrnehmung seiner Rechte vorzutragen ist (BVerwG, Urteil vom 8. Mai 1984 - BVerwG 9 C 141.83 - ). Das Oberverwaltungsgericht konnte dem - 5 - Vortrag der Klägerin entnehmen, ihr sei bekannt, es komme u.a. darauf an, ob ihren Eltern die Finanzierung des Studiums finanziell zumutbar sei. Das Oberverwaltungsgericht durfte deshalb annehmen, die Klägerin werde auch ohne weitere Hinweise alles vorbringen, was hierzu aus ihrer Sicht vorzubringen war. Unter diesen Umständen hat das Oberverwaltungsgericht auch nicht gegen seine Pflicht aus § 104 Abs. 1 VwGO verstoßen, die Streitsache in tatsächlicher Hinsicht zu erörtern (vgl. zu§ 104 Abs. 1 VwGO u.a. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1989 - BVerwG 7 C 2.87 - ), zumal die Klägerin selbst gemäß § 125 Abs. 1, § 101 Abs. 2 VwGO auf eine mündliche Verhandlung und damit auf eine Erörterung der Streitsache verzichtet hat. Die Klägerin rügt zum anderen, das Oberverwaltungsgericht habe seine Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen zu erfor- schen (§ 86 Abs. 1 VwGO). Sie ist insoweit der Ansicht, das Ober- verwaltungsgericht hätte ihre Eltern zu deren wirtschaftlichen Verhältnissen als Zeugen hören müssen. Eine Anregung, in diese Richtung Beweis zu erheben, hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht gegeben. Erst recht hat sie keinen förmlichen Beweisantrag gestellt. Im Gegenteil hat sie auf eine mündliche Verhandlung ausdrücklich verzichtet, weil sie den Sachverhalt bereits für geklärt hielt. Unter diesen Umständen könnte der Verfahrensmangel einer unzureichenden Aufklärung des Sachverhalts nur dann gegeben sein, wenn ersichtlich wäre, weshalb sich dem Oberverwaltungsge- richt eine weitere Sachaufklärung in der jetzt aufgezeigten Richtung hätte aufdrängen müssen. Dem Gericht kann nur dann eine unzureichende Aufklärung des Sachverhalts vorgeworfen werden, wenn nach den gesamten Umständen - auch ohne einen entsprechenden Beweisantrag - erkennbar war, daß weitere Beweismittel vorhanden waren und diese der weiteren Sachaufklärung dienlich sein konnten (BVerwG, Urteil vom 7. Februar 1985 - BVerwG 3 C 36.84 - ). Das Oberverwaltungsgericht durfte aber nach dem Verhalten der Klägerin annehmen, die Klägerin habe insoweit alle - ohnehin in ihrem Lebensbereich liegenden - Umstände vorge- tragen. Dr. F. R. Dr. P. ... link (0 Kommentare) ... comment BVerwG, 5 C 12.80 vom 04.06.1981, Bundesverwaltungsgericht
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VR 1981, 449-449(L1-2)
Sachgebiet: Sozialhilferecht Rechtsquellen: BSHG § 1 Abs. 2 § 2 Abs. 1 § 76 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VO zur Durchführung des § 76 BSHG § 3 Abs. 4 und 6 Begriff "gesetzlich vorgeschrieben": § 76 Abs. 2 und 3 BSHG Beitrag zur Kfz-Haftpflichtversicherung - Absetzung vom Einkommen, Angemessen- heit dem Grunde nach; Führung eines menschenwürdigen Lebens und Halten eines Kfz. FEVS 1981, 372 (LT1+2) Zfs 1981, 342 (LT1+2) ZfsH 1981, 340 (LT1+2) Vole Beo A 1981, 313 (LT1+2) Buchh 436.0 § 76 BSHG Nr 13 (LT) DVBl 1982, 266 (LT1+2) BVerwGE Bd. 62 261-267 (LT1+2) Urteil vom 4. Juni 1981 - BVerwG 5 C 12.80 Leitsätze: 1. Im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt (Abschnitt 2 des Bundessozialhilfe- gesetzes) umfaßt der notwendige Lebens- unterhalt den Aufwand für das Halten eines Kraftfahrzeugs nicht. 2. Der Beitrag zur Kraftfahrzeug-Haftpflicht- versicherung, der an die Kraftfahrzeug- haltung als einen Akt freier Entscheidung anknüpft, ist nicht "gesetzlich vorge- schrieben" im Sinne des § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG; er ist bei der Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt nicht als eine dem Grunde nach angemessene Ausgabe vom Einkommen abzusetzen. Urteil des 5. Senats vom 4. Juni 1981 - BVerwG 5 C 12.80 I. VG Bremen, Gerichtsbescheid vom 31.1.1979 - Az.: VG III A 449/78 - II. OVG Bremen, Urteil vom 13.11.1979 - Az.: OVG II BA 9/79 - - 1 - Verkündet am 4. Juni 1921 Neidhardt Justizobersekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BVerwG 5 C 12.80 OVG 2 BA 9/79 IM NAMEN DES VOLKES In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juni 1981 durch den Vornitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht K. und die Richter am Bundesverwaltungsgericht R. , Dr. S. , R. und B. für Recht erkannt: Die - 2 - Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 13. November 1979 wird zurückge- wiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Revisionsverfahrens als Gesamt- schuldner. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe: I. Die Kläger, Eheleute, bezogen 1977 und 1978 für sich und ihre Tochter Sozialhilfe in Gestalt von (ergänzender) Hilfe zum Lebensunterhalt, da das dem Kläger als Berufsprakti- kanten für den Beruf des Sozialarbeiters gezahlte Prakti- kantencehalt unter dem sozialhilferechtlichen Bedarfssatz für die Familie lag. Bei der Bemessung der Sozialhilfe be- rücksichtigte der Träger der Sozialhilfe Ausgaben des Klä- gers für das Halten eines Kraftfahrzeugs (Kfz) - durch Ab- setzung eines Pauschbetrages vom Einkommen -, solange der Kläger das Kfz für· die Ausübung der Praktikantentätigkeit außerhalb seines Wohnorts benutzte (Oktober 1977 bis März 1978). Als der Kläger anschließend an seinem Wohnort als Berufspraktikant beschäftigt wurde, setzte der Träger der Sozialhilfe. nur noch die Kosten der Fahrkarte für das öffentliche Verkehrsmittel ab (DM 39 monatlich). Anfang Juli 1978 beantragten die Kläger, die bereits Anfang Mai fällig gewordene Kfz-Steuer (Halbjahresbetrag: 118,60 DM) und die am 1. Juli 1978 fällig gewordenen Halbjahr.esbei träge für - 3 - für die Kfz-Haftpflichtversicherung, die Teilkaskoversiche- rung und die Unfallversicherung (262,70 DM, 17,50 DM und 15,50 DM) vom einzusetzenden Einkommen abzusetzen. Die Be- klagte lehnte dies ab, weil der Kläger für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumutbar öffentliche Verkehrsmittel benutzen könne. Mit der daraufhin erhobenen Klage haben die Kläger in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Das Berufungsurteil ist im wesentlichen wie folgt begründet: Die streitigen Aufwen- dungen seien nicht mit der Erzielung des Einkommens verbun- dene notwendige Ausgaben, weil der Kläger - wie gerichtsbe- kannt sei - den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen könne. Als gesetz- lich vorgeschriebene Beiträge zu einer privaten Versicherung im Sinne der Nummer 3 des § 76 Abs. 2 BSHG könnten die Versicherungsbeiträge nicht anerkannt werden, weil es nicht der Sinn dieser Vorschrift sei, beliebigen Zwecken dienen- de Versicherungsbeiträge abzusetzen. Der Gesamtzusammenhang der Regelung ergebe, daß nur solche Beiträge in Betracht kämen, mit denen der Hilfesuchende wie mit Vorsorgeleistungen nach der Nummer 2 des § 76 Abs. 2 BSHG für Krankheit, Unfall- folgen, Alter und Arbeitslosigkeit die Voraussetzungen für einen Ausgleich bei einem künftigen Wegfall des Einkommens aus eigener Erwerbstätigkeit schaffe. - Für eine Absetzung der Kfz-Steuer außerhalb der Nummer 4 des § 76 Abs. 2 BSHG gebe es offensichtlich keine Rechtsgrundlage. Mit der Revision verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter; lediglich hinsichtlich der zunächst noch erstrebten Absetzung eines Betrages von 2,00 DM (Säumniszuschlag bei der Kfz-Steuer) haben sie das Rechtsmittel in der Revisionsverhandlung zurück- genommen. Sie halten die Ansicht des Oberverwaltungsgerichts mit Rücksicht auf den klaren Wortlaut des Gesetzes für unrich- tig; die Kfz-Haftpflichtversicherung sei gesetzlich vorge- schrieben. Die Kfz-Steuer kann nach Meinung der Kläger nicht anders behandelt werden; sie lasse sich bei analoger Anwen- dung des Gesetzes berücksichtigen. - 4 - Die Beklagte tritt der Revision entgegen. Sie macht sich die Gründe des angefochtenen Urteils zu eigen. II. Die - zulässige - Revision ist unbegründet, so daß sie zu- rückzuweisen ist ( § 144 Abs. 2 VwGO) Die Kläger haben mit ihrer Klage in den Vorinstanzen zu Recht keinen Erfolg gehabt. Sie haben keinen Anspruch dar- auf, daß der Träger der Sozialhilfe ihnen und ihrer Tochter (als Bedarfsgemeinschaft) von Juli 1978 an ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt unter (anteilmäßiger) Berücksichtigung der Aufwendungen gewährt, die dem Kläger im Zusammenhang mit dem Halten eines Kraftfahrzeuges (Kfz) in Gestalt der Kfz-Steuer und der Beiträge zu Kfz-Versicherungen erwachsen waren. Die Auffas- sung des Oberverwaltungsgerichts, daß es sich dabei während der fraglichen Zeit nicht um mit der Erzielung des Ein- kommens des Klägers (Praktikantengehalt) verbundene not- wendige Ausgaben gehandelt hat, steht mit § 76 Abs. 2 Nr. 4 BSHG in Einklang; denn nach den das Bundesverwaltungsge- richt bindenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungs- gerichts war es dem Kläger zuzumuten, den Weg zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte mit öffentlichen Verkehrs- mitteln zurückzulegen (vgl. § 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 6 Nr. 1 der Verordnung zur Durchführung des § 76 des Bundes- sozialhilfegesetzes vom 28. November 1962 [BGBl. I S. 692]). Dies wollen offenbar auch die Kläger nicht in Abrede stel- len; denn sie begehren - wie ihre Revisionsbegründung zeigt -, die erwähnten Ausgaben nach der Nummer 3 des § 76 Abs. 2 BSHG zu berücksichtigen. Ihrer Ansicht, daß die erwähnten Ausgaben nach dem schlichten und klaren Wortlaut des Gesetzes ohne weiteres deshalb vom Einkommen des Klägers abzusetzen seien, weil es sich um „gesetzlich - 5 - "gesetzlich vorgeschriebene" Beiträge handele, kann jedoch nicht beigetreten werden. Was die Kfz-Steuer angeht, so ist sie - gerade nach dem von den Klägern für sich in Anspruch genommenen schlichten und klaren Wortlaut des Gesetzes - kein Beitrag zu einer öffentlichen oder privaten Versicherung; oder ähnlichen Einrichtune; und Beiträge zur Teilkasko- und Unfall- versicherung sind nicht gesetzlich vorgeschrieben, ebenso- wenig Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung, soweit diese die Mindestdeckungssummen überschreitet (vgl. dazu das Gesetz über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter vom 5. April 1965 [BGBl. I S. 213] in Verbindung mit der Verord- nung zur Änderung der Mindesthöhe der Versicherungssummen in der Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter vom 23. Juli 1971 [BGBl. I S. 1109]). Aber auch die Kfz-Haftpflichtversicherung, soweit sie vom Um- fang her gesetzlich vorgeschrieben ist, ist nicht schon aus diesem Grund ohne weiteres vom Einkommen abzusetzen. Es kann offenbleiben, ob die Auffassung des Berufungsgerichts zutrifft, daß die Absetzbarkeit dieser Ausgabe nach der Nummer 3 des § 76 Abs. 2 BSHG deshalb von Rechts wegen ausgeschlossen sei, weil es sich um eine Ausgabe handele, die im Rahmen der Absetzungen nach der Nummer 4 des § 76 Abs. 2 BSHG in Verbindung mit § 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 6 Nr. 2 der Durchführungsverord- nug berücksichtigt werden könne, und weil diese Vorschriften die Frage songergesetzlich abschließend regelten. Hierfür spricht manches; gerade auch dass von den Klägern - wenn auch mit entgegengesetzter Schlußfolgerung - angeführte Argument, daß aus einem einheitlichen Lebensvorgang, nämlich dem Halten eines Kraftfahrzeugs, erwachsende gesetzliche Verpflichtungen (zur Zahlung von Kfz-Steuer und Kfz-Haftpflichtversicherungs- beitrag) sozialhilferechtlich nicht unterschiedlich behandelt werden könnten: Da die einheitliche Berücksichtigung dieser "Pflichtausgaben" nur in § 76 Abs. 2 Nr. 4 BSHG in Verbin- dunp; mit § 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 6 Nr. 2 der Durch- führungsverordnung vorgesehen ist, hat es bei dieser Sicht der Dinge eben dabei sein Bewenden auch in bezug auf den Beitrag zur Kfz-Haftpflichtversicherung; mit anderen - 6 - Worten: Die mit dem Halten eines Kfz verbundenen notwendi- gen Ausgaben sollen danach nur dann absetzbar sein, wenn sie mit der Erzielung von Einkommen verbundene notwendige Ausgaben sind. Jedoch braucht diese Frage nicht abschließend beantwortet zu werden. Selbst wenn man hinsichtlich jeder Art von Versicherung die Absetzbarkeit des Beitrages ausgangs- weise für rechtlich möglich hält, ist die Absetzung des Beitrags für die Kfz-Haftpflichtversicherung (mit ihrem Mindestumfang) nicht ipso jure geboten. Auch hinsichtlich dieses Beitrages ist im Einzelfall zu prüfen, ob er nach Grund und Höhe unter dem Aspekt angemessen ist, dem Hilfe- suchenden Mittel zu belassen (also mittelbar Sozialhilfe zu gewähren), die ihn in den Stand setzen, Versicherungen aufrechtzuerhalten, für die aus der Sicht der das Sozial- hilferecht prägenden Grundsätze ein Bedürfnis besteht. Prüfung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, kann dem Träger der Sozialhilfe nicht mit der Begründung verwehrt werden, daß die Kfz-Haftpflichtversicherung "gesetzlich vor- geschrieben" sei. Das Bundesverwaltungsgericht teilt nicht die Ansicht, die hierzu im Schrifttum verschiedentlich ver- treten wird (Gottschick/Giese, Das Bundessozialhilfegesetz, 6. Aufl. 1977, § 76 RdNr. 8.3 Abs. 3; Jehle/Schmitt, Sozial- hilferecht, Loseblatt-Kommentar, A (1. Teil), § 76 Erl. 4c; Schellhorn/Jirasek/Seipp, Kommentar zum Bundessozialhilfe- gesetz, 9. Aufl. 1977, § 76 RdNr. 21; Gutachten des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 26. April 1971, Kleinere Schriften Heft 54 S. 30; anderer Ansicht aber: Rehnelt in ZfF 1969, 280 [282]) und die auch vom Verwaltungsgericht Berlin (Urteil vom 16. Januar 1979 - ZfSH 1979, 216) geteilt wird. Das Tatbestandsmerkmal der gesetzlich vorgeschriebenen Versicherung erhält den ihm in § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG zugedachten Sinn erst mit der Frage nach dem Grund für die Beitragsverpflichtung, nämlich ob die betreffende Versicherung per se dem Hilfesuchenden auferlegt - 7 - auferlegt ist, so daß er sich ihr durch freie Entschei- dung nicht entziehen kann, oder danach, ob jedenfalls eine solche Entscheidung unzumutbar erscheint. Der Abschluß der Kfz-Haftpflichtversicherung ist die Folge des Hal- tens eines Kfz. Dies ist dem einzelnen aber freigestellt. Der Hilfesuchende kann daher auf das Halten eines Kfz ver- zichten. Ein solcher Verzicht wird ihm vom Gesetz auch zuge- mutet, wenn er aus dem von seinen Mitbürgern erarbeiteten Bruttosozialprodukt, ohne das Leistung von Sozialhilfe nicht möglich ist, die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt er- wartet, die in § 11 BSHG auf den notwendigen Lebensunterhalt begrenzt ist. In dem Verzicht auf ein Kfz liegt dann Selbsthilfe, zu der § 2 Abs. 1 BSHG verpflich- tet, in dem Sinne, daß der Hilfesuchende Ausgaben vermeidet, die die ihm zur Verfügung stehenden und in erster Linie für die Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts einzu- setzenden Mittel mindern könnten. Das ergibt sich aus dem inneren Zusammenhang, in dem die Vorschriften über den Einsatz des Einkommens und Vermögens mit den Vorschriften stehen, mit denen die materiellen Voraussetzungen für die Gewährung von Sozialhilfe geregelt sind, in concreto aus dem inneren Zusammenhang zwischen § 76 BSHG und den §§ 11 ff. BSHG. Es macht keinen Unterschied, ob einem gänzlich Hilfe- bedürftigen für die Bezahlung des Beitrages zur Kfz-Haft- pflichtversicherung Sozialhilfe gewährt wird oder ob die einem teilweise Hilfebedürftigen zu gewährende (ergänzende) Hilfe zum Lebensunterhalt deshalb höher ausfällt, weil von seinem als einsetzbar in Betracht zu ziehenden Einkommen der Beitrag zur Kfz-Haftpflichtversicherung abgezogen wird. Dieser im o.a. Schrifttum und vom Verwaltungsgericht Berlin nicht erwogene, aber zwangsläufig bestehende innere Zusam- menhang findet sich im Gesetz selbst in einem Teilbereich ausgedrückt, nämlich im auch vom Oberverwaltungsgericht erwähnten § 13 BSHG. Darin ist die Obernahme von Kranken- versicherungsbeiträgen bestimmt (in Absatz 1 als "Muß"- Leistung, in Absatz 2 als "Kann"-Leistung), wobei folge- richtig § 76 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 BSHG von der Anwendung ausgenommen - 8 - ausgenommen wird; andernfalls käme der Hilfeempfänger zwei- mal in den Genuß entsprechender Beträge. Wollte man also die Entrichtung eines Beitrages zur Kfz-Haft- pflichtversicherung als im Sinne des § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG "gesetzlich vorgeschrieben" erachten und ihre Berücksichti- gung nach dieser Vorschrift deshalb als "Muß", so hätte das zur Folge, daß einer völlig mittellos gewordenen Person, die jedoch "aus besseren Tagen" noch ein Kfz besitzt, Sozialhilfe nicht nur zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts (vgl. besonders § 12 BSHG), sondern auch zur Bezahlung des Beitrages zur Kfz-Haftpflichtversicherung (und wenn es nach den Klägern ginge, auch zur Bezahlung der Kfz-Steuer) ohne weiteres gewährt werden müßte. Es braucht nicht näher dargelegt zu werden, daß eine solche Leistung mit den das Sozialhilferecht prägenden Grundsätzen nicht vereinbar ist. Daher muß bei einem "gesetzlich vorgeschriebenen" Bei- trag, der dies nicht per se, sondern nur als Folge freiwil- ligen Handelns ist, hier wie dort gefragt werden, ob seine Berücksichtigung mit der Zielsetzung des Sozialhilferechts in Einklang steht, die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht, und den Hilfeempfän- ger zur Selbsthilfe zu befähigen, damit weitere Gewährung von Sozialhilfe entbehrlich wird (§ 1 Abs. 2 BSHG). Diesen Zusammenhang haben offenbar auch die Kläger erkannt; denn sie führen aus: Das Anschaffen und das Halten eines KfZ seien nach allgemein gewandelter Anschauung nicht mehr an den "Status eines zahlungskräftigen Bürgers" gebunden, ein Kfz werde nicht mehr als Luxusgegenstand, sondern als ein durchaus übliches Mittel zur Fortbewegung angesehen, es sei menschenwürdiger, die Anschaffung eines Kfz als freie Entscheidung eines Hilfeempfängers hinzunehmen als in dem Gebrauch eines Kfz ein Statussymbol zu sehen. Dieser Argumentation, die am Ende darauf hinausläuft, daß ein menschenwürdiges Leben nur mit einem Kfz geführt werden könne - 9 - könne, so daß für die Anschaffung und die Unterhaltung eines Kfz Sozialhilfe als Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren sei, kann sich das Bundesverwaltungsgericht nicht anschließen. Steht nur Hilfe zum Lebensunterhalt in Frage, so ist die Füh- rung eines menschenwürdigen Lebens vom Halten und Benutzen eines Kfz noch weniger abhängig als vom Fernsehen (vgl. zu letzterem BVerwGE 48, 237). Daß ein Kfz ein übliches I1ittel zur Fortbewegung ist, besagt nicht, daß es eine von,der Men- schenwürde her gebotene Notwendigkeit ist. Es ist eine An- nehmlichkeit, auf die zu verzichten übrigens aus Gründen der Ökologie und der Energieeinsparung zunehmend aufgefor- dert wird. Überdies läßt sich dem Sozialhilferecht selbst entnehmen, daß die Übernahme der Kosten für das Anschaffen eines Kfz und seine Unterhaltung nur als Maßnahme der Ein- gliederungshilfe in Betracht kommt (§ 40 Abs. 1 Nr. 2 BSHG in Verbindung mit den §§ 8 und 10 Abs. 6 der Eingliederungs- hilfe-Verordnung in der Fassung vom 1. Februar 1975 [BGBl. I S. 434]). Entgegen der Ansicht der Kläger liegt in der Nichtberück- sichtigung des Beitrags zur Kfz-Haftpflichtversicherung keine "Gängelei", für die es keine rechtliche Grundlage gäbe, so lange die Voraussetzungen für die Anwendung des § 25 BSHG nicht vorlägen. Die Kläger übersehen, daß es in diesem Rechtsstreit nicht um die sinnvolle Verwendung ge- währter Hilfe zum Lebensunterhalt durch sie geht; vielmehr darum, daß sie zusätzlich eine Leistung der Sozialhilfe be- gehren (indem ein entsprechender Betrag des vorhandenen Einkommens ihnen freigelassen wird), die sie erst in den Stand setzen·soll, ein Kraftfahrzeug zu halten. Jedenfalls aus diesen Gründen war der Beitrag des Klägers zur Kfz-Haftpflichtversicherung in seiner ganzen Höhe kein dem Grunde nach angemessener und damit kein nach § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG vom Einkommen absetzbarer Beitrag; ebensowenig der Beitrag zur Teilkasko- und zur Unfallversicherung. Daß sich aus eben diesen Gründen verbietet, § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG analog - 10 - analog anzuwenden, um die Absetzbarkeit der Kfz-Steuer vom Einkommen zu rechtfertigen, versteht sich dann von selbst. Die Kostenentscheidung, bei der der durch partielle Revi- sionsrücknahme erledigte Teil des Rechtsstreites einzube- ziehen war, beruht auf den§§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 2·und 159 Satz 2 VwGO; die Gerichtskostenfreiheit.auf § 188 Satz 2 VwGO. K. R. Dr. S. R. B. Faksimile 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Leitsätze Thema und Veröffentlichung ... link (0 Kommentare) ... comment BVerwG, 3 B 62.88 vom 21.02.1989, Bundesverwaltungsgericht
anselmf
Sachgebiet: BVerwGE: nein
Lebensmittelrecht Fachpresse: nein Weinrecht Rechtsquellen: VO (EWG) Nr. 2179/83 Art. 4 Abs. 2.· Art. 5 Abs. 1 VwVfG §§ 38 Abs. 1 Satz 1 u. Abs. 2. 44 VwGO § 132 Abs . 2 Nr . 1 u . Nr . 2 Stichworte: Behördliche Genehmigung eines Vertrags zur Destillation von Wein. allgemeine Hinweise im Genehmigungsbescheid. Auslegung eines Hinweises als bedingte Zusicherung der Gewährung einer Beihilfe; keine Grundsatzfrage (unbegründete Nichtzulassungs- beschwerde) Beschluß des 3. Senats vom 21. Februar 1989- BVerwG 3 B 62.88 I. VG Frankfurt am Main vom 13.06.1986 - Az.: I/3 E 2021/84 - II. VGH Kassel vom 19.05.1988 - Az.: 8 UE 2017/86 - 1- BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BVerwG 3 B 62.88 VGH 8 UE 2017/86 BESCHLUSS In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 21. Februar 1989 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. D. sowie die Richter am Bundes- verwaltungsgericht S. Und W.-E. S. beschlossen: - 2 - Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Mai 1988 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Beklagten zur Last. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 28 374.79 DM festgesetzt. Gründe Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im angefochtenen Urteil des Berufungsgerichts erweist sich als unbegründet. Keiner der in der Beschwerdebegründung dargelegten rechtlichen Gesichtspunkte vermag die Zulassung der Revision zu rechtfertigen. Die von der Beklagten als klärungsbedürftig dargelegte Frage. ob Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 und Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2179/83 des Rates vom 25. Juli 1983 dahin auszulegen sind. daß ein Verwaltungsakt. der eine dort vorgesehene Genehmigung eines Vertrags zur Destillation von Wein zum Inhalt hat. gleichzeitig die Zusicherung enthält. eine für die Destillation beantragte Beihilfe zu gewähren, hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. weil sie in dieser Allgemeinheit nicht klärungsfähig ist. Im Grundsatz wäre diese Frage sicherlich zu verneinen, weil es sich von selbst versteht. daß ein Verwaltungsakt, der lediglich die Genehmigung eines Vertrags zum Inhalt hat, nicht zugleich auch die Zusicherung einer Leistung enthält. Allerdings kann sich - 3 - aus der Begründung einer Genehmigung ergeben, daß über die Ge- nehmigung hinaus zugleich eine Zusicherung erteilt worden ist. Dies hängt also von den jeweiligen besonderen Umständen des kon- kreten Einzelfalls ab. Die weiterhin von der Beklagten dargelegte Frage, ob ein Ver- waltungsakt, der die Genehmigung eines Vertrags zur Destillation von Wein betrifft, durch Interpretation eines allgemeinen Hin- weises zu der Genehmigung dahin ausgelegt werden kann, daß er zugleich die Zusicherung enthält, eine für die Destillation be- antragte Beihilfe werde gewährt, ist nicht klärungsbedürftig, weil sie zweifelsfrei zu bejahen ist. Denn es ist unter den Umständen des konkreten Einzelfalls durchaus möglich, daß ein zur Begründung der Genehmigung gegebener Hinweis als eine Zu- sicherung zu verstehen ist. Ob dies im Einzelfall zutrifft. ist wiederum keine Grundsatzfrage. sondern eine Frage der Auslegung des konkreten Verwaltungsakts. Im übrigen ist die Frage. ob im vorliegenden Falle die Umstände nicht eher gegen die Feststel- lung des Berufungsgerichts sprechen. die Behörde habe eine Zu- sicherung gegeben. vom Bundesverwaltungsgericht nicht zu ent- scheiden. Die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung wegen Abweichung nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegen ebenfalls nicht vor. Eine Zulassung aus diesem Grunde kommt nur in Betracht. wenn die Meinungsverschiedenheit die Frage der Geltung eines bestimmten abstrakten Rechtssatzes betrifft. - 4 - Was die angebliche Abweichung vom Urteil des Bundesverwaltungs- gerichts vom 17. Oktober 1975- BVerwG 4 C 66.72- (NJW 1976. 303 = BVerwGE 49. 244) anbetrifft, so wird in der Beschwerde lediglich behauptet, das Berufungsgericht habe nicht die Anfor- derungen beachtet, die das Bundesverwaltungsgericht an eine behördliche Zusage stelle, nicht aber, daß das Berufungsgericht die Richtigkeit dieser Anforderungen in Zweifel gezogen habe. Ein etwaiger Fehler bei der Anwendung des zwischen Tatsachenge- richt und Bundesverwaltungsgericht unumstrittenen Rechtssatzes rechtfertigt keine Zulassung wegen Abweichung. Zu Unrecht gerügt wird auch die Abweichung vom Urteil des Bun- desverwaltungsgerichts vom 7. Juli 1966 - BVerwG 3 C 219.64- (BVerwGE 24. 294) und von dem Beschluß vom 20. März 1973 - BVerwG 1 WB 217.72- (BVerwGE 46. 89); denn die diesbezügli- chen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts enthalten keine rechtliche Aussage zu den Voraussetzungen einer wirksamen behördlichen Zusicherung. und auf den in diesen Entscheidungen behandelten Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes hat das Be- rufungsgericht nicht abgehoben. so daß es naturgemäß auch die Maßstäbe des Bundesverwaltungsgerichts für einen wirksamen Ver- trauensschutz nicht in Frage gestellt hat. Im übrigen wird in dem einschlägigen Beschwerdevorbringen übersehen, daß sich das vom Berufungsgericht erwähnte Vertrauen auf das behördliche Einverständnis mit der Destillation bezieht. die zeitlich nach dem Zugang der Genehmigung erfolgte. Im übrigen sei nur noch bemerkt. daß § 38 Abs. 2 VwVfG die Un- - 5 - wirksamkeit einer Zusicherung unbeschadet des § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG nur unter den Voraussetzungen des § 44 VwVfG an- nimmt. Zusammenfassend ergibt sich. daß die Nichtzulassungsbeschwerde unter keinem dargelegten rechtlichen Gesichtspunkt Erfolg haben kann. so daß sie mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen ist. Die Streitwertfestsetzung beruht auf§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. Dr. D. S. S. ... link (0 Kommentare) ... comment Dienstag, 5. Mai 2015
BVerwG 11 VR 3.97 vom 21.03.1997, Bundesverwaltungsgericht
anselmf
BVerwG 11 VR 3.97
In der Verwaltungsstreitsache hat der 11. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 21. März 1997 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. D. und die Richter am Bundes- verwaltungsgericht Prof. Dr. B. und Dr. R. beschlossen: Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller zu 1 als Gesamtschuldner und der Antragsteller zu 2 jeweils zur Hälfte. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 8 000 DM festgesetzt.- 2 - G r ü n d e : I. Die Antragsteller sind Eigentümer von bebauten Grundstücken entlang des Bundesschienenweges Uelzen - Stendal, der nach dem Bundesschienenwegeausbaugesetz als Ausbaustrecke (Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Schiene Nr. 8) auszubauen ist. Diese Strecke stellte bis 1945 die kürzeste Verbindung zwischen dem mitteldeutschen Raum und den Nordseehäfen dar und wurde zweigleisig betrieben. Im Juli 1945 wurde der Eisenbahnbetrieb zwischen den Grenzbahnhöfen von Sachsen- Anhalt und Niedersachsen eingestellt. In den folgenden Jahren wurden die Gleisanlagen in Grenznähe vollständig abgebaut und im weiteren Streckenabschnitt zwischen Wieren und Uelzen eingleisig zurückgebaut. Zur Realisierung der Ausbaustrecke hat die Deutsche Bahn AG die auf die Elektrifizierung beschränkte Planfeststellung beantragt. Für die den Streckenabschnitt Stederdorf - Uelzen betreffenden Planfeststellungsabschnitte 25 und 26 wird derzeit das Planfeststellungsverfahren durchgeführt. Im Planfeststellungsabschnitt 25 hat die Auslegung der Planfeststellungsunterlagen bereits stattgefunden. Die Einwendungsfrist ist abgelaufen. Die Antragsteller haben Einwendungen erhoben. Die den Planfeststellungsabschnitt 26 betreffenden Planfeststellungsunterlagen liegen derzeit öffentlich aus. Es ist beabsichtigt, die Einwendungen zu beiden Planfeststellungsabschnitten in einem gemeinsamen Termin zu erörtern. Die Antragsteller haben am 11. Februar 1997 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Sie befürchten, daß ihre Grundstücke durch den Ausbau erheblich an Wert verlieren, weil trotz der zu erwartenden Lärmbelästigung keine Lärmschutzmaßnahmen - 3 - vorgesehen seien. Sie vertreten die Auffassung, daß es sich bei der Ausbaumaßnahme um eine wesentliche Änderung eines Schienenweges handele, weil die Bahnstrecke in den Jahren 1984/1985 in eine eingleisige Strecke zurückgestuft worden sei. Deswegen sei die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte im Sinne der 16. Bundesimmissionsschutzverordnung durch Lärmschutzmaßnahmen sicherzustellen. Darüber hinaus seien Kreuzungsbauten im Sinne des Eisenbahnkreuzungsgesetzes vorzusehen. Die Deutsche Bahn AG wolle sich diesen Konsequenzen aber entziehen, indem sie - ebenso wie die Antragsgegnerin - die Rückstufung der Strecke bestreite, die Einsicht in die entsprechenden Unterlagen verweigere, diese Unterlagen trotz zeitweiligen Vorlageverlangens der Anhörungsbehörde zurückhalte und nicht den ausgelegten Planunterlagen beifüge. Ohne Offenlegung dieser Akten dürfe das Planfeststellungsverfahren nicht weiterbetrieben werden. Andernfalls würden die Rechte der Antragsteller verletzt, insbesondere ihr Recht auf Eigentum und Gesundheit. Das Akteneinsichtsrecht der Antragsteller ergebe sich aus § 29 VwVfG, aus §§ 4 und 5 UIG sowie unmittelbar aus Art. 103 Abs. 1 GG. Dieses Recht müsse im Wege der beantragten einstweiligen Anordnung bereits jetzt gewährt werden. Andernfalls sei eine ordnungsgemäße Wahrnehmung ihrer Rechte im Planfeststellungsverfahren nicht möglich. Darüber hinaus liefen sie Gefahr, im späteren gerichtlichen Verfahren mit ihren Einwendungen präkludiert zu sein. Effektiver Rechtsschutz sei nicht gewährleistet, da möglichen Planungsalternativen, die sich aus der vollständigen Kenntnis aller Planungsunterlagen ergeben könnten, im Rahmen einer bloß nachträglichen Rechtskontrolle kein maßgebliches Gewicht mehr zukomme. § 44 a VwGO stehe dem Antrag nicht entgegen. Die Antragsteller beantragen, der Antragsgegnerin aufzugeben, den Antragstellern Akteneinsicht in die eigenen Rückstufungsakten für die Bahnlinie Wieren-Uelzen von zweigleisigem Verkehr auf dauernd eingleisigen Verkehr gemäß Erlaß vom 22. Februar 1984 zu Aktenzeichen E 15/32.38.02/428 Bb 83 zu gewähren, hilfsweise, - 4 - der Antragsgegnerin aufzugeben, die Rückstufungsakten für die Bahnlinie Wieren-Uelzen von zweigleisigem Verkehr auf dauernd eingleisigen Verkehr gemäß Erlaß vom 22. Februar 1984 zu Aktenzeichen E 15/32.38.02/428 Bb 83 der Bezirksregierung Lüneburg im Anhörungsverfahren zur Planfeststellung betreffend VDE Nr. 3, Bahnlinie Uelzen-Stendal vorzulegen. Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen. Sie hält den Antrag wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses für unzulässig, weil den Antragstellern der Inhalt der Akten, in die Einsicht begehrt werde, bereits bekannt sei. Wenn seitens der Antragsgegnerin davon die Rede gewesen sei, die fragliche Strecke sei entwidmet worden, so habe es sich um eine unverbindliche Einschätzung der Rechtslage gehandelt, die später im Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wieder revidiert worden sei. Jedenfalls sei der Antrag unbegründet. Ein Anspruch auf Einsicht in die Akten der Antragsgegnerin bzw. auf Vorlage der Akten an die Anhörungsbehörde stehe der Antragsgegnerin - insbesondere nach § 29 VwVfG - nicht zu. - 5 - II. 1. Das Bundesverwaltungsgericht ist gemäß § 5 Abs. 1 VerkPBG berufen, über den Antrag der Antragsteller auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung zu entscheiden. Der Gesetzeszweck dieser Vorschrift verlangt ihre weite Auslegung dahin, daß sie alle Verwaltungsstreitverfahren erfaßt, die einen unmittelbaren Bezug zu konkreten Planfeststellungsverfahren oder Plangenehmigungsverfahren für Vorhaben nach § 1 VerkPBG haben (BVerwG, Beschluß vom 22. November 1995 - BVerwG 11 VR 42.95 - Buchholz 407.3 § 5 VerkPBG Nr. 5). Ein solcher unmittelbarer Bezug zu den Planfeststellungsverfahren in den Planfeststellungsabschnitten 25 und 26 der Ausbaustrecke Uelzen - Stendal (Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Schiene Nr. 8) ist noch zu bejahen. Er ergibt sich daraus, daß die streitbefangenen Akten diesen Streckenabschnitt betreffen und die Antragsteller - wie vor allem aus ihrem Hilfsantrag hervorgeht - den Akteninhalt zum Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens machen wollen. Auch die Anhörungsbehörde des Planfeststellungsverfahrens hat zeitweise die Beiziehung der Akten für erforderlich gehalten. 2. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung bleibt ohne Erfolg. Die Voraussetzungen des § 123 Abs. 1 VwGO liegen nicht vor. Die Antragsteller haben einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Mit ihrem Antrag auf Akteneinsicht begehren die Antragsteller keine vorläufige Maßnahme, sondern die Vorwegnahme der Hauptsache. Ein solches Rechtsschutzziel widerspricht grundsätzlich der Funktion des vorläufigen Rechtsschutzes (BVerwG, Beschluß vom 14. Dezember 1989 - BVerwG 2 ER 301.89 - Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 15). Etwas anderes muß im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) allerdings gelten, wenn ohne vorläufigen Rechtsschutz schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der- 6 - Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (BVerfGE 46, 166 <179>; 79, 69 <74>). Solche Nachteile drohen den Antragstellern nicht. Sie machen geltend, ohne Kenntnis des Akteninhalts an der ordnungsgemäßen Wahrnehmung ihrer Rechte im Planfeststellungsverfahren gehindert zu werden, weil sie mit späteren Einwendungen ausgeschlossen werden könnten und eine Alternativplanung nicht rechtzeitig erarbeitet werden könnte; ein einmal ergangener Planfeststellungsbeschluß schaffe vollendete Tatsachen, die durch nachträglichen Rechtsschutz erfahrungsgemäß nicht mehr beseitigt würden. Das trifft jedoch nicht zu. Die Antragsteller sind auch ohne Zuerkennung des beantragten vorläufigen Rechtsschutzes nicht gehindert, ihre Einwendungen in den die Planfeststellungsabschnitte 25 und 26 betreffenden Planfestellungsverfahren in einer den Anforderungen des § 20 AEG entsprechenden Weise vorzubringen. Das belegen bereits ihre Ausführungen in der Antragsschrift im vorliegenden Verfahren. Die Planfeststellungsbehörde kann hieraus ohne weiteres entnehmen, daß sie Lärmschutzmaßnahmen zur Sicherung des Immissionsgrenzwertes des § 2 der 16. BImSchV für erforderlich halten, weil nach ihrer Ansicht die planfestzustellende Maßnahme die Voraussetzungen einer wesentlichen Änderung von Schienenwegen im Sinne des § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der 16. BImSchV erfüllt. Die damit von den Antragstellern aufgeworfene Rechtsfrage könnte weder im vorliegenden Eilverfahren noch durch die begehrte Akteneinsicht verbindlich entschieden werden. Dies könnte erforderlichenfalls erst in einem gegen den Planfeststellungsbeschluß gerichteten verwaltungsgerichtlichen Verfahren geschehen. Es ist nicht erkennbar, daß diese Rechtsschutzmöglichkeit im Hinblick auf das im Planfeststellungsverfahren verfolgte Begehren der Antragsteller nicht mehr zeitgerecht oder inhaltlich, insbesondere im Hinblick auf die Kontrolle von Verfahrensfehlern, Planrechtfertigung oder Abwägungsmängeln, unzureichend wäre. Soweit die Antragsteller faktische Nachteile durch einen auf die nachträgliche Kontrolle der Sachentscheidung beschränkten Rechtsschutz rügen, wenden sie - 7 - sich in Wahrheit gegen die Entscheidungen des Gesetzgebers zu Art und Umfang des gerichtlichen Rechtsschutzes gegenüber Planfeststellungsverfahren im allgemeinen und gegenüber solchen auf der Grundlage des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes im besonderen, deren Verfassungsmäßigkeit sie allerdings selbst nicht in Frage stellen. Es kann aber nicht Aufgabe des vorliegenden Eilverfahrens sein, diese gesetzgeberischen Entscheidungen der Sache nach wieder aufzuheben oder zu umgehen. Art. 19 Abs. 4 GG gebietet dies jedenfalls nicht. Die Antragsteller haben auch keinen weitergehenden Anspruch darauf, ihre Rechtsposition noch vor Erlaß des Planfeststellungsbeschlusses gerichtlich bestätigt zu erhalten oder die Planfeststellungsbehörde noch während des laufenden Planfeststellungsverfahrens zur Übernahme der Rechtsauffassung der Antragsteller gerichtlich zu zwingen. Schon von daher sind im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG bedeutsame rechtliche oder tatsächliche Nachteile der Antragsteller in dem Planfeststellungsverfahren durch die Ablehnung des beantragten Erlasses einer einstweiligen Anordnung nicht erkennbar. Das gilt nicht zuletzt deshalb, weil die Antragsteller davon ausgehen, daß bereits durch die unstreitig gegebene dauernde Betriebseinstellung eine "Entwidmung" des zweiten Gleises stattgefunden habe, so daß dessen Wiederinbetriebnahme Lärmschutzmaßnahmen im Sinne der 16. BImSchV erforderlich mache. Mithin kommt es nach der Rechtsauffassung der Antragsteller für die Frage, ob sie Einwendungen gegen das Vorhaben bzw. gegebenenfalls Klage gegen den Planfeststellungsbeschluß erheben werden, auf das Vorhandensein und den Inhalt der begehrten Unterlagen nicht an. - 8 - 3. Auch hinsichtlich des Hilfsantrages haben die Antragsteller einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Das ergibt sich aus den unter 2 wiedergegebenen Erwägungen. 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 159 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 13 Abs. 1 Satz 2, § 20 Abs. 3 GKG in Verbindung mit § 5 ZPO. Dr. D. Prof. Dr. B. Dr. R. ... link (0 Kommentare) ... comment |
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