Ausgewählte Rechtsprechung und Rechtsentwicklung
Sonntag, 26. März 2017
LSG FSB, L 8 SO 116/09 B ER RG vom 31.08.2009, Bayerisches Landessozialgericht
L 8 SO 116/09 B ER RG

BAYERISCHES LANDESSOZIALGERICHT

in dem Beschwerdeverfahren

- Antragsteller

gegen

Bezirk O... Sozialverwaltung, vertreten durch den Bezirkstagspräsidenten, Ludwig-

Thoma-Straße 14, 93051 Regensburg



- Antragsgegner -



Beigeladen



Landkreis R., Grundsicherungs- und Sozialamt, vertreten durch das Land-

ratsamt R., vertreten durch den Landrat



wegen Anhörungsrüge gem. § 178 a SGG



erlässt der 8. Senat des Bayer. Landessozialgerichts in München



am 31. August 2009



ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden Richter am Bayer. Landessozialge-

richt S. sowie die Richterin am Bayer. Landessozialgericht S. und den

Richter am Bayer. Landessozialgericht K. folgenden



Beschluss:



I. Die Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 22.07.2009 wird

zurückgewiesen.



II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.



III. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.



Gründe:



I.



Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Hilfe zur Beschaffung

eines Kraftfahrzeuges, hilfsweise die Übernahme von Taxikosten für Krankenfahrten.



Mit Beschluss vom 22.07.2009 hat der Senat die Beschwerde gegen den Beschluss des

Sozialgerichts Regensburg vom 16.04.2009 zurückgewiesen. Auf den Inhalt des Be-

schlusses wird verwiesen.



Hiergegen hat der Antragsteller mit Schreiben vom 03.08.2009 , eingegangen beim Baye-

rischen Landessozialgericht am 04.08.2009, Anhörungsrüge erhoben. Zusammenfassend

hat der Antragsteller insbesondere gerügt, dass der Senat trotz detaillierter Anleitung

durch den Antragsteller keine ausreichende Sachermittlung durchgeführt habe. So

habe der Senat willkürlich nicht alle Akten des Sozialgerichts Regensburg beigezogen

und daher übersehen, dass der Beschwerdeführer vor den Fahrten am 13.07.2009 eine

Genehmigung der Fahrtkosten durch die Krankenkasse beantragt habe. Ferner habe der

Senat bei der Aufklärung des Sachverhalts unzweckmäßige und unpräzise Fragen auf-

geworfen. Daneben werden über die gesetzliche Krankenversicherung des Antragstellers

trotz medizinischer Notwendigkeit nicht alle notwendigen Fahrt- und sonstigen Leistungen

gewährleistet. Ferner habe es der Senat versäumt, im Rahmen der Aufklärung die Frage

der medizinischen Notwendigkeit der durchgeführten Behandlungsmaßnahmen durch

fachkundliche Stellungnahmen zu überprüfen. Darüber hinaus hat der Antragsteller Pro-

zesskostenhilfe für das Verfahren nach § 178 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) beantragt.



Ergänzend wird auf die weiteren Ausführungen des Antragstellers im Schreiben vom

03.08.2009 verwiesen.



Die zulässige Anhörungsrüge ist unbegründet. Die Rüge ist insbesondere innerhalb einer

Frist von zwei Wochen (vgl. § 178a Abs. 2 S. 1 SGG) nach Kenntnis von der angeblichen

Verletzung des rechtlichen Gehörs in der gesetzlichen Form (§ 178a Abs. 2 S. 4 SGG)

erhoben worden.



Die Rüge ist aber nicht begründet. Die Anhörungsrüge dient nicht der Fortführung des

Verfahrens, sondern der Prüfung des verfassungsrechtlich abgesicherten Anspruchs auf

rechtliches Gehör (vergleiche BSG, Beschluss vom 08.11.2008, B 2 U 5/06 C). Der An-

spruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Grundgesetz, §§ 62, 128 Abs. 2 SGG) soll verhin-

dern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauf-

fassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruhen, zu denen sie sich nicht äußern

konnten, und sicherstellen, dass ihr Vorbringen vom Gericht in seine Erwägungen mitein-

bezogen wird. Dabei muss das Gericht jedoch nicht ausdrücklich jedes Vorbringen des

Beteiligten bescheiden. Rechtliches Gehör sichert den Parteien ein Recht auf Information.

Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten im Prozess eigen-

bestimmt und situationsspezifisch gestalten können. Insbesondere sichert es, dass sie mit

den Ausführungen und Anträgen gehört werden (vgl. z.B. Beschluss des Bundesverfas-

sungsgerichts vom 30.04.2003, PbvU 1/02).



Der Senat hat die Übernahme der Taxikosten gegenüber dem Beigeladenen im Wesentli-

chen deshalb abgelehnt, da im Zeitpunkt der Entscheidung des Senat die Fahrten zu

den Arztterminen sichergestellt waren. Nach § 2 Abs. 1 SGB XII erhält Sozialhilfe nicht,

wer die erforderliche Leistung von anderen erhält. Nach dieser Vorschrift besteht grund-

sätzlich eine Verpflichtung zur Selbsthilfe (vgl. Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII,

2. Auflage, § 2, Rz. 7). Auf Nachfrage durch den Senat hat der Antragsteller mitgeteilt, er

habe für alle Arzttermine einen Pkw benutzt, ihm seine keine Kosten hieraus entstanden

und es wäre ihm nicht mehr erinnerlich, zu welche Terminen er selbst gefahren sei oder

zu welchen Terminen er von einer anderen Person gefahren wurde. Die Frage, wer den

Antragsteller zu den Arztterminen gefahren habe, wurde nicht beantwortet. Auf die Frage,

in welchem Verhältnis der Antragsteller zu der Person, die ihn gefahren habe stehe, hat er

mitgeteilt, dass er zu dieser ein „gutes Verhältnis“ habe. Aufgrund dieser Ausführungen

stand für den Senat mit überwiegender Wahrscheinlichkeit fest, das aufgrund des Nach-

ranggrundsatzes in § 2 Abs. 1 SGB XII ein Anspruch auf Übernahme der Fahrkosten

nicht besteht. Dies stellt sich als tragender Grund für die Ablehnung der Übernahme der

Taxikosten dar. Soweit der Senat weitere (ergänzende) Ausführungen insbesondere zur

Frage des Verhältnisses der gesetzlichen Krankenversicherung und Leistungen nach dem

SGB XII machte, sollten diese insbesondere dem Antragsteller und der zukünftigen Sach-

bearbeitung als Hinweis dienen. Eine Überraschungsenstscheidung beziehungweise ei-

ne Verletzung des rechtlichen Gehörs ist wegen der Angaben des Antragstellers insbe-

sondere im Schreiben vom 16.07.2009 nicht gegeben. Auf die vom Antragsteller in sei-

nem Beschwerdeschriftsatz vom 03.08.2009 niedergelegten Fragestellungen kam es auf-

grund der gesicherten Fahrten zum Arzt nicht an. Die Fragen in der Anfrage des Senats

vom 26.06.2009 waren allgemein verständlich formuliert und wurden vom Antragsteller

mit Schreiben vom 06.07.2009 beantwortet.



Der Antrag auf Prozesskostenhilfe ist abzulehnen. Nach § 73a Abs. 1 analog SGG

(i.V.m. § 114 ZPO) erhält ein beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftli-

chen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten

aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe , wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung

hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht willkürlich erscheint. Ist eine Vertretung

durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung

bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnte, wenn die Vertretung erforderlich erscheint

oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Da

die Anhörungsrüge keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (siehe unter II.) musste
der Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt werden.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.

S. S. K.

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