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Samstag, 25. März 2017
1 BVR 2124/09 vom 30.09.2009
Ausfertigung

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

-1 BVR 2124/09 -

In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde

gegen a) den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz
vom 27. Juli 2009 - S 5 AS 1770/09 —‚

b) den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz
vom 28. Mai 2009 - S 10 AS 3718/08 ER -

hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richterin H...
und die Richter G... ,
K...
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekannt-
machung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 30. September 2009 einstimmig beschlossen:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung
angenommen.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die
Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Sie hat kei-
ne hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil sie unzulässig ist.

Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht bereits der Grundsatz der
Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde entgegen. Dieser Grundsatz fordert
über die formelle Erschöpfung des Rechtsweges hinaus, dass der Beschwerde—
führer die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur
der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erreichen oder diese gar zu
verhindern (vgl. BVerfGE 79, 275 <278 f.>; 104, 65 <70>; BverfGK 10, 265
<267>). Daher ist auch die Erschöpfung des Rechtsweges in der Hauptsache
grundsätzlich geboten, wenn dort nach der Art des gerügten Grundrechtsversto-
ßes die Gelegenheit besteht, der verfassungsrechtlichen Beschwer abzuhelfen
(vgl. BVerfGE 79,275 <279>; 86, 15 <22>; 104, 65 <70 f.>; BVerfGK 10, 265
<267 f.>). Letztinstanzliche gerichtliche Entscheidungen im Verfahren des einst-
weiligen Rechtsschutzes können nur in Ausnahmefällen zulässigerweise mit der
Verfassungsbeschwerde angegriffen werden (vgl. BVerfGK 10, 227 <230>). Die
Notwendigkeit, vorab das Klageverfahren durchzuführen, entfällt allerdings, wenn
dies für den Beschwerdeführer nicht zumutbar ist (vgl. BVerfGE 79, 275 <278 f.>;
104,65 <70 f.>; BVerfGK 5, 237 <241>).

Eine solche Unzumutbarkeit ist hier nicht ersichtlich. Insbesondere folgt sie
nicht ohne weiteres aus dem Umstand, dass die dem Beschwerdeführer gewähr-
ten Leistungen wiederholt nach § 31 SGB II abgesenkt worden sind. Es kommt
vielmehr auf den jeweiligen Einzelfall an. Dabei muss auch Berücksichtigung fin—
den, ob es um Leistungen für die Gegenwart (vgl. BVerfGK 5, 237 <241>) oder für
die Vergangenheit geht. Die Verfassungsbeschwerde legt nicht dar, dass hier ein
Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar ist, obwohl der Be-
schwerdeführer Leistungen lediglich für die Vergangenheit begehrt.

Die Verfassungsbeschwerde ist im Übrigen auch nicht hinreichend begründet
(§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG). Sie zeigt die Möglichkeit einer Grundrechts—
verletzung nicht substantiiert auf und setzt sich insbesondere mit dem Umfang des
aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Anspruchs auf vorläufigen Rechtsschutz nicht
auseinander. Zwar gebietet Art. 19 Abs. 4 GG die Gewährung vorläufigen Rechts—
schutzes durch die Fachgerichte in Fällen, in denen ansonsten schwere und un-
zumutbare Nachteile entstehen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Ent-
scheidung in der Hauptsache nicht in der Lage wäre (vgl. BVerfGE 94, 166 <216>;
BVerfGK 5, 237 <241>)‚ bzw. in denen eine erhebliche und nicht wiedergutzuma—
chende Verletzung von Grundrechten drohen würde (vgl. BVerfGE 93, 1 <13 f.>;
94, 166 <216>). Dies schließt aber gerade nicht aus, dass auch die Fachgerichte
im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens berücksichtigen, dass um
Leistungen für die Vergangenheit gestritten wird.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG
abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

H... G... K...

Amtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
des Bundessverfassungsgerichts

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