Ausgewählte Rechtsprechung und Rechtsentwicklung
Freitag, 17. März 2017
Ablösung der Erreichbarkeitsanordnung (EAO) durch § 7 Abs. 4a SGB II
Gekürzte Chronologie der Petition zur Ablösung der Erreichbarkeitsanordnung (EAO) durch § 7 Abs. 4a SGB II
Petition vom 14.06.2015

Petition an den Deutschen Bundestag

(mit der Bitte um Veröffentlichung)

Seite2

Wortlaut der Petition

Der Deutsche Bundestag möge beschließen ...

1. Gesetzesänderung

§ 77 Abs. 1 SGB II wird mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Demzufolge tritt § 7 Abs 4a SGB II mit
sofortiger Wirkung in Kraft.

2. ad-hoc Regelung zum weiteren Verfahren

Die zuständigen Träger nach dem SGB II entscheiden nach pflichtgemäßem Ermessen, ob ein wichtiger
Grund vorliegt und die Eingliederung in Arbeit nicht beeinträchtigt wird.

Begründung

Die Regelungen zur Ortsabwesenheit Erwerbsfähiger die sich vormals an der Erreichbarkeits-Anordnung vom
23. Oktober 1997 orientierten, haben sich im SGB II als von geringer Brauchbarkeit erwiesen und führten
stattdessen zu zahlreichen auch schwerwiegenden Problemen in der Praxis, bis hin zum unüberwindlichen
Hindernis für die Eingliederung in Arbeit, die die Vorschrift eigentlich fördern sollte. Der Gesetzgeber hat
dies längst erkannt und durch Artikel 2 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des
Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 BGBl. I S. 453 den § 7 Abs. 4a SGB II von
Grund auf neu gefasst. Bedauerlicherweise läuft diese Nachbesserung leer.

Nach § 77 Abs. 1 SGB II gilt die alte, inferiore Fassung weiter, da bisher die geforderte Rechtsverordnung
nach § 13 Abs. 3 SGB II nicht erlassen wurde. Ein Grund, durch diese, als Übergangsregelung gedachte
Norm, auf Dauer die von vielen Seiten dringend gewünschte Ablösung der Erreichbarkeits-Anordnung durch
eine moderne, zweckmäßige Regelung zu blockieren, ist schon lange nicht mehr erkennbar.

Wiewohl eine einheitliche Rechtsverordnung im Grundsatz ein erstrebenswertes Ziel ist, ist aufgrund von
deren anhaltendem Fehlen die Vorschrift des § 77 Abs. 1 SGB II zum Hemmschuh geworden. Indem die
zuständige Behörde ihr im Einzelfall auszuübendes Ermessen konsequent an dem in § 7 Abs 4a SGB II zum
Ausdruck kommenden Ziel der Vermeidung von Eingliederungshemmnissen ausrichtet, ist dieser für eine
Übergangszeit, bis eine Rechtsverordnung erlassen wird, auch alleine besser geeignet den Gesetzeszweck zu
erfüllen. Die Erreichbarkeits-Anordnung ist bereits jetzt obsolet.

Sinnvoll wäre weiter, wenn die Behörde die Zustimmung auch im Nachhinein und von Amts wegen erteilen
kann. Beantragende von Leistungen nach dem SGB II sind darüber zu belehren, dass sie eine Zustimmung
frühzeitig beantragen sollen. Leistungsberechtigte, die vor Abwesenheit die Zustimmung beantragen, sollen
eine Entscheidung hierüber möglichst frühzeitig erhalten. Die Rechtsverordnung kann diese oder andere Wege
gehen. Mit ihrem in Kraft treten entfällt die ad hoc Regelung.

Anregungen für die Forendiskussion

Seite3

Einer weiteren, noch darüber hinausgehenden Verbesserung durch die Rechtsverordnung, deren
Erwünschtheit die Petition nicht angreift, wird entgegengesehen. Es besteht jedoch kein Grund den jetzigen,
vom Gesetzgeber schon lange als unsinnig bis hin zum im Einzelfall untragbar erkannten Zustand nur
deswegen fortbestehen zu lassen, weil die durch Sofortaufhebung des § 77 Abs. 1 SGB II erzielbare
Verbesserung "nur" spürbar, aber noch nicht perfektioniert ist. Es handelt sich um eine ohne Weiteres und
sofort durchführbare Novellierung, die spätere, weitere Verbesserungen nicht blockiert.

Der Regelfall ist die vollständige Klärung vor Inanspruchnahme der Ortsabwesenheit. Für Fälle, in denen dies
nicht möglich ist, etwa wegen unvorhersehbarer Ereignisse, muss eine Möglichkeit zu nachträglicher
Zustimmung bestehen. Um unproblematische Fälle unbürokratisch zu erledigen, kann die Behörde die
Zustimmung von sich aus ohne Weiteres erteilen.
Schreiben des Petitionsausschusses vom 15.07.2015

Berlin. 15. Juli 2015

Arbeitslosengeld II

Pet 4-18-11-81503-022397 (Bitte bei allen Zuschriften angeben)

Sehr geehrter Herr ...,

hiermit bestätige ich den Eingang Ihrer Petition mit der ID-
Nummer: 59392.

Von der von Ihnen gewünschten Veröffentlichung Ihrer Eingabe
wurde abgesehen, da sich bereits eine sachgleiche Petition in der
parlamentarischen Prüfung befindet.

Sie finden diese auf unserer Homepage
www.bundestag.de/Petitionen unter der ID-Nummer 53758.

Ihre Petition wird deshalb als Mehrfachpetition zu dieser
Leitpetition behandelt und mit ihr Zusammen geprüft. Zu
gegebener Zeit erhalten Sie eine abschließende Nachricht. Bis
dahin bitte ich um Geduld.

Personenbezogene Daten werden unter Wahrung des Daten-
schutzes gespeichert und verarbeitet.

Auf das geänderte Aktenzeichen weise ich hin.
Mit freundlichen Grüßen
Schreiben an den Petitionsausschusses vom 22.07.2015

Sehr geehrte Damen und Herren,

in Ihrem oben genannten Schreiben führen Sie aus

Von der von Ihnen gewünschten Veröffentlichung Ihrer Eingabe wurde abgesehen, da sich bereits eine sachgleiche Petition in der parlamentarischen Prüfung befindet.

Sie finden diese auf unserer Homepage www.bundestag.de/Petitionen unter der ID-Nummer 53758.

Es ist richtig, dass die Petition mit der ID-Nummer 53758 ebenso wie die vorliegende Petition sich mit der Ortsanwesenheitspflicht von Beziehern von Arbeitslosengeld II befasst. Allerdings gibt der Petent zu bedenken, dass sich hiermit die Gemeinsamkeiten wohl schon erschöpft haben dürften. Dies sollte klar werden, wenn man sich etwa vergegenwärtigt, zu was eine Umsetzung der jeweiligen Petition durch den Deutschen Bundestag führen würde. Im Fall der Petition mit der ID-Nummer 53758 würden damit § 7 Abs 4a SGB II nie in Kraft treten, sondern die Pflichten wären völlig aufgehoben, die Ortsabwesenheit ungeregelt und dem jeweiligen Betroffenen überlassen. Die vorliegende Petition dagegen würde, gerade im Gegenteil dazu, zum Inkraftreten von § 7 Abs 4a SGB II führen.

Beiliegend übersendet der Petent zur Verdeutlichung eine reformulierte Version der Petition.
Schreiben des Petitionsausschusses vom 03.09.2015

Berlin, 3. September 2015
Bezug: Ihr Schreiben vom,
22. Juli 2015

Arbeitslosengeld II
Pet 4-18-11-81503-022397 (Bitte bei allen Zuschriften angeben)

Sehr geehrter Herr ...,

ich bestätige den Eingang Ihres Schreibens.

Angesichts der Rechtslage kann bedauerlicherweise nichts weiter
in Ihrer Angelegenheit veranlasst werden.

Nach abschließender Behandlung werden Sie unaufgefordert un-
terrichtet.

Mit freundlichen Grüßen
Schreiben des Petitionsausschusses vom 30.03.2016

Berlin. 30. März 2016

Bezug: Ihre Eingabe vom

14. Juni 2015; Pet 4-18-11—81503—022397

Anlagen: 1

Sehr geehrter Herr ...,

der Deutsche Bundestag hat Ihre Petition beraten und am
17. März 2016 beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen.

Er folgt damit der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses
(BT—Drucksache 18/7900). dessen Begründung beigefügt ist.

Mit dem Beschluss des Deutschen Bundestages ist das
Petitionsverfahren beendet.

Mit freundlichen Grüßen

- 94 - I Prot. Nr. 18/56

Pet4-18—11—81503v

Arbeitslosengeld II

Beschlussempfehlung

Das Petitionsverfahren abzuschließen.

Begründung

Mit der Petition wird gefordert, die Ortsanwesenheitsregelung für Arbeitslosengeld II-
Bezieher aufzuheben.

Zur Begründung wird im Wesentlichen angeführt, dass Arbeitslose täglich ihren
Briefkasten kontrollieren müssten und ihren Wohnort nicht verlassen dürften, um auf
Bewerbungsangebote schnell reagieren zu können. Im Zeitalter elektronischer Kom-
munikationsmöglichkeiten sei dies nicht mehr erforderlich, für Bewerbungsangebote
auf die nach eigener Ansicht unzuverlässige und langwierige Postzustellung zuwar—
ten. Dank moderner Verkehrsmittel sei es Arbeitslosen auch jederzeit möglich, am
nächsten Morgen an jedem beliebigen Ort in Deutschland zur Bewerbung anzutre-
ten.

Zudem seien Selbstständige von der Regelung zu befreien, da für diese Gruppe die
Grundlage, auf der die Ortsanwesenheitspflicht aufbaue, ohnehin nie bestanden ha-
be. Selbstständige würden ansonsten in ihrer beruflich notwendigen Flexibilität be—
hindert.

Dem Petitionsausschuss liegen zu diesem Thema mehrere Eingaben mit verwandter
Zielsetzung vor, die wegen des Sachzusammenhangs einer gemeinsamen parla-
mentarischen Prüfung unterzogen werden. Es wird um Verständnis gebeten, dass
nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte im Einzelnen eingegangen werden kann.

Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des Petitionsaus—
schusses eingestellt. Sie wurde von 236 Mitzeichnern unterstützt. Außerdem gingen
53 Diskussionsbeiträge ein.

- 95 - Prot. Nr. 18/56

noch Pet4-18-11-81503-

Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter anderem unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten
Aspekte wie folgt zusammenfassen:

Nach § 7 Abs. 4 a Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) erhält keine Leistungen,
wer sich ohne Zustimmung des zuständigen Trägers außerhalb des zeit— und ortsna—
hen Bereiches aufhält. Die Bestimmungen der grundsätzlich für den Bereich der Ar-
beitslosenversicherung erlassenen Erreichbarkeitsanordnung (EAO) vom
23. Oktober 1997, geändert durch Anordnung vom 16. November 2001, gelten ent-
sprechend.

Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, möglichst zu vermeiden, dass die Abwesen-
heit Einfluss auf die berufliche Eingliederung hat. Leistungsberechtigte sollen den
Eingliederungsbemühungen zur Verfügung stehen. Mit § 1 EAO wird die Pflicht eines
Arbeitslosen — und über § 7 Abs. 4 a SGB II auch des arbeitslosen erwerbsfähigen
Hilfebedürftigen —— geregelt, sicherzustellen, dass er an Werktagen durch Briefpost
erreichbar sein muss. Eine Erreichbarkeitspflicht an Tagen, die keine Werktage sind,
wäre nicht erfüllbar, da an solchen Tagen keine Briefpost ausgeliefert wird. Insoweit
ist es konsequent, die Erreichbarkeitspflicht nur für Werktage zu regeln. Der Aufent—
halt innerhalb dieses Bereiches ist nach § 1 Abs. 1 EAO insbesondere erforderlich,
um Mitteilungen der Agentur für Arbeit persönlich zur Kenntnis zu nehmen, das Ar—
beitsamt aufzusuchen, mit einem möglichen Arbeitgeber oder Träger einer berufli-
chen Eingliederungsmaßnahme in Verbindung zu treten und bei Bedarf persönlich
mit diesem zusammenzutreffen oder eine vorgeschlagene Arbeit anzunehmen‚ oder
an einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen. Dabei ist es nicht aus-
geschlossen, dass Vorstellungstermine auch an Sonn- und Feiertagen wahrge—
nommen werden könnten, insbesondere in Berufen, in denen Arbeit an solchen Ta-
gen üblich ist. Darüber hinaus haben die eigenständigen Bemühungen um Eingliede—
rung (z. B. das Verfassen von Bewerbungen) ohnehin auch unabhängig von der Öff-

- 96 - Prot. Nr. 18/56

noch Pet 4-18-11-81503

nungszeit der Agentur für Arbeit bzw. des zuständigen Trägers der Grundsicherung
für Arbeitsuchende zu erfolgen.

In § 7 Abs. 4 a SGB II wird aber auch das Recht geregelt, sich außerhalb des zeit-
und ortsnahen Bereiches aufzuhalten. Möchte ein Arbeitsloser den zeit- und ortsna-
hen Bereich verlassen, kann dies zu einer Beeinträchtigung der beruflichen Einglie—
derung führen. Das vorherige Zustimmungserfordernis dient daher dazu, dass durch
den zuständigen Träger abgeklärt wird, ob eine solche Beeinträchtigung durch die
Abwesenheit droht. Ist dies nicht der Fall, steht die Abwesenheit der Verfügbarkeit —
und damit dem Leistungsanspruch — "bis zu drei Wochen im Kalenderjahr" nicht
entgegen. Diese Formulierung begünstigt die Betroffenen. Dem Arbeitslosen wird
ermöglicht, sich für einen zusammenhängenden Zeitraum von bis zu drei Wochen
außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches aufzuhalten. Dafür ist es unerheblich,
ob ein Zeitraum von "18 Werktagen" oder von "drei (Kalender-) Wochen" geregelt
wird. Möchte der Arbeitslose hingegen von seinem Recht in mehreren Teilzeiträumen
Gebrauch machen, hat er durch die getroffene Regelung je nach Aufteilung der Orts—
abwesenheitszeiten die Möglichkeit, sich an bis zu 21 Werktagen außerhalb des zeit-
und ortsnahen Bereiches aufzuhalten.

Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn für den Aufenthalt außerhalb des zeit- und
ortsnahen Bereichs ein wichtiger Grund vorliegt und die Eingliederung in Arbeit nicht
beeinträchtigt wird. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, bei Teilnahme an ei—
ner ärztlich verordneten Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation,
bei Teilnahme an einer Veranstaltung, die staatspolitischen, kirchlichen oder gewerk-
schaftlichen Zwecken dient oder sonst im öffentlichen Interesse liegt oder bei Aus-
übung einer ehrenamtlichen Tätigkeit.

Die Zustimmung kann auch erteilt werden, wenn für den Aufenthalt außerhalb des
zeit— und ortsnahen Bereichs kein wichtiger Grund vorliegt und die Eingliederung in
Arbeit nicht beeinträchtigt wird. Hierbei soll die Dauer der Abwesenheit in der Regel
insgesamt 3 Wochen im Kalenderjahr nicht überschritten werden.

- 97 - Prot. Nr. 18/56

noch Pet4-18-11-81503

Dem Vortrag, dass eine elektronische Erreichbarkeit ausreichend sei, kann nicht ge-
folgt werden.

Die Umstellung des bisher praktizierten Verwaltungsverfahrens würde voraussetzen,
dass jede erwerbsfähige leistungsberechtigte Person über entsprechende technische
Geräte zum Empfang elektronischer Nachrichten verfügt. Die Anschaffung solcher
Geräte ist in der Regel mit Kosten verbunden. Zusätzlich fallen in der Regel auch
monatliche Nutzungsentgelte an. Die Zustellung mit der Briefpost ist hingegen für die
leistungsberechtigte erwerbsfähige Person kostenlos. Auch eine Nutzung elektroni—
scher Kommunikationswege auf ausdrücklichen Wunsch des Betroffenen kommt
nicht in Betracht. Es entspricht der Lebenswirklichkeit, dass der Empfang elektroni—
scher Nachrichten durch verschiedene Umstände eingeschränkt oder unmöglich sein
kann. So kann es bei einem Wechsel des Telekommunikationsanbieters für einen
bestimmten Zeitraum zu einer Unterbrechung der Empfangsmöglichkeiten kommen;
ausstehende Zahlungen ‚der Nutzungsentgelte (z. B. bei sogenannten „prepaid-
Verträgen“) können ebenfalls zur Nichterreichbarkeit führen. Es kann nicht Aufgabe
des Jobcenters sein, zuvor das Vorliegen der Empfangsvoraussetzungen zu prüfen
bzw. im Nachgang der Übermittlung, die erfolgreiche Datenübermittlung zu überprü-
fen.

Die Nutzung der Briefpost stellt demgegenüber ein für Bürger und Verwaltung rechts-
sicheres und transparentes Verfahren dar. Unabhängig von technischen Anforderun-
gen und Kosten ist die Nachrichtenübermittlung an die erwerbsfähige leistungsbe-
rechtigte Person sichergestellt.

Auch die Argumentation, dass erwerbsfähige Leistungsberechtigte von jedem Auf-
enthaltsort in Deutschland Aufforderungen zur Meldung im Jobcenter am nächsten
Werktag Folge leisten könnten, überzeugt nicht. Vielmehr dürfte ein erheblicher zeitli-
cher und finanzieller Aufwand erforderlich sein, um bei einem Aufenthalt außerhalb
des zeit- und ortsnahen Bereiches rechtzeitig das Jobcenter erreichen zu können.

Gerade eine zusätzliche finanzielle Belastung der erwerbsfähigen leistungsberechtig-

- 98 - Prot. Nr. 18/56

noch Pet4-18-11-81503

ten Person dürfte in der Regel im Hinblick auf deren Hilfebedürftigkeit problematisch
sein.

Zu der mit der Petition zusätzlich geforderten Aussetzung des Vollzugs der Regelung
in § 7 Absatz 4a SGB II bei selbständig Erwerbstätigen, die ergänzend Arbeits—
losengeld II beziehen, ist auf Folgendes hinzuweisen.

Nach geltender Rechtslage finden die Regelungen der EAO nur auf arbeitslose er-
werbsfähige Leistungsberechtigte Anwendung. Soweit die selbständig ausgeübte
Erwerbstätigkeit einen zeitlichen Umfang einnimmt, die zum Wegfall der Arbeitslosig-
keit führt, findet die EAO keine Anwendung. Gleichwohl unterliegen auch selbständig
Erwerbstätige mit ergänzendem Bezug von Arbeitslosengeld II weiterhin der Selbst-
hilfeverpflichtung. Sie sind trotz selbständiger Erwerbstätigkeit verpflichtet, alle Mög—
lichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen.
Dies bedeutet in der Regel, die selbständige Erwerbstätigkeit auszuweiten bzw. so
auszugestalten, dass sie wirtschaftlich tragfähig ist und die Hilfebedürftigkeit durch
die selbständige Tätigkeit innerhalb eines angemessenen Zeitraums dauerhaft über—
wunden wird. Sofern eine wirtschaftliche Tragfähigkeit nicht erreicht werden kann, ist
der betroffenen erwerbsfähigen‚ leistungsberechtigten Person auch die Aufgabe der
selbständigen Tätigkeit zugunsten einer abhängigen Beschäftigung zumutbar (vgl.
§ 10 Absatz 2 Nummer 5 SGB II). Das Jobcenter muss daher weiterhin die Möglich-
keit haben, die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person mit der Briefpost zu errei-
chen. Die betroffene leistungsberechtigte Person kann sich nicht darauf berufen, Auf—
forderungen und Mitteilungen des Jobcenters wegen Ortsabwesenheit nicht zur
Kenntnis nehmen und Aufforderungen nicht Folge leisten zu können. Im Zweifel ist
die betroffene leistungsberechtigte Person gehalten, ihre - auch beruflich bedingte
Abwesenheit - dem Jobcenter in geeigneter Weise anzuzeigen. Dies ermöglicht dem
Jobcenter die Versendung von Aufforderungen (z. B. Meldeaufforderungen) entspre—
chend dem Aufenthalt der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person an ihrem
Wohnort.

- 99 — Prot. Nr. 18/56 V

noch Pet 4—18-11—81503-

Erforderliche Abwesenheiten wegen der Ausübung der selbständigen Tätigkeit wer—
den von der Erreichbarkeitsanordnung nicht erfasst.

Abschließend ist anzumerken, dass die Regelung der Ortsanwesenheitspflicht keine
Freiheitsberaubung darstellt. Die Regelung ist nur mit Leistungsansprüchen verbun-
den, greift aber nicht in Art. 11 des Grundgesetzes ein.

Der Ausschuss hält die geltende Rechtslage für sachgerecht und vermag sich nicht
für die mit der Petition geforderte Gesetzesänderung auszusprechen.

Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil
dem Anliegen der Petition nicht entsprochen werden konnte.

Der von der Fraktion DIE LINKE. gestellte Antrag, die Petition der Bundesregierung —
dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales — als Material zu überweisen und
den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben, ist mehrheitlich
abgelehnt worden.
Petition vom 30.03.2016

Petition an den Deutschen Bundestag
(mit der Bitte um Veröffentlichung)

Seite2

Wortlaut der Petition

Der Deutsche Bundestag möge beschließen

1. Gesetzesänderung

§ 77 Abs. 1 SGB II wird mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Demzufolge tritt § 7 Abs 4a SGB II mit
sofortiger Wirkung in Kraft.

2. ad-hoc Regelung zum weiteren Verfahren

Die zuständigen Träger nach dem SGB II entscheiden nach pflichtgemäßem Ermessen, ob ein wichtiger
Grund vorliegt und die Eingliederung in Arbeit nicht beeinträchtigt wird.

Begründung

Die Petition entspricht wortgleich der Petition Pet 4181181503022397, die der Petent am 14.06.2015 beim
Deutschen Bundestag eingereicht hat. Der Petent verweist daher zur inhaltlichen Begründung seines Anliegens
auf die Darlegungen zu dieser Petition und beschränkt sich im Weiteren hier darauf, zu erläutern, warum er
mit der vorliegenden Petition sein Anliegen erneut dem Deutschen Bundestag vorträgt.

Mit Schreiben vom 15.07.2016 hat der Petitionsausschuss mitgeteilt, dass sich bereits die sachgleiche Petition
mit der IDNummer 53758 in der parlamentarischen Prüfung befinde und die eingereichte Petition als
Mehrfachpetition zu dieser Petition behandelt werde. Mit Schreiben vom 22.07.2015 hat der Petent darauf
hingewiesen, dass sich die Petitionen nur oberflächlich ähnlich sind und sich insbesondere in ihren möglichen
Auswirkungen wesentlich unterscheiden. Weiter hat er einen alternativen Vorschlag für eine umfangreichere
ad-hoc Regelung übersandt.

Mit Scheiben vom 30.03.2016 hat der Petitionsausschuss mitgeteilt, dass das Verfahren abgeschlossen wurde
und die Begründung der Beschlussempfehlung übersandt. Diese erläutert, warum es für erforderlich gehalten
wird, dass eine Erreichbarkeits- und Aufenthaltsregelung weiterhin besteht. Der Begründung ist indes keine
Auseinandersetzung mit dem Begehren der Petition Pet 4181181503022397 zu entnehmen, die gerade keine
völlig Abschaffung solcher Regelungen verlangt, sondern eher im Gegenteil wünscht, dass die im Gesetz
bereits bestehenden Regelungen hierzu in Kraft treten, indem die Übergangsvorschrift, die dies verhindert,
gestrichen wird.

Der Petent bittet daher den Deutschen Bundestag sich mit dem Kernanliegen seiner Petition, nämlich der oben
genannten Gesetzesänderung aus Nr. 1, zu befassen.
Schreiben des Petitionsausschusses vom 19.01.2017

Berlin, .19. Januar 2017
Bezug: Ihr Schreiben vom
21. Dezember 2016

Arbeitslosengeld II
Pet 4-18-11-81503-022397 (Bitte bei allen Zuschriften angeben)

Sehr geehrter Herr ...,

der Petitionsausschuss hat zum vorgetragenen Anliegen dem
Plenum des Deutschen Bundestages den Antrag vorgelegt, das
Petitionsverfahren abzuschließen. Das Plenum des Deutschen
Bundestages hat diese Beschlussempfehlung angenommen.
Damit ist Ihre Eingabe ordnungsgemäß behandelt worden.

Artikel 17 des Grundgesetzes gewährt nur einen Anspruch auf
eine einmalige sachliche Prüfung des gleichen Vorbringens
durch dieselbe Stelle.
Ich bitte daher um Verständnis, dass Ihr erneutes Schreiben, das
sich lediglich auf das bereits behandelte Anliegen bezieht, zu
keiner nochmaligen parlamentarischen Prüfung Anlass gibt.

Mit freundlichen Grüßen

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