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Dienstag, 31. Mai 2016
B 1 KR 41/08 B vom 09.07.2008, Bundessozialgericht
anselmf
BUNDESSOZIALGERICHT
Beschluss in dem Rechtsstreit Az: B 1 KR 41/08 B L 5 KR 362/07 (Bayerisches LSG) S 4 KR 186/05 (SG Landshut) Kläger und Beschwerdeführer, Prozessbevollmächtigte: g e g e n A, Beklagte und Beschwerdegegnerin. Der 1. Senat des Bundessozialgerichts hat am 9. Juli 2008 durch den Präsidenten M und die Richter Prof. Dr. S und Dr. H beschlossen: Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen die Nicht- zulassung der Revision im Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10. Dezember 2007 gewährt. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im genannten Beschluss wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten. - 2 - G r ü n d e : I 1 Der 1926 geborene Kläger bat seine Krankenkasse (Beklagte) im Dezember 2004 um eine "verbindliche" Mitteilung, in welcher Höhe seine Hinterbliebenen Sterbegeld aus seiner Krankenversicherung erhalten werden. Die Beklagte teilte ihm unter Übersendung einer formularmäßigen "Information zum Wegfall des Sterbegeldes" mit, der Anspruch auf Sterbegeld sei seit dem 1.1.2004 ausgeschlossen (Schreiben vom 17.12.2004 und 9.2.2005). Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Die Beklagte wies ihn im Folgenden erneut auf den Wegfall des Sterbegeldes sowie darauf hin, dass gegen ihre Auskunft ein Widerspruch nicht zulässig sei. Der Kläger bat um Erteilung eines rechtsmittelfähigen Verwaltungsaktes, worauf die Beklagte seinen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.7.2005 zurückwies. Sie führte aus, der Widerspruch sei unzulässig, weil sie dem Kläger eine bloße Auskunft erteilt, aber keinen Verwaltungsakt erlassen habe. 2 Das Sozialgericht (SG) hat die auf Mitteilung der Höhe des Krankengeldes, hilfsweise auf Ver- pflichtung der Beklagten zur Erteilung eines entsprechenden Bescheides gerichtete Klage ab- gewiesen. Dem Kläger fehle das Rechtsschutzinteresse sowohl für die begehrte Mitteilung über die Höhe des Sterbegeldes als auch hinsichtlich des Antrags auf Neubescheidung, weil er selbst nicht Inhaber eines möglichen Anspruchs auf Sterbegeld sein könne (Urteil vom 29.3.2007). Das Landesozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen. Die Schreiben der Beklagten vom 17.12.2004 und 9.2.2005 seien als Ablehnungsbescheide zu qualifizieren, denn sie verneinten unter Erläuterung der Rechtsgrundlagen konkret einen Anspruch des Klägers auf Sterbegeld. Die Beklagte sei zwar nicht berechtigt gewesen, den Widerspruch als unzulässig zurückzuweisen. Weil der Widerspruchsbescheid in der Sachverhaltsbeschreibung jedoch auch Ausführungen zur materiellen Regelung enthalte und die Beklagte unmissverständlich zum Ausdruck gebracht habe, dass sie einen Anspruch des Klägers verneine, sei auch insoweit von einer materiellen Entscheidung auszugehen. Ebenso habe das SG durch die "tenorierte Abwei- sung der Klage zum Ausdruck gebracht, dass dem Kläger kein Anspruch auf Sterbegeld zu- steht". Dies sei rechtlich zutreffend, sodass nicht näher darauf einzugehen sei, ob die Klage im Ergebnis mangels Rechtsschutzbedürfnisses oder mangels materiellen Anspruchs ohne Erfolg bleibe. Dem Kläger stehe ebenso wenig wie seinen Rechtsnachfolgern ein Anspruch auf Sterbegeld zu. Der Ausschluss des Sterbegeldes seit 1.1.2004 sei mit dem GG vereinbar (Be- schluss vom 10.12.2007). 3 Mit Beschluss vom 3.4.2008 hat der erkennende Senat den Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG Prozesskostenhilfe (PKH) zu gewähren und einen Rechtsanwalt beizuordnen, mangels Erfolgs- - 3 - aussicht der Beschwerde abgelehnt. Der Kläger hat jetzt durch einen Rechtsanwalt Nichtzulas- sungsbeschwerde eingelegt und beantragt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. II 4 1. Dem Kläger ist, nachdem sein Antrag auf Bewilligung von PKH zwecks Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde abgelehnt worden war, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Wird das in der Rechtsmittelfrist ordnungsgemäß eingereichte Prozeßkostenhilfegesuch eines iS von § 114 Satz 1 ZPO "armen" Beteiligten abgelehnt, ist Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn das Rechtsmittel binnen eines Monats nach Zustellung der Ablehnung formgerecht eingelegt wird (vgl BSG SozR 1500 § 67 Nr 13, 15). So liegt der Fall hier. 5 2. Die Beschwerde ist jedoch unzulässig. Die Revision ist nur zuzulassen, wenn die Rechts- sache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), wenn das Urteil von einer Ent- scheidung des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichts- höfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2) oder ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird, auf dem die an- gefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1). Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dargetan. 6 a) Die Beschwerdebegründung lässt schon nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, wel- cher der drei Zulassungsgründe geltend gemacht werden soll; Normen werden insoweit nicht genannt und Zulassungsgründe nicht ausdrücklich bezeichnet. Soweit in der Beschwerde- begründung ausgeführt wird, die der angefochtenen Entscheidung des LSG zu Grunde liegende Meinung des BSG in SozR 4-2500 § 58 Nr 1 könne nicht aufrechterhalten werden, weil sie gegen Art. 3, 14, 20 und 25 GG sowie Art 6 EMRK verstoße, macht der Kläger allenfalls sinngemäß eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend. Die Darlegungserfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG verlangen insoweit jedoch, dass eine Rechtsfrage klar formuliert und ausgeführt wird, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; siehe auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Zwar kann auch die Verfassungsmäßigkeit einer Vorschrift von grundsätzlicher Bedeutung sein (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 17). Jedoch ist eine Rechtsfrage, die das BSG bereits entschieden hat, nicht mehr klärungsbedürftig. Sie kann somit keine grundsätzliche Bedeutung mehr haben, es sei denn, die Beantwortung der Frage ist aus besonderen Gründen klärungsbedürftig geblieben oder erneut geworden. Auch das muss substantiiert vorgetragen werden (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38 mwN). Hieran fehlt es. Der Kläger setzt sich jedoch weder mit der - 4 - Entscheidung des BSG vom 13.12.2005 (SozR 4-2500 § 58 Nr 1) auseinander, in welcher der Senat die verfassungsrechtlichen Aspekte des Wegfalls des Sterbegeldes eingehend behandelt hat, noch zeigt er in seiner Beschwerdebegründung sonstige, darüber hinausgehende verfassungsrechtliche Gesichtspunkte auf. 7 b) Die Beschwerde ist auch nicht nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG wegen Vorliegens eines Verfah- rensfehlers zuzulassen. Zwar wird in der Beschwerdebegründung ausgeführt, das SG habe die Klage mit der "denkwürdigen Begründung" abgewiesen, das Sterbegeld gehe den Kläger nichts an. Und weiter "es wird - auch in der Fachliteratur - wiederholt festgestellt, dass erstinstanzliche Gerichte (zum Zwecke der Selbstentlastung) Klagen und sonstige Anträge auch mit 'abwegigen' Argumenten abweisen, um die Sache loszuwerden und der Rechtsmittelinstanz die eigentliche Sachaufklärung und Entscheidungsfindung zu überlassen. Diese Vorgehensweise ist rechts- widrig und widerspricht sozialstaatlichen Prinzipien. Denn die Rechtsmittelinstanz hat vornehm- lich die Aufgabe, einen weitestgehend erschöpfend aufbereiteten Sachverhalt und die darauf gegründete Entscheidung zu überprüfen, nicht aber erstinstanzlich tätig zu werden. Denn sonst ginge dem/der Rechtsuchenden eine wichtige Tatsacheninstanz verloren, also auch die Über- prüfungsmöglichkeit des Sachverhalts. In vorliegender Sache könnte ein solcher Fall vorliegen." 8 Mit diesem Vorbringen werden Verfahrensfehler nicht in der gebotenen Weise dargetan. Der Senat hat jedoch bereits in seinem Beschluss vom 3.4.2008 darauf hingewiesen, dass das LSG eine Sachenscheidung über den geltend gemachten Anspruch getroffen hat. Ob das SG einen Verfahrensfehler begangen hat, ist für die Nichtzulassungsbeschwerde nur dann erheblich, wenn es sich um einen auch in der Berufungsinstanz fortwirkenden Verfahrensfehler handelt (BSG, Beschluss vom 13.8.1998 - B 2 U 251/97 B). Hierzu trägt der Kläger nichts vor. 9 Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG abgesehen. 10 Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. M H S Faksimile ... comment 0 Kommentare |
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