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Samstag, 7. Mai 2016
LSG SHS, L 5 KR 73/08 vom 16.09.2009, Schleswig-Holsteinsches Landessozialgericht
anselmf
L 5 KR 73/08
S 1 KR 153/06 SG Itzehoe SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES LANDESSOZIALGERICHT verkündet am 16.09.2009 Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle IM NAMEN DES VOLKES URTEIL In dem Rechtsstreit - Klägerin und Berufungsklägerin - Prozessbevollmächtigter: gegen BKK RWE, Welfenallee 32, 29225 Celle, 9 — Beklagte und Berufungsbeklagte - Prozessbevollmächtigter: hat der 5. Senat des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts auf die mündliche Ver- handlung vom 16. September 2009 in Schleswig durch den Richter am Landessozialgericht ---‚ den Richter am Landessozialgericht ---, den Richter am Landessozialgericht --- sowie den ehrenamtlichen Richter --- und den ehrenamtlichen Richter --- für Recht erkannt: Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 9. April 2008 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander auch für den zweiten Rechtszug keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. - 2 - T a t b e s t a n d Die Beteiligten streiten über eine Erstattungsforderung wegen Fahrkosten in Höhe von insgesamt 3.400,00 EUR. Die Klägerin ist die Sonderrechtsnachfolgerin des am 26. Au- gust 1945 geborenen und am 16. Februar 2006 Verstorbenen Ver- sicherten der Beklagten J.—T. N.. Dieser litt seit 1997 an ei— ner Lebererkrankung, die Lebertransplantationen in den Jahren 2001 und 2004 erforderlich machten. Die Behandlung erfolgte in der letzten Zeit der Erkrankung vor allem in den Universitäts- kliniken K. und H.. Der Versicherte war schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 100 und der Zuerkennung der Merkzeichen „B“ und „G“ ab 1. November 2004. Seit dem, 14. Dezember 2005 war er in die Pflegestufe II nach dem Sozi- algesetzbuch, Elftes Buch (SGB XI) eingestuft. Am 28. März 2006 beantragte die Klägerin Fahrkostenerstattung für die Jahre 2004 bis Februar 2006, und zwar für Fahrten zu und von stationären Aufenthalten, ambulanten Behandlungen und für Besuchsfahrten. Hierzu legte sie eine Verordnung von Kran- kenbeförderung zur stationären Krankenhausbehandlung der All- gemeinärzte Dres. S. vor und erstellte eine Auflistung über die durchgeführten Krankentransporte und die einzelnen Be- suchsfahrten. Mit Bescheid vom 25. April 2006 nahm die Beklagte zunächst ei— ne Erstattung in Höhe von 24,60 EUR für eine Krankenbeförde— rung vom 14. Dezember 2004 abzüglich des Eigenanteils vor und lehnte eine weitere Kostenübernahme ab. Diesen Eigenanteil be- richtigte sie mit weiterem Bescheid vom 4. Mai 2006. Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrem am 5. Mai 2006 bei der Be- klagten eingegangenen Widerspruch, mit dem sie geltend machte, die Fahrt vom l4. Dezember 2004 habe einer Notfallbehandlung - 3 - gedient und es hätten nur 10,00 EUR Eigenanteil abgezogen wer- den dürfen. Sie verwies auf die Schwerbehinderteneigenschaft des Versicherten und führte aus, er sei seit 1997 kontinuier— lich in der Universitätsklinik K. ambulant und stationär be- handelt worden, die Bescheinigungen lägen seit 2002 vor. Die Fahrkosten seien als Ausnahme zu erstatten, da die Behand- lungsfrequenz hoch gewesen sei, ein Schaden an Leib und Seele des Versicherten habe vermieden werden können und er unter Zu- erkennung des Merkzeichens „H“ schwerbehindert gewesen sei. Die behandelnden Ärzte hätten ausweislich ihrer Atteste bei Auftreten einer akuten hepatischen Enzephalopathie eine sofor- tige Einweisung in die Universitätskliniken in K. oder H. er- beten. Hierzu fügte sie eine Auflistung über die ambulanten und stationären Krankenhausbehandlungen bei. Mit weiterem Be- scheid vom 12. Mai 2006 nahm die Beklagte eine Erstattung in Höhe von insgesamt 271,40 EUR für die Fahrkosten anlässlich der stationären Krankenhausaufenthalte vor. Zur Begründung führte sie aus, eine Übernahme der Fahrkosten zu einer ambu- lanten Behandlung sei nur noch in besonderen Ausnahmefällen nach vorheriger Genehmigung durch die Krankenkasse möglich. Dies sei insbesondere der Fall, wenn der Patient mit einem durch die Grunderkrankung vorgegebenen Therapieschema behan- delt werde, das eine hohe Behandlungsfrequenz über einen län- geren Zeitraum erfordere, und diese Behandlung oder der zu dieser Handlung führende Krankheitsverlauf den Patienten in einer Weise beeinträchtige‚ dass eine Beförderung zur Vermei- dung von Schaden an Leib und Leben unerlässlich sei. Alterna- tiv müsse ein Schwerbehindertenausweis mit den Merkzeichen „aG“, „Bl“ oder „H“ oder eine Einstufung in die Pflegestu- fen II oder III vorliegen. Der Versicherte habe keinen vorhe- rigen Antrag gestellt und sei nicht als Schwerbehinderter mit dem Merkzeichen „H“ anerkannt, in die Pflegestufe II sei er erst ab dem 14. Dezember 2005 eingestuft worden. Eine hohe Be- handlungsfrequenz habe trotz des langen Zeitraums der Erkran- - 4 - kung und der daraus resultierenden Krankenhausbehandlungen nicht vorgelegen; eine solche Frequenz sei z. B. bei einer Strahlentherapie oder Dialyse anzuerkennen, wenn mit der Be- handlung ein durch die Grunderkrankung vorgegebenes Therapie- schema verfolgt werde. Mit Bescheid vom 17. Mai 2006 erstatte- te die Beklagte weitere Kosten für Heimfahrten am 22. und 24. September 2004 in Höhe von insgesamt 52,80 EUR. Zur Be- gründung ihres weitergehenden Anspruches legte die Klägerin u. a. eine Bescheinigung der Klinik für A. C. und T. vom 13. April 2005 über die zwingend erforderliche Begleitung zu den Untersuchungen wegen der bestehenden Enzephalopathie von April bis Juni 2004 sowie eine weitere Bescheinigung vom 12. Dezember 2005 der Klinik vor; darin heißt es, die regelmä- ßigen Besuche der Klägerin seien bis zur Re— Lebertransplantation am 21. Juni 2005 medizinisch erwünscht gewesen, da dadurch eine psychologische Führung und Betreuung des Versicherten mehrstündig am Tag optimal gewährleistet ge- wesen sei. Nach der Re—Transplantation sei die Betreuung wegen der zahlreichen Komplikationen nach der Operation und der spä- teren Tumorerkrankung medizinisch und psychologisch ebenfalls indiziert gewesen. Die Beklagte hob mit weiterem Bescheid vom 7. Juli 2006 die vorangegangenen Bescheide vom 25. April‚. 4. Mai, 12. Mai und 17. Mai 2006 auf und erstattete der Kläge- rin insgesamt Fahrkosten in Höhe von 670,80 EUR. Der Betrag umfasste die Kosten der Hin— und Rückfahrten zu den Aufnahme- und Entlassungsterminen der stationären Krankenhausbehandlun- gen‚ jeweils vergütet mit 0,24 EUR bzw. 0,22 EUR und ab 1. September 2005 mit 0,20 EUR je Kilometer. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Kosten der allgemeinen Besuchs- fahrten von Angehörigen seien der allgemeinen Lebensführung zuzurechnen und könnten nicht übernommen werden, auch wenn die Besuche den Krankheitsverlauf günstig beeinflusst hätten und wünschenswert gewesen seien. Die Übernahme der Fahrkosten des ersicherten zu den ambulanten Behandlungen lehnte die Beklag- - 5 - te aus den Gründen des Bescheides vom 12. Mai 2006 ab. Zur weiteren Begründung ihres Widerspruchs trug die Klägerin vor, der Versicherte sei mit einer hohen Frequenz in Dauerbehand— lung gewesen. Die Behandlung habe nur in K. oder H. durchge- führt werden können. Die Begleitung sei medizinisch indiziert gewesen und ihre Notwendigkeit durch ärztliche Atteste nachge- wiesen. Sie habe die Betreuung sicherstellen müssen, da der Versicherte u. a. desorientiert gewesen und im Mai 2005 einmal weggelaufen sei. Sie habe in der Vergangenheit die Leistungen wiederholt mündlich beantragt. Außerdem sei die Absenkung des Erstattungsbetrages auf 0,20 EUR pro Kilometer nicht angekün- digt worden. Darin liege ein Beratungsfehler. Die Fahrkosten‚ die sie seit 1997 erhalten habe, seien ihr bereits vorher ge- nehmigt worden. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Wider- spruchsbescheid vom 19. Oktober 2006 zurück und führte aus, die Rechtslage sei hinsichtlich der Erstattung der Fahrkosten zur ambulanten Behandlung seit dem 1. Januar 2004 neu geregelt worden. Die Erstattung erfordere eine vorherige Genehmigung für Ausnahmefälle, wie sie im angefochtenen Bescheid dargelegt worden seien. Gegen die Entscheidung hat die Klägerin am 2. November 2006 beim Sozialgericht Itzehoe Klage erhoben, der sie eine Auflis- tung der ambulanten Behandlungen 2004 und 2005 sowie eine Lis- te der Besuchstage beigefügt hat. Sie hat ausgeführt, die Er- stattung der Besuchsfahrten sei zwar vom Gesetzgeber nicht di- rekt geregelt, aber unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 60 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) zulässig. Insbe- sondere sei die Erstattung möglich, wenn die Fahrten bei lan- ger Abwesenheit des Versicherten zu seiner psychischen Unter- stützung unentbehrlich und zwingend notwendig seien. Hierzu hat sie sich auf die ärztlichen Bescheinigungen der Universi- tätskliniken gestützt. Insgesamt sei auf der Grundlage eines Kilometersatzes von 0,20 EUR pro Kilometer für 85 Fahrten und - 6 - einer Wegstrecke pro Fahrt von 200 km ein Erstattungsbetrag von 3.400,00 EUR im Streit. Die Klägerin hat beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 7. Juli 2006 in der Fas- sung des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr weitere 3.400,00 EUR an Fahrkosten zu erstatten. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Unter Verweisung auf die Begründung des Widerspruchsbescheides hat sie ausgeführt, die Ausnahmen für eine Fahrkostenerstat— tung zu ambulanten Behandlungen seien nicht erfüllt, da dem Versicherten nicht das Merkzeichen „aG“ zuerkannt gewesen und keine Dialysebehandlung‚ onkologische Chemo- oder Strahlenthe- rapie oder eine vergleichbare Behandlung durchgeführt worden sei. Besuchsfahrten hätten ebenfalls vorher genehmigt werden müssen, um ihr - der Beklagten — rechtzeitig die Gelegenheit zur Prüfung der Voraussetzungen zu geben. Im Übrigen sei aus den vorgelegten Unterlagen nicht erkennbar, in welchem Umfang und mit welcher Besuchsfrequenz eine psychische Stützung des Versicherten erforderlich gewesen sei, da in dem ärztlichen Attest lediglich die optimale psychologische Führung und Be- treuung hervorgehoben sei. Die Klägerin habe eine Betreuungs- funktionen erfüllt, die im Rahmen der Behandlungspauschale ei- ne originäre Leistung des Krankenhauses sei. Dabei sei zu be- rücksichtigen, dass allein die gesundheitlichen Auswirkungen derartiger Besuche auf die Krankheit des Versicherten berück- sichtigt werden könnten. Zwar sei im weiteren Attest vom 13. April 2005 die Notwendigkeit der Begleitung an den Unter- -7 - suchungstagen attestiert, aus den dargelegten Gründen könnten die Kosten hierfür jedoch nicht übernommen werden. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 9. April 2008 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das vorherige Antragserfordernis für die Fahrkosten folge bereits aus § 13 Abs. 3 Satz l SGB V; es sei nicht zu erkennen, dass die Leis- tungen unaufschiebbar gewesen seien. Im Übrigen habe die Be- klagte die Fahrkostenerstattung auch nicht zu Unrecht abge- lehnt. Denn die Fahrkosten könnten nur nach vorheriger Geneh- migung in besonderen Ausnahmefällen, die jedoch nicht vorlä- gen, erstattet werden. Weitere Ausnahmeerfordernisse seien die Merkzeichen „aG“‚ „Bl“ oder „H“ nach dem Sozialgesetzbuch, 9. Buch, die dem Versicherten nicht zuerkannt worden seien; eine gleichfalls als Ausnahme anerkannte Einstufung in die Pflegestufe II sei erst im Dezember 2005 erfolgt. Für die Be- suchsfahrten gebe es schließlich keine gesetzliche Anspruchs- grundlage. Es sei nicht zu verkennen, dass die Anwesenheit der Klägerin bei dem Verstorbenen für sie selbst und für diesen notwendig gewesen sei, mangels einer gesetzlichen Grundlage seien die Kosten jedoch der allgemeinen Lebensführung zuzu— rechnen. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch stelle gleichfalls keine Rechtsgrundlage dar, denn er setze einen Be- ratungsfehler voraus. Ein solcher Anspruch scheitere bereits daran, dass die Beklagte nicht in der Lage wäre, im Wege einer rechtmäßigen Amtshandlung die Fahrkosten zu erstatten, da es an einer Rechtsgrundlage fehle. Gegen die ihrem Prozessbevollmächtigten am 18. Juni 2008 zuge- stellte Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin, die am 17. Juli 2008 beim Sozialgericht Itzehoe eingegangen ist. Sie macht einen Vertrauensschutz geltend und trägt hierzu vor, der Verstorbene sei seit 1997 in regelmäßiger Behandlung gewesen und die Fahrkosten seien fortlaufend stets im Folge— - 3 - jahr erstattet worden, und zwar ab 2002 beginnend mit dem Be- handlungsjahr 1998. Dies sei problemlos gehandhabt worden. An- lässlich einer stationären Reha—Maßnahme in Ka. habe die BfA ebenfalls die Fahrkosten für sie und die Übernachtungskosten getragen. Die Gesetzesänderung ab 1. Januar 2004 habe die Be- klagte ihr nicht mitgeteilt. Anlässlich eines Telefonats An- fang 2004 wegen der zukünftigen Fahrten habe die Mitarbeiterin der Beklagten R. ihr die Auskunft erteilt, auch ab 2004 würden die Fahrkosten fortlaufend übernommen, wenn sie bis 2003 ge- tragen worden seien. Das Telefonat stelle einen Antrag auf Kostenübernahme dar, die Mitarbeiterin habe nicht auf einen schriftlichen Antrag verwiesen. Die Klägerin schildert den weiteren Krankheits- und Behandlungsablauf des Versicherten. Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 9. April 2008 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Juli 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2006 abzuändern und die Beklagte zu verur- teilen, ihr weitere Fahrkosten in Höhe von 3.400,00 EUR zu erstatten. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie bestreitet, dass die Klägerin die Kostenübernahme Anfang 2004 mündlich beantragt habe. Es gebe keinen Hinweis darauf, dass in der Vergangenheit die Fahrkosten einvernehmlich am Jahresende erstattet worden seien, die Erstattung sei vielmehr unregelmäßig erfolgt. Hierzu legt die Beklagte diverse Leis- tungsmasken vor. -9 - In der mündlichen Verhandlung haben dem Senat die Verwaltungs- vorgänge der Beklagten, die Akte S 1 P 33/06 des Sozialge- richts Itzehoe und die Verfahrensakte vorgelegen. Zur Ergän- zung der Einzelheiten wird darauf Bezug genommen. Entscheidungsgründe Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe ist zulässig, aber nicht begründet. Zutreffend hat das Sozialgericht die Entscheidung der Beklagten bestätigt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung weiterer Kosten. für Fahrten ihres verstorbenen Ehemannes und für Besuchsfahr- ten. Dabei geht es infolge der Aufhebung der vorangegangenen Bescheide durch den Bescheid vom 7. Juli 2006 allein noch um die Fahrten des Versicherten zu den ambulanten Behandlungen und um die Besuchsfahrten der Klägerin selbst. Die Ansprüche der Versicherten der gesetzlichen Krankenversi- cherung auf Fahrkosten sind durch Art. 1 Nr. 38 des Gesetzes vom 14. November 2003 (BGBl. 1, s. 2190 — GKV-Modernisierungs— gesetz) mit Wirkung vom l. Januar 2004 neu geregelt worden. Nach § 60 Abs. l SGB V übernimmt die Krankenkasse nach den Ab- sätzen 2 und 3 der Vorschrift die Fahrkosten einschließlich der Krankentransporte, wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Aus dieser Formulierung und dem Hinweis auf die zwingende Notwendigkeit, ferner aus der Tatsache, dass § 60 in der Gesetzesfassung vom 14. November 2003 gegenüber der vorangegangenen Regelung eine Einschränkung vorsah (dazu Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegever- sicherung, § 60 SGB V Rz. 2), ergibt sich, dass die Bestimmun- gen eng ausgelegt werden müssen. Nach § 60 Abs. 2 SGB V sind Leistungsfälle für Fahrkosten aufgeführt, die hier nicht ein- - 10 - schlägig sind, denn es handelt sich um Fahrten im Zusammenhang mit stationären Krankenhausbehandlungen (Nr. 1), um Rettungs- fahrten (Nr. 2), um Krankentransporte mit notwendiger fachli- cher Betreuung (Nr. 3) sowie um Fahrten im Zusammenhang mit ambulanten Krankenbehandlungen‚ wenn dadurch eine an sich ge- botene vollstationäre oder teilstationäre Krankenhausbehand- lung vermieden oder verkürzt wird oder wenn diese nicht durch- führbar ist (Nr. 4). Diese Voraussetzungen liegen sämtlichst nicht vor. Nach § 60 Abs. 1 Satz 3 SGB V können Fahrkosten im Zusammenhang mit ambulanten Behandlungen nur nach vorheriger Genehmigung in besonderen Ausnahmefällen erstattet werden, die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 SGB V festgelegt hat. Hieraus folgt be- reits, dass für die Besuchsfahrten der Klägerin selbst im Ge- setz, anders als in der früheren Regelung des § 194 Abs. 3 RVO‚ keine Anspruchsgrundlage vorgesehen ist. Der Senat unter- stellt hierbei zwar, dass diese Fahrten psychologisch und me- dizinisch indiziert gewesen sind, wie dies in den von der Klä- gerin vorgelegten Arztbriefen ausgeführt ist. Es handelt sich jedoch nicht um eine ärztliche oder ärztlich veranlasste Kran- kenbehandlung, da die Klägerin dadurch, dass ihre Begleitung des Versicherten auf den Fahrten medizinisch sinnvoll gewesen ist, nicht zu einer ärztlichen Hilfsperson wird. Eine An- spruchsgrundlage für die Besuchsfahrten ergibt sich aus dem Gesetz nicht (vgl. auch LSG Essen vom 23. August 1994 — L 5 KR 303/92; Hasfeld in juris—PK § 60 SGB V Rz. 45). Für die Fahrten zu den ambulanten Behandlungen fehlt es zum einen bereits an der vorherigen Genehmigung durch die Beklagte im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 3 SGB V. Zum anderen sind jedoch auch die weiteren Voraussetzungen nicht erfüllt. Die Richtli- nien gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 SGB V, die der Gemeinsame Bundesausschuss mit Wirkung vom 1. Januar 2004 am 22. Januar 2004 erlassen hat (BAnz Nr. 18 S. 1342 — Krankentransport- - 11 - richtlinien —)‚ sehen für die Übernahme der Kosten für Kran- kentransporte und Fahrten grundsätzlich nach § 2 eine Verord- nung vor. Dies gilt jedoch nach § 2 Abs. 3 nicht, wenn — wie hier — Fahrten mit einem privaten Kraftfahrzeug durchgeführt werden. Es ist daher unerheblich, dass die vorgelegten ärztli- chen Verordnungen nur zu einem geringfügigen Teil, nämlich für den 17. Februar, 15. März, 16. Juni und 13. September 2005 so- wie 12. Mai 2006, Fahrten zu ambulanten Behandlungen und im Übrigen stationäre Krankenhausbehandlungen betrafen. Jedoch können nach S 8 der Richtlinien die Kosten nur in be— sonderen Ausnahmefällen übernommen werden, wenn Fahrten zu am- bulanten Behandlungen betroffen sind. Nach § 8 Abs. 2 ist Vo- raussetzung für eine Genehmigung, dass der Patient mit einem durch die Grunderkrankung vorgegebenen Therapieschema behan- delt wird, das eine hohe Behandlungsfrequenz über einen länge— ren Zeitraum aufweist und dass diese Behandlung oder der zu dieser Behandlung führende Krankheitsverlauf den Patienten in einer Weise beeinträchtigt, dass eine Beförderung zur Vermei- dung von Schaden an Leib und Leben unerlässlich ist. Hierzu ist in Anlage 2 zu der Richtlinie eine nicht abschließende Liste für die Ausnahmefälle erstellt worden. Darin sind eine Dialysebehandlung sowie eine onkologische Strahlentherapie oder onkologische Chemotherapie aufgenommen worden. Diese Vo- raussetzungen liegen hier nicht vor, da der Versicherte keine schematische Therapiebehandlung erfahren hat. Zwar ist er we- gen der Lebererkrankung, die in eine Tumorerkrankung mündete, über einen längeren Zeitraum behandelt worden. Der behandelnde Arzt Dr. Sa. hat auch am 9. September 2005 eine schwere chro- nische Krankheit im Sinne des § 62 SGB V attestiert. Die Vo- raussetzungen für eine Krankheit in diesem Sinne liegen be- reits dann vor, wenn der Versicherte mindestens ein Jahr lang vor Ausstellen der Bescheinigung jeweils wenigstens einmal im Quartal wegen derselben Krankheit in ärztlicher Behandlung - 12 - war. Dies kann jedoch mit den Anforderungen an eine Übernahme der Fahrkosten im Sinne der Richtlinien zu § 60 Abs. 1 Satz 3 SGB V nicht gleichgesetzt werden. Die Feststellung zu § 62 SGB V dient der Einschätzung, ob die Belastungsgrenze insge- samt überschritten ist. Die Entscheidung darüber folgt nach anderen Grundsätzen als die Kostenerstattung für Fahrten zu und von ambulanten Behandlungen. Dies folgt aus dem Vergleich der Kriterien zu § 62 und § 60 Abs. l SGB V. Die Fahrkosten zu einer einmaligen Krankenbehandlung je Quartal i.S.d. § 62 SGB V belasten den Versicherten in ungleicher Weise gegenüber Fahrkosten zu einer Dialyse oder onkologischen Behandlung. Die regelmäßig erforderliche Behandlungsfrequenz und die systemi— sche Behandlung fehlen hier. Es lag den Behandlungen, insbe- sondere den Notfallbehandlungen, kein bestimmendes Therapie- schema zugrunde. Aus dem Grunde stellt auch die Bescheinigung vom 9. September 2005 keine Grundlage für die Kostenerstattung- dar. Die Voraussetzungen für § 8 Abs. 2 der Richtlinien sind nicht erfüllt. Nach § 8 Abs. 3 der Richtlinien können die Fahrkosten zur am- bulanten Behandlung darüber hinaus verordnet oder genehmigt werden, wenn ein Schwerbehindertenausweis mit den Merkzeichen „aG“, „Bl“ oder „H“ zuerkannt worden ist oder wenn die Voraus- - setzungen der Pflegestufe II oder III nach dem Sozialgesetz- buch, Elftes Buch erfüllt sind. Die Merkzeichen zu der Schwer- behinderteneigenschaft lagen bei den Versicherten sämtlich nicht vor, die Pflegestufe II wurden erst nach Durchführung der hier geltend gemachten Fahrten zuerkannt, daher sind auch die Voraussetzungen dieser Alternative nicht erfüllt. Insge- samt stellen die Krankentransportrichtlinien keine Grundlage für die Übernahme der Kosten einer ambulanten Behandlung des Versicherten dar. - 13 - Die Klägerin kann ihren Anspruch auch nicht auf einen Vertrau- ensschutz stützen, weil die Mitarbeiterin der Beklagten R. den Versicherten oder die Klägerin nicht auf die Gesetzesände- rung hingewiesen oder ausgeführt hat, die Kosten würden auch weiterhin übernommen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine schriftliche Zusage der Mitarbeiterin im Sinne des § 34 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch nicht vorliegt. Es kann dahingestellt bleiben, ob eine Verpflichtung der Mitarbeiterin zur Aufklärung über die Gesetzesänderung bestand, nachdem die Beklagte vorher Fahrkosten erstattet hatte. Denn hierauf kommt es nicht entscheidungserheblich an. Dabei vermag der Senat den Vortrag der Klägerin, sie habe die Fahrkosten eines Jahres erst im Folgejahr eingereicht, nach Vorlage der Leistungsmas— ken durch die Beklagte nicht nachzuvollziehen. Denn daraus er- geben sich in unregelmäßiger Reihenfolge in den Jahren 2002 und 2003 Erstattungen von Fahrkosten. Unerheblich, ob der Er- stattungsanspruch sich auf einen Vertrauensschutz der Klägerin auf Fortführung der vorangegangenen Verfahrensweise oder auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch‚ der sich auf ei- ne nach § 14 Sozialgesetzbuch, Erstes Buch (SGB I) gebotene und unterlassene Beratung stützen konnte (Seewald, Kasseler Kommentar, § 14 SGB I Rz. 24), wären die Erstattungsvorausset- zungen nicht erfüllt, denn in beiden Fällen fehlt es an dem Alternativverhalten, das im einen Fall infolge des Vertrauens- schutzes, im anderen Fall infolge der gebotenen und unterlas— senen Beratung unterblieben ist. Für die Fahrten zu und von den ambulanten Behandlungen ergibt sich dies von selbst, denn der Versicherte musste sie notwendigerweise wahrnehmen und hatte keine andere Gestaltungsmöglichkeit, um die Behandlungen durchführen zu lassen. Jedoch auch hinsichtlich der Besuchs- fahrten hat die Klägerin stets ausgeführt, dass sie diese für notwendig erachtete. Es fehlt jeglicher Hinweis darauf, dass sie dann, wenn sie davon gewusst hätte, dass sie die Kosten für die Fahrten selbst zu übernehmen hätte, von den Besuchen - 14 - Abstand genommen hätte. Selbst wenn man folglich eine gebotene Aufklärung durch die Beklagte als Folge der Gesetzesänderung zum 1. Januar 2004 unterstellt, folgt daraus kein Leistungsan- spruch der Klägerin. Zudem darf der Herstellungsanspruch nur auf eine zulässige Leistung gerichtet sein. Eine solche wäre, wie ausgeführt, eine Fahrkostenerstattung nicht. Die Abweisung der Ansprüche durch die Beklagte erfolgte daher zu Recht. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) . Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 16O Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Rechtsmittelbelehrung Dieses Urteil kann nur dann mit der Revision angefochten werden, wenn sie nachträglich vom Bun- dessozialgericht zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht mit der Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich beim Bundessozialgericht Graf-Bernadotte-Platz 5 34119 Kassel einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss bis zum Ablauf der Monatsfrist bei dem Bundessozialgericht eingegangen sein. Als Prozessbevollmächtigte sind zugelassen - Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände und Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder. Sie müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln, - selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit soziaI- oder berufspolitischer Zwecksetzung, be- rufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft, Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Ge- währ für eine sachkundige Prozessvertretung bieten. Die genannten Organisationen dürfen nur ihre - 15 - jeweiligen Mitglieder vertreten und müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln, - juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der vorstehend be- zeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusam- menschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durch- führt, und wenn die Organisationfür die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet. Sie müssen durch Per- sonen mit Befähigung zum Richteramt handeln, - jeder Rechtsanwalt, - jeder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Be- fähigung zum Richteramt. Ein Beteiligter, der danach zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunter— nehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäf- tigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammen- schlüsse vertreten lassen. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils schriftlich zu begründen. In der Begründung muss - die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder - die Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der das Urteil abweicht, oder - ein Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, bezeichnet werden. Als Verfahrensmangel kann eine Verletzung der §§ 109 und 128 I Satz 1 Sozialgerichtsgesetz nicht und eine Verletzung des § 103 Sozialgerichtsgesetz nur gerügt werden, soweit das Landessozialge- richt einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision kann ein Beteiligter, der nicht schon durch einen Bevollmächtigten aus dem Kreis der oben genannten Gewerkschaften oder Vereinigun- gen vertreten ist, Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwaltes beantragen. Der Beteiligte kann die Prozesskostenhilfe selbst beantragen. Der Antrag ist beim Bundessozialgericht entweder schriftlich oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären. Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhält- nisse sowie entsprechende Belege beizufügen. Hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorge- schriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck kann von allen Gerichten oder durch den Schreibwa- renhandel bezogen werden. Wird Prozesskostenhilfe bereits für die Einlegung der Beschwerde begehrt, so müssen der Antrag und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - gegebenenfalls nebst entspre- chenden Belegen - bis zum Ablauf der Frist für die Einlegung der Beschwerde beim Bundessozialge- richt eingegangen sein. Mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe kann ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt benannt wer- den. - 16 - Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Anwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundes- sozialgericht ausgewählt. ... comment 0 Kommentare |
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