Ausgewählte Rechtsprechung und Rechtsentwicklung
Dienstag, 12. Mai 2015
SG R, S 2 KR 284/08 vom 18.02.2010, Sozialgericht Regensburg
S 2 KR 284/08

SOZIALGERICHT REGENSBURG
GERICHTSBESCHEID

in dem Rechtsstreit

- Kläger -

gegen

-Krankenkasse, ‚
- Beklagte — .

Die 2. Kammer des Sozialgerichts Regensburg erlässt durch ihre Vorsitzende, Richterin
am Sozialgericht G, am 18. Februar 2010 ohne mündliche Verhandlung folgenden

Gerichtsbescheid:

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

- 2 - S 2 KR 284/08

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger von der Beklagten die Erstat-
tung bzw. Übernahme von Parkkosten für die Vergangenheit und für die Zukunft

verlangen kann.

Mit Schreiben vom 08.03.2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Über-
nahme von im Februar und März 2008 angefallenen Parkkosten. Diese Parkkos-
ten sind ihm im Rahmen einer ambulanten Behandlung im Uniklinikum Regens—
burg entstanden und weisen einen Gesamtbetrag von 9,00 € auf.

Mit Bescheid vom 18.03.2008 übernahm die Beklagte die angefallenen Fahrtkos-
ten in diesbezüglicher Höhe von 37,20 € und lehnte zugleich die geltend gemach-
ten Parkgebühren mit der Begründung ab, dass Parkgebühren nicht erstattet wer—
den könnten.

Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 16.05.2008 insoweit Widerspruch
ein, als ihm seine Parkkosten nicht erstattet worden sind. Zur Begründung führte
er aus, dass er Sozialhilfeempfänger sei, der Beklagten eine Taxifahrt wesentlich
teurer käme und im Übrigen im Bereich des Uniklinikums Regensburg keine bzw.
kaum kostenlose Parkplätze vorhanden seien. Darüber hinaus beantragte er vor—
läufige Leistungserbringung gemäß § 43 SGB l sowie Vorschusszahlung gemäß
§ 42 SGB I. Mit Schreiben vom 29.05.2008 (wiederholende Verfügung) lehnte die
Beklagte erneut die geltend gemachten Parkkosten ab, da als Fahrtkosten aus-
schließlich die reinen Beförderungskosten erstattet werden könnten.

Dagegen legte der Kläger erneut mit Schriftsatz vom 03.06.2008 Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.09.2008 wies die Beklagte den Widerspruch -
mit der Begründung zurück, dass die zu Grunde liegende gesetzliche Regelung
verbindlich sei und der Beklagten kein Ermessenspielraum eingeräumt werde, zu-
dem würden für eine Taxifahrt andere Indikationen gefordert, darüber hinaus gäbe

— 3 - S 2 KR 284/08

es keine Verrechnung ersparter Aufwendungen.

Dagegen hat der Kläger mit Schreiben vom 08.10.2008, beim Sozialgericht Re—
gensburg am 10.10.2008 eingegangen, Klage erhoben. Zur Begründung hat er
vorgetragen, dass die geltend gemachten Parkkosten unter die Fahrtkosten zu
subsumieren seien. Darüber hinaus ergebe sich ein entsprechender Anspruch
auch aus §§ 2,, 12, 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 5 13 III, § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 und 6, § 11
Abs. 1 Nr. 2 und 3 und § 20 SGB V. Ferner sei die Beklagte zur Weiterleitung des
Antrags nach § 16 SGB l verpflichtet gewesen bzw. zur vorläufigen Leistungsbrin—
gung nach § 43 SGB I.

Der seitens des Klägers mit Klageeinlegung ebenfalls gestellte Antrag auf Pro—
zesskostenhilfe wurde mittels Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom
09.09.2009 abgelehnt und die dagegen eingelegte Beschwerde durch das Bayeri-
sche Landessozialgericht mit Beschluss vom 09.11.2009 zurückgewiesen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom
18.03.2008 in der Gestalt des Bescheides vom 29.05.2008
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.09.2008
zu verurteilen, die Parkkosten des Klägers in der sich aus
den vorgelegten Belegen ergebenden Höhe sowie
entsprechend für die Zukunft bei allen Fällen ambulanter,

voll-, teil-, vor— und nachstationärer Behandlung zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung des Klageabweisungsantrags hat sie ausgeführt, dass die gel-
tend gemachten Parkgebühren nicht Teil der ärztlichen Versorgung seien. Eine
Zuständigkeit anderer Leistungsträger im Rahmen von Fahrtkostenerstattung zur
ambulanten Behandlung sei nicht gegeben, weswegen eine Weiterleitung nach
§ 16 SGB l und eine vorläufige Leistungserbringung nach § 43 SGB I ausscheiden
würde.

— 4 - S 2 KR 284/08

Mit Schriftsatz vom 25.11.2009 hat das Gericht die Beteiligten zu der Absicht an-
gehört, den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu
entscheiden und Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 11.12.2009 eingeräumt.

Das Gericht hat die Beklagtenakte, sowie die Schwerbehindertenakten des Klä—
gers vom Zentrum Bayern Familie und Soziales, ferner die Akten des Sozialge—
richts Regensburg S 2 KR 296/08, S 2 KR 379/08, S 2 KR 175/09 und S 2 KR
264/08 beigezogen, auf deren Inhalt im Übrigen ergänzend Bezug genommen
wird.

Entscheidungsgründe

Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschei—
den, da die Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder
rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten vorher hier-
zu gehört wurden (vgl. § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Entgegen der Auffassung des Klägers weist die Sache auch keine Schwierigkeiten
rechtlicher oder tatsächlicher Art auf, da die gesetzgeberische Entscheidung inso-
weit klar, eindeutig und widerspruchsfrei ist (siehe unten).

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom
18.03.2008 in der Gestalt des Bescheides vom 29.05.2008 in der Gestalt des Wi-
derspruchsbescheides vom 04.09.2008 ist rechtmäßig, da die Beklagte zu Recht
die begehrten Parkkosten sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft
abgelehnt hat.

Nach § 60 Abs. 1 S. 1 SGB V übernimmt die Krankenkasse nach den Abs. 2 und 3
die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133 (Fahrkosten),
wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingen—
den medizinischen Gründen notwendig sind.

— 5 — S 2 KR 284/08

Schon aus dem Wortlaut des § 60 Abs. 1 S. 1 und der diesbezüglichen Legaldefi-
nition ergibt sich eindeutig, dass von der Krankenkasse ausschließlich die Kosten
für "Fahrten" zu übernehmen sind. Eine Übernahme der begehrten Parkkosten
bzw. Parkgebühren scheidet daher schon nach dem eindeutigen Wortlaut der An-
spruchsnorm aus.

Soweit der Kläger einen entsprechenden Anspruch auf Übernahme der geltend
gemachten Kosten auf §§ 2, 11, 12, 27 und 20 SGB V stützen will, kommt eine
entsprechende Übernahme auch insoweit nicht in Betracht, da es sich bei den ge—
nannten Paragraphen nicht um Anspruchsgrundlagen handelt, aus denen ein ent—
sprechender Anspruch auf Übernahme der Parkkosten hergeleitet werden könnte.
Anspruchsgrundlage für die Übernahme von Fahrtkosten im Rahmen von ambu—
lanten Behandlungen ist einzig § 60 SGB V, der ausweislich seines eindeutigen
Wortlautes keine Übernahme von Parkgebühren beinhaltet (siehe oben).

Soweit der Kläger einen entsprechenden Anspruch auf § 43 Abs. 1 S. 2 SGB l
stützt, ist ein entsprechender Anspruch auf "Sozialleistungen" weder gegen die
Beklagte noch gegen einen sonstigen Leistungsträger gegeben. Was in dem Zu—
sammenhang unter Sozialleistungen zu verstehen ist, lässt sich aus § 11, §§ 18 ff
SGB I entnehmen. Wie die Beklagte richtig ausgeführt hat, ist für die im Rahmen
der Inanspruchnahme ärztlicher Behandlung anfallenden Fahrtkosten die Kran—
kenkasse der zuständige Leistungsträger. Ein entsprechender Anspruch lässt sich
einzig auf § 60 SGB V stützen. Die diesbezüglichen Voraussetzungen liegen nach
dem oben Gesagten nicht vor.

Aus diesem Grund bedurfte es auch keiner Weiterleitung nach § 16 Abs. 2 SGB I.

Soweit der Kläger einen entsprechenden Anspruch auf Übernahme der Parkge-
bühren aus § 13 Abs. 3 SGB V herleitet, ergibt sich nichts anderes, da diese Norm
lediglich als Surrogat für den nicht mehr oder nicht zu erfüllenden Sachleistungs-‘
anspruch geschaffen wurde; ein entsprechender Anspruch auf Sachleistung (das
heißt Übernahme der anfallenden Parkkosten) steht dem Kläger nach dem oben
Gesagten gerade nicht zu.

- 6 - S 2 KR 284/08

Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der
Sache.

— 7 - S 2 KR 284/08

Rechtsmittelbelehrung

Dieser Gerichtsbescheid kann mit der Berufung angefochten werden.

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Bayer. Lan-
dessozialgericht, Ludwigstraße 15, 80539 München, oder bei der Zweigstelle des Bayer. Landes-
sozialgerichts, Rusterberg 2, 97421 Schweinfurt, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des
Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist beim Sozialgericht Re-
gensburg, Safferlingstraße 23, 93053 Regensburg, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des
Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

Die Berufungsschrift soll den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen, einen bestimmten An-
trag enthalten und die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel ange-
ben.

Der Berufungsschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteilig—
ten beigefügt werden.

G
Richterin am Sozialgericht

als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

Faksimile 1 2 3 4 5 6 7

L 5 KR 131/10

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