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Dienstag, 12. Mai 2015
SG IZ, S 22 SO 56/10 vom 21.05.2012, Sozialgericht Itzehoe
anselmf
Az.: S 22 SO 56/10
SOZIALGERICHT ITZEHOE IM NAMEN DES VOLKES URTEIL In dem Rechtsstreit der — Klägerin - Bundesbevollmächtigte Rechtsanwälte gegen den Kreis Dithmarschen Stabsstelle Innerer Service Juristischer Service, Stettiner Str. 30, 25746 Heide - Beklagter - hat die 22. Kammer des Sozialgerichts Itzehoe auf die mündliche Verhandlung vom 21. Mai 2012 in Itzehoe durch den Direktor des Sozialgerichts , die ehrenamtliche Richterin ___‚ den ehrenamtlichen Richter für Recht erkannt: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Tatbestand Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Gewährung von Hilfe zur Beschaffung eines Kraft- fahrzeuges sowie einer Betriebskostenpauschale und der Kosten für einen behindertenge- rechten Umbau des Kfz. Die jetzt 61-jährige Klägerin ist schwerbehindert. Ein GdB von 100 ist festgestellt mit den Merkzeichen G, aG sowie RF. Die Klägerin leidet an einem Zustand nach Kompressionsfrak- tur des Lendenwirbelkörpers 1 mit inkompletter Querschnittslähmung sowie Folgezustand nach Schlaganfall mit Hemiparese rechts. Am 4. Juni 2008 beantragte sie die Kostenübernahme für die Neuanschaffung eines Kraft- fahrzeuges. Die Klägerin hatte vorher in Bezirk Oberbayern gewohnt und von dort Kfz-Hilfe erhalten. Bei ihrem alten Kraftfahrzeug überstiegen die Reparaturkosten den Restwert. Der Umzug nach Schleswig-Holstein erfolgte aus gesundheitlichen Gründen. Die Klägerin war im Zeitpunkt der Antragstellung verheiratet, ihr Ehemann verstarb jedoch Anfang 2012. Damals bezog die Klägerin eine Erwerbsminderungsrente in Höhe von ca. 660,00 €, ihr Ehemann eine Altersrente in Höhe von ca. 850,00 €. Von den drei Kindern lebte bei Antragstellung noch eine Tochter bei der Klägerin im Haushalt. Für diese erhielt die Klägerin Kindergeld. Der Ehemann der Klägerin war herzkrank, die Eheleute hatten ein Einfamilienhaus gemietet. Die Kaltmiete betrug dafür 800,00 €. Die Tochter bezog Arbeitslosengeld II in Höhe von 416,40 € monatlich. Zur Antragsbegründung führte die Klägerin aus, das Kraftfahrzeug werde für regelmäßige Fahrten zur Krankengymnastik nach ____‚ zum Schwimmen nach ins Hal- lenbad, insgesamt dreimal wöchentlich, ansonsten für Einkäufe, Arztbesuche, Besuch der Selbsthilfegruppe, Fahrten ans Meer wegen der Lungenerkrankung der Klägerin sowie Fahr- ten des Ehemannes zur Herzbehandlung benötigt. Die Entfernung zu der nächsten Bushal- testelle betrage drei Kilometer. Bei der Bahn seien unüberwindbare Hindernisse zum Bahn- steig vorhanden, außerdem sei der Bus nicht rollstuhlgerecht. Die Klägerin habe keine Mög- lichkeit einer Taxibenutzung am Ort. Die Klägerin legte verschiedene Neuwagenangebote vor. Da der alte Wagen der Klägerin jedoch nicht mehr die TÜV-Untersuchung bestand, behalf sich die Klägerin mit dem Polo der Tochter, für den der Bezirk Oberbayern bis 31. Dezember 2008 die Betriebskosten über- nahm. Dieser Polo wurde provisorisch für die Klägerin umgerüstet. - 3 - Der Beklagte holte eine Stellungnahme des Fachdienstes Gesundheit vom 25. November 2008 ein, der begutachtende befürwortete die Gewährung einer Kfz-Hilfe. Nach Anhörung lehnte der Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 16. März 2009 ab. Zur Beschaffung des Kfz führte der Beklagte aus, eine Kfz-Hilfe werde in angemessenem Um- fang gewährt, wenn der behinderte Mensch wegen Art oder Schwere seiner Behinderung insbesondere zur Teilhabe am Arbeitsleben auf die Benutzung eines Kfz angewiesen sei. Da die Klägerin nicht Arbeitnehmerin sei, müssten vergleichbar gewichtige Gründe vorliegen. Dabei müsse die Notwendigkeit für ein Kfz ständig bestehen und nicht nur vereinzelt oder gelegentlich. Nach 5 2 SGB XII erhalte Sozialhilfe nicht, wer sich selbst helfen könne oder Hilfe von anderen erhalte. Bezüglich der Fahrt zu Ärzten sei die Krankenkasse vorrangiger Leistungsträger, die Klägerin erfülle die Voraussetzungen für eine Fahrkostenübernahme wegen des zuerkannten Merkzeichens „aG“. Einkäufe, Behördengänge sowie Besorgungen könnten von der Tochter erledigt werden. Die Fahrten zum Schwimmen, zur Selbsthilfegrup- pe und ans Meer begründeten kein ständiges Angewiesensein auf ein Kfz. Außerdem habe die Klägerin den Polo der Tochter zur Verfügung, dieser habe noch zwei Jahre TÜV. Hinsichtlich der Betriebskostenpauschale führte der Beklagte aus, die Vorhaltung und der Betrieb eines Kfz an sich gehörten nicht zu den allgemeinen sozialhilferechtlich anerkannten Bedarfen. Ein behinderungsbedingter Basisausgleich sei zu Lasten der Gesetzlichen Kran- kenversicherung sicher zu stellen. Mit ihrem Widerspruch vom 15. April 2009 machte die Klägerin geltend, sie sei auch für eine Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit für „ ____“ auf das Kfz angewiesen. Die Entfernung nach ____betrage 11 km. Sie helfe dort 12 Stunden in der Woche dienstags und freitags bei der Lebensmittel-Verteilung an Bedürftige und übe Bürotätigkeiten aus. Ein Ausbau die- ser Tätigkeit auf drei bis vier Tage pro Woche sei angestrebt. Außerdem nehme sie seit 16 Jahren eine ehrenamtliche Tätigkeit beim in München als Mitgliedsverwalterin und bei einer Selbsthilfegruppe in Bayern als Beraterin wahr. Sie müsse einmal monatlich persönlich dort erscheinen, sie fahre dann mit dem Pkw nach Hamburg-Altona und von dort mit dem Auto- zug nach München. Zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gehöre auch die Ausübung einer angemesse- nen ehrenamtlichen Tätigkeit; sie wolle auch an Fortbildungen teilnehmen, das gehe jedoch ohne Pkw nicht. Wegen des Umzuges nach Schleswig-Holstein sei es schon zu Einschrän- kungen der Tätigkeit gekommen, was auch zu gesundheitlichen Problemen geführt habe. Sie sei im Schützenverein gewesen und wolle dies auch in Schleswig-Holstein. Das sei wegen - 4 - der fehlenden Tauglichkeit des Polos für Nachtfahrten und die fehlende Möglichkeit zur Roll- stuhlmitnahme nicht möglich. Der Polo sie nur provisorisch umgebaut worden und stelle eine Übergangslösung dar. Das regelmäßige Schwimmen sei für ihre Gesundheitlich erforderlich und nur mit dem Pkw zu erreichen, ebenso Konzerte. Die Entfernung zur nächsten Einkaufsmöglichkeit betrage 2,5 km bzw. wegen ihrer Allergie benötige sie spezielle Kost, die nur in ___oder zu erhalten sei. Ihre Tochter lebe nicht im gleichen Haushalt, sie habe kein Auto und arbeitete 30 Stunden in der Woche in einem 1 €-Job bei Der Beklagte bot daraufhin am 4. Februar 2010 eine Kfz-Beihilfe unter der Voraussetzung an, dass keine Aufwandsentschädigungen in Geldmitteln oder in Form eines Autos, welches zur Verfügung gestellt werde, geleistet würden. Die Klägerin meldete sich auf dieses Ange- bot nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. März 2010 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Im Wesentlichen begründete er dies wie seinen Ausgangsbescheid. Außerdem führte er aus, dass für ehrenamtliche Tätigkeiten in der Regel Aufwandsentschädigungen gezahlt würden bei unangemessenen Aufwendungen. Keinesfalls könne eine freiwillige ehrenamtliche Tätig- keit mit einer Erwerbstätigkeit zur Sicherstellung des Lebensunterhaltes gleichgesetzt wer- den, sondern sei Teil der Freizeitgestaltung. Gegen den am 17. März 2010 zugestellten Widerspruchsbescheid wendet sich die Klägerin mit ihrer am 15. April 2010 vor dem Sozialgericht Itzehoe erhobenen Klage. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen. Das Kfz müsse Automatik getrieben und auf links umgebaut sein. Sie habe 16 Jahre lang die Betriebskostenpauschale und eine Kfz-Hilfe in Bayern erhalten. Die ehrenamtliche Tätigkeit bei __ bedeute für die Klägerin eine Teilha- be am Arbeitsleben und gesellschaftliche Eingliederung. Seit 10. Februar 2010 leide ihr Ehemann auch an einer Niereninsuffizienz und benötige spe- zielle Lebensmittel, weshalb sie auch deshalb auf einen Pkw angewiesen sei. Die Tätigkeit beim werde nunmehr ab 1. Oktober 2010 geringfügig vergütet mit 150,00 € im Monat. Außerdem wolle sie im Kreis Dithmarschen eine Selbsthilfe- gruppe gründen. Ihre Tochter habe keinen Führerschein, ihr Sohn lebe nicht im Haus. Ihre ehrenamtliche Tä- tigkeit sei von der Bedeutung für sie gleichzusetzen mit einer Erwerbstätigkeit. Sie erledige die komplette Buchhaltung für den mit 800 Mitglie- - 5 - dern. Die Post müsse täglich auf den Postweg, ihre Tochter könne nicht fahren, ihr Sohn sei nicht zu Hause, eine Nachbarschaftshilfe sei nicht möglich. Sie fahre mehrmals nach Mün- chen, ein eigenes Auto sei dort zur Beweglichkeit nötig. Die Verordnungen von der Krankenkasse seien nicht ausreichend, die Klägerin habe pro Quartal nur dreimal 6 Stunden Anspruch auf entweder Schwimmen oder Therapie. Eine Beweglichkeit mit dem ÖPNV sei nicht gegeben, da , und nicht mit normalem Busverkehr zu erreichen seien. Anlässlich des Termins zur Untersuchung durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen am 22. September 2011 hat die Klägerin mitgeteilt, seit ca. einer Woche über ein behindertengerecht ausgestattetes Fahrzeug zu verfügen, das zum größten Teil von der Franz-Beckenbauer—Stiftung sowie anderen Stiftungen finanziert worden sei. Es handele sich um einen Gebrauchtwagen Opel Meriva, Baujahr 2005, der für einen Preis von 7.300,00 € angeschafft worden sei. Nach der von der Klägerin aufgestellten Liste seien 5.000,00 € von der Beckenbauer-Stiftung, 1.200,00 € von der Mia-Krone-Stiftung und 700,00 € vom Diako- nischen Werk-Fliege Stiftung beigesteuert worden. Daher seien 400,00 € offen zuzüglich der Kosten für die Überführung in Höhe von 295,00 €. Außerdem seien Betriebskosten zu tragen und die Kosten für den noch vorzunehmenden Umbau des Bremskopfes von der rechten Seite des Lenkrades zur linken Seite. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 21. Mai 2012 hat die Klägerin ihr tatsächliches Vorbringen ergänzt. Hierzu wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Die Klägerin beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 16. März 2009 in der Fassung des Widerspruchs- bescheides vom 12. März 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr 695,00 € für die Anschaffung des behindertengerechten Kraftfahrzeugs Opel Meriva, Baujahr 2005, zu erstatten sowie die Betriebskosten für dieses Fahrzeug und die Kosten für den Umbau des Bremskopfes von der rechten Seite des Lenkrades zur linken zu übernehmen. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. - 6 - Zur Begründung bezieht er sich auf seinen Widerspruchsbescheid und trägt nach Vorlage des Gutachtens vom Sachverständigen vor, dass die Versorgung des Ehemannes durch die Kranken- bzw. Pflegekasse sicherzustellen sei. Für den Arztbesuch bzw. die Krankengym- nastik sei ebenfalls die Krankenkasse zuständig. Die Ausübung einer ehrenamtlichen Tätig- keit sei nicht einer Eingliederung in Arbeit gleichzusetzen. Die Büroarbeit für den könne von zu Hause erledigt werden, dafür sei ein Kfz nicht nötig. Die Post könnte von Nachbarn bzw. von der Familie weggebracht werden. Die Anwesenheit in München dreimal im Jahr begründe kein Angewiesensein auf das Kfz. Außerdem sei es nicht angemessen, weiter für Fahrten nach München aufzukommen, nachdem die Klägerin nun- mehr vier Jahre in Schleswig-Holstein lebe. Eine Teilhabe am Arbeitsleben finde durch die Klägerin nicht statt, da diese eine Er- werbsminderungsrente beziehe. Die Besuche des Schwimmbades dienten der medizinischen Rehabilitation. Wenn die Ver- ordnungen nicht ausreichend seien, müsse die Krankenkasse weitere Leistungen prüfen. Die Maßnahmen zur Abwendung der psychischen Erkrankungen fielen in den medizinischen Bereich. Die weiter geltend gemachten sportlichen Aktivitäten gingen über das übliche Maß nicht be- hinderter Menschen hinaus, die aus wirtschaftlichen oder sonstigen Gründen nicht über ein eigenes Fahrzeug verfügten. Konzerte und Kurse an der Volkshochschule würden nur gelegentlich besucht und begründe- ten kein ständiges Angewiesensein auf ein Kfz. Insgesamt seien nur Fahrten anzuerkennen, wie sie auch bei nicht Behinderten üblich wä- ren. Das seien durchschnittlich 2 % Fahrten wöchentlich, was nicht mit der Häufigkeit ver- gleichbar sei, in der ein Fahrzeug für die Teilhabe am Arbeitsleben nötig wäre. Außerdem sei der Klägerin die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar. Schließlich seien einige Beweisfragen von dem medizinischen Sachverständigen gar nicht zu beantworten und deshalb ein ungeeignetes Beweismittel. Die Kammer hat zur weiteren Sachaufklärung Beweis erhoben durch Einholung eines medi- zinischen Sachverständigengutachtens vom Arzt für Chirurgie und Verkehrsmedizin vom 14.11.2011 zur Notwendigkeit der Versorgung der Klägerin mit einem Kraftfahrzeug. Hinsichtlich des Inhalts des Gutachtens wird auf Bl. 34 bis 107 der Gerichts- akte verwiesen. Die die Klägerin betreffende Verwaltungsakte des Beklagten hat vorgelegen. Außerdem hat die Kammer die Gerichtsakte des Verfahrens S 22 SO 42/10 ER beigezogen. Diese Akten - 7 - sowie der Inhalt der Gerichtsakte sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 21. Mai 2012 gewesen. Entscheidungsgründe Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Übernahme des restlichen Kauf- preises sowie der Überführungs- und Umbaukosten als Kfz-Hilfe sowie auf einen Betriebs- kostenzuschuss. Ein solcher Anspruch würde sich ergeben aus den §§ 53 Abs. 1 Satz, 54 Abs. 1 Satz 1, 60 SGB XII i. V. m. § 8 Abs. 1 der Eingliederungshilfeverordnung (EGHVO) sowie § 10 Abs. 6 EGHVO. Nach § 53 Abs. 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentli- chen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach den Besonderheiten des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII sind Leistungen der Eingliederungshilfe u. a. diejenigen nach den §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX. Nach § 8 Abs. 1 EGHVO gilt die Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i. V. m. den §§ 33 und 55 SGB IX. Sie wird in angemessenem Umfang gewährt, wenn der behinderte Mensch wegen Art oder Schwere seiner Behinderung insbesondere zur Teilhabe am Arbeitsleben auf die Benutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen ist; bei Teilhabe am Arbeitsleben findet die Kraftfahr- zeughilfe-Verordnung Anwendung. Nach § 10 Abs. 6 EGHVO kann als Versorgung Hilfe in angemessenem Umfange u. a. auch durch Übernahme von Betriebskosten eines Kraftfahr- zeuges gewährt werden, wenn der behinderte Mensch wegen seiner Behinderung auf die regelmäßige Benutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen ist oder angewiesen sein wird. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Sowohl § 8 Abs. 1 als auch 5 10 Abs. 6 EGHVO setzen übereinstimmend voraus, dass der behinderte Mensch auf das Kfz angewiesen ist. Die Klägerin ist jedoch nicht auf die Benut- zung eines Kfz angewiesen, insbesondere nicht zur Teilhabe am Arbeitsleben. - 8 - Unter Geltung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Urteil vom 20. Juli 2000 (5 C 43/99) ausgeführt, dass das Primat dieser Leis- tung bei der Teilhabe am Arbeitsleben liegt bzw. einer vergleichbar „gewichtigen“ Zielset— zung. Dies verdeutlicht das Regelbeispiel in § 8 Abs. 1 Satz 2 EGHVO, wonach der behin- derte Mensch „insbesondere zur Teilhabe am Arbeitsleben“ auf die Benutzung eines Kfz angewiesen sein muss. Aus dieser Orientierung an der Teilhabe am Arbeitsleben folgt, dass der behinderte Mensch regelmäßig wie bei einer (vor allem vollschichtigen) Tätigkeit erfor- derlich, auf das Kfz angewiesen sein muss. Dies ist nur dann zu bejahen, wenn aus den gel- tend gemachten Gründen eine ständige oder jedenfalls regelmäßige, d. h. tägliche oder fast tägliche Benutzung des Kraftfahrzeuges erforderlich ist (vgl. BVerwG, a. a. 0.). Ausge- schlossen ist die Kraftfahrzeughilfe daher bei einer nur gelegentlichen Inanspruchnahme, weil dies nicht mit dem „Normalfall“ vergleichbar ist, den die Gesetzgebung vor Augen hatte, nämlich mit dem Angewiesensein auf ein Kfz, um am Arbeitsleben teilhaben zu können. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Klägerin keinen Anspruch auf Übernahme der restlichen Anschaffungskosten, des behinderungsgerechten Umbaus sowie der Be- triebskosten. Denn sie bezieht eine Rente wegen Erwerbsminderung und nimmt damit nicht mehr am Erwerbsleben teil. Mit der Teilhabe am Arbeitsleben vergleichbare gewichtige Gründe sind nicht gegeben. Eine ehrenamtliche Tätigkeit, die von der Klägerin in verschie- dener Art und Weise ausgeübt wird, ist der Erwerbstätigkeit nicht gleichzusetzen. Dem SGB Xll ist nicht der Wille des Gesetzgebers zu entnehmen, dass ehrenamtliche Tätigkeiten behinderter Menschen durch Übernahme der Kosten eines behindertengerechten Kfz (bzw. seines entsprechenden Umbaus) — mittelbar — zu fördern. Wäre dem so, müssten alle Tätig- keiten, die dem Gemeinwohl dienen, an dieser Förderung teilhaben. Eine solche Zielsetzung ist dem SGB XII nicht zu entnehmen. Die Regelung des § 1 Satz 1 SGB Xll verdeutlicht vielmehr, dass Ziel des SGB XII ist, die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Wür- de des Menschen entspricht (vgl. zu allem LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. September 2011, L 9 SO 40/09, in: Juris Rn. 54). Fahrtkosten zu ambulanten Behandlungen sind von vornherein nicht zu berücksichtigen, soweit diese von der Krankenkasse nach Maßgabe der entsprechenden Richtlinien gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 SGB V zu übernehmen sind; diese Übernahme hat die Kranken- kasse der Klägerin gegenüber nach ihren eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung auch erklärt. - 9 - Die von der Klägerin geltend gemachten Fahrten zu Einkäufen unterfallen ebenfalls nicht dem Bedarf der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft im Sinne der §§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGB Xll, 55 Abs. 2 Nr. 7, 58 SGB IX. Hier ist die Klägerin auf die Bedarfsdeckung durch an- dere Träger der Sozialleistungen zu verweisen. So ist durch die Krankenkasse die Leistung einer Haushaltshilfe denkbar. Anhaltspunkte dafür, dass diese Leistung für die Sicherstellung der erforderlichen Einkäufe nicht ausreicht, sind nicht ersichtlich. Die übrigen geltend gemachten Fahrten zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, näm- lich Fahrten zu Konzerten, zu Kursen an der Volkshochschule sowie zu sportlichen Aktivitä- ten begründen kein ständiges Angewiesensein auf ein Kfz. Denn Fahrten zu Konzerten und zur VHS finden nicht regelmäßig statt, die Fahrten zum Schwimmen bei nicht behinderten Menschen üblicherweise einmal die Woche, nur ausnahmsweise dreimal die Woche. Selbst wenn man von einer Nutzung dreimal die Woche ausgehen würde, ist dies nicht einem Um- fang der Nutzung des Kfz vergleichbar, wie er im Falle der Ermöglichung einer Ausübung einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich wäre. Im Übrigen könnte nur dann eine Kfz-Hilfe gewährt werden, wenn die erforderliche Mobilität in zumutbarer Weise nicht durch andere Hilfen (z. B. durch die Benutzung eines Rollstuhls oder öffentlicher Verkehrsmittel) oder in sonstiger Weise wie Krankentransport, Mietauto, Taxi sichergestellt ist. Die Klägerin hat dazu vorgetragen, dass der Bus nicht rollstuhlgerecht sei und außerdem nicht ausreichend Verkehre. Dies ist jedoch nicht nachvollziehbar, wie eine Internetrecherche bei der Autokraft GmbH in ___ergibt. Demnach fährt die Linie 2507 zwischen , und . Dass die meisten Verbin- dungen nur an Schultagen stattfinden, macht diese noch nicht zu Schulbusfahrten, die den anderen Fahrgästen nicht zugänglich wären. Die Linie 2509 verkehrt zwischen und . Auch hier fahren die Busse zu einigen Zeiten nur an Schul- tagen, jedoch ansonsten auch außerhalb der Schulzeit. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass diese Busse nicht für behinderte Menschen zu nutzen wären. Nach alledem ist die Klägerin nicht auf ein Kraftfahrzeug angewiesen. Daran ändert auch das vom Gericht eingeholte Gutachten von nichts. Denn dieser hat lediglich aus seiner medizinischen Sicht die Notwendigkeit einer Kfz-Nutzung für die Klägerin beur- teilt. Dies ersetzt nicht die von der Kammer vorzunehmende rechtliche Würdigung, wann eine Kfz-Nutzung im Rahmen der Eingliederungshilfe vom Beklagten zu erbringen ist. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und 4 SGG. - 10 - Rechtsmittelbelehrung Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht Gottorfstr. 2 24837 Schleswig schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Frist beträgt bei einer Zustellung im Ausland drei Monate. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Monatsfrist bei dem Sozialgericht Itzehoe Bergstraße 3 25524 Itzehoe schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Die Berufungsschrift muss innerhalb der Monatsfrist bei einem der vorgenannten Gerichte eingehen. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begrün- dung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. Auf Antrag kann vom Sozialgericht durch Beschluss die Revision zum Bundessozialgericht zugelas- sen werden, wenn der Gegner schriftlich zustimmt. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist inner- halb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Itzehoe schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen. Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war. Faksimile 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 ... comment 0 Kommentare |
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