Ausgewählte Rechtsprechung und Rechtsentwicklung
Montag, 11. Mai 2015
SG R, S 16 SO 4/14 ER vom 03.04.2014, Sozialgericht Regensburg
S 16 SO 4/14 ER

SOZIALGERICHT REGENSBURG

in dem Antragsverfahren

- Antragsteller -

Proz.-Bev.:

Rechtsanwälte Treutler u. Koll., Prüfeninger Straße 62. 93049 Regensburg - 1503/2013 -

gegen

Bezirk Oberpfalz - Sozialverwaltung, vertreten durch den Bezirkstagsprasidenten, Lud-
wig-Thoma-Straße 14, 93051 Regensburg

- Antragsgegner -

Beigeladen:

AOK Bayern - Die Gesundheitskasse -, Direktion Regensburg vertreten durch den Direk-
tor; Bruderwöhrdstraße 9. 93055 Regensburg

- Beigeladene -

erlässt die Vorsitzende der 16. Kammer, Richterin am Sozialgericht W , ohne münd-
liche Verhandlung am 3. April 2014 folgenden

Beschluss:

1. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem
Antragsteller für den Zeitraum 01.04.2014 bis 30.06.2014 weitere Leistungen der
Grundsicherung in Höhe von insgesamt 700 € zur Deckung der Kosten für die
Fahrten zu den ambulanten Zahnarztbehandiungen im Universitätsklinikum Re-
gensburg zu gewähren.

2. Der Antragsgegner hat die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu erstat-
ten.

- 2 -

Gründe:

I.

Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes begehrt der Antragsteiler die Übernahme der
Kosten für Fahren zu einer ambulanten zahnärztliche Behandlung.

Bei dem geborenen Antragsteller, der u. a. an Epilepsie und einer Sehschwäche lei-
det, besteht eine geistige Behinderung in Folge eines Gehirninfarkts mit einem Grad der
Behinderung von 90. Er verfügt über die Merkzeichen „G“ (erhebliche Beeinträchtigung
der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) und „B“ (Berechtigung zur Mitnahme einer
Begleitperson bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel). Nach dem Verfügungssat-
zes des bestandskräftigen Bescheides vom 23.10.2009 des Zentrums Bayern Familie und
Soziales liegen die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen „Bl, H, RF, 1.
Kl. und Gl" nicht vor. Der Antragsteller steht unter gesetzlicher Betreuung. Ausweislich
eines ärztlichen Attestes des behandelnden Hausarztes vom 02.12.2013 ist der An-
tragsteller auf Grund eines Gesichtsfeldsausfalls nicht in der Lage, öffentliche Verkehrs-
mittel zu nutzen.

Der Antragsteiler wird im pflegerisch betreut. Das Heim
stellt keinen unentgeltlichen Fahrdienst für seine Bewohner zur Verfügung. Nach § 5 c)
des Heimvertrages umfasst die Hilfe zur Mobilität u. a. „das Organisieren und Planen von
Verrichtungen außerhaib der Einrichtung, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung
notwendig sind und das persönliche Erscheinen der Hilfebedürftigen erfordern. Des Wei-
teren ist unter Ziffer 3 der Anlage 1 zum Heimvertrag (Katalog von Zusatzleistun-
gen/Sonstige Leistungen) der Anfall einer zusätzlichen Vergütung von 18 € für Beleit-
dienste z. Bsp. zu Arztbesuchen sowie 0,48 € pro Kilometer Fahrdienst ausgewiesen.

Eine zivilrechtliche Klage vor dem Amtsgericht Regensburg auf Verpflichtung des Heimes,
den Antragsteller zu ambulanten Arztbesuchen zu fahren, wurde nach Hinweis des Ge-
richts zurückgenommen.

Mit Bescheid vom 11.07.2008 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller, der neben
dem Unterhalt von seiner Mutter in Höhe von 54,96 € über kein eigenes Einkommen oder
Vermögen verfügt, ab dem 27.03.2008 u. a. Leistungen nach dem Vierten Kapitel des So-
zialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII) als Hilfe zum Lebensunterhalt in
Einrichtungen sowie Leistungen nach dem Neunten Kapitel des SGB XII als Hilfe in sons-

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tigen Lebenslagen. Der Antragsteller erhält derzeit einen Barbetrag in Höhe von 105,57 €
monatlich.

Der Antragsteller benötigt dringend Zahnimplantate, da auf Grund seiner Epilepsie eine
Versorgung mit Prothesen nicht möglich ist. Hierfür sind voraussichtlich zehn Behandlun-
gen an der Universitätsklinik Regensburg nötig. Die Beigeladene hat mit Schreiben vom

16.01.2014 erneut die Kostenzusage für die Behandlung erteilt. Die erste Behandlung
wird am 10.04.2014 stattfinden. Auf Grund seiner Entzündungen im Mund hat der An-
tragsteller bereits stark abgenommen. Der behandelnde Hausarzt des Antragstellers hat
eine Krankenbeförderung hierfür am 16.03.2014 verordnet. Als geeignetes Beförde-
rungsmittel wurde ein Taxi angegeben. Ausweislich eines Kostenvoranschlages werden
die Fahrtkosten mittels eines Taxis vom Wohnort des Antragstellers bis zum Universitäts-
klinikum ca. 35 € einfach betragen.

Die Beigeladene lehnte mit Bescheid vom 01.02.2012 die am 30.01.2012 erstmals bean-
tragte Erstattung der Fahrtkosten zur ambulanten Behandlung in der Zahnklinik der Uni-
versität Regensburg ab. Die im Jahr 2012 erteilte Kostenzusage für die Zahnarztbehand-
iung verfiel. Am 07.03.2014 beantragte der Betreuer des Antragstellers bei der Beigela-
denen erneut die Übernahme der Fahrtkosten. Mit Bescheid vom 10.03.2014 lehnte die
Beigeladene den Antrag wiederum ab, da der Antragsteller nicht im Besitz eines Schwer-
behindertenausweises mit den Merkzeichen „aG“. „BL“ oder „H“ sei. im Übrigen ließen
auch die Erkrankungen des Antragstellers keine Übernahme der Kosten als Krankenfahrt
nach den Krankentransport-Richtlinien zu.

Mit Schreiben vom 11.04.2012 lehnte der Antragsgegner die Übernahme von Fahrtkosten
als Krankenhilfe unter Hinweis auf den Vorrang der Leistung durch die Krankenkasse des
Antragstellers ab. Mit Schreiben vom 12.09.2012 wiederholte der Antragsgegner erneut
die Ablehnung der Übernahme von Fahrtkosten im Rahmen der Krankenhilfe.

Mit seiner am 17.04.2013 zum Sozialgericht Regensburg erhobenen Klage (Az. S 16
SO 38/13) verfolgte der Kläger sein Begehren gegenüber dem Antragsgegner weiter.

Am 16.01.2014 rief der Antragsteller das Sozialgericht Regensburg an und beantragt,

den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, die dem
Antragsteller ab Antragstellung entstehenden, notwendigen Fahrtkosten, insbesondere

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Taxikosten, zu medizinisch notwendigen ambulanten ärztlichen und zahnärztlichen Be-
handlungen zu übernehmen, soweit diese Kosten nicht durch Dritte übernommen werden.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Antrag sei bereits unzulässig, da sich der Antragsteller vorrangig an die Beigeladene
zu wenden habe. Bereits 2009 habe man den Betreuer des Antragstellers darauf hinge-
wiesen, dass Krankenhilfeaufwendungen, die von der Krankenkasse nicht übernommen
werden, nicht vorn Träger der Sozialhilfe übernommen werden könnten. Auch erhalte die
Einrichtung nach der Leistungsvereinbarung für die soziale Betreuung ein anteiliges Pfle-
geentgelt. Das Heim sei daher zur Begleitung des Antragstellers zu seinen Arztbesuchen
verpflichtet, sofern dessen Krankenkasse nicht zur Übernahme der Fahrtkosten verpflich-
tet sei.

Im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage und zur Beweiserhebung am
02.04.2014 hat das Gericht Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugin
ist die Leiterin des Heimes, in dem der Antragsteller betreut wird.
Die Zeugin gab im Wesentlichen zu Protokoll, dass der Antragsteller auf Grund seiner
geistigen Einschränkungen nicht in der Lage sei, alleine mittels öffentlicher Verkehrsmittel
von zur Behandlung in die Universitätsklinik zu fahren. Das Heim könne kein Per-
sonal für die Fahrten des Antragstellers zur Verfügung steilen. Für die ansonsten erforder-
liche ärztliche Versorgung des Antragstellers kommen die Hausärzte in das Pflegeheim.

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Ver-
waltungsakten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist im tenorierten Umfang
begründet.

Gegenstand des Verfahrens ist vorliegend, ob dem Antragsteller eine höherer Anspruch
auf höhere Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum der zahnärztlichen Behandlung
durch Erhöhung seines Barbedarfes zusteht.

- 5 -

Zwar hat der Antragsteller derzeit noch keinen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X hin-
sichtlich des Bewilligungsbescheides vom 11.07.2008 bzw. eine Neuverbescheidung be-
antragt, gleichwohl ist der vorliegende Eilantrag zulässig. Der Antragsgegner hat wieder-
holt zum Ausdruck gebracht, dass er sich für die Übernahme dieser Kosten nicht zustän-
dig halte. Die bereits im Jahr 2012 vom Beigeladenen genehmigte Behandlung konnte
deshalb nicht angetreten werden. Zwar ist ein Antrag bei dem Antragsgegner dem Grund
nach erforderlich, trotzdem ist es dem Antragsteller nicht zumutbar eine (weiter ablehnen-
de) Entscheidung des Antragsgegners abzuwarten. Für das Anliegen des Antragsteller ist
daher ein Rechtschutzinteresse gegeben.

Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vor-
läufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhäitnis zulässig, wenn eine sol-
che Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist der Fall,
wenn dem Antragsteller ohne eine solche Anordnung schwere oder unzumutbare,
nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in
der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so Bundesverfassungsgericht - BVerfG -
vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69, 74; vom 19.10.1977 BVerfGE 46, 166/179 und vom
22.11.2002 NJW 2003, 1236).

Demzufolge setzt der Erlass einer Regelungsanordnung setzt voraus, dass neben einem
Anordnungsanspruch (dem materiellen Rechtsanspruch) auch ein Anordnungsgrund als
Ausdruck der besonderen Dringlichkeit der Entscheidung glaubhaft gemacht worden ist (§
86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Zwischen Anordnungsgrund
und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des
Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei (ab-
schließender) Prüfung der Sach- und Rechtslage das Obsiegen in der Hauptsache sehr
wahrscheinlich ist. Wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig
oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer
einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache hin-
gegen offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit exis-
tenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungen
grund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. in diesem Falle ist ge-
gebenenfalls anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechttichen
Belange des Antragstellers zu entscheiden (Urteil des BVerfG vom 12.05.2005 - 1 BVR
569/05).

- 6 -

Unter Zugrundelegung dieser Vorgaben hat der Antrag des Antragstellers Erfolg, da ihm
mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Anspruch auf Übernahme der begehrten Fahrt-
und Begleitungskosten nach §§ 41 Abs. 1, 42 in Verbindung mit 27 b Abs. 2 Satz 2 SGB
XII zusteht.

Der Antragsteller ist auf Grund seiner Behinderung auf Dauer voll erwerbsgemindert und
hilfebedürftig und damit nach §§ 41 Abs. 1, 42 SGB XII leistungsberechtigt. Dem ent-
spricht der Antragsgegner durch die Gewährung von iaufenden Leistungen nach dem
Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII) als Hilfe zum
Lebensunterhalt in Einrichtungen sowie Leistungen nach dem Neunten Kapitel des SGB
XII als Hilfe in sonstigen Lebenslagen.

Nach § 27 b SGB XII ist jedoch für den Antragsteller abweichend vom Regelbedarf in Ein-
richtungen die Übernahme der Kosten für die Fahrt und die Begleitung zu den ambulanten
Zahnarztbehandlungen festzulegen.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass eine Versorgung des Leistungsempfängers im
Falle einer Krankheit und zur Erhaltung der Gesundheit durch die Leistungen der gesetzli-
chen Krankenkasse erfolgt. Aus dem Grundsatz der Nachrangigkeit (§ 2 Abs. 1 SGB XII)
ergibt sich, dass der Leistungsempfänger vorrangig ihre Ansprüche gegenüber der Kran-
kenkasse geltend machen müssen.

Dies hat der Antragsteller wiederholt getan. Zu Recht hat jedoch die Beigeladene des An-
tragstellers die Übernahme der begehrten Fahrtkosten abgelehnt, da ein Anspruch nach §
60 Abs. 1 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in Verbindung mit § 92 Abs. 1
Satz 2 Nr. 12 SGB V weder nach § 7 noch nach § 8 der Krankentransport-Richtlinie be-
steht. Der Antragsteiler, der nicht in der Lage ist selber zu den erforderlichen Arztterminen
zu fahren, begehrt die Kosten für eine Krankenfahrt im Sinne von § 7 Abs. 1 der Kranken-
transport-Richtlinie mittels eines privaten Pkws ohne spezifische medizinische Betreuung
in Sinne von § 8 Abs. 1 der Richtlinien. Die Voraussetzung zur Verordnung einer solchen
Krankenfahrt liegen jedoch nicht vor, da es sich bei dem Einsetzen von Zahnimplantate
nicht um eine ambulante Operation im Sinne von § 115 b SGB V in Verbindung mit dem
AOP-Vertrag handelt. Auch liegen keine Ausnahmetatbestände nach § 8 Abs. 1 in Ver-
bindung mit Abs. 3 der Richtlinie vor. Der Antragsteller verfügt (noch) nicht über die erfor-
derlichen Merkzeichen „aG“ oder „H“. Da die Beigeladene nicht zur Übernahme der Kos-
ten für die Krankenfahrten des Antragsteilers verpflichtet ist, kommt eine Verpflichtung

- 7 -

des Antragsgegners nach § 48 SGB XII, dessen Leistungen insoweit auch auf die Leis-
tungen nach dem SGB V beschränkt ist, nicht in Betracht.

Bei den vom Antragsteller begehrten Leistungen handelt es sich um Kosten der für die
Gesundheitspflege bzw. Krankenbehandlung, die zwar dem Grunde nach dem vom Re-
gelbedarf umfasst sind, vorliegend jedoch nicht aus dem Regelbarbedarf bestritten wer-
den können. Damit scheidet eine Übernahme der Kosten nach § 73 SGB XII aus, da hier-
nach nur sog. atypische Bedarfs, für die nicht bereits andere Vorschriften des SGB XII
einschlägig sind, erfasst werden.

Die Fahrten, die der Antragsteller nicht alleine mittels öffentlicher Verkehrsmittel bewälti-
gen kann, sind für die Durchführung der dringend benötigten Zahnbehandlung erforder-
lich. Dies geht aus der Verordnung des Hausarztes hervor und wird durch die Aussage
der Zeugin bestätigt. Insbesondere können diese Behandlungen nicht am Wohnort des
Antragstellers durchgeführt werden, sondern müssen auf Grund der gesundheitlichen
Einschränkungen des Antragstellers in der Universitätsklinik Regensburg erfolgen. Bei
veranschlagten 3 Behandlungen pro Monat entstehen dem Antragsteller hierbei Fahrtkos-
ten in Höhe von ca. 210 € Hieraus ergibt sich eine unabweisbare, erheblich vom durch-
schnittlichen Bedarf abweichende Bedarfslage des Antragstellers.

Dieser Bedarf ist auch nicht - wie vom Antragsgegner abgenommen - durch die Über-
nahrne der Kosten für die Heimunterbringung abgedeckt. Das Pflegeheim ist weder nach
dem Pflegevertrag noch nach der Leistungsvereinbarung mit dem Antragsgegner nach §
75 SGB XII verpflichtet, den Antragssteller zu seinen Arztterminen zu begleiten. Der ver-
tragliche Leistungsumfang umfasst nach § 5 c) das Organisieren und Planen von Verrich-
tungen außerhalb der Einrichtung, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung not-
wendig sind und das persönliche Erscheinen der Hilfebedürftigen erfordern. Nach dem
eindeutigen Wortlaut des Vertrages ist hiervon jedoch nicht die Durchführung dieser Ver-
richtungen außerhalb des Heimes umfasst. Dies wird auch deutlich durch die Anlage 1
zum Heimvertrag, nach der eine zusätzliche Vereinbarung (mit weiteren Kosten) zur Be-
gleitung außerhalb der Pflegeeinrichtung erforderlich ist. Die von dem Antragsgegner im
Rahmen der Vereinbarung nach § 75 SGB XII abgegolten Leistungen betreffen aus-
schließlich Leistungen, die innerhalb der Einrichtung zu erbringen sind. Begleitung und
Fahrdienste sind hiervon nicht erfasst und damit auch nicht abgegolten.

- 8 -

Damit ergibt sich ein Anspruch aus § 27 b Abs. 2 Satz 2 SGB XII auf Erhöhung des Bar-
bedarfes für die Zeit der Behandlungen am Universitätsklinikum. Aus dem Wortlaut der
Vorschrift geht hervor, dass der „Regelbarbedarf“ mindestens 27 % der Regelbedarfstufe
beträgt. In entsprechender Anwendung von g 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII ist der individuel-
le Bedarf abweichend vom Regelsatz daher festzulegen, wenn der Bedarf unabweisbar
seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht (Behrend in
jurisPK-SGB XII, Stand: 06.01.2014, § 27b SGB XII, Rn. 45 ff). Vorliegend ergibt sich die
Unabweisbarkeit des Bedarfes daraus, dass die Beigeladene die Fahrtkosten des An-
tragsstellers auf Grund der Gesetzeslage nicht zu übernehmen hat, dieser aber Fahrten
zur ambulanten Behandlung zur Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung seiner Ge-
sundheit dringend benötigt. Die (gesundheitliche) Existenzsicherung des Einzelnen im
Falle der Bedürftigkeit ist insoweit den Sozialhilfeträgern zugewiesen (so im Ergebnis: Ur-
teil des BSG vom 06.03.2012 - B 1 KR 24/10 R und Urteil des BSG vom 15.11.2012 u B
8 SO 6/11 R). Da für jede Fahrt zur Behandlung Kosten von mindestens 50 € bis 70 €
ausgegangen werden muss, weicht der dadurch verursachte weitere Bedarf des An-
tragstellers auch erheblich vom Durchschnitt ab,

Die Lücke in der Bedarfsdeckung hat der Antragsgegner durch entsprechende Erhöhung
des Barbedarfes zu decken. Das Gericht geht dabei davon aus, dass die zehn Behand-
lung innerhalb von drei Monaten erfolgen werden.

Vorliegend kann dem Antragsteller auch kein Abwarten in der Hauptsache zugemutet
werden, da die dringend benötigten Behandlungen unmittelbar bevorstehen, so dass auch
ein Anordnungsgrund besteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG entsprechend.

Gegen die vorliegende Entscheidung ist gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 in Verbindung mit §
144 Abs. 1 Nr. 1 SGG die Beschwerde ausgeschlossen, da der Beschwerdewert 750 €
nicht übersteigt. Das der vorliegende Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung zukommt,
kann nur zu einer Zulassung der Berufung in dem Hauptsacheverfahren, nicht jedoch zur
Zulässigkeit der Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutz führen (so auch mit weiteren
Nachweisen Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, 10. Auflage, § 172 Rn. 6 g).

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