Ausgewählte Rechtsprechung und Rechtsentwicklung
Sonntag, 10. Mai 2015
BSG, B 1 KR 63/11 B vom 21.09.2011, Bundessozialgericht
Seite 1

1 BUNDESSOZIALGERICHT
2 Beschluss

3 in dem Rechtsstreit

4 Az.: B 1 KR 63/11 B
5 L 5 KR 347/10 (Bayerisches LSG)
6 S 2 KR 346/09 (SG Regensburg)

7
8 ...
9 Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer

10 Prozessbevollmächtigte
11 …

12 gegen

13 ...-Krankenkasse
14 ...

15 Beklagte und Beschwerdegegnerin

16 Der 1. Senat des Bundessozialgerichts hat am 21. September 2011 durch
17 den Präsidenten M... sowie die Richterin Dr. R... und den
18 Richter Dr. E...
19 beschlossen:

20 Der Antrag des Klägers, ihm für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der
21 Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28. Juni 2011 Prozesskosten-
22 hilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin ... , zu gewähren, wird
23 abgelehnt.

Seite 2

1 Gründe:

I.
2 [Abs. 1] Der bei der beklagten Ersatzkasse versicherte Kläger ist mit seinem Begehren, Kostenerstat-
3 tung für die (wiederholte) Entfernung harter und weicher Zahnbeläge im Jahr 2008 zu erhalten
4 und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, medizinisch ausreichende Leistungen zur
5 Zahnbelagentfernung zu erbringen, in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das LSG. hat ua
6 ausgeführt, der Sachleistungsanspruch sei nach Nr 107 Bema-Z auf die einmalige Entfernung
7 harter Zahnbeläge pro Kalenderjahr begrenzt (Urteil vom 28.6.2011).

8 [Abs. 2] Der Kläger begehrt die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung seiner
9 Rechtsanwältin für seine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.

II.

10 [Abs. 3] Der Antrag des Klägers ist abzulehnen, da er keinen Anspruch auf PKH unter Beiordnung eines
11 Rechtsanwaltes hat. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm 5 114, 5 121 ZPO kann einem bedürfti-
12 gen Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt und ein
13 Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn — ua - die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende
14 Aussicht auf Erfolg bietet. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

15 [Abs. 4] Der Kläger kann aller Voraussicht nach mit seinem Begehren auf Zulassung der Revision nicht
16 durchdringen. Nach Durchsicht der Akten fehlen - auch unter Würdigung des Vorbringens des
17 Klägers - Anhaltspunkte dafür, dass er einen der in § 160 Abs 2 Nr1 bis 3 SGG abschließend
18 aufgeführten Zulassungsgründe darlegen könnte.

19 [Abs. 5] 1. Die Sache bietet weder Hinweise für eine über den Einzelfall des Klägers hinausgehende
20 grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache noch ist ersichtlich, dass das LSG entscheidungs-
21 tragend von der Rechtsprechung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen sein
22 könnte (Zulassungsgründe des § 160 Abs 2 Nr 1 und Nr2 SGG). Insbesondere zu der sich hier
23 stellenden Rechtsfrage nach dem Umfang einer Zahnreinigung als Leistung der GKV hat der
24 erkennende Senat grundlegend am 21.6.2011 entschieden: Nach den Richtlinien für eine aus-
25 reichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung (idF vom
26 4.6./24.9.2003, BAnz Nr 226 vom 3.12.2003 S 24966, zuletzt geändert durch Beschluss vom
27 1.3.2006; BAnz Nr 111 vom 17.6.2006 S 4466) gehören als sonstige Behandlungsmaßnahmen
28 nach B.Vl.1. zur vertragszahnärztlichen Versorgung das Entfernen von harten verkalkten Be—
29 lägen und die Behandlung‘von Erkrankungen der Mundschleimhaut. Leistungen können Ver-
30 sicherten als Naturalleistungen nur dann von einem Vertragszahnarzt zu Lasten der GKV er-

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1 bracht und abgerechnet werden, wenn sie im Bema-Z (hier Nr 107) aufgeführt sind. Eine grund-
2 rechtsorientierte Leistungsausweitung kann nur bei lebensbedrohlichen oder regelmäßig töd-
3 lichen oder wertungsmäßig hiermit vergleichbaren Erkrankungen in Betracht gezogen werden
4 (BSG Urteil vom 21.6.2011 - B 1 KR 17/10 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Ange-
5 sichts der vorhandenen und im Volltext in juris vor Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist ver-
6 öffentlichten höchstrichterlichen Rechtsprechung ist nicht ersichtlich, dass weiterer Klärungs-
7 bedarf aufgezeigt werden kann (vgl. Kummer Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010,
8 RdNr 316 mwN).

9 [Abs. 6] 2. Auch bestehen keine Anhaltspunkte, dass der Kläger einen die Revisionszulassung recht-
10 fertigenden Verfahrensfehler des LSG bezeichnen könnte (Zulassungsgrund des § 160 Abs 2
11 Nr 3 SGG). Allerdings ist die Vorinstanz insbesondere dem in der mündlichen Verhandlung
12 gestellten Antrag auf Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zur
13 erhöhten Notwendigkeit der Zahnbelagsentfernung beim Kläger nicht nachgekommen. Auf die
14 Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) kann eine Nichtzulassungsbeschwerde
15 indes nur gestützt werden, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne
16 hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Das LSG hat die Beweiserhebung zur medizinischen
17 Notwendigkeit zwar alleine mit dem Hinweis auf Nr 107 Bema-Z abgelehnt. Der anwaltlich ver-
18 tretene Kläger hat jedoch lediglich unter Bezug auf eine wissenschaftliche Stellungnahme zur
19 Zahnsanierung vor und nach Organtransplantationen „ein erhöhtes Risiko einer bakteriellen Infek-
20 tion nach der Organtransplantation“ geltend gemacht. Hiervon ausgehend wird sich mangels
21 durchgreifender Hinweise auf eine grundrechtsorientierte Leistungsausweitung nicht schlüssig
22 aufzeigen lassen, dass weitere Ermittlungen von Amts nahe gelegen hätten (hierzu vgl Meyer-
23 Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 103 RdNr 8 mwN). Im Übrigen wird mit Blick auf
24 die Hauptanträge (Kostenerstattung trotz fehlender Einhaltung des Beschaffungswegs und Fest-
25 stellung trotz Subsidiarität) voraussichtlich auch nicht dargelegt werden können, dass die Ent-
26 scheidung der Vorinstanz auf einem Verfahrensfehler beruht.

27 M Dr. E Dr R

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