Ausgewählte Rechtsprechung und Rechtsentwicklung
Samstag, 9. Mai 2015
BVerwG, 7 B 46.88 vom 31.03.1988, Bundesverwaltungsgericht
BVerwGE: nein

Fachpresse: ja



Sachgebiet:

Prüfungsrecht

Erste Juristische Staatsprüfung

Verwaltungsprozeßrecht



Stichworte:

Prüfungsrechtliches Gebot der Sach-

lichkeit; Voraussetzungen einer

Divergenz



Rechtsquelle:



VwGO S 132 Abs. 2 Nr. 2

Buchh. 310 § 132 VwGO Nr. 260 (LT1)

KMK HScHR 1988, 981-982 (LT1)



Beschluß vom 31. März 1988 - BVerwG 7 B 46.88



Leitsatz:



Die unrichtige Anwendung eines vom Bundes-

verwaltungsgericht entwickelten und vom

Berufungsgericht nicht in Frage gestell-

ten Rechtsgrundsatzes auf den zu entschei-

denden Einzelfall begründet keine Abwei-

chung im Sinne des S 132 Abs. 2 Nr. 2

VwGO (ständige Rechtsprechung).



Beschluß des 7. Senats vom 31. März 1988 - BVerwG 7 B 46.88



I. VS Hannover vom 04 02.1987 - Az.: 6 VG A 17/85 -

II. OVG Lüneburg vom 15.12.1987 - Az.: 10 OVG A 5/87 -



BUNDESVERWALTUNGSGERICHT



BVerwG 7 B 46.88

10 OVG A 5/87



BESCHLUSS



In der Verwaltungsstreitsache



hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts



am 31. März 1988 .



durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts

Prof. Dr. S. und die Richter am Bundes-

verwaltungsgericht S. und Dr. G.



beschlossen:



Die Beschwerde der Klägerin gegen die

Nichtzulassung der Revision in dem Urteil

des Oberverwaltungsgerichts für die Länder

Niedersachsen und Schleswig-Holstein vom

15. Dezember 1987 wird zurückgewiesen.



Die



- 2 -



Die Klägerin trägt die Kosten des Be-

schwerdeverfahrens.



Der Wert des Streitgegenstandes wird

für das Beschwerdeverfahren auf

6 000 DM festgesetzt.



Die Klägerin, die die Erste Juristische Staatsprüfung mit

der Abschlußnote "vollbefriedigend (11,20 Punkte)" bestanden

hat, möchte erreichen, daß die Note auf "gut" verbessert

wird. Sie stützt ihr Begehren darauf, daß die Beurteilung

ihrer Hausarbeit als "gut (13 Punkte)" Fehler enthalte.



Nach ihrer Auffassung wäre die Hausarbeit ohne die Fehler

mindestens als "gut (14 Punkte)" beurteilt und damit die

erstrebte Gesamtnote erzielt worden. Widerspruch, Klage und

Berufung waren ohne Erfolg.



Auch die Beschwerde, mit der die Klägerin sich gegen die

Nichtzulassung der Revision wendet, kann keinen Erfolg

haben. Die allein geltend gemachte Abweichung des Berufungs-

urteils von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom

20. September 1984 (BVerwGE 70, 143 = DVBl. 1985, 61 =

DÖV 1985, 488 = NVwZ 1985, 187) liegt nicht vor.



In dem bezeichneten Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht

ausgesprochen, daß im Prüfungsrecht das Gebot der Sachlich-

keit gilt, und dargelegt, welche Anforderungen dieses Gebot

an den Prüfer stellt. Eine Abweichung im Sinne des S 132

Abs. 2 Nr. 2 VwGO läge nur dann vor, wenn das Berufungs-

urteil dem widersprochen, also das Gebot der Sachlichkeit

nicht



- 3 -



nicht als Voraussetzung eines fehlerfreien Prüfungsverfahrens

anerkannt oder hinsichtlich der Anforderungen andere Maßstäbe

gesetzt hätte. Das aber ist nicht der Fall.



Das Berufungsgericht geht ersichtlich davon aus, daß das Gebot

der Sachlichkeit zu den allgemeingültigen Bewertungsgrundsätzen

gehört, denn es behandelt ausdrücklich die Frage, ob die Korrek-

toren der Hausarbeit gegen dieses Gebot verstoßen haben (UA S. 9).

Daß es hierbei andere Maßstäbe angelegt hat als das Bundes-

verwaltungsgericht‚ ergibt sich aus dem Urteil nicht. Die Be-

schwerde verweist insoweit (unter den Buchstaben a) bis c))

auf Fehler, die nach ihrer Auffassung den Beurteilern unter-

laufen sind. Dabei übersieht sie, daß sich aus einer fehler-

haften Beurteilung allein noch nicht der Schluß auf einen Verstoß

gegen das Gebot der Sachlichkeit ziehen läßt. Davon abgesehen

läuft die Argumentation der Beschwerde darauf hinaus, das Be-

rufungsgericht habe die Fehler zu Unrecht nicht als prüfungs-

rechtlich relevant gewertet und damit das Recht - in seiner

Auslegung durch das Bundesverwaltungsgericht - unrichtig ange-

wendet. Die unrichtige Anwendung eines vom Bundesverwaltungs-

gericht entwickelten und vom Berufungsgericht nicht in Frage

gestellten Rechtsgrundsatzes auf den zu entscheidenden Einzel-

fall wäre aber noch keine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2

Nr. 2 VwGO. Die Beschwerde verkennt, daß der Tatbestand dieser

Bestimmung nur erfüllt ist, wenn das Berufungsgericht in einer

Rechtsfrage - losgelöst von der Würdigung des Einzelfalles -

eine dem Bundesverwaltungsgericht widersprechende Rechtsauf-

fassung vertritt. Das ist hier nicht der Fall.



Die Kostenentscheidung beruht auf S 154 Abs. 2 VwGO, die Streit-

wertfestsetzung auf S l4 Abs. 1 Satz l in Verbindung mit S l3

Abs. 1 Satz 2 GKG. '



Prof. Dr. S. S. Dr. G.

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