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Samstag, 9. Mai 2015
BVerwG, 5 ER 625.90 vom 18.12.1990, Bundesverwaltungsgericht
anselmf
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BVerwG 5 ER 625.90 OVG 16 A 1486/89 BESCHLUSS In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 18. Dezember 1990 durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. F. und die Richter am Bundesverwaltungsgericht R. und Dr. P. beschlossen: Der Antrag der Klägerin, ihr für eine Be- schwerde gegen die Nichtzulassung der Revi- sion in dem Urteil des Oberverwaltungsge- richts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. März 1990 Prozeßkostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird ab- gelehnt. - 2 - Gründe: Das Prozeßkostenhilfegesuch der Klägerin ist abzulehnen; die be- absichtigte weitere Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO, § 114 Satz 1, § 121 Abs. 1 ZPO). Die angekündigte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts müßte erfolglos bleiben, weil Zulassungsgründe nicht hinreichend dargelegt und auch sonst nicht erkennbar sind. Die Klägerin macht geltend, das Oberverwaltungsgericht weiche von dem Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. April 1987 - BVerwG 5 B 103.86 - (NJW 1988, 154) und von dem Urteil des Bun- desverwaltungsgerichts vorn 12. Juni 1987 - BVerwG 5 C 2.83 - FarnRZ 1987, 1089) ab und beruhe auf dieser Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die gerügte Abweichung könnte aber nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO führen. Wie die Klägerin nicht verkennt, hat das Bundesverwaltungsgericht sich der weiter entwickelten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den Anwendungsbereich des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BAföG an- geschlossen und seine frühere Rechtsprechung ausdrücklich aufge- geben, soweit sie entgegensteht (Beschluß vorn 14. August 1989 - BVerwG 5 B 76.89 - ). Die Abweichung von einer Rechtsprechung, an der das Bundesverwaltungsgericht in späteren Entscheidungen selbst nicht mehr festhält, rechtfertigt die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO jedoch nicht (vgl. u.a. BVerwG, Beschluß vorn 20. November 1981 - BVerwG 3 B 52.81 - ; Weyreuther, Revisionszulassung und Nichtzulassungsbeschwerde in der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte, 1971, Rdnr. 104). Soweit die Klägerin ferner rügt, das Oberverwaltungsgericht habe die jüngste Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus dem Urteil vom 7. Juni 1989 - IV b ZR 51/88 - angewandt, namentlich zu Unrecht (BGHZ 107, 376) unzutreffend angenommen, zwischen ihrer kaufmännischen Ausbildung und ihrem späteren Studium der Wirt- - 3 - schaftswissenschaften bestehe ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang, benennt die Klägerin nicht den Zulassungsgrund, der mit diesem Vortrag geltend gemacht werden soll. Abgesehen davon, ist mit dem Vorbringen der Klägerin auch in der Sache kein Zu- lassungsgrund dargelegt und auch unabhängig davon nicht erkennbar. Das Oberverwaltungsgericht ist von den rechtlichen Grundsätzen ausgegangen, die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelt und vorn Bundesverwaltungsgericht übernommen worden sind. Es hat von diesen Grundsätzen ausgehend in Würdigung des Einzelfalles der Klägerin nur nicht die Schlußfolgerungen gezogen, die die Klägerin aus der Rechtsprechung von Bundesgerichtshof und Bundesverwaltungsgericht für ihren Fall gezogen wissen möchte. Die angeblich unrichtige Anwendung eines in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten und vorn Berufungsgericht nicht in Frage gestellten Rechtsgrundsatzes auf den zu entscheidenden Einzelfall stellt aber keine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO dar (BVerwG, Beschluß vom 31. März 1988 - BVerwG 7 B 46.88 - ). Die Klägerin setzt sich im übrigen mit dem angefochtenen Urteil unter wesentlicher Heranziehung der Umstände ihres Einzelfalles nach Art einer Berufungs- oder Revisionsbegründung auseinander. Damit wird weder eine konkrete Rechtsfrage bezeichnet noch erkennbar gemacht, inwieweit die Beantwortung dieser Rechtsfrage entscheidungserheblich und über den Fall der Beschwerdeführerin hinaus von allgemeiner Bedeutung sein könnte. Deshalb ist auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Die Klägerin macht schließlich geltend, das angefochtene Urteil beruhe auf Verfahrensmängeln (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Klägerin rügt, das Oberverwaltungsgericht habe seine Pflichten verletzt, darauf hinzuwirken, daß ungenügende tat- sächliche Angaben ergänzt und alle für die Feststellung und - 4 - Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden (§ 86 Abs. 3 VwGO), sowie die Streitsache mit dem Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern (§ 104 Abs. 1 VwGO). Die ge- rügten Verfahrensmängel liegen indes nicht vor. Das Oberverwaltungs- gericht hat nicht seine Hinweispflicht (§ 86 Abs. 3 VwGO) verletzt. Der Berichterstatter des Berufungsgerichts hat vielmehr durch prozeß- leitende Verfügungen die Klägerin auf das während des Berufungsver- fahrens bekanntgewordene Urteil des Bundesgerichtshofs vom 7. Juni 1989 hingewiesen, verbunden mit der Anfrage, ob die Klägerin die Klage aufrechterhalte. Die Klägerin wußte damit, daß das Oberver- waltungsgericht dem Urteil des Bundesgerichtshofs auch für ihren Fall Bedeutung beimißt und die dort aufgestellten Voraussetzungen für ein Fortbestehen der Unterhaltspflicht als wohl gegeben ansah. Die Klägerin hatte damit Gelegenheit, alles vorzutragen, was aus ihrer Sicht gegen den engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen praktischer kaufmännischer Ausbildung und wirtschaftswissen- schaftlichem Studium, namentlich aber dagegen sprach, ihren Eltern sei die Finanzierung ihres Studiums wirtschaftlich zumutbar. Die Klägerin hat von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gernacht und ins- besondere dargelegt, aus welchen Gründen sie die Finanzierung des Studiums durch ihre Eltern für diese wirtschaftlich nicht für zurnut- bar hielt. Sie hat dabei allerdings nicht erwähnt, einer ihrer Brüder befinde sich noch in der Ausbildung, ein weiterer Bruder sei arbeits- los und müsse wegen des geringen Arbeitslosengeldes durch die Eltern unterstützt werden. Warum es eines weiteren Hinweises des Oberverwal- tungsgerichts bedurft hätte, um auch diese Umstände noch vorzutragen, legt die Beschwerde nicht dar. Das Unterbleiben eines weiteren Hin- weises verstieß nicht gegen § 86 Abs. 3 VwGO. Die Hinweispflicht in bezug auf den Sachvortrag der Beteiligten kann sich nur auf die Er- gänzung ungenügender tatsächlicher Angaben erstrecken, deren Unvoll- ständigkeit für das Gericht erkennbar ist. Eine Verletzung der Hin- weispflicht kommt nur dann in Betracht, wenn für das Gericht erkennbar der Kläger von falschen Voraussetzungen bei seiner Rechtsverfolgung ausgegangen ist und deshalb unterlassen hat vorzutragen, was zur Wahrnehmung seiner Rechte vorzutragen ist (BVerwG, Urteil vom 8. Mai 1984 - BVerwG 9 C 141.83 - ). Das Oberverwaltungsgericht konnte dem - 5 - Vortrag der Klägerin entnehmen, ihr sei bekannt, es komme u.a. darauf an, ob ihren Eltern die Finanzierung des Studiums finanziell zumutbar sei. Das Oberverwaltungsgericht durfte deshalb annehmen, die Klägerin werde auch ohne weitere Hinweise alles vorbringen, was hierzu aus ihrer Sicht vorzubringen war. Unter diesen Umständen hat das Oberverwaltungsgericht auch nicht gegen seine Pflicht aus § 104 Abs. 1 VwGO verstoßen, die Streitsache in tatsächlicher Hinsicht zu erörtern (vgl. zu§ 104 Abs. 1 VwGO u.a. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1989 - BVerwG 7 C 2.87 - ), zumal die Klägerin selbst gemäß § 125 Abs. 1, § 101 Abs. 2 VwGO auf eine mündliche Verhandlung und damit auf eine Erörterung der Streitsache verzichtet hat. Die Klägerin rügt zum anderen, das Oberverwaltungsgericht habe seine Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen zu erfor- schen (§ 86 Abs. 1 VwGO). Sie ist insoweit der Ansicht, das Ober- verwaltungsgericht hätte ihre Eltern zu deren wirtschaftlichen Verhältnissen als Zeugen hören müssen. Eine Anregung, in diese Richtung Beweis zu erheben, hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht gegeben. Erst recht hat sie keinen förmlichen Beweisantrag gestellt. Im Gegenteil hat sie auf eine mündliche Verhandlung ausdrücklich verzichtet, weil sie den Sachverhalt bereits für geklärt hielt. Unter diesen Umständen könnte der Verfahrensmangel einer unzureichenden Aufklärung des Sachverhalts nur dann gegeben sein, wenn ersichtlich wäre, weshalb sich dem Oberverwaltungsge- richt eine weitere Sachaufklärung in der jetzt aufgezeigten Richtung hätte aufdrängen müssen. Dem Gericht kann nur dann eine unzureichende Aufklärung des Sachverhalts vorgeworfen werden, wenn nach den gesamten Umständen - auch ohne einen entsprechenden Beweisantrag - erkennbar war, daß weitere Beweismittel vorhanden waren und diese der weiteren Sachaufklärung dienlich sein konnten (BVerwG, Urteil vom 7. Februar 1985 - BVerwG 3 C 36.84 - ). Das Oberverwaltungsgericht durfte aber nach dem Verhalten der Klägerin annehmen, die Klägerin habe insoweit alle - ohnehin in ihrem Lebensbereich liegenden - Umstände vorge- tragen. Dr. F. R. Dr. P. ... comment 0 Kommentare |
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