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Dienstag, 5. Mai 2015
BSG 11 RAr 61/97 vom 17.12.1997, Bundessozialgericht
BUNDESSOZIALGERICHT

Im Namen des Volkes

Verkündet am

17. Dezember 1997

Urteil
in dem Rechtsstreit

Az: 11 RAr 61/97

Klägerin und Revisionsklägerin,
Prozeßbevollmächtigte:

gegen

Bundesanstalt für Arbeit,
Regensburger Straße 104, 90478 Nürnberg,

Beklagte und Revisionsbeklagte.

Der 11. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Dezember 1997 durch den Vorsitzenden Richter S. , die Richterin
Dr. W. und den Richter L. sowie die ehrenamtlichen
Richter D. und B. für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom
21. März 1997 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entschei-
dung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

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Gründe:

I

Der Rechtsstreit betrifft die Erstattung von Arbeitslosengeld (Alg), welches die beklagte
Bundesanstalt (BA) dem früheren Arbeitnehmer der Klägerin Kurt J. (J) in der Zeit vom
23. September 1994 bis 30. Juni 1995 gezahlt hat.

Die Klägerin schloß im Rahmen eines Sozialplans mit ihrem am 27. April 1935 geborenen
Arbeitnehmer J einen Aufhebungsvertrag vom 30. Dezember 1993, mit welchem das Ar-
beitsverhältnis - nach den Feststellungen des LSG - gegen Zahlung einer Abfindung von
4.000,00 DM zum 30. Juni 1994 beendet wurde. J war seit dem 26. März 1965 - zuletzt
als Meister - bei der Klägerin beschäftigt. Er meldete sich am 7. Juni 1994 arbeitslos und
beantragte Alg. Die BA bewilligte die Leistung von einer Sperrzeit vom 1. Juli bis
22. September 1994 ausgehend ab 23. September 1994 in Höhe von 625,20 DM wö-
chentlich. J hatte die Möglichkeit in Anspruch genommen, das Alg unter erleichterten
Voraussetzungen zu beziehen. Seit dem 1. Juli 1995 erhält er Altersrente wegen Arbeits-
losigkeit.

Mit einem vorgedruckten Schreiben eröffnete die BA der Klägerin im Januar 1995, sie be-
absichtige die Erstattung des an J gezahlten Alg von der Klägerin zu verlangen und er-
läuterte die Befreiungstatbestände des § 128 Abs 1 Satz 2 Arbeitsförderungsgesetz
(AFG). Die Klägerin erhob in einem Schreiben vom 14. Februar 1995 Einwände gegen die
Erstattung, die sich insbesondere auf die Sachaufklärung von anderweitigen sozialrechtli-
chen Ansprüchen des J, die Möglichkeit einer betriebsbedingten Kündigung
(Umsatzrückgang) und verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Erstattungsregelung
bezogen.

Mit Bescheid vom 21. Februar 1995 stellte die BA fest, daß die Klägerin verpflichtet sei,
das ihrem früheren Arbeitnehmer J ab 23. September 1994 gezahlte Alg für längstens
624 Tage zu erstatten. Die Klägerin erhob Widerspruch und nahm im gleichen Monat
Einsicht in die Leistungsakten der BA. Am 5. April 1995 errechnete die BA die von der
Klägerin zu erstattenden Leistungen an J für die Zeit vom 23. September 1994 bis
28. Februar 1995 und gab der Klägerin für diesen Zeitraum mit Bescheid vom 6. April
1995 ohne weitere Erläuterung folgende Erstattungsbeträge zur Zahlung auf: Alg
14.046,20 DM (für 136 Leistungstage), Beiträge zur Krankenversicherung 3.522,96 DM,
Beiträge zur Rentenversicherung 3.766,55 DM, gesamter Erstattungsbetrag
21.335,71 DM.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 1995 wies die BA den Rechtsbehelf zurück. Zur
Begründung ist ausgeführt, aus den "vorliegenden Unterlagen" und dem Vorbringen der

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Widerspruchsführerin ergäben sich keine Anhaltspunkte für Ansprüche auf anderweitige
Sozialleistungen iS der §§ 128 Abs 1 Satz 2 AFG. Zur Befreiung nach § 128 Abs 1 Satz 2
Nr 4 AFG reiche die bloße Möglichkeit einer betriebsbedingten Kündigung mit sozialer
Auslauffrist nicht aus. Ein Aufhebungsvertrag sei nicht geeignet, diesen Befrei-
ungstatbestand zu erfüllen. Die von der Klägerin vorgetragenen betriebsbedingten Gründe
reichten für eine Kündigung aus wichtigem Grund bei ordnungsgemäßer Sozialauswahl
nicht aus. Dieses Verständnis des Gesetzes sei verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden.

Für den Leistungszeitraum 1. März bis 30. Juni 1995 gab die BA der Klägerin mit Schrei-
ben vom 8. November 1995 Gelegenheit, sich zu einem Erstattungsbetrag von
17.351,57 DM zu äußern, nachdem sie J nochmals zu seinem Gesundheitszustand und
anderweitigen sozialrechtlichen Ansprüchen befragt hatte. Unter dem 6. Dezember 1995
erließ die BA einen weiteren Erstattungsbescheid für die Zeit vom 1. März bis 30. Juni
1995, wobei sie den Erstattungsbetrag von 17.351,57 DM mit 10.748,70 DM Alg für 105
Leistungstage, Beiträge zur Krankenversicherung 2.274,09 DM und Beiträge zur Renten-
versicherung 4.328,78 DM bezifferte. Den der Rechtsbehelfsbelehrung entsprechenden
Widerspruch der Klägerin wies die BA mit Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 1996
zurück, wobei sie sich zur Begründung auf den Bescheid vom 21. Februar 1995 und den
Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 1995 berief.

Die gegen die Bescheide vom 21. Februar und 6. April 1995 idF des Widerspruchsbe-
scheids vom 8. Mai 1995 gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) abgewiesen (Urteil
vom 27. November 1995). Das Landessozialgericht (LSG) hat die hiergegen gerichtete
Berufung zurückgewiesen und die gegen den Bescheid vom 6. Dezember 1995 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Januar 1996 gerichtete Klage abgewiesen.
Das LSG ist davon ausgegangen, der Erstattungsbescheid vom 6. Dezember 1995 idF
des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 1996 sei entsprechend § 96 Sozialge-
richtsgesetz (SGG) kraft Klage Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Sämtli-
che Bescheide seien rechtlich nicht zu beanstanden. Sie beruhten auf § 128 AFG in der
ab 1. Januar 1993 geltenden Fassung, die verfassungsrechtlichen Bedenken nicht unter-
liege. Die BA sei ohne Verletzung der amtlichen Sachaufklärungspflicht davon ausgegan-
gen, im Leistungszeitraum habe J eine andere Sozialleistung, die den Bezug von Alg aus-
schließe, nicht zugestanden. Für gesundheitliche Einschränkungen des J, die zu Sozial-
leistungen führen könnten, hätten keinerlei Anhaltspunkte bestanden. Befreiungstatbe-
stände, die bei sozial gerechtfertigter Kündigung (§ 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG) oder der
Möglichkeit zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist
oder mit sozialer Auslauffrist (§ 128 Abs 1 Satz 2 Nr 5 AFG) vorlägen, seien nicht gege-
ben. Das Interesse der Klägerin an einer "ausgewogenen Altersstruktur" des Betriebes,
rechtfertige eine entsprechende Anwendung der erwähnten Befreiungstatbestände auch
nicht unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten. Da J gesundheitlich in der Lage ge-

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wesen sei, seine Arbeit fortzusetzen, treffe die Klägerin als Arbeitgeber die die Erstat-
tungspflicht begründende Verantwortung für die Arbeitslosigkeit. Die Klägerin habe auch
nicht nachgewiesen, daß die Erstattung eine unzumutbare Belastung iS des § 128 Abs 2
Nr 2 AFG darstelle, weil sie den Fortbestand des Unternehmens oder die nach dem Per-
sonalabbau verbleibenden Arbeitsplätze gefährde. Immerhin sei sie in der Lage gewesen,
den im Rahmen des Sozialplans ausscheidenden Mitarbeitern Abfindungen zu zahlen.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des Art 12
Grundgesetz (GG), des § 128 Abs 1 Satz 2 Nrn 4 und 5 sowie Abs 2 Nr 2 AFG und der
amtlichen Sachaufklärungspflicht. Das Berufungsurteil mit seinem Verständnis des § 128
AFG sei mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit nicht zu vereinbaren. Da das Arbeitsver-
hältnis durch Aufhebungsvertrag geendet habe, hätten beide Arbeitsvertragsparteien von
ihrer Vertragsfreiheit Gebrauch gemacht, so daß die Auflösung des Arbeitsverhältnisses
nicht allein im Verantwortungsbereich der Klägerin liege. Bedenken gegenüber der Er-
stattungspflicht ergäben sich auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit,
denn die gegen Frühverrentungen gerichtete Regelung habe ihren Zweck - wie die Praxis
zeige - nicht erreicht. Trotz langjähriger Beitragsentrichtung seien die Vertragsparteien ei-
nerseits durch die Erstattungspflicht andererseits durch die gleichfalls verfassungswidrige
fiktive Kündigungsfrist des § 117 Abs 2 Satz 4 AFG gehindert, das freiwillig eingegangene
Arbeitsverhältnis zu lösen. Dies führe zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Doppelbe-
lastung. Dieser Gesichtspunkt sei in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
(BVerfG) zu § 128 AFG aF unberücksichtigt geblieben. Zu einer verfassungsrechtlich be-
denklichen Risikoverteilung komme es auch durch die Regelung des § 105c AFG. Der mit
der Erstattungspflicht verbundene Eingriff in die Berufsausübung sei nur dann verfas-
sungsgemäß, wenn er in einem vernünftigen Verhältnis zu dem gegebenen Anlaß und
dem ihm verfolgten Zweck stehe. Die Auslegung des § 128 AFG müsse deshalb unbillige
Härten vermeiden. Dem diene eine weite Auslegung der Befreiungstatbestände, insbe-
sondere müßten Aufhebungsverträge Kündigungen iS des § 128 Abs 1 Satz 2 Nrn 4 und
5 AFG gleichgesetzt werden. Da der Arbeitgeber keinerlei Möglichkeiten habe, die Vor-
aussetzungen anderer Sozialleistungen zu prüfen, erstrecke sich die amtliche Sachauf-
klärungspflicht darauf, alle vernünftigerweise zu Gebote stehenden und rechtlich zulässi-
gen Möglichkeiten der Aufklärung - auch zugunsten des Arbeitgebers - auszuschöpfen.
Deshalb müsse der Arbeitslose mindestens einmal pro Quartal vorgeladen und über an-
dere Sozialleistungen und über seinen Gesundheitszustand befragt werden. Im übrigen
seien Nachfragen beim Krankenversicherungsträger und beim Rentenversicherungsträ-
ger anzustellen, zumal statistisch etwa 30 bis 50 vH der über 55 Jahre alten Arbeitnehmer
in ihrer gesundheitlichen Leistungsfähigkeit eingeschränkt seien, so daß nicht selten eine
verdeckte Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vorliege. Gegenüber den Ausführungen des
LSG zur unzumutbaren Belastung iS des § 128 Abs 2 Nr 2 AFG sei darauf hinzuweisen,
daß die Erstattungsforderung der BA die an J gezahlte Abfindung bei weitem übersteige.

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Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 21. März 1997 und des Sozi-
algerichts Darmstadt vom 27. November 1995, sowie die Bescheide der Beklagten
vom 21. Februar 1995 und 6. April 1995 idF des Widerspruchsbescheids vom
8. Mai 1995 sowie vom 6. Dezember 1995 idF des Widerspruchsbescheids vom
22. Januar 1996 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend, insbesondere entspreche die Auslegung
des § 128 AFG durch das LSG den Vorgaben des BVerfG.

II

Die Revision der Klägerin ist iS der Aufhebung und Zurückverweisung begründet. Die
Entscheidung des LSG verletzt § 128 Abs 1 Satz 1 AFG. Für eine abschließende Ent-
scheidung des Bundessozialgerichts (BSG) reichen die tatsächlichen Feststellungen des
LSG nicht aus.

1. Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß der Erstattungsbescheid vom 6. April
1995 gemäß § 86 SGG Gegenstand des gegen den "Grundlagenbescheid" vom
21. Februar 1995 eingeleiteten Widerspruchsverfahrens und der Erstattungsbescheid
vom 6. Dezember 1995 idF des Widerspruchsbescheids vom 22. Januar 1996 gemäß
§§ 96 Abs 1, 153 Abs 1 SGG Gegenstand des Gerichtsverfahrens geworden sind (vgl
hierzu BSG SozR 3-4100 § 128a Nrn 3 und 7 mwN). Durch die beiden Erstattungsbe-
scheide ist der "Grundlagenbescheid" überholt. Mit ihnen hat die BA die für Erstattungen
im vorliegenden Fall in Betracht kommenden Leistungszeiträume vom 23. September
1994 bis 30. Juni 1995 erschöpft. Seit dem 1. Juli 1995 bezieht J Altersrente. Dem
Grundlagenbescheid kommt damit eigenständige Bedeutung über die Erstattungsbe-
scheide hinaus nicht zu. Die Frage, ob die Beklagte entsprechend der im DBl-Runderlaß
11/93 vom 3. Februar 1993 Rz 7.4 Abs 3 vorgesehenen Verfahrensweise zu
"Grundentscheidungen" über die Erstattungspflicht berechtigt ist (vgl dazu das zur Veröf-
fentlichung vorgesehene Urteil des Senats vom 17. Dezember 1997 - 11 RAr 103/96 -),
bedarf daher hier keiner Erörterung. Zu entscheiden ist allein, ob die BA die Klägerin zu
Recht gemäß § 128 AFG zur Erstattung der 38.687,28 DM herangezogen hat.
2. Die angefochtene Heranziehung ist nicht wegen Verletzung der gebotenen Anhörung
rechtswidrig. Die BA hat der Klägerin Gelegenheit gegeben, sich zu den für die Erstat-

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tungspflicht erheblichen Tatsachen zu äußern (§ 24 Abs 1 Sozialgesetzbuch
- Verwaltungsverfahren - ).

Zwar ist der Anhörungspflicht nicht schon mit dem "Anhörungsschreiben" genügt, das
dem Grundlagenbescheid vorausgegangen ist. Die Anhörungspflicht bezieht sich auf
sämtliche für die Erstattung entscheidungserheblichen Tatsachen, auch diejenigen, die
die Erstattungsforderung der Höhe nach betreffen. Aus diesem Grunde hat auch den je-
weiligen Erstattungsbescheiden eine Anhörung vorauszugehen (vgl dazu das schon er-
wähnte Urteil des Senats vom 17. Dezember 1997 - 11 RAr 103/96 -). Vor dem Erstat-
tungsbescheid vom 6. April 1995 hat die BA der Klägerin jedenfalls nicht durch ein Anhö-
rungsschreiben Gelegenheit gegeben, sich zu entscheidungserheblichen Tatsachen zu
äußern. Das Rechenwerk für die mit dem Erstattungsbescheid vom 6. April 1995 geltend
gemachte Erstattungsforderung für die Zeit vom 23. September 1994 bis 28. Februar
1995 hat die BA am 5. April 1995 erstellt. Es kann damit noch nicht in der Verwaltungs-
akte enthalten gewesen sein, als die Klägerin im März 1995 Akteneinsicht genommen hat.
Ob zu diesem Zeitpunkt bereits Zahlungsnachweise der Verwaltungsakte vorgeheftet
waren, aus denen die Klägerin entscheidungserhebliche Tatsachen hätte entnehmen
können, steht nicht fest. Allerdings führt der Erstattungsbescheid selbst das im Leistungs-
zeitraum an 136 Leistungstagen erbrachte Alg, sowie die zur Kranken- und Rentenversi-
cherung aufgewendeten Beiträge auf. In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß die An-
hörung im Widerspruchsverfahren auch durch den Inhalt des angefochtenen Bescheids iS
des § 41 Abs 1 Nr 3 SGB X nachgeholt werden kann. Voraussetzung hierfür ist, daß der
Verwaltungsakt diejenigen Tatsachen enthält, die nach § 24 Abs 1 SGB X Gegenstand
der Anhörung sind (BSG SozR 1300 § 24 Nr 7; BSGE 69, 247, 253 f = SozR 3-1300 X 24
Nr 4 mwN). Der Erstattungsbescheid vom 6. April 1995 enthält zwar nur die
Erstattungsforderung, nicht das Rechenwerk, welches ihr zugrunde liegt. Der Einwand der
Klägerin in ihrem Schreiben vom 28. November 1995, sie könne "mangels Berechnungs-
grundlage die Höhe der Forderung nicht nachvollziehen", liegt daher nahe. Sie begründet
hier jedoch nicht die Rechtswidrigkeit des Erstattungsbescheids. Der Inhalt des Bescheids
vermittelte der Klägerin hinreichende Kenntnisse, um sich zur Ausschöpfung ihres Rechts
auf rechtliches Gehör noch weitere Tatsachenkenntnis zu verschaffen (BSG SozR 1300
§ 24 Nrn 4 und 6 mwN). Die Übersendung des Rechenwerks erscheint hier auch deshalb
nicht geboten, weil die BA bei der Feststellung des Alg sowie der Beiträge zur Kranken-
und Rentenversicherung und damit dem Erstattungsbetrag wesentlich von dem
Arbeitsentgelt des J ausgegangen ist, das gerade auf tatsächlichen Angaben der Klägerin
in der Arbeitsbescheinigung beruht (§ 24 Abs 2 Nr 3 SGB X). Auch wenn das Arbeitsent-
gelt nicht notwendig mit dem Bemessungsentgelt identisch ist, war die Klägerin im Zu-
sammenhang mit dem Anhörungsschreiben sowie der Mitteilung des Erstattungszeit-
raums hinreichend über Tatsachen unterrichtet, die eine Überraschungsentscheidung
ausschlossen und der Klägerin eine Entscheidung darüber ermöglichten, ob sie Anlaß
sah, an die BA heranzutreten, um ihre Erstattungsentscheidung zu beeinflussen. Aus den

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gleichen Gründen genügt das dem Erstattungsbescheid vom 6. Dezember 1995 vor-
ausgegangene Anhörungsschreiben vom 8. November 1995 noch den Anforderungen der
Anhörungspflicht.

3. Zutreffend ist das LSG zu dem Ergebnis gekommen, daß die Klägerin der BA das in
der Zeit vom 23. September 1994 bis 30. Juni 1995 gezahlte Alg einschließlich der auf
diese Leistung entfallenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung
(§ 128 Abs 4 AFG) zu erstatten hat.

3.1 Nach § 128 Abs 1 Satz 1 AFG erstattet der Arbeitgeber, bei dem der Arbeitslose in-
nerhalb der letzten vier Jahre vor dem Tag der Arbeitslosigkeit, durch den nach § 104
Abs 2 AFG die Rahmenfrist bestimmt wird, mindestens 720 Kalendertage in einer die Bei-
tragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat, der BA vierteljährlich das Alg für
die Zeit nach Vollendung des 58. Lebensjahres des Arbeitslosen, längstens für 624 Tage.
Diese Voraussetzungen sind nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, die nicht
mit Revisionsrügen angegriffen und damit für das BSG bindend sind (§ 163 SGG), erfüllt.

Die Klägerin hat J durchgehend seit 1965 und damit innerhalb der letzten vier Jahre vor
Eintritt der Arbeitslosigkeit am 1. Juli 1994 mindestens 720 Kalendertage beitragspflichtig
beschäftigt. Während des Bezuges von Alg ab 23. September 1994 hatte der 1935 ge-
borene J das 58. Lebensjahr und bei Eintritt der Arbeitslosigkeit das 56. Lebensjahr voll-
endet. Der Umstand, daß die BA mit beiden Erstattungsbescheiden jeweils nicht nur die
von ihr für ein Vierteljahr erbrachten Leistungen in Rechnung gestellt hat, läßt die
Rechtmäßigkeit der Erstattungsforderung unberührt. Die BA hat ausschließlich nach
§ 128 Abs 1 Satz 1 AFG fällige Erstattungsbeträge geltend gemacht. Der Erstattungszeit-
raum von längstens 624 Tagen ist nicht überschritten, selbst wenn die BA noch die Bei-
träge für die gesetzliche Krankenversicherung für die Sperrzeit vor dem 29. September
1994 erstattet verlangen könnte.

3.2 Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß J nicht auch die Voraussetzungen
für eine der in § 118 Abs 1 Satz 1 Nrn 2 bis 4 AFG genannten Sozialleistungen
(Krankengeld, Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, Altersrente usw) oder Rente wegen Be-
rufsunfähigkeit erfüllt und ein solcher Tatbestand nach § 128 Abs 1 Satz 2 AFG der Er-
stattungspflicht nicht entgegensteht.

Auf eine Verletzung des Ermittlungsgrundsatzes kann sich die Klägerin insoweit nicht mit
Erfolg berufen. Nach ständiger Rechtsprechung erfordert die amtliche Sachaufklärungs-
pflicht nicht, nach Tatsachen zu forschen, für deren Bestehen die Umstände des Einzel-
falls keine Anhaltspunkte bieten (st Rspr: BSGE 78, 207, 213 = SozR 3-2600 § 43 Nr 13;
BVerwGE 66, 237 f). Eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes im Verwaltungs-
verfahren wäre nur erheblich, wenn sie zu einem anderen Verfahrensergebnis führen
könnte (§ 42 Satz 1 SGB X). Gegebenenfalls hätten die Tatsacheninstanzen nach § 103

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SGG für weitere Sachaufklärung zu sorgen. Dazu bestand hier kein Anlaß. Mit dem erör-
terten Maßstab für die amtliche Sachaufklärungspflicht korrespondiert auch die Regelung
der Mitwirkungspflicht von Arbeitslosen nach § 128 Abs 8 AFG. Die Angaben von J über
seinen Gesundheitszustand und über Anträge auf andere Sozialleistungen im Lei-
stungsantrag sowie bei seiner erneuten Befragung vor Erlaß des Erstattungsbescheids
vom 6. Dezember 1995 lassen keinen Anhaltspunkt für weitere Ermittlungen erkennen.
Eine Pflicht zur Einhaltung regelmäßiger formaler Rituale (vierteljährliche Vorladung von
Arbeitslosen, Anfragen bei anderen Sozialleistungsträgern oder gar die körperliche Un-
versehrtheit berührender Begutachtungen) läßt sich aus dem Ermittlungsgrundsatz nicht
herleiten. Den Umfang der Amtsermittlung bestimmt die Behörde bzw das Gericht auf-
grund pflichtgemäßer Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles. Sachliche An-
haltspunkte für weitergehende Ermittlungen waren auch dem Sachvortrag der Klägerin
nicht zu entnehmen. Allgemeine statistische Angaben als Erfahrungssätze über Ein-
schränkungen der gesundheitlichen Leistungsfähigkeit älterer Menschen sind für die
Sachaufklärung im Einzelfall unergiebig (aM Ossenbühl, Der Erstattungsanspruch gemäß
§ 128 AFG und anderweitige Sozialleistungsansprüche, 1991, 12 ff; Kreßel NZS 1993,
292, 295 ff). Sie verfehlen den erörterten Inhalt des Untersuchungsgrundsatzes, wonach
die Notwendigkeit von Ermittlungen durch konkrete Umstände des Einzelfalles, nicht aber
generelle statistische Erhebungen bestimmt wird. Auch der Einwand, zum Gesundheits-
zustand und Leistungsvermögen des früheren Arbeitnehmers könne der Arbeitgeber nach
dem Ausscheiden aus dem Betrieb nicht beitragen, vermag nicht zu überzeugen. Inwie-
weit der Klägerin Kenntnisse über den Gesundheitszustand und anderweitige Ansprüche
auf Sozialleistungen während des Bezugs von Alg zur Verfügung standen, kann auf sich
beruhen. Da die Klägerin die Lohnsteuerkarte von J wegen über die Dauer des Arbeits-
verhältnisses hinausgehender Zahlungen einbehalten hat, liegt die Annahme nahe, daß
sie bei den Abreden über das vorzeitige Ausscheiden Auskunfts- und Mitteilungspflichten
ihres früheren Arbeitnehmers über Gesundheitsstörungen und anderweitige Soziallei-
stungen begründet hat. Abgesehen davon stehen der Klägerin gegebenenfalls aus der
Zeit der Beschäftigung Kenntnisse über Fehlzeiten oder Absinken der gesundheitlichen
Leistungsfähigkeit zur Verfügung, die zwar nicht unmittelbar den hier maßgeblichen Be-
zugszeitraum betreffen, die Klägerin aber zu substantiiertem Sachvortrag befähigen, der
Anlaß zur Ermittlung entscheidungserheblicher Tatsachen nach § 103 SGG, § 20 SGB X
geben könnte (insoweit zutreffend Wissing NZA 1993, 385, 397). Solches Vorbringen hat
die Klägerin sowohl im Verwaltungs- wie im gerichtlichen Verfahren vermissen lassen.
Auch wenn amtliche Sachaufklärung nicht von Beteiligtenvorbringen (Tatsachen-
behauptungen; Beweisanregungen; Beweisanträgen) abhängig ist, begründet der
Ermittlungsgrundsatz keine Pflicht von Behörden und Gerichten, Tatsachen zu ermitteln,
für deren Bestehen weder das Beteiligtenvorbringen noch sonstige konkrete Umstände
des Einzelfalls Anhaltspunkte liefern (aA ohne Auseinandersetzung mit der st Rspr:
Wissing NZA 1993, 385, 397). In diesem Sinne findet die amtliche Sachaufklärungspflicht
ihre Grenze an der Mitwirkungspflicht der Verfahrensbeteiligten (st Rspr: BVerwGE 66,

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237 f; Eyermann/Geiger, VwGO, 10. Aufl 1998, § 86 RdNr 10; Meyer-Ladewig, SGG,
5. Aufl 1993, § 103 RdNr 16; noch deutlicher § 76 Abs 1 Finanzgerichtsordnung: "Das
Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei
heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und
der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den
anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären". Verfassungsrechtliche
Bedenken gegen die sich aus dem erörterten Maßstab des Untersuchungsgrundsatzes
ergebenden Folgen für die Erstattungspflicht beruhen auf nicht hinreichender Klarheit
über den Inhalt der Amtsermittlungspflicht und dem Ziel, über eine nicht praxisgerechte
und nicht zumutbare Steigerung der Amtsermittlungspflicht zu Entscheidungen nach
objektiver Beweislast und damit einer Einschränkung der Erstattungspflicht zu gelangen
(vgl Kreßel NZS 1993, 292, 294 f).

Nach den Umständen des hier zu beurteilenden Falles hat das LSG ohne Verletzung von
Verfahrensvorschriften übereinstimmend mit der BA festgestellt, daß J während des Er-
stattungszeitraums vom 23. September 1994 bis 30. Juni 1995 anderweitige Soziallei-
stungen nicht zustanden.

3.3 Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, daß einer der in § 128 Abs 1 Satz 2 Nrn 1
bis 7 AFG genannten Tatbestände vorliegt, die die Erstattungspflicht nicht entstehen
lassen.

Die Klägerin hat nicht dargelegt und nachgewiesen, daß sie das Arbeitsverhältnis mit J
durch sozial gerechtfertigte Kündigung beendet hat (§ 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG). Un-
streitig ist das Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag beendet worden, der diesen
Befreiungstatbestand gerade nicht erfüllt (Niesel/Brand, AFG, 1995, § 128 RdNr 38). Dem
gegenüber greift der pauschale Hinweis der Revision auf die Austauschbarkeit von sozial
gerechtfertigter Kündigung und Aufhebungsvertrag als Beendigungsgründen von
Arbeitsverhältnissen nicht durch. Der Gesetzgeber hat bei der hier anzuwendenden Fas-
sung des Gesetzes beachtet, daß das BVerfG gerade in der Wahl bestimmter "Formen
der Beendigung von Arbeitsverhältnissen älterer, langjährig beschäftigter Arbeitnehmer"
ein Indiz dafür sieht, daß die Arbeitslosigkeit in den "Verantwortungsbereich des Ar-
beitgebers" fällt (BVerfGE 81, 156, 197 = SozR 3-4100 § 128 Nr 1). Bei Abschluß eines
Aufhebungsvertrages setzt sich der Arbeitgeber nicht der Prüfung der die Kündigung so-
zial rechtfertigenden Gründe aus. Kann er solche Gründe anführen und damit darlegen
und nachweisen, daß die Verantwortung für die Arbeitslosigkeit seines früheren Arbeit-
nehmers nicht ihn treffe, hat er die Möglichkeit, vom Kündigungsrecht Gebrauch zu ma-
chen. Träfe die Rechtsauffassung der Klägerin zu, könnte § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AFG
vorliegend übrigens auch keine Anwendung finden; es fehlt substantiierter Sachvortrag,
dem betriebliche Gründe für eine sozial gerechtfertigte Kündigung zu entnehmen wären.

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Die Klägerin hat auch nicht dargelegt und nachgewiesen, daß sie bei Beendigung des Ar-
beitsverhältnisses berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Ein-
haltung einer Kündigungsfrist oder mit sozialer Auslauffrist zu kündigen (§ 128 Abs 1
Satz 2 Nr 5 AFG). Ihr Vorbringen zu diesem Tatbestand ist auf abstrakte Rechtsausfüh-
rungen beschränkt. Konkrete Tatsachen, welche die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses belegen könnten, sind ihm nicht zu entnehmen. Insbesondere hat die
Klägerin nichts dafür vorgetragen, daß J seine Arbeitsleistung krankheitsbedingt oder
wegen altersbedingten Leistungsabbaus über länger währende Zeiträume nicht erbracht
hätte. Die Behauptung wirtschaftlicher Gründe für die Beendigung des Arbeitsver-
hältnisses weist keine Substanz auf, die die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Ar-
beitsverhältnisses mit J begründen könnte. In diesem Zusammenhang ist eine Klarstel-
lung dahin geboten, daß dieser Befreiungstatbestand nicht Manipulationen Vorschub lei-
sten soll, welche die Erstattungspflicht von Arbeitgebern nach § 128 AFG entwerten
könnten (BVerfGE 81, 156, 203 = SozR 3-4100 § 128 Nr 1). Ohne konkreten für die Tat-
sacheninstanzen überprüfbaren Sachvortrag kann sich die Klägerin auf den Befrei-
ungstatbestand des § 128 Abs 1 Satz 2 Nr 5 AFG nicht mit Recht berufen. Unerheblich ist
insoweit, daß auch bei tariflich nicht kündbaren Arbeitnehmern der Tarifvertrag eine
ordentliche Kündigung im Rahmen eines Sozialplans zuläßt. Das Gesetz trägt dabei der
Erfahrung Rechnung, daß bei Beendigung von Arbeitsverhältnissen älterer Arbeitnehmer
häufig der sonst typische Interessengegensatz zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer
nicht besteht (BVerfGE 81, 156, 203 = SozR 3-4100 § 128 Nr 1; BSGE 77, 48, 52 = SozR
3-4100 § 119 Nr 9).

3.4 Substantiierter Sachvortrag fehlt schließlich insoweit, als die Klägerin sich auf einen
Wegfall der Erstattungspflicht nach § 128 Abs 2 Nr 2 AFG beruft. Nach dieser Vorschrift
entfällt die Erstattungspflicht nur, wenn der Arbeitgeber darlegt und nachweist, daß die
Erstattung für ihn eine unzumutbare Belastung bedeutete, weil durch sie der Fortbestand
des Unternehmens oder die nach Durchführung des Personalabbaus verbleibenden Ar-
beitsplätze gefährdet wären. Der Anwendung dieser Vorschrift steht zwar nicht entgegen,
daß die Klägerin ausscheidenden Arbeitnehmern im Rahmen eines Sozialplans eine Ab-
findung von 4.000,00 DM gezahlt hat. Insoweit unterliegt der rechtliche Ausgangspunkt
des LSG Bedenken. Unabhängig davon, welche Anforderungen an eine unzumutbare
Belastung unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Gesichtspunkte zu stellen sind
(vgl dazu BVerfGE 81, 156, 203 ff = SozR 3-4100 § 128 Nr 1; Niesel/Brand § 128
RdNr 83), ist der Darlegungs- und Beweislast der Klägerin jedenfalls nicht mit dem pau-
schalen Hinweis auf "Umsatzrückgang" genügt. Insoweit hätte die Klägerin konkrete Da-
ten vortragen und unter Beweis stellen müssen, die Aufschluß über den wirtschaftlichen
Zustand ihres Unternehmens geben. Daran fehlt es ebenso wie an der Stellungnahme
einer fachkundigen Stelle, die Satz 2 der Vorschrift zum Nachweis einer unzumutbaren
Belastung fordert. Unter diesen Umständen besteht kein Anlaß, näher darauf einzugehen,
unter welchen Voraussetzungen eine "unzumutbare Belastung" iS des § 128 Abs 2 Nr 2

- 11 -

AFG unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeits-
grundsatzes gegeben sein könnte.

4. Entgegen der Annahme der Revision unterliegt § 128 AFG nicht grundsätzlichen ver-
fassungsrechtlichen Bedenken. Dazu ist klarzustellen, daß es sich um eine Regelung der
Berufsausübung (nicht der Berufswahl) handelt, die nach ständiger Rechtsprechung des
BVerfG mit Art 12 Abs 1 Satz 2 GG vereinbar ist, wenn die gewählten Mittel zum Errei-
chen des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich sind und wenn bei einer Ge-
samtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtferti-
genden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt. Dabei hat der Gesetzgeber
für seine arbeits- oder sozialpolitischen sowie wirtschaftspolitischen Ziele einen weiten
Gestaltungsspielraum. Er kann Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit in den Vordergrund
stellen. Seine Gestaltungsfreiheit ist noch größer, wenn die Regelung - wie hier - nicht
unmittelbar berufsregelnden Charakter hat (BVerfGE 81, 156, 188 f = SozR 3-4100 § 128
Nr 1). Zu § 128 AFG aF hat das BVerfG aaO im einzelnen ausgeführt, daß die arbeits-
und sozialpolitische Zielsetzung, "Frühverrentungen", mit denen Personalkosten nament-
lich von Großunternehmen auf die Solidargemeinschaft abgewälzt werden, entgegenzu-
treten (Entlastungsfunktion), durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist. Zur Eig-
nung und Erforderlichkeit des eingesetzten Mittels der Erstattungspflicht hat das BVerfG
hervorgehoben, die Eignung der Erstattungspflicht sei bereits dann anzunehmen, wenn
durch sie der gewünschte Erfolg gefördert werde. Eine verfassungsrechtliche Beanstan-
dung sei nur möglich, wenn das eingesetzte Mittel "objektiv ungeeignet" oder "schlechthin
ungeeignet" sei (BVerfGE 81, 156, 192 = SozR 3-4100 § 128 Nr 1). Dieses Merkmal hat
das BVerfG für die im wesentlichen gleichlautende frühere Regelung verneint. Für das
geltende Recht kann nichts anderes gelten. Die Revision geht daher bei ihren Einwänden
gegen die gesetzliche Regelung von verfassungsrechtlich nicht zutreffenden Vorausset-
zungen aus. Sie nimmt die verfassungsrechtlichen Vorgaben des BVerfG auch insoweit
nicht zur Kenntnis, als sie meint, die Klägerin treffe für die Arbeitslosigkeit nicht
besondere Verantwortung. Diese hat der Gesetzgeber durch die typisierend
differenzierende Regelung des § 128 AFG konkretisiert. Arbeitgebern ist durch die Befrei-
ungstatbestände des § 128 Abs 1 Satz 2 AFG und die Auffangklausel des § 128 Abs 2
Nr 2 AFG insbesondere die Möglichkeit eingeräumt worden, betriebliche Belange
vorzutragen und unter Beweis zu stellen, um die Erstattungspflicht - von der zeitlichen
Begrenzung abgesehen - in den Grenzen zumutbarer Belastung der Verhältnismäßigkeit
zu halten (BVerfGE 81, 156, 194 ff = SozR 3-4100 § 128 Nr 1). Damit ist die
Verhältnismäßigkeit der gesetzlichen Regelung gewahrt. Die verfassungsrechtlichen
Ausführungen der Klägerin reißen einzelne Begriffe aus dem Zusammenhang der
Ausführungen des BVerfG und werden damit der Verfassungsrechtslage nach Art 12
Abs 1 Satz 2 GG nicht gerecht.

- 12 -

Die Erstattungspflicht der Arbeitgeber ist auch insoweit verfassungsgemäß, als Arbeits-
lose - wie hier J - von der Möglichkeit Gebrauch machen, Alg unter den erleichterten Vor-
aussetzungen des § 105c AFG in Anspruch zu nehmen. Auch wenn Arbeitslose danach
nicht mehr jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen bereit sein müssen, steht ihnen
Alg nur zu, wenn sie die objektiven und subjektiven Anspruchsvoraussetzungen im übri-
gen erfüllen. Die Rechtsansicht, eingeschränkte Arbeitsbereitschaft älterer Arbeitnehmer
und eingeschränkte Vermittlungsbemühungen der BA führten zu einer nicht verhältnis-
mäßigen Risikoverteilung zum Nachteil von Arbeitgebern (Kreßel NZA 1993, 292, 294),
verkennt die tatsächlichen Verhältnisse des Arbeitslebens. Die Regelung des § 105c AFG
berücksichtigt ua, daß Arbeitslosen nach Vollendung des 58. Lebensjahres "im allgemei-
nen kein Arbeitsplatz mehr vermittelt werden kann, der ihrer bisherigen - in der Regel
durch langjährige Betriebszugehörigkeit geprägten - Tätigkeit annähernd gleichwertig ist"
(Begründung des Entwurfs zum 7. AFG-Änderungsgesetz, BT-Drucks 10/3923 S 21). Be-
stehen aber für ältere Arbeitnehmer ohnehin kaum Vermittlungsmöglichkeiten, wird deut-
lich, daß der Aufhebungsvertrag gerade nach langer Betriebszugehörigkeit wesentlich
mitwirkende Ursache für die Arbeitslosigkeit ist. Die Frühverrentungspläne der Unter-
nehmen kalkulieren dies ein und gehen davon aus, daß entlassene Arbeitnehmer nach
einjähriger Arbeitslosigkeit mit 60 Jahren Altersrente beziehen können. Die Ansicht, bei
Inanspruchnahme des § 105c AFG seien mangelnde Arbeitsbereitschaft des Arbeitslosen
und eingeschränkte Vermittlungsbemühungen der BA Grund der Arbeitslosigkeit, wird der
Bedeutung, die der Lösung des Arbeitsverhältnisses für die Arbeitslosigkeit zukommt,
nicht gerecht. Sie verwechselt insofern Ursache und Wirkung und ist nicht geeignet,
Arbeitgeber von ihrer Verantwortung für die Arbeitslosigkeit langjähriger älterer Ar-
beitnehmer zu entlasten.

5. Eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 AFG enthält das angefochtene Urteil jedoch,
als ihm tatsächliche Feststellungen nicht zu entnehmen sind, nach denen sich die Erstat-
tungsforderung der BA gegenüber der Klägerin errechnen läßt. An tatsächlichen Fest-
stellungen ist dem Urteil insoweit nur zu entnehmen, daß der Kläger ab 23. September
1994 Alg in Höhe von 625,20 DM wöchentlich bezogen und anläßlich der Aufhebung sei-
nes Arbeitsvertrages eine Abfindung von 4.000,00 DM erhalten haben soll. Diese Fest-
stellungen reichen für eine rechtliche Überprüfung nicht aus, denn diese bezieht sich nicht
nur auf die dem Arbeitslosen tatsächlich erbrachte, sondern die ihm rechtlich zustehende
Leistung (BSG Urteil vom 18. September 1997 - 11 RAr 55/96 - mit Hinweis auf BSG
SozR 3-4100 § 128a Nr 7 mwN). Dem Urteil des LSG fehlen deshalb Feststellungen, die
die Prüfung sämtlicher Anspruchsvoraussetzungen und der rechnerischen Richtigkeit des
gezahlten Alg und der darauf beruhenden Erstattungsforderung erlauben. Das Urteil läßt
nicht erkennen, daß das LSG die Rechtmäßigkeit der Erstattungsforderung der Höhe
nach geprüft hat.

- 13 -

Da die tatsächlichen Feststellungen des LSG für eine abschließende Entscheidung des
BSG nicht ausreichen, ist das angefochtene Urteil mit den ihm zugrundeliegenden Fest-
stellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das LSG zurückzuverweisen. Für die
erneute Entscheidung wird darauf hingewiesen, daß die Feststellungen des LSG die J
nach der Betriebsvereinbarung zustehenden Leistungen nicht voll erfassen dürften.

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