Ausgewählte Rechtsprechung und Rechtsentwicklung
Montag, 18. Mai 2015
SG R, S 2 KR 296/08 vom 18.02.2010, Sozialgericht Regensburg
S 2 KR 296/08

SOZIALGERICHT REGENSBURG
GERICHTSBESCHEID

in dem Rechtsstreit

- Kläger -

gegen
-Krankenkasse,

20097 Hamburg - 003401/stö -
- Beklagte -

Untätigkeit

Die 2. Kammer des Sozialgerichts Regensburg erlässt durch ihre Vorsitzende, Richterin
am Sozialgericht G, am 18. Februar 2010 ohne mündliche Verhandlung folgenden

Gerichtsbescheid:

l. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

- 2 - S 2 KR 296/08

Tatbestand:

Streitgegenstand des Rechtsstreites ist, ob die Beklagte in der Gestalt untätig war,
als dass sie nicht beschieden hat, ob und warum dem Kläger die nach § 43 Abs. 1
SGB I beantragte Leistung gewährt beziehungsweise versagt wird.

Mit Schreiben vom 08.05.2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erstat-
tung von im April 2007 angefallenen Fahrtkosten, woraufhin die Beklagte mit Be-
scheid vom 08.05.2007 mitteilte, dass die geltend gemachten Fahrtkosten teilwei-
se erstattet werden könnten; Kosten für die Taxifahrt am 26.04.2007 könnten je—
doch nicht übernommen werden, da die diesbezügliche Behandlung bei Dr. S
nicht im Zusammenhang mit der Dialyse gestanden hätte.

Dagegen legte der Kläger mit Schriftsatz vom 15.05.2007 Widerspruch ein, wobei
er ausführte, dass die Praxis Dr. S und Dr. P wegen der Praxiszeiten
nur an einem dialysefreien Tag aufgesucht werden könne, wodurch zusätzliche
Fahrkosten anfallen würden. Zugleich beantragte er, die Leistung als vorläufige
Leistung gemäß § 43 SGB l zu erbringen.

Mit Bescheid vom 24.05.2007 teilte die Beklagte dem Kläger daraufhin mit, dass
kein anderer Leistungsträger für die begehrte Leistung zuständig sei, weswegen §
43 SGB I nicht einschlägig sei.

Mit Schreiben vom 07.07.2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erstat-
tung von im Juni 2007 angefallenen Fahrtkosten, wobei er auch einen Antrag auf
vorläufige Leistungsgewährung nach § 43 SGB I stellte.

- 3 - S 2 KR 296/08

Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 22.08.2007 mit, dass
im Falle des Klägers nur die Fahrten im Zusammenhang mit der Dialyse erstat—
tungsfähig seien; angesichts dessen könnten die Krankenfahrten am 26.04.2007
und 28.06.2007 zur ambulanten Behandlung nicht erstattet werden.

Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 04.09.2007 Widerspruch ein. Zur
Begründung führte er aus, dass er aufgrund seiner Gesundheitsstörungen auch zu
den übrigen Behandlungsmaßnahmen und Kontrolluntersuchungen außerhalb der
Dialyse aus zwingenden medizinischen Gründe nur per Taxi erscheinen könne,
wobei er eine entsprechende ärztliche Bescheinigung von Dr. L vom
07.09.2007 und ein ärztliches Attest von Dr. S vom 18.09.2007 beifügte.

Der seitens der Beklagten befasste Medizinische Dienst der Krankenversicherung
(MDK) führte in zwei Stellungnahmen nach Aktenlage vom 13.11.2007 und
27.11.2007 aus, dass beim Kläger zwar die Mobilität beeinträchtigt sei, allerdings
keine hohe Behandlungsfrequenz von dreimal pro Woche vorliegen würde, wes-
wegen die Voraussetzungen für die Kostenerstattung der Fahrtkosten durch die
gesetzliche Krankenversicherung nicht erfüllt seien. Darüber hinaus läge beim
Kläger keine vergleichbare Beeinträchtigung der Mobilität analog den Merkzeichen
"aG, "Bl ", "H" bzw. der Pflegestufen ll oder lll und keine Behandlung über einen
längeren Zeitraum vor.

Dementsprechend wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Wider-
spruchsbescheid vom 05.02.2008 unter Bezugnahme auf diese Ausführungen zu-
rück.

Gegen den Widerspruchsbescheid wurde seitens des Klägers kein Rechtsbehelf
eingelegt.

Mit Klage vom 18.10.2008, beim Sozialgericht Regensburg am 20.10.2008 einge-
gangen, hat der Kläger Untätigkeitsklage gegen die Beklagte der Gestalt erhoben,
dass die Beklagte zu verurteilen sei, unverzüglich zu bescheiden, ob und warum.
dem Kläger die in seinem Schreiben vom 15.05.2007 nach 5. 43 Abs. 1 SGB l be-
antragte Leistung gewährt beziehungsweise versagt wird. Zudem hat er einen An-

- 4 - S 2 KR 296/08

trag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt, der mittels Beschluss des
Sozialgerichts Regensburg vom 09.09.2009 abgelehnt wurde und die dagegen
eingelegte Beschwerde durch Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts
vom 09.11.2009 zurückgewiesen wurde.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, unverzüglich zu bescheiden, ob und warum dem
Kläger die in seinem Schreiben vom 15.05.2007 nach § 43 Abs. 1 SGB I be-
antragte Leistung gewährt bzw. versagt wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass über den entsprechenden Antrag des
Klägers auf Erstattung von Fahrtkosten längst - und zwar noch vor Erhebung der
Untätigkeitsklage - entschieden worden sei. Soweit der Kläger eine Auseinander-
setzung mit der Vorschrift des § 43 SGB I vermisse, beziehe er sich auf sein Wi-
derspruchsschreiben vom 15.05.2007. Die hiesige Klage sei als unzulässig zu-
rückzuweisen.

Mit Schreiben vom 25.11.2009 hat das Gericht die Beteiligten zu der Absicht an—
gehört, den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu
entscheiden und Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 11.12.2009 eingeräumt,
womit sich die Beklagte mit Schreiben vom 30.11.2009 und der Kläger mit Schrei-
ben vom 07.12.2009 einverstanden erklärt haben.

Das Gericht hat die Beklagtenakte sowie die Schwerbehindertenakte des Klägers

- 5 - S 2 KR 296/08

vom Zentrum Bayern Familie und Soziales, ferner die Akten des Sozialgerichts
Regensburg S 2KR 284/08, S 2 KR 175/09, S 2 KR 379/08 und S 2 KR 264/08
zum Verfahren beigezogen, auf deren Inhalt im Übrigen ergänzend Bezug ge—
nommen wird.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschei-
den, da die Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder
rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten vorher hier—
zu gehört wurden (vgl. § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Die durch den Kläger mit Schriftsatz vom 18.10.2008 erhobene Untätigkeitsklage
ist unzulässig.

Die vorliegenden Anträge des Klägers vom 08.05.2007 und 07.07.2007 auf Über-
nahme der geltend gemachten Fahrtkosten hat die Beklagte mit Bescheiden vom
08.05.2007 und 22.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
05.02.2008 abgelehnt. Darüber hinaus hat die Beklagte dem Kläger mit Bescheid
vom 24.05.2007 mitgeteilt, dass auch kein anderer Leistungsträger für die begehr-
te Übernahme der Fahrtkosten zuständig sei, weswegen eine Leistungsgewäh—
rung nach § 43 SGB l ausscheide.

Vorliegend hat die Beklagte zur Überzeugung des Gerichts über die Anträge des
Klägers vom 08.05.2007 und 07.07.2007, durch die Bescheide vom 08.05.2007,
24.05.2007 und 22.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
05.02.2008 bestandskräftig entschieden, da gegen den Widerspruchsbescheid
vom 05.02.2008 keine Klage bzw. verspätet - d.h. außerhalb der Monatsfrist des §
87 Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz — eingelegt wurde. Für eine Untätigkeitsklage
des Klägers (wie hier mit Klageschriftsatz vom 18.10.2008 begehrt) ist daher kein
Raum, da über die 2 Anträge des Klägers vom 08.05.2007 und 07.07.2007 auf
Vornahme eines Verwaltungsaktes mit den o.g. Verwaltungsakten sachlich be—
schieden worden ist. Die Voraussetzungen für eine Untätigkeitsklage nach § 88
SGG sind daher nicht gegeben, so dass die vorliegende Klage abzuweisen ist.

— 6 — S 2 KR 296/08

Sofern der Kläger vorträgt, dass über seinen Antrag nach § 43 SGB I (mit Wider-
spruchsschreiben vom 15.05.2007 und Antrag vom 07.07.2007) nicht entschieden
worden sei, ist auszuführen, dass die Beklagte mit Bescheid vom 24.05.2007 dem
Kläger mitgeteilt hat,dass kein anderer Leistungsträger für die begehrte Leistung
zuständig sei, so dass die Voraussetzungen des § 43 SGB I nicht vorliegen. Damit
hat die Beklagte aber gerade auch — entgegen den Ausführungen des Klägers - zu
§ 43 SGB I Stellung bezogen. Darüber hinaus hat sie durch die genannten Be-
scheide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2008 zum Aus-
druck gebracht, dass kein Anspruch auf die begehrte Sozialleistung "Fahrtkosten"
besteht. Ferner handelt es sich bei § 43 Abs. 1 SGB I auch nicht um eine An-
spruchsgrundlage, auf die der Kläger sein Klagebegehren stützen kann, sondern
lediglich um eine Regelung der Gestalt, wer zur vorläufigen Leistungsgewährung
verpflichtet ist, wenn ein Anspruch auf Sozialleistung besteht und zwischen meh—
reren Leistungsträgern streitig ist, wer zur Leistung verpflichtet ist. Vorliegend sind
diese Voraussetzungen schon deshalb nicht erfüllt, da die Beklagte unstreitig für
Fahrtkosten zur ambulanten Behandlung zuständig ist, während demgegenüber
für diesen Regelungsbereich eine Zuständigkeit eines anderen Sozialleistungsträ-
gers nicht gegeben ist. Ihre entsprechende Zuständigkeit hat die Beklagte auch
durch die oben genannten Bescheide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 05.02.2008 und zudem durch den Bescheid vom 24.05.2007 zum Ausdruck
gebracht. Eine Untätigkeit der Beklagten im Sinne des § 88 SGG vermag das Ge—
richt vor diesem Hintergrund nicht zu erkennen. Für den Kläger war durch die Be—
scheide vom 08.05.2007, 24.05.2007 und 22.08.2007 in der Gestalt des Wider-
spruchsbescheides vom 05.02.2008 eindeutig erkennbar, dass die Beklagte für
die begehrte Leistung (Übernahme beziehungsweise Erstattung der Fahrtkosten)
der zuständige Leistungsträger ist.

Die Klage ist daher als unzulässig abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der
Sache.

- 7 - S 2 KR 296/08

Rechtsmittelbelehrung

Dieser Gerichtsbescheid kann mit der Berufung angefochten werden.

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids
beim Bayer. Landessozialgericht, Ludwigstraße 15, 80539 München, oder bei der
Zweigstelle des Bayer. Landessozialgerichts, Rusterberg 2,97421 Schweinfurt,
schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstel—
Ie einzulegen.

Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist beim
Sozialgericht Regensburg, Safferlingstraße 23, 93053 Regensburg, schriftlich oder
mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt
wird.

Die Berufungsschrift soll den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen, einen
bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung der Berufung dienenden
Tatsachen und Beweismittel angeben.

Der Berufungsschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die
übrigen Beteiligten beigefügt werden.

G
Richterin am Sozialgericht
/K.

Ausgefertigt Beglaubigt
Sozialgericht Regensburg


als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Faksimile 1 2 3 4 5 6 7

L 5 KR 131/10 vom 28.06.2011

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